Vanadinit

Vanadinit
Vanadinit-Kristallaggregat aus der ACF-Mine, Mibladen, Provinz Midelt, Marokko (Größe: 4,0 cm × 2,5 cm × 2,3 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Vna[1]

Chemische FormelPb5[Cl|(VO4)3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate – wasserfreie Phosphate mit fremden Anionen
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VII/B.16d
VII/B.39-170

8.BN.05
41.08.04.03
Kristallographische Daten
Kristallsystemhexagonal
Kristallklasse; Symbolhexagonal-dipyramidal; 6/m
RaumgruppeP63/m[2]
Gitterparametera = 10,331 Å; c = 7,343 Å[2]
FormeleinheitenZ = 2[2]
Häufige Kristallflächen{0001}, {1010}, {1011}, {2131}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte3
Dichte (g/cm3)6,8 bis 7,1
Spaltbarkeitkeine
Bruch; Tenazitätmuschelig, uneben
Farbegelb, orange, braun, selten rot
Strichfarbeweiß bis blass gelb und blassem bräunlichgelb
Transparenzdurchsichtig, durchscheinend bis undurchsichtig
GlanzDiamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizesnω = 2,416
nε = 2,350
Doppelbrechungδ = 0,066
Optischer Charaktereinachsig negativ
Pleochroismusschwach

Vanadinit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Pb5[Cl|(VO4)3][3] und entwickelt kurz- bis langprismatische (selten auch pyramidale) Kristalle, aber auch traubige bis erdige oder radialstrahlige Aggregate in weißer, grauer, gelber, oranger bis brauner Farbe.

Vanadinit ist Mitglied der Apatit-Pyromorphit-Gruppe.

Etymologie und Geschichte

Erstmals gefunden und beschrieben wurde Vanadinit 1838 in Zimapan in Mexiko. Es wurde bezugnehmend auf seinen Vanadium-Gehalt benannt.

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Vanadinit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate, Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserfreie Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er gemeinsam mit Johnbaumit, Hedyphan, Mimetesit und Pyromorphit in der „Pyromorphit-Reihe“ mit der Systemnummer VII/B.16d steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/B.39-170. Dies entspricht der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate, mit fremden Anionen F,Cl,O,OH“, wo Vanadinit zusammen mit Alforsit, Belovit-(Ce), Belovit-(La), Carbonat-Fluorapatit, Carbonat-Hydroxylapatit, Carlgieseckeit-(Nd), Chlorapatit, Deloneit, Fluorapatit, Fluorcaphit, Fluorphosphohedyphan, Fluorstrophit, Hedyphan, Hydroxylapatit, Hydroxylpyromorphit, Johnbaumit, Kuannersuit-(Ce), Mimetesit, Mimetesit-M (N), Miyahisait, Morelandit, Phosphohedyphan, Pieczkait, Pyromorphit, Stronadelphit, Svabit, Turneaureit und Vanackerit die „Apatitgruppe“ mit der Systemnummer VII/B.39 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[5] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Vanadinit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 0,33 : 1“ zu finden, wo es zusammen mit Alforsit, Belovit-(Ce), Belovit-(La), Carbonat-Fluorapatit, Carbonat-Hydroxylapatit, Chlorapatit, Fluorphosphohedyphan, Fluorstrophit, Hydroxylapatit, Hydroxylapatit-M, Deloneit-(Ce), Fermorit, Fluorapatit, Fluorcaphit, Hedyphan, Hydroxylpyromorphit, Johnbaumit, Kuannersuit-(Ce), Mimetesit, Morelandit, Phosphohedyphan, Pyromorphit, Svabit, Stronadelphit und Turneaureit die „Apatit-Gruppe“ mit der Systemnummer 8.BN.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Vanadinit die System- und Mineralnummer 41.08.04.03. Das entspricht der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (A)5 (XO4)3 Zq“ in der „Pyromorphitgruppe“, in der auch Pyromorphit, Mimetesit und Hydroxylpyromorphit eingeordnet sind. Diese drei Minerale bilden untereinander zumindest teilweise ein Mischkristallsystem, bei dem (VO4)3− durch (PO4)3− zu Pyromorphit oder (AsO4)3− zu Mimetesit substituiert wird.[6]

Kristallstruktur

(c) Krizu, CC BY-SA 3.0
Struktur von Vanadinit, _ Pb2+  _ V5+ _ O2−, _ Cl

Vanadinit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P63/m (Raumgruppen-Nr. 176)Vorlage:Raumgruppe/176 (Kristallklasse 6/m) mit zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle und den Gitterkonstanten a = 10,331 Å sowie c = 7,343 Å. Vanadium wird tetraedrisch von Sauerstoff umgeben. Die Chlorid-Anionen befinden sich auf den Ecken der Elementarzelle und auf den Zellkanten bei c/2. Blei besetzt zwei unterschiedlich koordinierte Gitterplätze.[2]

Eigenschaften

Vanadinit gehört mit einer Mohshärte von 3 zu den weichen Mineralen. Es schmilzt leicht vor dem Lötrohr und löst sich gut in Salpetersäure.[7]

Modifikationen und Varietäten

Vanadinit bildet eine Vielzahl unterschiedlicher Farbnuancen und findet sich in unterschiedlichen mineralogischen Paragenesen. Besonders hervorzuheben ist, dass im Kristallgitter das Vanadium durch Arsen ausgetauscht werden kann. Als Endlichit oder auch Arsen-Vanadinit wird eine durch geringe Beimengungen von Arsen gelb gefärbte Varietät von Vanadinit bezeichnet.[8] Beschrieben wurde Endlichit 1885 von Friedrich August Genth (1820–1893) und Gerhard vom Rath (1830–1888).[9] Dies führt schlussendlich zu einer Mischkristallreihe, von rotem Vanadinit zu gelbem Mimetesit. Bei letzterem sind alle Vanadiumatome durch Arsenatome ersetzt. Je nachdem, wie stark arsenhaltig ein Vanadinit ist, zeigen die Kristalle, bedingt durch den unterschiedlichen Ionenradius von V und As, entweder ein ausgeprägtes Längenwachstum, eine gelbe Farbe oder auch eine Kombination von beidem.
Eine klassische Paragenese sind hellrote Vanadinitkristalle, die auf farblosem Baryt aufgewachsen sind und vor allem in Mibladen gefunden wurden. Hier finden sich freistehende Kristalle wie auch dichte Kristallrasen, die den Baryt teilweise vollkommen überwachsen.
Funde aus Taouz zeigen häufig dunkelrote Vanadinite auf schwarzem, teilweise botryoidalen, Goethit oder oxidischen Manganmineralen wie Hausmannit; seltener finden sich gelbe Vanadinite auf Goethit.

Bildung und Fundorte

Vanadinit ist ein Sekundärmineral und bildet sich in Begleitung von Anglesit, Baryt, Calcit, Cerussit, Mottramit, Pyromorphit, Wulfenit und Goethit in Blei-Lagerstätten. Gelegentlich ist es orientiert verwachsen mit Pyromorphit bzw. Mimetesit oder eingewachsen in Descloizit zu finden.[10]

Fundorte sind neben seiner Typlokalität Mexiko unter anderem Argentinien, der Schwarzwald in Deutschland, Djebel Mahseur und Mibladen in Marokko, Tsumeb in Namibia, Wanlockhead in Schottland, Gotland in Schweden, Beresowsk in Sibirien, sowie Arizona in den USA.

Verwendung

Vanadinit dient als Rohstoff zur Gewinnung des für Spezialstähle wichtigen Legierungselementes Vanadium.

Als Schmuckstein ist Vanadinit aufgrund seiner geringen Härte nicht zu verwenden. Gelegentlich wird er jedoch von Sammlern in Cabochon-Form geschliffen.[11]

Zudem wird Vanadinit auch als Pigment verwendet. Beim Mahlen des Minerals ergibt sich ein gelbes Pulver mit welchem, in Bindemittel angerieben, intensiv gelbe bis orange Farbschichten erzeugt werden können. Verwendet wurde das Pigment nahezu ausschließlich in China, vor allem in der Gegend um Xi’an, beispielsweise an den Soldaten der Terrakottaarmee des Kaisers Qin Shihuangdi. Außerhalb von China wurde das Vanadinit als Pigment ausschließlich an einer hellenistischen Stele aus Alexandria nachgewiesen, welche sich heute im Louvre befindet.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Martin Okrusch, Siegfried Matthes: Mineralogie. Eine Einführung in die spezielle Mineralogie, Petrologie und Lagerstättenkunde. 7., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-540-23812-3.
  • Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0.
  • Catharina Blänsdorf: Studien zur Farbfassung von Figuren der Terrakottaarmee und aus anderen Beigabengruben der Grabanlage des Ersten chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi, Siegl, München, 2015: 255–262.
Commons: Vanadinit – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c J. Trotter, W. H. Barnes: The structure of vanadinite. (PDF; 656 kB), In: The Canadian Mineralogist. 6, 1958, S. 161–173.
  3. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. 4. Auflage. Christian Weise Verlag, München 2002, ISBN 3-921656-17-6.
  4. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vomOriginal am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  6. Yongshan Dai, John M. Hughes: Crystal-Structure Refinement of Vanadinite and Pyromorphite. In: Canadian Mineralogist. Vol. 27, 1989, S. 189–192. (PDF; 383 kB).
  7. Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8.
  8. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchges. und erw. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 644.
  9. W. M. Myers, S. Zerfoss: Frederick Augustus Genth. 1820–1893. Chemist - Mineralogist - Collector. The Pennsylvania State College, 1946. (PDF 1,13 MB, S. 14. (Memento vom 4. März 2012 im Internet Archive))
  10. Mineraldatenblatt – Vanadinite (englisch, PDF 62,4 kB)
  11. Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. 13. Auflage. BLV, München 2002, ISBN 3-405-16332-3.
  12. Catharina Blänsdorf: Studien zur Farbfassung von Figuren der Terrakottaarmee und aus anderen Beigabengruben der Grabanlage des Ersten chinesischen Kaisers Qin Shihuangdi. Siegl, München 2015, S. 255–262.

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Gelbe Vanadinit-Kristalle auf Goethit aus Taouz, Marokko (Bildbreite ca. 40 mm)
Dark red vanadinite overgrowing baryte layers Mibladen.jpg
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Dunkelrote Vanadinitkristalle als dichter Kristallrasen auf Barytschichten aus Mibladen (Bildbreite ca 10 mm)
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Cluster von rotbraunen tafelförmigen Vanadinitkristallen mit einer Größe bis 1,8 cm (4,0 × 2,5 × 2,3 cm). Fundort: ACF-Mine, Mibladen, Marokko
Vanadinite agglomeration Mibladen.jpg
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Orange-rote Vanadinit-Kristalle aus Mibladen, Marokko (Bildbreite ca. 40 mm)
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Einkristall eines gelben Vanadinits aufgewachsen auf botryodialem Goethit aus Taouz, Marokko (Kristallgröße ca. 3 mm)
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Längliche orange Vanadinit-Kristalle aus Mibladen, Marokko (Bildbreite ca. 25 mm), möglicherwiese durch partielle Beimengung von Arsen in das Kristallgitter ("Endlichit", als Teil der Vanadinite-Mimetisite-Mischkristallreihe)
Endlichite - Maroc.jpg
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Vanadinit, (Var.: Endlichit) auf Descloizit (Schwarz)
Fundort: Touissit, Distrikt Touissit, Oujda, Oriente, Marokko
Größe: Exemplar 38x24x12 cm - crystal 2.5 cm
English: Vanadinite, (Var.: Arsenatian Vanadinite) on descloizite (black)
Locality: Touissit, Touissit District, Oujda-Angad Province, Oriental Region, Morocco
Size: specimen 38x24x12 cm - crystal 2.5 cm
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Orange Vandinit-Kristalle aus der Pure Potential Mine, Arizona (Bildbreite ca. 15 mm)
VANADINITe.png
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Structure of Vanadinite, ref: Trotter J, Barnes W H (1958) The structure of vanadinite, The Canadian Mineralogist 6, 161-173