Vella GR

GR ist das Kürzel für den Kanton Graubünden in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Vellaf zu vermeiden.
Vella
Wappen von Vella
Wappen von Vella
Staat:Schweiz Schweiz
Kanton:Kanton Graubünden Graubünden (GR)
Region:Surselva
Politische Gemeinde:Lumneziai2
Postleitzahl:7144
frühere BFS-Nr.:3605
Koordinaten:732358 / 175771
Höhe:1244 m ü. M.
Fläche:7,38 km²
Einwohner:492 (31. Dezember 2021)[1]
Einwohnerdichte:67 Einw. pro km²
Website:www.lumnezia.ch
Vella GR
Vella GR

Vella GR

Karte
Vella GR (Schweiz)
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Gemeindestand vor der Fusion am 1. Januar 2013

Vella ([ˈvelɐ], deutsch und bis 1987 offiziell Villa) war bis am 31. Dezember 2012 eine politische Gemeinde im Val Lumnezia, im ehemaligen Bezirk Surselva des Kantons Graubünden in der Schweiz. Nachbargemeinden waren Cumbel, Degen, Morissen, Obersaxen, Suraua und Surcuolm.

Geographie

Die alpine Vegetation im mittleren Abschnitt der Val Lumnezia rund um den Talhauptort Vella verfügt über ein reiches, erholungsräumliches Potenzial, das geprägt ist durch die jahrhundertealte, bäuerliche Nutzung des ursprünglichen Naturraumes. Eingriffe der agrarisch expandierenden Erstsiedler erfolgten ab der Bronzezeit von den Ufern des Glenners (rom. Glogn) bei Peiden (ca. 800 m. ü. M.) bis zu den Maiensäss- und Alpwiesen und bis auf die Bergkuppen des Piz Mundauns (2064 m. ü. M.). Die Böden im geologischen Rutschgebiet des mittleren Lugneztales eigneten sich jedoch weniger für den Ackerbau als vielmehr für die alpine Vieh- und Graswirtschaft sowie für die saisonale Alpwirtschaft. Vereinzelt blühte ab dem Frühmittelalter das Handwerk und Gewerbe auf. In späteren Epochen spielten die Viehzucht und der Viehexport über die Pässe in den Süden eine gewisse Rolle im Erwerbsleben der Talbewohner. Ab 1850 führte ein Aufschwung des alpinen Tourismus in Peiden, Morissen, Vella, Vals und Lumbrein zu einer Belebung der örtlichen Regionalkultur.

Aus der frühesten Zeit der Erstbesiedlung stammen in Pleif Spuren aus der Spätbronzezeit. Anlässlich dieser Besiedlung des mittleren Lugneztales wurden das günstige Klima, das Vorhandensein von Quellwasser und die geografisch-topografische Terrassenlage bei Vella und im mittleren Lugneztal als günstige Siedlungsfaktoren erkannt. In römischer Zeit wurden örtlich je nach Klimastand an klimatisch bevorzugten Lagen Wein- und Obstbau betrieben. Ab dem Frühmittelalter sind frühagrarische Formen der inneralpinen Alp- und Ackerwirtschaft nachweisbar. Aus den gerodeten Waldungen nutzten die alpin-dörflichen, rätoromanisch sprechenden Dorfbewohner grosse Mengen an Bau- und Nutzholz. Insgesamt vermochte die karge Berglandwirtschaft jedoch nur eine begrenzte Bevölkerungszahl zu ernähren. Als Folge davon kam es immer wieder zu einer Periode lang andauernder Emigration.

Dank den Möglichkeiten einer temporären oder definitiven Auswanderung ab dem 17. Jh. und mit der Einführung technologischer Innovationen ergaben sich für die Talbewohner bessere Lebensbedingungen und eine Verminderung des Pauperismus, welcher jahrhundertelang von kirchlichen Instanzen aufgefangen wurde. Der Einfluss von einheimischen Elitefamilien, vorab der Adligen de Mont, Capol, Blumenthal, Schauenstein, Cabalzar, und deren Beziehungen zu europäischen Adelshöfen, brachte nur vereinzelten Talbewohnern Einnahmen aus Soldverträgen und Pensionen, deren Erträge sich noch heute in Vella anhand herrschaftlicher Bauten nachweisen lassen. Seit 1973 versuchte man mit einem Raumplanungsgesetz das stete Bauwachstum in der Gemeinde zu regulieren.

Der Aufschwung im Verkehrswesen und der aufblühende Tourismus ab 1850 erzeugten auch im mittleren Lugnez ein konstantes Wachstum in den Bereichen Bauwirtschaft, Tourismus und im Dienstleistungsgewerbe. Dank der Entwicklung im Landwirtschaftswesen ab 1945, von der Selbstversorgung zur staatlich subventionierten Agrarwirtschaft mit Grosshöfen, und aufgrund des Investments von privaten Investoren im Hotel- und Bausektor, verblieb in der Neuzeit ein konstantes Bevölkerungswachstum in der romanischen Dorfgemeinschaft, die aktuell jedoch durch einen starken Geburtenrückgang bedroht ist.

Klima

Der Höhenunterschied von ca. 1200 m im mittleren Lugnez bei Vella weist in seinem alpinen Natur- und Siedlungsraum einen geologisch und vegetationsmässig reichen Untergrund mit vielfältiger Flora und Fauna auf. Niederschläge und Sonnenscheindauer sind, ähnlich wie in anderen inneralpinen Quertälern Graubündens, von den temporalen Witterungseinflüssen, den Höhenlagen und dem konstanten Klimawandel beeinflusst. Die leicht steigenden Jahresmitteltemperaturen von 5 bis ca. 6 Grad Celsius, gemessen an der Messstation Disentis durch Meteo Schweiz und bezogen auf eine mittlere Höhenlage, beweisen seit Beginn der Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts den steten Klimawandel, der auch in anderen Bündner Talschaften spürbar ist. Für das Lugnez bedeutet dies weniger Nebeltage, längere Sonnenscheindauer und weniger Niederschläge übers Jahr verteilt. Damit verbunden sind auch eine längere Vegetationszeit, Sommermonate mit häufigeren Hitzetagen bis 1200 m. ü. M. und weniger Niederschläge (ca. 800 mm) und Schneefälle. Als Folge davon resultieren für den Wintertourismus im mittleren Lugnez in tieferen Lagen erschwerte Bedingungen. Dies führte unter anderem zu Investitionen bei den einheimischen Bergbahnen im Bereich Beschneiungsanlagen, und in der Agrarlandwirtschaft förderte man den Ausbau von weitläufigeren Bewässerungsanlagen. Die Siedlungsterrasse von Vella und des mittleren Lugneztales weist einen jährlichen Globalstrahlungswert von rund 1600 Sonnenstunden auf. In aktueller Zeit animierte dies viele örtliche Liegenschaftsbesitzer dazu, subventionierte Solarenergieprojekte zu realisieren Die günstigen Klimawerte des mittleren Talabschnittes, welche sich tendenziös dem Mittelmeerklima annähern, ermöglichten insgesamt einen steten Aufschwung des Tourismus und in der Folge eine Zunahme der örtlichen Siedlungsstruktur.

Geschichte

Die Ortschaft Vella ist heute der inoffizielle Talhauptort einer ehemaligen politisch eigenständigen Bündner Gemeinde, gelegen im ehemaligen Kreis Lugnez, im Bezirk Surselva (bis 2017). Seit 2013 bildet sie eine Nachbarschaft mit Cumbel, Degen, Lumbrein, Morissen, Suraua, Vignogn und Vrin in der neuen Gemeinde Lumnezia. Historisch betrachtet umfasste das gleichnamige Dorf ebenfalls die etwas tiefer gelegene Kirchgemeinde St. Vinzenz in Pleif. Der Ort wird um 840 im churrätischen Reichsguturbar, dem Einkünfterodel des Bistums Chur, zusammen mit Ruis, Luven und Ilanz aufgelistet in Lateinisch als «ad sanctum Vincentium […] in valle Leguntia», im Mittelalter von 1290–98 als «ad Ville, aput Villam». Verschiedene Meierhöfe im Talgebiet gehörten damals dem Bistum Chur. Im 14. Jh. waren die Kirchgemeinde von Pleif und die Vogtei im Besitz der Freiherren von Belmont, was zu Unstimmigkeiten im Volk führte. Um 1371 gingen höfische Besitzungen durch Erbschaft an die Sax-Misox über, fielen jedoch 1483 an den Bischof von Chur zurück. Dorf und die Kirche waren Zentrum einer ausgedehnten Talpfarrei, die das ganze Gebiet des späteren Hochgerichts Lugnez umfasste. 1395 treten die Lugnezer dem Landfriedensbündnis von Ilanz bei, das 1424 in Trun als überregionaler Pakt im Grauen Bund bekräftigt wurde. 1497/98 verbündeten sich das Lugnez, und damit auch die Bewohner von Vella, zusammen mit den Bewohnern des Grauen Bundes, und in Verbindung mit dem bischöflichen Gotteshausbund erstmals mit der Eidgenossenschaft, was zum Schwabenkrieg und der Schlacht an der Calven führte, an der viele Lugnezer sich unter Führung des Lumbreiner Herkules von Capol beteiligten (siehe Grabtafel in Pleif). Der erfolgreiche Schlachtverlauf gegen die Habsburger gewährte den Bündnern eine neue Stellung als gefestigter Dreibündenstaat und Einkünfte aus den Untertanengebieten in der Herrschaft Maienfeld und vom Veltlin.

Nach der Reformation um 1520 bis zur Französischen Revolution kämpften die katholischen Eliten im Lugnez gegen die Interessen anderer Bündner Adelsfamilien (vorab der Planta und Salis). Man unterlag dem Einfluss und den Abhängigkeiten fremder, europäischer Mächte. Dies zeigte sich insbesondere im 17. Jh. während des Dreissigjährigen Krieges bei den kriegerischen Bündner Wirren, die weniger in der benachbarten Eidgenossenschaft, als vielmehr der strategischen Alpenpässe wegen, im Dreibündenstaat sehr gewalttätig verliefen. 1639 und 1642 erhielten die Bündner im Ewigen Frieden von Mailand (1. Kapitulat) und im Vertrag von Feldkirch erste Friedenshoffnungen im europäischen Gefüge des Deutschen Reiches.

Der Rätische Freistaat, und mit ihm verbunden die katholisch dominierten Lugnezer, unterlag bis zu seinem Untergang um 1799 den Parteikämpfen und fremden Beeinflussungen auswärtiger Mächte und Eliteträger. Erst die Umwälzungen und die endgültige Anbindung des rätischen Freistaates zur Eidgenossenschaft im Napoleonischen Zeitalter ermöglichten die Etablierung demokratischer Prinzipien und Strukturen. Die Orts-. Personen- und Familienvorrechte wurden 1803 definitiv abgeschafft. Ab diesem Zeitpunkt durften im Bündner Grossen Rat Rätoromanen und Italienischsprachige ihre Voten in ihrer eigenen Sprache äussern. Das Lugnez und damit auch die Bewohner von Vella hatten ab diesem Zeitpunkt ebenfalls wie andere Bündner Gemeinden das Recht auf politische Abgeordnete (Grossräte) im neu gebildeten ersten Bündner Grossen Rat.

Dank der kirchlichen Zentrumsfunktion und dem Einfluss der Adligenfamilie de Mont, die vom 15. bis 19. Jh. zur politischen Elite im Lugnez und im Grauen Bund gehörte, entwickelte sich Vella zum Hauptort des Tales. Hier tagte das Gericht und ab dem 19. Jh. das Kreisgericht; abwechselnd mit anderen Orten die durch katholische Kreise stark dominierte Landsgemeinde (rom. cumin). Starke verwandtschaftliche Verflechtungen und Agrarinteressen dominierten den Alltag der Bewohner. Vella blieb bis in die jüngste Zeit, ähnlich wie das übrige Lugnez, stark agrarwirtschaftlich geprägt. Erst die technischen Errungenschaften der Industrialisierung ab 1900 sowie der Tourismus und die verbesserten Bautechniken veränderten in der Folge die traditionelle Dorfstruktur und mit ihr auch das Dorfbild. Zahlreiche ältere Wohnhäuser und Stallgebäude bezeugen jedoch noch heute im Gesamtbild die Dorfgeschichte.

Der geschlossene Dorfplatz von Vella ist geprägt durch herrschaftliche Häuser aus dem 17. Jahrhundert und der dominanten Pest-Kapelle St. Sebastian und Rochus von 1587 mit Malereien von Hans Ardüser von 1592, die 2019 total renoviert wurde. Seit 1887 wird in Vella eine rätoromanisch geführte Kreissekundarschule geführt und vermehrt Deutsch unterrichtet. Ab 1925 durchfuhren nach der Aufhebung des kantonalen Fahrverbotes erste Automobile das Tal, da die Hauptstrasse von Ilanz nach Vrin vermehrt ausgebaut wurde. Nach der Eröffnung der Bergbahnen Val Lumnezia AG 1970 wurden in Vella und in den Nachbardörfern vermehrt Wohnhäuser für temporäre Ferienzwecke und Erholungssuchende geschaffen. Während die traditionelle Landwirtschaft an Bedeutung verlor, wuchsen derweilen das Baugewerbe und der Tourismus seit 1980. Eine Gesamtmelioration (landwirtschaftliche Güterzusammenlegung) wurde 2007 abgeschlossen und festigte zusammen mit der Etablierung des in der Gesamtschweiz eingeführten bäuerlichen Bodenrechtes die Stellung einzelner agrartechnisch durch den Staat unterstützter Grossbetriebe, führte jedoch zu einer Reduzierung des Kleinbauerngewerbes.

Auf dem Wanderweg oberhalb Vella ist talaufwärts ein «Geschichtsweg» angelegt: Auf kleinen Steinstelen sind wichtige Ereignisse aus der Geschichte Vellas und des Lugnez angegeben. Die Abstände der Steine verhalten sich proportional zum zeitlichen Abstand der Ereignisse.

Wappen

Blasonierung: In Blau ein silberner (weisser) Pelikan auf goldenem Nest, drei Junge fütternd

Der Pelikan, der mit seinem Blut seine Jungen füttert, ist in der christlichen Ikonographie das Symbol für den Opfertod Christi, wird aber auch für die Kirche als Ganzes verwendet. Hier steht er für die Mutterkirche der Talschaft Lugnez in Pleif/Vella.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung
Jahr180818351850190019502000[2]2012
Einwohner199301229272418441445

Von den Bewohnern haben bei der Eidgenössischen Volkszählung im Jahre 2000 84 % bündnerromanisch (Sursilvan) als Muttersprache angegeben, 14 % deutsch und 1 % serbokroatisch. Seit 1992 nahm die Bevölkerung um rund 3 % zu.

Sehenswürdigkeiten

Persönlichkeiten

  • Ursicin G. G. Derungs (1935–2024), Theologe, Schriftsteller und Übersetzer

Literatur

  • Paul Tomaschett: Surselva Bündner Oberland. Disertina Verlag, Disentis 1978, 3. Auflage ISBN 3 85637 1028.
  • Willy Zeller: Kunst und Kultur in Graubünden. 2. Auflage, Bern 1976, S. 72.
  • Ursus Brunold: Vella. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Juli 2017.
  • Duri Capaul u. a. : Lumnezia und Valsertal. Schweizer Heimatbücher 131, Bern 1987.
  • Simon Alig: Das Val Lumnezia: gestern, heute, morgen. Kantonsschule Heerbrugg. Maturaarbeit 2015/16.
  • Georges Capol: Graubünden. Kulturhistorische Streifzüge. 2. Auflage. Realpoint-Eigenverlag Uzwil/Vattiz 2020, ISBN 978-3-9525222-0-2 (1. Auflage 1994).
  • Duri Blumenthal u. a.: Kulturführer Val Lumnezia und Vals. Vella 2000, S. 164–80

Weblinks

Commons: Vella – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. https://www.lumnezia.ch/sites/default/files/2022-09/00_Rapport%20annual%202021%20definitiv_1.pdf
  2. Ursus Brunold: Vella. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 12. Juli 2017.
  3. Schulhaus Vella GR (Foto) auf baukultur.gr.ch.

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Ansicht von ca.1900 der Lugnezer Ortschaft Vella in Graubünden
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Südostliche Ansicht von Pleif bei Vella GR