Unternehmen Bodenplatte

Unternehmen Bodenplatte
Teil von: Westfront, Zweiter Weltkrieg

Bei Wemmel notgelandete Focke-Wulf Fw 190D-9, W.Nr.210079, 10./JG 54
Datum1. Januar 1945
OrtBelgien, Niederlande, Frankreich
AusgangDeutscher Pyrrhussieg
Konfliktparteien

Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Neuseeland Neuseeland
Polen 1928 Polnische Exilregierung
Kanada 1921 Kanada

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Befehlshaber

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Arthur Coningham
Vereinigte Staaten 48 James Doolittle
Vereinigte Staaten 48 Hoyt S. Vandenberg

Deutsches Reich NS Werner Kreipe
Deutsches Reich NS Josef Schmid
Deutsches Reich NS Dietrich Peltz
Deutsches Reich NS Karl Hentschel
Deutsches Reich NS Gotthard Handrick

Truppenstärke

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich RAF Second Tactical Air Force
Vereinigte Staaten 48 Eighth Air Force
Vereinigte Staaten 48 Ninth Air Force

Deutsches Reich NS II. Jagdkorps
Deutsches Reich NS 3. Jagd-Division
Deutsches Reich NS 5. Jagd-Division

Verluste

Am Boden:

  • 290 Flugzeuge zerstört
  • 180 Flugzeuge beschädigt

Im Luftkampf:

  • 15 Flugzeuge zerstört
  • 10 Flugzeuge beschädigt

143 Tote
21 Verwundete
70 Gefangene
292 Flugzeuge zerstört

Ardennenoffensive
Auftakt

KesternichWahlerscheid

Deutscher Angriff
LosheimergrabenClervauxStößerGreif

Alliierte Verteidigung und Gegenangriff
Elsenborn RückenSt. VithBastogneBure

Deutscher Gegenangriff
BodenplatteNordwind

Kriegsverbrechen
MalmedyWerethChenogne


Bedeutende Militäroperationen an der Westfront 1944–1945
1944: Overlord · Dragoon · Mons · Market Garden · Scheldemündung · Aachen · Hürtgenwald · Queen · Elsass-Lothringen · Ardennen

1945: Nordwind · Bodenplatte · Blackcock · Colmar · Veritable · Grenade · Blockbuster · Lumberjack · Undertone · Plunder · Flashpoint · Aschaffenburg · Würzburg · Ruhrkessel · Friesoythe · Nürnberg

Das Unternehmen Bodenplatte fand am 1. Januar 1945 statt. Etwa 850 Jagdflugzeuge der deutschen Luftwaffe[1] griffen Flugplätze der West-Alliierten in den Niederlanden, Belgien und Frankreich an. Die Luftwaffe plante, bei diesem Angriff 17 feindliche Frontflugplätze zu zerstören. Einige hundert alliierte Flugzeuge wurden zerstört oder beschädigt. Es war aber ein Pyrrhussieg: Die Verluste der Luftwaffe waren hoch, die Verluste an erfahrenen Piloten waren hoch, knappe Kraftstoffvorräte wurden aufgebraucht.

Das Unternehmen beschleunigte den Niedergang der Luftwaffe; die Kampfkraft der alliierten Luftstreitkräfte wurde kaum beeinträchtigt.

Planung und Durchführung

Im Herbst 1944 begann die deutsche Wehrmacht mit der Planung einer großen Offensive gegen die Alliierten im Gebiet der Ardennen („Unternehmen Wacht am Rhein“). Die Vorbereitungen für einen begleitenden Großeinsatz der Luftwaffe gegen alliierte Flugplätze begannen am 16. September. Ab dem 16. Oktober wurden Einheiten aus dem Reichsgebiet in die Nähe des Operationsgebietes verlegt. Die Westalliierten hatten damals weitgehende Luftüberlegenheit. Der Befehl Hermann Görings verlangte, die alliierten taktischen Luftstreitkräfte durch einen Überraschungsangriff auf ihre Flugplätze zu dezimieren, um den eigenen Bodentruppen mehr Bewegungsfreiheit am Tage zu verschaffen. Mit der Durchführung wurde Generalmajor Dietrich Peltz als Kommandeur des II. Jagdkorps beauftragt, der am 5. Dezember die Detailplanung des „Unternehmens Bodenplatte“ mit den Geschwaderkommandeuren leitete.[2] Dafür wurde die Mehrzahl der verfügbaren Jagdflugzeuge vorgesehen. Diese sollten die Bomber- und Jägerverbände der in Belgien, Frankreich und in den Niederlanden stationierten Royal Air Force (RAF) und der United States Army Air Forces (USAAF) im Tiefflug angreifen und möglichst viele feindliche Flugzeuge am Boden zerstören. Die Bodenoffensive, die später als Ardennenoffensive bezeichnet wurde, begann planungsgemäß am 16. Dezember. Wegen schlechten Wetters konnte der begleitende Luftangriff nicht gleichzeitig stattfinden. Wegen der langen Verzögerung und der ins Stocken geratenen Bodenoffensive nahmen angeblich einige Geschwaderkommandeure an, Bodenplatte sei abgesagt, als am 31. Dezember 1944 der Befehl zur Durchführung kam.[3]

Überraschungsangriff

Alle Jagdgeschwader, die zur Reichsverteidigung an der Westfront stationiert waren, nahmen an dem Angriff teil. Sie waren hierzu auf den Fliegerhorsten Bonn-Hangelar, Köln-Ostheim und Köln-Wahn stationiert. 44 Junkers-Ju-88-Nachtjäger der II. bzw. III./ NJG 1, III./ NJG 5, II./ NJG 6, II./ NJG 100 und I. bzw. II./ NJG 101 leiteten als „Lotsen“ die Angriffsverbände zu ihren Angriffszielen.

Die Hauptlast des Angriffes trugen einmotorige Jäger und Jagdbomber der Typen Messerschmitt Bf 109 und Focke-Wulf Fw 190, die wegen der Einsatzlänge keine Bomben mitführen konnten. Über dem Einsatzgebiet kam es zu heftiger Gegenwehr durch Flugabwehrgeschütze, die zu hohen deutschen Verlusten führte. Es konnten aber nur verhältnismäßig wenige alliierte Abfangjäger zur Verteidigung aufsteigen. Da die meisten deutschen Piloten unerfahren und für Luft-Bodeneinsätze unzureichend ausgebildet waren, konnte der Überraschungseffekt kaum genutzt werden.

Übersicht über Angriffsziele und beteiligte Einheiten

Den Jagdgeschwadern (JG), Kampfgeschwadern (KG) und Schlachtgeschwadern (SG) der Luftwaffe standen auf alliierter Seite gegenüber:

  • die Royal Air Force mit der 2nd Tactical Air Force (2nd TAF). Diese war in vier Groups (Geschwader) eingeteilt, die aus Wings (dt. Gruppe) von drei bis fünf Squadrons (entspricht einer deutschen Staffel) mit durchschnittlich zwölf einsatzfähigen Flugzeugen bestanden.
  • die 8th und 9th Air Force. Diese unterteilten sich in Fighter Groups (Jagdgruppen) und Bombardment Groups (Bombergruppen) und weiter in Squadrons.

Die Aufgabe der 2nd TAF und der 9th Air Force war während der Landung in der Normandie vor allem die Luftnahunterstützung der Bodentruppen gewesen. Mit dem Fortschreiten des Bodenkrieges wurden die Einheiten auf das europäische Festland verlegt. Die Aufgabe der 8th Air Force war der strategische Luftkrieg gegen Deutschland.

AngriffszielEinheit der LuftwaffeAlliierte KräfteWirkung
Antwerpen-Deurne (Belgien)JG 77vier Spitfire-Staffeln der 2nd TAF, fünf Typhoon-Staffeln der 2nd TAFgeringfügige Zerstörung
Asch (Belgien)JG 11drei Staffeln P-51 der 352nd Fighter Group, drei Staffeln P-47 der 366th Fighter Groupgeringe Zerstörung
Brüssel-EvereII., III./JG 26zahlreiche amerikanische und britische Jäger, Bomber und Transportflugzeugeschwere Zerstörung
Brüssel-GrimbergenI./JG 26, III./JG 54Flugplatz war bis auf sechs Flugzeuge unbelegt und für den Flugbetrieb gesperrtgeringfügige Zerstörung
Brüssel-MelsbroekJG 27, IV./JG 54drei Aufklärerstaffeln der 2nd TAF und drei Bomberstaffeln der 8th Air Forceschwere Zerstörung
Eindhoven (Niederlande)JG 3, I./JG 6acht Typhoon-Staffeln und drei Spitfire- bzw. Mustang-Staffeln der 2nd TAFschwere Zerstörung
Sint-Denijs-Westrem (Belgien)II./JG 1drei polnische Spitfire-Staffeln (302., 308. und 317. Squadron)schwere Zerstörung, heftige Luftkämpfe
Gilze-Rijen (Niederlande)I./KG 51, III./KG 76drei Aufklärerstaffeln der 2nd TAF (Mustang/ Spitfire)geringfügige Zerstörung
Heesch (Niederlande)Ziel nicht erkanntfünf Spitfire-Staffeln der 2nd TAFohne Wirkung
Le Culot (Belgien)JG 4drei Thunderbolt-Staffeln und zwei F-5-Staffeln der 9th Air ForcePlatz verfehlt, keine Zerstörung
Maldegem (Belgien)I./JG 1zwei Spitfire-Staffeln der 2nd TAFschwere Zerstörung
Metz-Frescaty (Frankreich)JG 53etwa 40 Thunderbolts der 365th Fighter Group der 9th Air Forcemäßige Zerstörung
Ophoven (Belgien)II./JG 11vier Spitfire-Staffeln der 2nd TAFmäßige Zerstörung
Sint-Truiden (Belgien)JG 2, IV./JG 4, SG 4sechs Thunderbolt-Staffeln der 9th Air Forcemäßige Zerstörung
Volkel (Niederlande)II. und III./JG 6drei Typhoon- und fünf Tempest-Staffeln der 2nd TAFgeringe Zerstörung
Woensdrecht (Niederlande)JG 77fünf Spitfire-Staffeln der 2nd TAF, die sich alle im Flug befandenohne Wirkung
Ursel (Belgien)JG 1Flugplatz bis auf vier beschädigte Flugzeuge unbelegtgeringfügige Zerstörung

Auftrag „Hermann“

Die letzte Eintragung im Flugbuch vieler deutscher Piloten lautete: „Auftrag Hermann 1.1.1945, Zeit: 09:20 Uhr“. Als die Flugbücher bei den abgeschossenen Piloten gefunden wurden, dachte man auf alliierter Seite zunächst, es handele sich um die „Operation Hermann“, also um ein nach seinem mutmaßlichen Planer, Hermann Göring, benanntes Unternehmen. Tatsächlich stand „Hermann“ lediglich für „Angriffstermin“ und bedeutete, dass alle Verbände um 09:20 Uhr den Angriff auf die gegnerischen Flugplätze eröffnen würden. Göring selbst hatte mit der komplexen Planung des Unternehmens nichts zu tun.

Air Vice Marshal (Generalleutnant) John Edgar „Johnnie“ Johnson (1915–1996), der an diesem Tag in Brüssel-Evere war, beschrieb den Angriff so:

„Operation Hermann war ein kühner Schlag. Wir konnten feststellen, dass der durchschnittliche deutsche Pilot dieser Aufgabe nicht gewachsen war.“[4]

Ergebnis

Bei dem deutschen Angriff wurden 305 alliierte Flugzeuge zerstört und 190 beschädigt.[5] Davon gingen 15 Flugzeuge durch Luftkämpfe verloren und weitere 10 wurden beschädigt.

Von den rund 850 eingesetzten deutschen Flugzeugen gingen 292 (34 %) verloren. Dabei fielen 213 Piloten oder wurden gefangen genommen. Auf dem Hin- und Rückflug wurden nach heutigen Erkenntnissen 30–35 Maschinen durch die deutsche Flugabwehr (Flak) abgeschossen (Eigenbeschuss); frühere Publikationen nennen wesentlich höhere Verluste. Aufgrund von Geheimhaltung, Planungsmängeln und Abweichungen von der Flugroute waren manche deutsche Flakbatterien nicht über den Überflug von eigenen Kräften informiert gewesen.[6]

Besonders folgenschwer für die Kampfkraft der Jagdverbände war der Verlust von 22 erfahrenen Verbandsführern: Drei Geschwaderkommodore, fünf Gruppenkommandeure und 14 Staffelkapitäne kehrten von dem Einsatz nicht zurück.

Folgen

Die Alliierten führten in den darauffolgenden zwei Wochen keinen Großangriff von den getroffenen Flugplätzen durch. Die deutsche Heimatverteidigung war derweil durch den hohen Verlust an erfahrenen Piloten unwiderruflich gebrochen. Die deutsche Ardennenoffensive war spätestens seit dem 3. Januar gescheitert, als die alliierte Gegenoffensive begann, bei der die Alliierten ihre trotz Bodenplatte ungebrochene Luftüberlegenheit voll ausspielen konnten.

Siehe auch

Literatur

  • Werner Girbig: Start im Morgengrauen. Eine Chronik vom Untergang der deutschen Jagdwaffe im Westen 1944/1945. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-613-01292-8.
  • Steven J. Zaloga, Howard Gerrard: Battle of the Bulge. Osprey Publishing, 2004, ISBN 1-84176-810-3.
  • John Manrho, Ron Pütz: Bodenplatte. The Luftwaffe’s Last Hope. Hikoki Publ., 2004, ISBN 1-902109-40-6.

Weblinks

Commons: Unternehmen Bodenplatte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. laut dieser Quelle (S. 7) waren es 1035
  2. John Manrho, Ron Pütz: Bodenplatte. The Luftwaffe’s Last Hope. reprint Auflage. Stackpole Books, Mechanicsburg, PA 2010, ISBN 978-0-8117-0686-5, S. 2, 3 (erstmals verlegt von Hikoki Publications, 2004).
  3. John Manrho, Ron Pütz: Bodenplatte. The Luftwaffe’s Last Hope. reprint Auflage. Stackpole Books, Mechanicsburg, PA 2010, ISBN 978-0-8117-0686-5, S. 7 (erstmals verlegt von Hikoki Publications, 2004).
  4. Air Vice-Marshal 'Johnnie' (J.E.) Johnson: Wing Leader. Goodall paperback edition by Crécy Publishing, Manchester 2000, ISBN 0-907579-87-6, S. 294–295.
  5. John Manrho, Ron Pütz: Bodenplatte. The Luftwaffe’s Last Hope. Hikoki Publ., 2004, ISBN 1-902109-40-6, S. 272 f.
  6. John Manrho, Ron Pütz: Bodenplatte. The Luftwaffe’s Last Hope. reprint Auflage. Stackpole Books, Mechanicsburg, PA 2010, ISBN 978-0-8117-0686-5, S. 461–462 (erstmals verlegt von Hikoki Publications, 2004).

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Das Hakenkreuz ist im Vergleich zur Parteiflagge der NSDAP um 1/20 zum Mast hin versetzt.
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