Victor Müller-Heß

Victor Müller-Heß (* 25. Februar 1883 in Beschania nahe Semlin, Königreich Ungarn, Österreich-Ungarn; † 16. August 1960 in Berlin) war ein deutscher Gerichtsmediziner.

Leben

Victor Müller-Heß wurde in Beschania bei Semlin in Syrmien, Österreich-Ungarn (heute Serbien) als Rudolf Victor Müller als Kind evangelischer Donauschwaben geboren. Den Mutternamen Heß fügte er erst 1919 seinem Familiennamen bei. Sein Vater Ludwig Victor Müller war Schuldirektor und Religionslehrer in Bežanja. Rudolf Victor Müller besuchte die ersten fünf Jahre die deutsche Volksschule in seinem Heimatort, danach wechselte er in das kroatische Realgymnasium Semlin, welches er 1902 mit dem Abitur abschloss. In seiner eigenen Dissertation nennt er Bonn, Kiel, Leipzig und Graz als Studienorte. In Graz „genügte er gleichzeitig seiner Militärpflicht.“ 1908 legte Müller-Heß sein medizinisches Staatsexamen in Leipzig ab und promovierte dort zum Dr. med. mit dem Thema: „ Über ungewöhnliche Fälle von Sublimatvergiftungen“. Nach zweijähriger Weltkriegs-Teilnahme legte er 1917 sein Kreisarztexamen ab und habilitierte 1920 in Königsberg, wo er von 1918 bis 1922 Assistent an dem von Georg Puppe geleiteten gerichtsmedizinischen Universitätsinstitut war.[1] Seit 1922 war Müller-Heß ordentlicher Professor an der Universität Bonn, 1930 wurde er Ordinarius und Direktor des Instituts für gerichtliche Medizin und Kriminalistik der Universität Berlin.[2]

Nach dem Tode von Gerhart Panning übernahm Müller-Heß Anfang 1944 die Leitung des Instituts für wehrgerichtliche Medizin der Militärärztlichen Akademie.[3] Müller-Heß hatte noch für den 60. Geburtstag von Siegfried Handloser am 25. März 1945 eine umfangreiche Publikation unter dem Titel „Über die Wirkungsweise verschiedener Geschoßarten auf den menschlichen Körper“ vorbereitet, die infolge des Kriegsendes nicht mehr erschien.[4]

Laut Friedrich Herber war Müller-Heß kein NSDAP-Mitglied und blieb so nach 1945 Ordinarius und Direktor des Berliner Instituts.[5] Allerdings hatte Müller-Heß offensichtlich Gutachten beim Erbgesundheitsgericht in Berlin geschrieben, die zur Zwangssterilisation führten[6], und er wurde als Gutachter bei für die NSDAP politisch und propagandistisch wichtigen Prozessen berufen.[7]

1949 wurde Müller-Heß Direktor des Instituts für gerichtliche und soziale Medizin der Freien Universität Berlin bis zu seiner Emeritierung 1954.[8]

Selbst Schüler von Georg Puppe, wirkte Müller-Heß auch durch seine Schüler Ferdinand Wiethold, Gerhart Panning, Wilhelm Hallermann und Franz Josef Holzer.[9]

Victor Müller-Heß starb 1960 im Alter von 77 Jahren in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Waldfriedhof Dahlem.[10]

Tätigkeit als Sachverständiger

Victor Müller-Heß kam in dem Mordverfahren gegen Adolf Seefeldt zu der Überzeugung, dass alle Mordopfer nicht vergiftet, sondern erwürgt oder erdrosselt wurden.[11]

Einzelnachweise

  1. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 495–496.
  2. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 39.
  3. Klee 2007, S. 423.
  4. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 274, 496.
  5. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 496 (= Anmerkung 19 zu Kapitel 13).
  6. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 54.
  7. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 273.
  8. Klee 2007, S. 423; Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 496.
  9. Friedrich Herber: Gerichtsmedizin unterm Hakenkreuz. Militzke, Leipzig 2002, ISBN 3-86189-249-9, S. 84.
  10. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 585.
  11. Der Spiegel: DAS SPIEL IST AUS - ARTHUR NEBE Glanz und Elend der deutschen Kriminalpolizei. Der Spiegel 48/1949 vom 24. November 1949, abgerufen am 30. August 2013.

Literatur