Universal-Horror
Universal-Horror oder Universal Monsters ist die Bezeichnung für eine Reihe klassischer Horrorfilme der Universal Studios von den 1920er bis zu den 1950er Jahren.
Geschichte bis in die 1950er Jahre
Universals erste Schritte ins Horrorgenre begannen 1925 mit der Verfilmung von Gaston Leroux’ Schauerroman Das Phantom der Oper, in der Lon Chaney, bekannt als „Der Mann der 1000 Gesichter“, die Hauptrolle spielte. Chaney entwarf, wie bereits bei Der Glöckner von Notre Dame (1923), sein Make-up selbst – in diesem Fall eine äußerst schmerzhafte Maske, denn um das totenkopfartige Gesicht der Titelfigur darzustellen, musste der Stummfilmstar seine Nase mit einem hauchdünnen Draht nach oben ziehen, was während der Dreharbeiten immer wieder zu starkem Nasenbluten führte.
1931 begann mit Tod Brownings Dracula, basierend auf Bram Stokers gleichnamigem Roman und dem Bühnenstück von Hamilton Deane und John L. Balderston, die Blütezeit des sogenannten „Gothic Horrors“. Der Film machte den Hauptdarsteller Bela Lugosi, der die Rolle des Grafen Dracula bereits erfolgreich auf der Bühne verkörpert hatte, zum Star. Der beachtliche Erfolg von Dracula ermutigte die Studiochefs von Universal, weitere literarische Klassiker auf die Leinwand zu bringen. Es folgte noch im selben Jahr Frankenstein nach dem Roman von Mary Shelley sowie 1932 Die Mumie und 1933 Der Unsichtbare nach der gleichnamigen Geschichte von H. G. Wells. Aufgrund des großen Erfolgs der Filme entschloss man sich auch, teilweise die Geschichten um Universals beliebte Monster fortzusetzen. 1935 erschien mit Frankensteins Braut die erste einer ganzen Reihe von Fortsetzungen. Ein Jahr darauf kam Draculas Tochter in die Kinos, diesem Film war seinerzeit jedoch kein Erfolg beschieden, weswegen man sich erst sieben Jahre später wieder an eine Dracula-Fortsetzung wagte.
1941 erschien mit Der Wolfsmensch ein neues Ungeheuer auf der Kinoleinwand. Dieses wurde von Lon Chaney junior, dem Sohn des legendären Stummfilmstars, dargestellt. Anders als sein Vater, fertigte er sein Make-up nicht selbst an. Für die Maske des Werwolfs war, wie für die meisten der Universal-Monster, der Maskenbildner Jack P. Pierce zuständig. Im Laufe der 1940er Jahre begann Universal auch die verschiedenen Monster zu kombinieren, um das Publikum anzulocken, beispielsweise in Frankenstein trifft den Wolfsmenschen (1943). Im selben Jahr erschien mit Phantom der Oper der erste Gruselfilm von Universal, der in Technicolor gedreht wurde. Für dieses Remake griff man auf die Kulisse des Opernhauses zurück, die ursprünglich für den Stummfilm gebaut wurde und bis heute auf dem Studiogelände besichtigt werden kann. Der zweite und zugleich letzte Technicolor-Gruselfilm von Universal war ein Jahr später The Climax, der ebenfalls im Opernmilieu spielte und wieder in denselben Kulissen hergestellt wurde.
Die Monster, Schurken und verrückten Wissenschaftler bei Universal waren üblicherweise männlich, ebenso wie die Stars, die sie regelmäßig verkörperten – neben Karloff, Lugosi und Chaney jr. wären da unter anderem noch Lionel Atwill, George Zucco und John Carradine zu nennen. Immer wieder unternahm das Studio aber auch Anstrengungen, weibliche Monster und Schurken und dementsprechend weibliche Horrorstars zu etablieren, meist jedoch ohne nachhaltigen Erfolg. Elsa Lanchester als weibliches Monster in Frankensteins Braut (1935), Gloria Holden als Vampirin in Draculas Tochter (1936), Virginia Bruce als Die unsichtbare Frau (1940), Ilona Massey als Frankensteins Tochter in Frankenstein trifft den Wolfsmenschen (1943), June Lockhart als Die Werwölfin von London (1946), sie alle blieben einmalige Erscheinungen und fanden keine Nachfolgerinnen. Etwas mehr Erfolg hatte man lediglich mit der Einführung einer Affenfrau, dargestellt von Acquanetta, in Captive Wild Woman (1943), dieser Film zog immerhin noch zwei Fortsetzungen nach sich. Als weibliche Stars konnten sich bei Universal ansonsten in erster Linie noch Evelyn Ankers (meist als Scream Queen eingesetzt) und Gale Sondergaard (die auch zwielichtige Charaktere verkörpern durfte) durchsetzen.
Mitte der 1940er Jahre war das allgemeine Interesse am filmischen Horror, nicht zuletzt wegen der wirklichen Schrecken, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte, am Abflauen und Universal schickte seine populärsten Monster gleichzeitig ins Rennen. So trafen in Frankensteins Haus (1944) und Draculas Haus (1945) neben dem verrückten Wissenschaftler nebst buckligem Gehilfen auch Graf Dracula, der Wolfsmensch und Frankensteins Ungeheuer aufeinander.
Ein etwas unrühmliches Kapitel in Universals Horror-Geschichte bildete in dieser Zeit der Versuch, den aufgrund seiner Akromegalie-Erkrankung stark entstellten Schauspieler Rondo Hatton (1894–1946) zum Horrorstar aufzubauen. Nachdem Hattons kurze Szenen als unheimlicher Mörder in dem Sherlock-Holmes-Film Die Perle der Borgia (1944) großen Eindruck hinterlassen hatten, wollte man den Darsteller mit den deformierten Gesichtszügen als "Creeper" zu Universals neuem Monster machen. Insgesamt vier Horrorfilme wurden mit ihm gedreht, dann starb Hatton an einem Herzinfarkt in Folge seiner Krankheit, noch bevor seine letzten beiden Filme House of Horrors (1945) und The Brute Man (1946) in die Kinos kamen.
Bis Mitte der 1950er Jahre griff Universal auf ein anderes Konzept zurück. In den Abbott-&-Costello-Komödien wurden die klassischen Monster parodiert. Im ersten Film der Reihe Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948) spielten die Originaldarsteller der Ungeheuer mit und verspotteten ihre eigenen Figuren. Bela Lugosi, dessen Ruhm zu dieser Zeit bereits beträchtlich am Sinken war, trat erstmals seit 1931 wieder als Dracula in einem Film auf, Lon Chaney jun. spielte den Wolfsmenschen und Glenn Strange übernahm den Part des Frankenstein-Monsters. 1954 erlebte die Universal-Horror-Reihe eine Renaissance mit Der Schrecken vom Amazonas. Der sogenannte Kiemenmann (engl. Gill-Man) sollte das letzte und gleichzeitig eines der populärsten Monster in der Geschichte von Universal werden. Dem in 3-D gedrehten Tier-Horrorfilm folgten 1955 und 1956 zwei Fortsetzungen.
Die folgenden Jahrzehnte
Ab den 60er Jahren verlor das Horrorgenre allmählich den zentralen Stellenwert, den es bis dahin im Filmschaffen von Universal innegehabt hatte, wurde allerdings auch nie ganz aufgegeben. 1975 gelang mit Der weiße Hai (Regie: Steven Spielberg) noch einmal die äußerst erfolg- und einflussreiche Einführung eines neuen Filmmonsters, bis 1987 wurden drei Fortsetzungen gedreht.
Daneben entstanden im Lauf der Jahre immer wieder Remakes oder Variationen der alten Monsterklassiker. Dracula von 1979 (Regie: John Badham) war eine Neuverfilmung des Dracula-Films von 1931. Wie sein Vorgänger Bela Lugosi hatte auch der neue Dracula-Darsteller Frank Langella die Rolle zuvor jahrelang am Broadway auf der Bühne verkörpert. Stephen Sommers inszenierte 1999 eine Neuauflage der Mumie, die zwei Sequels nach sich zog. Sommers war es auch, der 2004 eine neue Variante von Universals klassischen Monster-Kombinations-Filmen (wie etwa Frankensteins Haus von 1944) drehte: in Van Helsing traten unter anderem Dracula, das Frankenstein-Monster und ein Werwolf in Erscheinung. Wolfman von 2010 (Regie: Joe Johnston) schließlich war ein Remake des Klassikers Der Wolfsmensch von 1941.
Dark Universe
Im Mai 2017 gaben die Universal Studios bekannt, eine Fülle ihrer Monsterfilme neu verfilmen und diese im Rahmen des sogenannten Dark Universe (englisch für „dunkles Universum“) veröffentlichen zu wollen.[1] Das neue Monster-Universum war von Alex Kurtzman und Chris Morgan ins Leben gerufen worden, um sowohl ein jüngeres Publikum für die All Time Favourites des Horror-Genres, als auch das ältere Publikum mit neuen Varianten der ihnen bekannten Figuren zu begeistern.[2] Am 22. Mai 2017 veröffentlichte Universal Pictures bei YouTube bereits das Video Dark Universe – Monsters Legacy, das einen Überblick über mögliche Remakes von Klassikern der Universal Studios vorstellte. Die Musik hierzu wurde von Danny Elfman komponiert.
Die Mumie aus dem Jahr 2017 sollte dabei den Auftakt dieser Reihe bilden. Nachdem Die Mumie die Einspielerwartungen jedoch nicht erfüllt hatte, verließen Alex Kurtzman und Christian Morgan das Projekt, um sich anderen Aufgaben zu widmen.[3] Im Zuge dessen hatte Universal auch die Vorbereitungen zur Neuauflage von Frankensteins Braut vorerst gestoppt.[4] Im Januar 2019 gab Universal bekannt, das Dark Universe komplett fallenzulassen und stattdessen Einzelfilme umzusetzen.
Neubeginn 2020
Den Beginn machte ein Reboot von The Invisible Man unter der Regie von Leigh Whannell.[5] In Vorbereitung befindet sich derzeit die Horrorkomödie Renfield über Draculas gleichnamigen Assistenten.[6]
Filme
Folgende Liste gibt einen Überblick der verschiedenen Universal-Horrorfilme zwischen 1923 und 1960.
Filme sortiert nach Themen
- Dracula: Dracula (1931) / Drácula (1931, spanischsprachige Parallelproduktion) / Draculas Tochter (1936) / Draculas Sohn (1943) / Frankensteins Haus (1944) / Draculas Haus (1945) / Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948)
- Frankenstein: Frankenstein (1931) / Frankensteins Braut (1935) / Frankensteins Sohn (1939) / Frankenstein kehrt wieder (1942) / Frankenstein trifft den Wolfsmenschen (1943) / Frankensteins Haus (1944) / Draculas Haus (1945) / Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948)
- Die Mumie: Die Mumie (1932) / The Mummy's Hand (1940) / The Mummy's Tomb (1942) / The Mummy's Ghost (1944) / The Mummy's Curse (1944) / Abbott und Costello als Mumienräuber (1955)
- Der Unsichtbare: Der Unsichtbare (1933) / Der Unsichtbare kehrt zurück (1940) / Die unsichtbare Frau (1940) / Der unsichtbare Agent (1942) / Der Unsichtbare nimmt Rache (1944) / Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948, nur Cameo-Auftritt des Unsichtbaren) / Auf Sherlock Holmes’ Spuren (1951)
- Der Wolfsmensch: Der Werwolf von London (1935) / Der Wolfsmensch (1941) / Frankenstein trifft den Wolfsmenschen (1943) / Frankensteins Haus (1944) / Draculas Haus (1945) / Die Werwölfin von London (1946) / Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948)
- Die Affenfrau: Captive Wild Woman (1943) / Das Geheimnis des Dr. Fletcher (1944) / Jungle Captive (1945)
- The Creeper / Rondo Hatton: Jungle Captive (1945) / The Spider Woman Strikes Back (1946) / House of Horrors (1946) / The Brute Man (1946)
- Der Kiemenmensch: Der Schrecken vom Amazonas (1954) / Die Rache des Ungeheuers (1955) / Das Ungeheuer ist unter uns (1956)
- Edgar Allan Poe: Mord in der Rue Morgue (1932) / Die schwarze Katze (1934) / Der Rabe (1935) / The Black Cat (1941) / Mystery of Marie Roget (1942)
- Spuk / Unheimliches Haus: Spuk im Schloß (1927) / Die letzte Warnung (1929) / The Cat Creeps (1930) / La voluntad del muerto (1930, spanischsprachige Parallelproduktion von The Cat Creeps) / Das Haus des Grauens (1932) / Secret of the Blue Room (1933) / Horror Island (1941) / The Black Cat (1941) / Vorsicht Gespenster! (1941) / Night Monster (1942) / Ghost Catchers (1944) / The Cat Creeps (1946) / Das schwarze Schloss (1952)
- Mad Scientist: Der Rabe (1935) / Life Returns (1935) / Tödliche Strahlen (1936) / Schwarzer Freitag (1940) / Monstermann verbreitet Schrecken (1941) / The Mad Doctor of Market Street (1942) / The Strange Case of Doctor Rx (1942) / Captive Wild Woman (1943) / The Mad Ghoul (1943) / Das Geheimnis des Dr. Fletcher (1944) / Jungle Captive (1945) / The Spider Woman Strikes Back (1946) / Tarantula (1955) / Der Schrecken schleicht durch die Nacht (1958)
- Abbott und Costello-Komödien: Vorsicht Gespenster! (1941) / Abbott und Costello treffen Frankenstein (1948) / Abbott and Costello Meet the Killer, Boris Karloff (1949) / Auf Sherlock Holmes’ Spuren (1951) / Abbott and Costello Meet Dr. Jekyll and Mr. Hyde (1953) / Abbott und Costello als Mumienräuber (1955)
Siehe auch
Weblinks
- FrankensteinFilms.com – Umfangreiche Seite zu Shelleys Roman Frankenstein, Verfilmungen, Comics, Theater (englischsprachig)
- Universal Monsters Legacy (englischsprachig)
- Filmplakate, Kino-Aushangfotos und -Trailer zu Universal-Filmen
- Classic Universal Monsters (Memento vom 16. August 2007 im Internet Archive) (englischsprachig)
Einzelnachweise
- ↑ Universal stellt neue Filmreihe vor: „Dark Universe“. diepresse.com, 24. Mai 2017, abgerufen am 31. Mai 2017.
- ↑ Annika Kassler: Willkommen in der Welt der Monster: Das ist das Dark Universe In: PC Games, 2. Juni 2017.
- ↑ Universal Puts a Stake in the Monsterverse Vanity Fair
- ↑ Universals Dark Universe vor dem Aus? In: mediabiz.de. Blickpunkt:Film, 8. November 2017, archiviert vom Original am 8. November 2017; abgerufen am 9. November 2017.
- ↑ Justin Kroll: ‘Invisible Man’ Finds Director, Sets New Course for Universal’s Monster Legacy (EXCLUSIVE). Variety, 24. Januar 2019, abgerufen am 28. Januar 2019.
- ↑ Nicholas Hoult To Star In ‘Renfield’ In: Deadline, 3. August 2021, abgerufen am 6. September 2021.