Vergangenheitspolitik
Der Begriff Vergangenheitspolitik wird von einigen Autoren statt des Begriffs Vergangenheitsbewältigung benutzt. Daneben wird der Begriff seit den 1990er Jahren generell in der internationalen Politikforschung benutzt im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte von Staaten, etwa im Hinblick auf diktatorische Regimes und Menschenrechtsverletzungen.
Begriff in der deutschen Nachkriegszeit
Der Begriff bezeichnet die als zu mild beurteilte Politik der jungen Bundesrepublik Deutschland gegenüber NS-Mitläufern bei gleichzeitig harter Verfolgung weniger Haupttäter mit dem Ziel, einerseits die Westintegration Deutschlands und andererseits den inneren Zusammenhalt der Bevölkerung zu sichern.
Diese These vertreten Autoren wie Heiko Buschke und Norbert Frei. Letzterer nutzt den Begriff jedoch nicht in seiner allgemeinen Bedeutung, sondern führte ihn als Bezeichnung einer konkreten historischen Phase, die etwa die ersten fünf Jahre der Bundesrepublik Deutschland umfasst, ein.[1]
Die deutsche Vergangenheitspolitik unter der Regierung Adenauers wurde auch parteiübergreifend anerkannt sowie von der Mehrheit der Bevölkerung befürwortet, da sie ein Amnestiebedürfnis der Deutschen bediente und eine Rückkehr zur Normalität in Aussicht stellte. Ergebnisse dieser innenpolitischen Bemühungen war etwa die 131er-Gesetzgebung oder das Straffreiheitsgesetz 1954.
Siehe auch
Literatur
- Frei, Norbert: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München: Beck, 1996, ISBN 3406413102.
- Ralf Steckert: Begeisterndes Leid. Zur medialen Inszenierung des „Brands“ und seiner geschichtspolitischen Wirkung im Vorfeld des 2. Irakkriegs (= Kultur – Bildung – Gesellschaft 3). ibidem-Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-89821-910-5.
- Glienke, Stephan Alexander/Paulmann, Volker/Perels, Joachim (Hrsg.): Erfolgsgeschichte Bundesrepublik? Die Nachkriegsgesellschaft im langen Schatten des Nationalsozialismus. Wallstein Verlag, Göttingen 2008. ISBN 3-8353-0249-3 (Rezension).
- Oettler, Anika, Erinnerungsarbeit und Vergangenheitspolitik in Guatemala, Frankfurt am Main: Vervuert Verlag, 2004, ISBN 3-86527-110-3 (Rezension).
- Buschke, Heiko: Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalistische Vergangenheit in der Ära Adenauer, Campus Verlag, Frankfurt, 2003. ISBN 3593373440.
Weblinks
- Olaf Kaltmeier: Vergangenheitspolitik in Deutschland und Chile
- Umgang mit der Geschichte am Beispiel Landsberg: Aufarbeitung – Verdrängung – Diffamierung
- Holger Blaul: Vergangenheitspolitik und Demokratie in Südafrika (PDF; 2,1 MB)
- Umgang mit Landsbergs Zeitgeschichte - Historisches Niemandsland? - von Dr. phil. Hermann Kriegl
- Rezension der Studie von Norbert Frei (Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit) von Anselm Doering-Manteuffel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. August 1996 (Abruf: 19. Oktober 2011)
- Themenheft Aus Politik und Zeitgeschichte 42/2006
Einzelnachweise
- ↑ Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München: Beck, 1996 S. 13