Venus von Berekhat Ram

Venus von Berekhat Ram, Israel-Museum, Jerusalem, Israel

Die Venus von Berekhat Ram ist eine zwischen 250.000 und 280.000 Jahre alte mögliche Venusfigurine, die 1981 bei Ausgrabungen auf den Golanhöhen (von Israel kontrolliertes syrisches Gebiet) entdeckt wurde. Es handelt sich um eines der wenigen Objekte, das von einem Teil der Urgeschichtler als altpaläolithische Kleinkunst anerkannt wird.

Fundort

Die Venus von Berekhat Ram wurde im Sommer 1981 von der israelischen Archäologin Naama Goren-Inbar (Hebräische Universität Jerusalem) bei einer Ausgrabung in Berekhat Ram auf den Golanhöhen gefunden. Bei der Fundstelle handelt es sich um einen Vulkankrater, der heute einen See enthält.[1] Die 0,25 m dicke Fundschicht in einer Lage alluvialen Sediments war zwischen zwei Lagen Basalt (Untere und obere Kramim-Basalte) eingeschlossen, von denen die obere mit der Kalium-Argon-Datierung (Ar40/Ar39) auf ein Alter von ca. 233.000 Jahre, die untere auf ca. 470.000 Jahre datiert wurde.[2] Die begleitenden Silexfunde stammen aus dem Acheuléen und enthalten Levalloisabschläge. Daneben kommen jungpaläolithische Typen wie Stichel und Endretuschen vor.[2]

Figur

Bei der Figur handelt sich um einen 35 mm langen, 25 mm breiten und 21 mm dicken roten Tuff, der drei Vertiefungen aufweist, die vermutlich mit einem scharfkantigen Stein eingekerbt wurden. Eine Vertiefung führt rund um das schmalere Ende, zwei weitere verlaufen die Seiten hinunter und werden als Hals bzw. Arme angesehen. Eine detaillierte SEM-Analyse der Figur und von natürlichen und experimentell bearbeiteten Tuff-Brocken aus derselben Fundstelle lassen Francesco d’Errico und April Nowell zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Ritzlinien anthropogen sind.[2] Daher wird der Stein als bearbeitet angesehen, auch wenn die angebliche Figur wenig Ähnlichkeit mit späteren Funden aufweist. Er wäre das älteste Beispiel menschlicher Kunst, wobei der Homo erectus im späten Acheuléen der Schöpfer gewesen wäre.

Kontroverse

Einige Wissenschaftler glauben belegen zu können, dass es sich bei diesem Stein um eine rein natürliche, geologische Bildung handelt, deren Ähnlichkeiten mit einer Venusfigurine rein zufällig sind.[3][4] Im Gegensatz dazu vertritt der amerikanische Paläokunstexperte Alexander Marshack (Harvard-Universität) nach einer mikroskopischen Untersuchung die Auffassung, dass bei dieser Proto-Plastik eine offenbar von der Natur vorgegebene Formähnlichkeit durch gezielte Bearbeitung verstärkt worden sei und eine rein natürliche Entstehung auszuschließen sei.[5] Die Archäologen Angela Close und João Zilhão akzeptieren zwar eine menschliche Bearbeitung, nicht aber die Deutung als Frauenstatuette. Zilhão schlägt eine Nutzung zur Ockergewinnung vor.[6]

Literatur

  • Robert G. Bednarik: An overview of Asian palaeoart of the Pleistocene” Congrès de l’IFRAO, septembre 2010 – Symposium : L’art pléistocène en Asie (Pré-Actes) IFRAO Congress, September 2010 – Symposium: Pleistocene art of Asia (Pre-Acts). 2010.
  • Naama Goren-Inbar: A figurine from the Acheulian site of Berekhat Ram. In: Mi’Tekufat Ha’Even. Band 19, 1986, S. 7–12.
  • Meir Ronnen: The world’s oldest art work. In: The Jerusalem Post. 28. Februar 2001. kuuf.org; PDF (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
  • Naama Goren-Inbar, S. Peltz: Additional remarks on the Berekhat Ram figurine. In: Rock Art Journal. Band 12, 1995, S. 153–154. Auch zitiert auf S. 131–132 in Chris Scarre (Hrsg.): The Human Past. Thames and Hudson, London 2005, ISBN 0-500-28531-4.
  • Francesco d’Errico, April Nowell: A new look at the Berekhat Ram figurine: implications for the origins of symbolism. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 10, Nr. 1, 2000, S. 123–167.
  • Naama Goren-Inbar: The lithic assemblages of Berekhat Ram Acheulian site. In: Golan Heights. Paléorient. Band 11, 1985, S. 7–28.
  • Francesco d’Errico u. a.: Archaeological Evidence for the Emergence of Language, Symbolism, and Music—An Alternative Multidisciplinary Perspective. In: Journal of World Prehistory. Band 17, 2003, S. 70ff. (online)
  • P. Goldberg: Soils, sediments and Acheulean artifacts at Berekhat Ram, Golan Heights. In: N. Federof, L. M. Bresson, M. A. Courty (Hrsg.): Micromorphologie des Sols/Soil Micromorphology. Plaisir, Paris 1987, S. 583–589.
  • Robert G. Bednarik: The earliest evidence of paleoart. In: Rock Art Research. Band 20, Nr. 2, 2003, S. 89–135, S. 93 and 96.
  • Alexander Marshack: The Berekhat Ram figurine: a late Acheulian carving from the Middle East. In: Antiquity. Band 71, Nr. 272, 1997, S. 327–337.
  • G. Feraud, D. York, C. M. Hall, N. Goren-Inbar, H. P. Schwarcz: 40 ar/39 ar age limit for an Acheulean site in Israel. In: Nature. Band 304, 1983, S. 263–265.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Venus of Berekhat Ram – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Francesco d’Errico, April Nowell: A new look at the Berekhat Ram figurine: implications for the origins of symbolism. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 10, Nr. 1, 2000, S. 123.
  2. a b c Francesco d’Errico, April Nowell: A new look at the Berekhat Ram figurine: implications for the origins of symbolism. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 10, Nr. 1, 2000, S. 125.
  3. Andrew Pelcin: A Geological Explanation for the Berekhat Ram Figurine. In: Current Anthropology. Band 35, Nr. 5, 1994, S. 674–675.
  4. W. Noble, I. Davidson: Human Evolution, Language and Mind: A Psychological and Archaeological Inquiry. Cambridge University Press, Cambridge 1996.
  5. Alexander Marshack: The Berekhat Ram figurine: a late Acheulian carving from the Middle East. In: Antiquity. Band 71, Nr. 272, 1997, S. 327. (utexas.edu (Memento vom 26. Juli 2008 im Internet Archive), PDF)
  6. Francesco d'Errico, April Nowell: A new look at the Berekhat Ram figurine: implications for the origins of symbolism. In: Cambridge Archaeological Journal. Band 10, Nr. 1, 2000, S. 148.

Koordinaten: 33° 13′ 56″ N, 35° 45′ 59″ O

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Venus of Berekhat Ram imj.jpg
Autor/Urheber: Thomas cahana, Lizenz: CC BY-SA 4.0
A photo of the female figurine found in Berekhat Ram exibited in the Israel Museum, jerusalem