Uwe Lüthje

Uwe Lüthje (* 24. Dezember 1931 in Klagenfurt am Wörthersee;[1]25. Februar 2003 in Sankt Augustin)[2] war ein deutsch-österreichischer Volkswirt.[3] Von 1971 bis 1992 war er Generalbevollmächtigter der CDU-Bundesschatzmeisterei und in dieser Funktion sowohl in die Flick-Affäre als auch in die CDU-Spendenaffäre verwickelt.[4]

Leben

Gemeinsam mit dem Bundesschatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, und Horst Weyrauch, dem Finanzberater der Partei, war Lüthje für die Finanzierung der CDU, insbesondere der Wahlkämpfe, verantwortlich. Dabei nutzten sie ein sogenanntes Anderkontensystem, bei dem Spendengelder, die größtenteils von der Industrie stammten, illegal an die Staatsbürgerliche Vereinigung oder die Soverdia Gesellschaft der Steyler Missionare überweisen wurden. Diese stellten jeweils Spendenquittungen über den vollen Betrag aus, während ein Großteil davon wieder zurück überwiesen wurde, sodass dieses Geld an die CDU weitergeleitet werden konnte.[5] Im Zuge der Flick-Affäre kam diese Praxis Anfang der 80er Jahre an die Öffentlichkeit, Lüthje wurde jedoch erst im Mai 1990 gemeinsam mit Leisler Kiep wegen fortgesetzter Beihilfe zur Steuerhinterziehung angeklagt; das Verfahren wurde kurze Zeit später wegen Verjährung eingestellt.[2][6]

Anlässlich Horst Weyrauchs 65. Geburtstag am 10. September 1997 soll Uwe Lüthje erklärt haben, dass er und Weyrauch im Zuge der Ermittlungen wegen des CDU-Spendensystems 1986 im Zeugenstand vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss falsch ausgesagt hätten, um Bundeskanzler Helmut Kohl vor der Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage zu bewahren. Denn im Gegensatz zu seinen Behauptungen, die Kohl vor dem Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages getätigt hatte, soll er durch Lüthje umfassend über das Anderkontensystem, insbesondere über die Staatsbürgerliche Vereinigung und deren Zweck, in Kenntnis gesetzt worden sein. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Otto Schily hatte diesbezüglich eine Anzeige erstattet, weshalb die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen Kohl ermittelte. Weyrauch und Lüthje entlasteten den CDU-Vorsitzenden durch ihre mit Kohl abgesprochenen Falschaussagen, woraufhin keine Anklage erhoben wurde.[7][8][9][10]

Kohl bestritt im Zuge von Ermittlungen 2000 diesen Sachverhalt und warf Lüthje seinerseits vor, sich persönlich bereichert zu haben. Zudem erklärte Lüthje zur selben Zeit, dass Kohl auch davon gewusst habe, dass er, Leisler Kiep und Weyrauch 1992 kurz vor dem Ausscheiden aus der CDU-Schatzmeisterei 1,5 Millionen Schweizer Franken, die vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber stammen und bei der Auflösung eines Schwarzgeld-Kontos übrig geblieben sein sollen, unter sich aufgeteilt haben.[7][11][12][13]

Laut Medienberichten soll Kohl in einem Telefonat im Dezember 1999 Druck auf seinen ehemaligen Mitarbeiter ausgeübt haben, bestimmte Aussagen im Zusammenhang mit der Annahme und Weitergabe von Spenden zurückzunehmen. Lüthje soll geantwortet haben, „dieses Mal“ nicht zu lügen.[14] Er erklärte im Jahr 2000 mehrfach, „von Kohl menschlich enttäuscht zu sein“[4] und war deshalb schließlich bereit, vom Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zur Partei-Spendenaffäre befragt zu werden. Aufgrund einer Lungenkrebserkrankung konnte Lüthje die Fragen im Sommer 2000 nur schriftlich beantworten.[15] Uwe Lüthje starb am 25. Februar 2003 an den Folgen der Krebserkrankung in seinem Haus in Sankt Augustin.[4]

Jahrelang wurde Lüthje durch Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR überwacht, wobei insbesondere Telefonate abgehört wurden.[16][17]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vernehmungsniederschrift der Zeugenaussage von Uwe Lüthje im Verfahren gegen Walter Leisler Kiep, veröffentlicht in Bimbes – Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl, 4. Dezember 2017
  2. a b Der Getreue für dunkle CDU-Kassen: Uwe Lüthje ist tot. 3. März 2003 (welt.de [abgerufen am 5. April 2019]).
  3. Dr. Uwe Lüthje, gestorben am 25.02.2003 (Traueranzeige/Todesanzeige auf Doolia.de). Abgerufen am 5. April 2019.
  4. a b c Edgar Bauer: Der treue Mann für dunkle CDU-Kassen – Uwe Lüthje tot. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 3. März 2003, abgerufen am 5. April 2019 (deutsch).
  5. Paul Lersch, Hartmut Palmer: SKANDALE: Die gepflegte Landschaft. In: Der Spiegel. Band 50. SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG, Hamburg 13. Dezember 1999 (spiegel.de [abgerufen am 5. April 2019]).
  6. Guido Rijkhoek: Walter Leisler Kiep: Aufstieg und Fall. In: manager-magazin.de. 3. Januar 2006, abgerufen am 5. April 2019.
  7. a b Christian Bauschke: Einst nibelungentreu, heute Kohls größte Bedrohung: Uwe Lüthje. 14. August 2000 (welt.de [abgerufen am 6. April 2019]).
  8. Hans Hütt: Späte Erkenntnisse: Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. April 2019]).
  9. Markus Deggerich: SPIEGEL ONLINE Exklusiv: Die vollständige Aussage von Uwe Lüthje. In: Spiegel Online. 24. Januar 2001 (spiegel.de [abgerufen am 5. April 2019]).
  10. Wolfgang Krach, Tina, Hildebrandt, Jürgen Leinemann, Georg Mascolo: Drei Bundeslöschtage. In: Der Spiegel. Band 27, 3. Juli 2000 (spiegel.de [abgerufen am 6. April 2019]).
  11. Hartmut Palmer: PARTEISPENDEN: Bargeld bevorzugt. In: Der Spiegel. Band 25, 19. Juni 2000 (spiegel.de [abgerufen am 6. April 2019]).
  12. Hartmut Palmer: CDU-PARTEISPENDEN: Verräterische Übereinstimmung. In: Der Spiegel. Band 51, 18. Dezember 2000 (spiegel.de [abgerufen am 6. April 2019]).
  13. Wolfgang Krach, Georg Mascolo: "Ich mache jetzt reinen Tisch". In: Der Spiegel. 14. Februar 2000 (spiegel.de [abgerufen am 27. April 2019]).
  14. CDU: Hat Kohl Druck auf Lüthje ausgeübt? In: Spiegel Online. 2. August 2000 (spiegel.de [abgerufen am 25. April 2019]).
  15. Untersuchungsausschuss CDU-Spendenaffäre – schriftliche Aussagen Uwe Lüthje. In: Spiegel Online. 24. Januar 2001, abgerufen am 6. April 2019.
  16. Wolfgang Krach, Georg Mascolo: AFFÄREN: „So viele leckere Sachen“. In: Spiegel Online. Band 14, 3. April 2000 (spiegel.de [abgerufen am 14. April 2019]).
  17. Jürgen Schreiber: Die Stasi lebt: Berichte aus einem unterwanderten Land. Knaur eBook, 2009, ISBN 978-3-426-55912-3 (google.de [abgerufen am 14. April 2019]).