V-Bomber

Vickers 667 Valiant

Als V-Bomber wurden die drei strahlgetriebenen strategischen Bombertypen der britischen Royal Air Force bezeichnet. Sie wurden in den späten 1940er Jahren entwickelt, in den 1950er Jahren in Dienst gestellt und trugen allesamt ein V als ersten Buchstaben der Typbezeichnung; Zitat (Rowland White): „Along with the Vulcan and a third bomber, the Vickers Valiant, the Victor had made up the RAF's V-bomber force.“[1] Alle drei Flugzeug-Typen waren für den Einsatz von Kernwaffen konzipiert, konnten aber auch konventionelle Abwurf- und später (abgesehen von Valiant) auch Lenkwaffen tragen.[2]

Bedeutung und Nutzung

Die V-Bomber waren eine neue Generation des britischen Bombenflugzeugbaus und lösten die kolbenmotorbetriebenen, relativ preiswerten und für den Masseneinsatz konzipierten schweren Bomber des Zweiten Weltkrieges wie die Avro Lancaster,[3] die Handley Page Halifax, die Short Stirling[4] und auch die zuvor von den US-Amerikanern gelieferte B-29 ab.[5][6][7]

Ein vergleichbares Flugzeug ihrer Zeit war die sowjetische Tu-16.[8]

Die Aufgabe als strategischer Kernwaffen-Träger verloren sie aber spätestens Ende der 1960er Jahre aufgrund der wachsenden Leistungsfähigkeit der modernen Flugabwehr. Als Rückgrat der britischen Atomstreitmacht im Kalten Krieg wurden sie durch die Atom-U-Boote der Resolution-Klasse ersetzt, die von den USA gelieferte Polaris-Raketen führten.[9]

Danach erhielten sie andere Aufgaben als strategischer Fernaufklärer, Tankflugzeug und konventioneller Freifall-Bomber. Besonders die als Teil der V-Bomber-Kräfte in Norfolk stationierten Handley Page H.P.80 Victor sowie die Victor K2 des 55. und 57. Geschwaders wurde für Luftbetankungszwecke eingesetzt, während die Vulcans im Fliegerhorst Waddington dieser Aufgabe bereits früher nicht mehr zugewiesen wurden. In diesen Rollen kamen sie auch in einigen Konflikten zum Einsatz; Zitat (Rowland White): „For the last ten years <1972-1982>, though, the remaining Victors had served exclusively as air-to-air refuelling tankers“,[10][11]

Diese Typenfamilie bildete den Höhepunkt des eigenständigen britischen Flugzeugbaus – und erwies sich als der Anfang von dessen Ende. Nach den V-Bombern und dem späteren BAC-TSR-2-Desaster beschaffte die Royal Air Force, neben den einheimischen Mustern Harrier, Buccaneer und Hawk aufgrund der enormen Kosten nur noch Gemeinschaftsprojekte wie den Jaguar, den Tornado oder den Eurofighter. Diese Entwicklung bewirkte letztendlich, dass die großen britischen Luftfahrtpioniere Avro (1963), Handley Page (1970) und Vickers (in BAE Systems aufgegangen) aufgeben mussten.

Aus den Bombern wurden die Passagierflugzeuge Vickers VC7, Handley Page HP.111 und Avro 722 Atlantic abgeleitet. Keines dieser Muster kam über das Entwurfsstadium hinaus.

Die Flugzeuge

  • Vickers 667 Valiant (Erstflug: 1951)
  • Handley Page H.P.80 Victor (Erstflug: 1952)[12]
  • Avro 698 Vulcan (Erstflug: 1952)[13]

Die V-Bomber-Flotte erreichte ihren quantitativen Höhepunkt im Juni 1964, als 50 Valiants, 39 Victors und 70 Vulcans im aktiven Dienst standen. Die Valiant wurde für die ersten britischen Kernwaffentests[14] genutzt, danach aber recht schnell zum Tanker umgerüstet,[15] hatte die kürzeste Einsatzdauer und musste schon 1964 wegen Materialermüdung außer Dienst genommen werden. Die Victor wurden nach dem Ausscheiden der Valiants zum Tankflugzeug umgebaut und erst 1993 außer Dienst gestellt. Sie hatte mit 35 Jahren die längste Einsatzdauer der drei Flugzeugtypen. Einzig die Vulcan verblieb überwiegend in ihrer ursprünglichen Aufgabe als Bomber und wurde 1984 endgültig ausgemustert. Somit sind inzwischen alle V-Bomber außer Dienst gestellt.

Kampfeinsätze

Während der Sueskrise 1956 griffen Valiants ägyptische Flugplätze an.[16] Die Basis für diese Angriffe war Luqa auf Malta, das zu diesem Zeitpunkt noch britische Kolonie war. Zwischen 1962 und 1966 wurden während des Borneo-Konfliktes zwei Victor als Bomber eingesetzt.

Die mit Sicherheit letzten und für die Vulcan auch ersten Kampfeinsätze flogen die verbliebenen V-Bomber 1982 während des Falklandkrieges im Rahmen der Operation Black Buck.[17] Hierbei wurde eine Vulcan als Bomber und elf Victor als Tanker erfolgreich eingesetzt, um die Landebahn des Flugplatzes von Port Stanley vom 6.250 km entfernten Ascension aus anzugreifen.[18][19] Bei späteren Einsätzen wurden Radarstellungen mit Lenkwaffen vom Typ AGM-45 Shrike angegriffen.

Technische Daten im Vergleich

KenngrößeAvro Vulcan 698 B.MK 2HP Victor BMk.2Vickers 667 Valiant
TypMittlerer Bomber
Besatzung5 (+1 Tankoperator)55
Antrieb4 × Rolls-Royce Olympus Mk103
(je 88,9 kN)
4 × Rolls-Royce Conway 201
(je 87,88 kN)
4 × Rolls-Royce RA.28 Avon
(je 44,7 kN)
Höchstgeschwindigkeit1.038 km/h in 12.000 Höhe1.024 km/h912 km/h
Dienstgipfelhöhe19.810 m18.300 m16.460 m
Reichweite7.400 km7.360 km7.000 km
Länge30,45 m34,95 m32,99 m
Höhe7,95 m8,97 m9,80 m
Spannweite33,83 m36,80 m34,85 m
Flügelfläche368,26 m²241 m²219 m²
Leergewicht37.144 kg41.275 kg34.419 kg
Max. Startgewicht113.400 kg97.980 kg63.503 kg
BewaffnungBlue Steel CM, 21 × 454-kg-Bomben (1.000 Lb), max. Waffenlast ca. 9.500 kgBlue Steel, 35 × 454-kg-Bomben, max. Waffenlast ca. 15.890 kg1 × 4.540-kg-Bombe oder 21 × 454-kg-Bomben, max. Waffenlast ca. 9.500 kg
Produzierte Einheiten134 (45×B.1 + 89×B.2)86107
Erstflug30. August 195224. Dezember 195218. Mai 1951
Indienststellung195619581955
Außerdienststellung198419931964

Quellen: [20][21][22][23][24][25][26]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 'Vulcan 607, 2nd Ed., 2012, Corgi Edition: Seite 79, Abs. 2.
  2. Downey, Bob, V-Bombers, Arms and Armour Press, 1985.
  3. Middlebrook, Martin, The Berlin Raids: RAF Bomber Command Winter 1943-44, Penguin, 1990
  4. Brooks, Andrew, V-Force: The History of Britains Airborne Deterrent, Jane's, 1982.
  5. Jackson, Robert - World Military Aircraft since 1945, Ian Allan 1979
  6. Jackson, Robert, Avro Vulcan, Patrick Stephens, 1984
  7. Jones, Barry, V-Bombers: Vilant, Vulcan and Victor, Crowood Press, 2000.
  8. Laming, Tim, The Vulcan Story: 1952-2002, Cassell, 2002
  9. Ring, Jim, We Come Unseen: The Untold Story of Britain's Cold War Submarines, John Murray, 2001
  10. Vulcan 607, 2nd Ed., 2012, Corgi Edition: Seite 79, Abs. 2.
  11. Vulcan 607, 2nd Ed., 2012, Corgi Edition: Seite 125, Abs. 3 sowie Seite 127, Abs. 2
  12. Brookes, Andrew, Handley Page Victor, Ian Allen, 1998.
  13. Bulman, Craig, The Vulcan B.Mk2 from a Different Angle, Pentland Press, 2001
  14. Wynn, Humphrey, RAF Nuclear Deterrent Forces, HMSO, 1994
  15. Cruddas, Colin, In Cobham's Company: Sixty Years of Flight Refuelling Limited, Cobham, 1994.
  16. Delve, Ken, RAF Marham: The Operational History of Britains Front-line Base from 1916 to the Present Day, Patrick Stephens, 1995
  17. Burden, Rodney, Micheal Draper, Douglas Rough, Colin Smith, David Wilton: Falklands: The Air War, Arms and Armour Press, 1986.
  18. Rowland White, Vulcan 607 - The Epic Story of the Most Remarkable British Air Attack since the Second World War (Special 30th Anniversary Ed.), Corgi, 2012 (zweite Ausg.)
  19. 'Victor Flight', Aircraft Illustrated, Oktober 1986; Gething, Michael J., 'The Black Buck Raids', Vulcan News, November 2000
  20. 'The V-Bombers - Avro Vulcan - Part 1', Aeroplane Monthly, OCT 1980;
  21. The V-Bombers - Avro Vulcan - Part 2', Aeroplane Monthly, NOV 1980;
  22. The V-Bombers - Avro Vulcan - Part 3', Aeroplane Monthly, DEC 1980;
  23. The V-Bombers - Handley Page Victor - Part 1', Aeroplane Monthly, JAN 1981;
  24. The V-Bombers - Handley Page Victor - Part 2', Aeroplane Monthly, FEB 1981;
  25. The V-Bombers - Handley Page Victor - Part 3', Aeroplane Monthly, FEB 1981;
  26. 'Jets', Vulcan Special, Winter 1999

Auf dieser Seite verwendete Medien

Vulcan.filton.arp.750pix.jpg
  • Royal Air Force Avro 698 Vulcan B.1, date unknown.
  • Photographed by Adrian Pingstone (early 60's?) and released to the public domain.
Raf victor in 1961 arp.jpg

Victor V Bomber in 1961. Location unknown but most probably Farnborough, England.

Taken by Adrian Pingstone and released to the public domain.
Valiant.vbomber.700pix.jpg
Valiant V bomber in 1961 at Filton Airfield, Filton, Bristol, England.