Unteroffiziervorschule

Die Unteroffiziervorschulen waren im Deutschen Kaiserreich und später im Dritten Reich Militärschulen für männliche Jugendliche, die auf eine militärische Laufbahn innerhalb der Streitkräfte als Unteroffizier vorbereiten sollten. Die Schüler trugen Uniform und unterlagen der militärischen Disziplin, waren kaserniert, jedoch rechtlich keine Soldaten.[1] Sie wurden in allgemeinbildenden Fächern unterrichtet und erhielten gleichzeitig eine vormilitärische Ausbildung. Nach Abschluss erfolgte im Regelfall die Übernahme als Soldat und die Überstellung an eine Unteroffizierschule.[1] Sie hatten damit eine ähnliche Funktion als Vorbereitung auf den Soldatenberuf wie die Kadettenanstalten für angehende Offiziere.

Deutsches Kaiserreich

Siegelmarke der Unteroffiziervorschule Weilburg
Gebäude der Unteroffiziervorschule in Annaburg im Jahr 2013
Gebäude der Unteroffiziervorschule in Weilburg im Jahr 2007

Bereits im 18. Jahrhundert gab es im Königreich Preußen Militärknabeninstitute und Militärwaisenhäuser für die Nachkommen von Soldaten, insbesondere gestorbener oder verarmter Soldaten. Die Kinder und Jugendlichen konnten unentgeltlich eine Schule besuchen, den Schulabschluss erwerben und oft ein Handwerk erlernen. Zudem wurden sie vormilitärisch ausgebildet. Das Schulpersonal waren aktive oder ehemalige Unteroffiziere, Offiziere und zivile Lehrer. Wer eine militärische Laufbahn anstrebte, konnte in einer oft angegliederten Militärschule verbleiben und trat mit wehrfähigem Alter in die Preußische Armee ein.[2]

Nach Gründung des Deutschen Kaissereiches wurden folgende Unteroffiziervorschulen aufgestellt:[1][3][4]

sowie weitere in Marienberg und Wohlau. Schüler an der Militärschule des Potsdamer Militärwaisenhauses hatten den gleichen Status wie Schüler einer Unteroffiziervorschule.[5]

Die Unteroffiziervorschulen sollten männliche jugendliche mit mindestens Volksschulabschluss auf eine militärische Laufbahn vorbereiten und dabei das Altersband zwischen Schulabschluss und wehrfähigem Alter überbrücken. Die Anwärter mussten bei Beginn in einem Alter von 15 oder 16 Jahren sein und die Genehmigung der Eltern haben; sie besuchten die Schule für zwei Jahre. Der Schulbesuch war kostenlos, und Essen, Unterkunft, Uniform sowie ein Taschengeld wurden unentgeltlich gestellt. Für jeden Monat des Schulbesuchs mussten die Schüler später zwei Monate zusätzlich zum aktiven Pflichtdienst in den Streitkräften dienen.[1]

Nach den Bestimmungen von 1888 wurden die Schüler in Deutsch, Rechnen, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Schönschreiben, Zeichnen, Planzeichnen und Gesang unterrichtet. Darüber hinaus erhielten sie eine vormilitärische Ausbildung, mussten Uniform tragen und wurden militärisch gedrillt.[1]

Mit Abschluss an der Unteroffiziervorschule wurden die Schüler als Unteroffizieranwärter an eine Unteroffizierschule versetzt. Im Gegensatz zu Anwärtern aus der Truppe, die drei Jahre die Unteroffizierschule besuchen mussten, verkürzte sich die Ausbildung für Absolventen der Unteroffiziervorschule auf zwei Jahre. Danach wurden sie, je nach gezeigter Leistung, als Mannschaftsdienstgrad oder bereits als Unteroffizier in die Truppe versetzt.[1]

Alle Unteroffiziervorschulen wurden nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund des Friedensvertrag von Versailles bis 1920 aufgelöst.[3][1][5]

Drittes Reich

Heeresunteroffiziervorschule Marienberg (1940)
Ärmelstreifen für das Stammpersonal

Unteroffiziervorschulen (UVS) wurden 1941 für die drei Teilstreitkräfte der Wehrmacht eingerichtet. Noch im selben Jahr gestattete ein sogenannter „Führerbefehl“ nicht mehr, dass ab 1942 weitere Jahrgänge für die Unteroffiziervorschulen rekrutiert wurden. 1944 lief die erste und auch einzige 3-Jahres-Ausbildung auf den Unteroffiziervorschulen aus.

Allein der Kriegsmarine gelang es, ersatzweise sogenannte „Seeberufsfachschulen“ (SBF) einzurichten. Die Unteroffiziervorschulen wurden einfach in Seeberufsfachschulen umbenannt; die Seeberufsfachschulen waren also die Nachfolgeeinrichtungen für die Unteroffiziervorschulen der Kriegsmarine. Die Bewerber für den 2. Jahrgang einer Unteroffiziervorschule der Kriegsmarine, die eine Aufnahmeprüfung bestanden hatten, konnten sich nun für eine Lehre auf den Seeberufsfachschulen entscheiden.[6] Trotz einer zivilen Unterstellung unter das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung standen die Seeberufsfachschulen eindeutig unter der Ägide der Kriegsmarine.

1942 kamen die ersten 300 Schüler des Geburtsjahrgangs 1927/28 an die Seeberufsfachschule Wolgast. 1943 rekrutierte man die Geburtsjahrgänge 1928/29 und zuletzt 1944 die Geburtsjahrgänge 1929/30.

1944 existierten seemännisch oder technisch ausgerichtete Seeberufsfachschulen z. B. in Marienberg, Wolgast, Wesermünde (Bremerhaven), Lindau, Hohenschwangau, Essen, Neuwied, Elsfleth, Sankt Wolfgang, Eudenbach, Görlitz und Ungarisch Hradisch in Mähren.

Persönlichkeiten

Günter Kießling, Absolvent der Unteroffiziervorschule in Dresden

Lehrer und Ausbilder

Absolventen

  • Hermann Franz, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei
  • Heinrich Hannibal, SS-Brigadeführer, Generalmajor der Polizei
  • Horst Hennig, Generalarzt der Luftwaffe (Bundeswehr)
  • Ernst Jenke, Nationalsozialist, SA-Obersturmbannführer, 1930–1945 Reichstagsabgeordneter
  • Günter Kießling, General im Heer (Bundeswehr)
  • Heinrich August Knickmann, Nationalsozialist
  • Arnold Kreklow, Angehöriger der Geheimen Staatspolizei
  • Fritz Lattke, sorbisch-deutscher Maler, Grafiker, Buchillustrator und Comiczeichner
  • Ernst Penner, Landrat in Labiau, Nationalsozialist, ab 1935 Reichstagsabgeordneter
  • Fritz Streletz, Generaloberst der Nationalen Volksarmee
  • Carsten Volquardsen, SA-Brigadeführer, Oberleutnant der Fallschirmjäger
  • Josef Wasmer, SA-Standartenführer, Nationalsozialist, 1933/34 Reichstagsabgeordneter

Literatur

  • Werner Jähnig: Chronik der SBF Wolgast und Wesermünde.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Unteroffiziers-Vorschule. In: annaburger-chronisten.de. Annaburger Ortschronisten, abgerufen am 23. März 2020.
  2. Soldaten-Knaben-Institut unter preußischer Zeit in Annaburg. In: annaburger-chronisten.de. Annaburger Ortschronisten, abgerufen am 23. März 2020.
  3. a b Findbuch 456 F 141. In: www2.landesarchiv-bw.de. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 23. März 2020.
  4. Die ehemalige Unteroffizier-Vorschule. In: www.moelln.de. Stadt Mölln, archiviert vom Original am 23. März 2020; abgerufen am 23. März 2020.
  5. a b Unteroffiziervorschulen. In: Brockhaus Konversationslexikon. 14. Auflage. Band 16. F. A. Brockhaus, Leipzig, Berlin und Wien 1894, S. 103 (retrobibliothek.de [abgerufen am 23. März 2020]).
  6. Tom Schröter: Wolgast: Sprungbrett zur Kriegsmarine Von 1942 bis 1945 existierte im Tannenkamp eine Seeberufsfachschule mit bis zu 300 Schülern. In: Ostsee-Zeitung. 22. Januar 2018 (ostsee-zeitung.de [abgerufen am 26. März 2020]).

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Königliche Unteroffizierschule in Marienberg.
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Ehemalige Unteroffiziersvorschule in Annaburg
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Ärmelstreifen Unteroffiziersvorschule
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Titel: K.Pr. Unteroffiziervorschule zu Weilburg
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Ort: Weilburg

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Luftaufnahme von Weilburg, Hessen, Deutschland. Staatliche Technikakademie (seit 2010) vormals Fachschule für Technik - der Staatlichen Technikerschule Weilburg, davor ehemaliges Pädagogisches Institut. Zusammen mit dem Wohnheim "Windhof" in idealer Umgebung eine Weiterbildungseinrichtung mit überregionaler Bedeutung. Erbaut als "Neue Kaserne". Der Grundstein zu ihrem Bau wurde am 04.12.1911 gelegt und ihrer Bestimmung übergeben wurde sie am 27.09.1913. Beauftragt hatte den Kasernenbau das preußische Kriegsministerium, der Entwurf dazu stammte von dem Kgl. Baurat Winkelmann und Regierungsbaumeister Groß. Die Neue Kaserne wurde bei ihrer Eröffnung als Musterbau vorgestellt und war konzipiert für die Aufnahme der seit 1877 in der Hainkaserne (Alte Kaserne) untergebrachten Unteroffiziersvorschule. Ausgebildet wurde in der Neuen Kaserne nicht nur der Heeresnachwuchs, sondern auch die Zöglinge der Zivilverwaltung. Das Kasernengelände umfasste ein Hauptgebäude und mehrere Wohnhäuser, Nebengebäude, Gärten, den Exerzierplatz und einen Rasenspielplatz. Das Hauptgebäude ist 120 m breit und beherbergte zur Eröffnung 317 Räumen; es war der größte Bau Weilburgs nach dem Schloss.
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General a.D. Dr. Günter Kießling