Untermannigfaltigkeit des ℝn

In der Mathematik sind Untermannigfaltigkeiten des (auch: Untermannigfaltigkeiten des euklidischen Raums) ein Begriff aus der Analysis und der Differentialgeometrie. Da die Untermannigfaltigkeiten Teilmengen eines euklidischen Raumes sind, erben sie von diesem viele Eigenschaften wie zum Beispiel die Möglichkeit Abstände zu messen. Jedoch kann man jede Untermannigfaltigkeit auch als abstrakte differenzierbare Mannigfaltigkeit (ohne umgebenden Raum) betrachten. Die Äquivalenz der beiden Sichtweisen wird durch den Einbettungssatz von Whitney sichergestellt.

Ausgewählte Beispiele, in denen Untermannigfaltigkeiten des eine Rolle spielen, sind:

In all diesen Anwendungen wird die Menge der betrachteten Punkte von vornherein auf eine Teilmenge des eingeschränkt, die sich lokal durch Diffeomorphismen auf Gebiete eines mit abbilden lässt. Diese Teilmenge wird als -dimensionale Untermannigfaltigkeit des bezeichnet. Mit Hilfe der Diffeomorphismen kann man auf der Untermannigfaltigkeit im differentialgeometrischen Sinne genauso rechnen wie in Gebieten des .

Meistens wird die Menge durch Nebenbedingungen beschrieben. Das heißt, enthält gerade diejenigen Punkte , die mit einer vorgegeben stetig differenzierbaren Funktion mit die Gleichung

erfüllen. Außerdem wird noch gefordert, dass ein regulärer Wert von ist, also die Jacobi-Matrix von für alle Punkte den Maximalrang hat.

Die letzte Bedingung sichert die Anwendbarkeit des Satzes über implizite Funktionen. Dieser besagt, dass es zu jedem Punkt eine -Umgebung von gibt, in der die Punkte schon eindeutig durch Koordinaten parametrisiert sind. Die Abbildung, die auf die zur Parametrisierung benötigten Koordinaten projiziert, ist ein Beispiel für eine Kartenabbildungen und ist das zugehörige Kartengebiet. Da es zu jedem Punkt eine Kartenabbildung gibt, kann man ganz mit den zugehörigen Kartengebieten überdecken. Eine Menge solcher Karten, mit deren Kartengebieten man überdecken kann, ist ein Beispiel für einen Atlas.

Mit Hilfe der Kartenabbildungen kann man auf lokal wie im rechnen. Das motiviert, dass die natürliche Zahl Dimension von genannt wird und als -dimensionale Untermannigfaltigkeit des bezeichnet wird.

Beispiel

Kartengebiete und Projektionen als Kartenabbildungen für die eindim. Einheitssphäre

Die Einheitssphäre im wird mit der stetig differenzierbaren Funktion durch die Gleichung beschrieben. Die Jacobi-Matrix hat für mit ihren Maximalrang eins. Also ist

eine (n - 1) - dimensionale Untermannigfaltigkeit des . In jedem Punkt ist mindestens eine Koordinate ungleich Null. Für kann man mit die Menge

als Kartengebiet nutzen und für mit die Menge

.

Die Abbildungen

mit

eignen sich dann als Karten für diese Gebiete.

Am einfachsten zu veranschaulichen ist dieses Vorgehen für die eindimensionale Einheitssphäre im . Im nebenstehenden Bild sind die vier Kartengebiete als dick durchgezogene Linien eingezeichnet. Die Vereinigung der Kartengebiete überdeckt die gesamte Einheitssphäre, also bilden diese Karten zusammen einen Atlas. Die jeweils zu den Kartengebieten gehörigen Flachmacher sind durch einen kleinen Pfeil angedeutet. Die Bilder der Kartengebiete sind dick gestrichelt.

Für die zweidimensionale Einheitssphäre im benötigt man schon zwei Koordinaten zur eindeutigen Parametrisierung der Punkte in den Kartengebieten. Zum Beispiel wählt man für die Menge und als Kartenabbildung .

Auch das Möbiusband hat lokal Eigenschaften wie ein Gebiet des und soll deshalb auch als zweidimensionale differenzierbare Untermannigfaltigkeit des bezeichnet werden können. Wäre das Möbiusband als Urbild eines regulären Wertes einer stetig differenzierbaren Funktion darstellbar, so müsste der senkrecht auf stehende stetige Gradient dieser Funktion überall in eine Richtung zeigen (als z. B. von der Vorderseite wegzeigen). Das geht jedoch nicht, da das Möbiusband keine Vorder- oder Rückseite hat. Deshalb muss die Definition der differenzierbaren Untermannigfaltigkeit des etwas allgemeiner gefasst werden.

Definition einer Untermannigfaltigkeit des euklidischen Raums

Eine Menge ist eine -dimensionale -mal stetig differenzierbare Untermannigfaltigkeit des , wenn es zu jedem Punkt eine -Umgebung und eine -mal stetig differenzierbare Funktion mit regulärem Wert 0 gibt, so dass gilt.

Wichtige Aussagen

Äquivalent dazu ist: Eine Menge ist genau dann eine -mal stetig differenzierbare Untermannigfaltigkeit des , wenn es zu jedem Punkt einen lokalen Flachmacher gibt, d. h., zu existieren eine -Umgebung und ein Diffeomorphismus so dass für alle gilt: genau dann, wenn .

Eine reguläre Parameterdarstellung ist eine stetig differenzierbare Funktion , die ein Gebiet des in den abbildet und deren Jacobi-Matrix für jeden Parameter den Maximalrang hat.

Ist ein lokaler Flachmacher einer Mannigfaltigkeit , so ist eine reguläre Parameterdarstellung, die zumindest den Teil von parametrisiert. Dabei projiziert mit auf die wesentlichen Komponenten des lokalen Flachmachers.

Beispiel für eine Immersion, deren volles Bild keine Untermannigfaltigkeit des ist

Lokal kann man durch reguläre Parameterdarstellungen auch Mannigfaltigkeiten definieren: Ist eine reguläre Parameterdarstellung und beliebig, so existiert eine Umgebung von , so dass das Bild von unter eine differenzierbare Untermannigfaltigkeit des darstellt.

Beispiel

Die rechts veranschaulichte Immersion mit ist ein Beispiel dafür, dass die vorstehende Aussage nicht notwendigerweise auf das volle Bild einer Immersion verallgemeinerbar ist (sogar dann nicht, wenn, wie in diesem Beispiel, die Immersion injektiv ist). Die Menge ist lokal um den Punkt nicht diffeomorph zu einem Intervall der reellen Achse und stellt somit keine eindimensionale Untermannigfaltigkeit des dar.

Tangentialvektoren/Tangentialraum/Tangentialbündel

Tangentialvektor an in definiert als Geschwindigkeitsvektor einer Kurve durch sowie Tangentialraum an den Punkt

Sei eine -dimensionale differenzierbare Untermannigfaltigkeit des und . Ein Vektor heißt Tangentialvektor an im Punkt , falls es eine differenzierbare Kurve mit und gibt.

Betrachtet man als Bahnkurve eines sich auf der Untermannigfaltigkeit bewegenden Teilchens, so passiert dieses Teilchen zur Zeit den interessierenden Punkt gerade mit der Geschwindigkeit .

Die Menge aller Tangentialvektoren an im Punkt ist ein -dimensionaler linearer Raum und wird als Tangentialraum an im Punkt bezeichnet.

Definitionsgemäß lässt sich die Untermannigfaltigkeit in einer Umgebung des Punktes als reguläre Nullstelle einer Funktion darstellen. Sei eine beliebige stetig differenzierbare Kurve mit . Da diese auf der Mannigfaltigkeit verläuft, erfüllt sie die Gleichung . Ableiten nach an der Stelle ergibt , woraus folgt:

Der Tangentialraum ergibt sich gerade als Kern der zu gehörigen Jacobi-Matrix , das heißt, es gilt .

Hat man eine (lokale) reguläre Parameterdarstellung gegeben, die einen Parameterpunkt in abbildet, so lässt sich der Tangentialraum an in auch als volles Bild der zugehörigen Jacobi-Matrix darstellen:

Die Relation , die jedem Punkt alle Tangentialvektoren an in diesem Punkt zuordnet, heißt Tangentialbündel von .

Sei eine mindestens zweimal stetig differenzierbare Untermannigfaltigkeit des und beliebig. Aus einer lokalen Darstellung von in einer Umgebung von lässt sich eine lokale Darstellung von konstruieren:

Damit ist eine -dimensionale (mindestens einmal) stetig differenzierbare Untermannigfaltigkeit des (im Sinne der üblichen Identifikation des mit dem ).

Literatur

  • Konrad Königsberger: Analysis 2, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 2000, ISBN 3-540-43580-8

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Kartengebiete und Projektionen als Kartenabbildungen für die eindimensionale Einheitssphäre

ImmersionKeineMannigfaltigkeit.png
Graph der Abb. g(p)=(2cos(p),sin(2p))
Tangentialvektor.svg
Tangentialvektor an einer Mannigfaltigkeit