Unfallkreuz

Unfallkreuz von 1862 in Dillingen

Ein Unfallkreuz (Straßenkreuz) ist ein zum Gedenken eines jähen Todesfalles durch Gewalteinwirkung unterwegs am Straßenrand errichtetes Kreuz. In der Regel wird das Unfallkreuz von Angehörigen oder Freunden der verstorbenen Person errichtet und gepflegt sowie mit Blumen, Kränzen und auch persönlichen Erinnerungsstücken geschmückt.

Unfallkreuze sind in der gesamten westlichen Welt verbreitet. Neben dem europäischen Raum finden sich solche Mahnmale in den USA, Australien, Japan und Lateinamerika unter Bezeichnungen wie roadside memorials, roadside shrine, altarini, descansos oder animitas. Man spricht teilweise von einer besonderen Form der Trauerkultur.[1]

Die Tradition der Unfallkreuze geht auf ältere Gedenkkreuze zurück und hat ihre Wurzeln in Mahnkreuzen wie dem Sühnekreuz.

Deutschland

Kreuz für die Opfer eines Flugzeugabsturzes bei Frankfurt/M.

In Deutschland ist die Errichtung von Unfallkreuzen nicht genehmigt, wird von den Behörden aber weitgehend toleriert, sofern von dem Kreuz (etwa am Straßenrand) keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht. Wie lange das Kreuz letztlich an seinem Standort bleibt, hängt meist davon ab, wie lange es von Angehörigen oder Freunden der verunglückten Person gepflegt wird – da die meisten heutigen Unfallkreuze aus Holz bestehen, ist in der Regel nach einigen Jahren eine Erneuerung notwendig. Im Herbst 2023 gab es in Deutschland rund 10.000 Unfallkreuze.[2]

Bereits in der Vergangenheit war es üblich, am Ort eines Unfalls ein Kreuz zu errichten, oft mit der Aufforderung beschriftet, für die Seele der verunglückten Person zu beten. Solche historischen Unfallkreuze aus Stein finden sich noch in größerer Zahl in der Eifel, wo die typischen Basaltkreuze aufgrund ihres Materials eher erhalten geblieben sind als Holzkreuze in anderen Regionen.

Großbritannien

In einigen Regionen Großbritanniens werden Unfallkreuze nur dann gestattet, wenn sie als sicher gelten, und zudem nach drei Monaten entfernt.[3]

Island

Gedenkkreuze am Suðurlandsvegur, Island

Am Suðurlandsvegur bei Kögunarhól wurde 2006 eine Gedenkstätte mit 52 Kreuzen zum Gedenken an zwischen Reykjavík und Selfoss getötete Verkehrsteilnehmer eingeweiht.[4]

Vereinigte Staaten

In den USA zahlt man in Kalifornien eine Gebühr von 1000 Dollar für die Errichtung. In Colorado, Massachusetts oder Wisconsin sind sie verboten. Andere Staaten machen besondere Auflagen.[3][5]

Lateinamerika

In verschiedenen südamerikanischen Ländern, besonders in Chile und Argentinien, hat sich die (katholische) Sitte der Wegkreuze mit alten ethnischen Vorstellungen der indigenen Bevölkerung vermischt. Die meisten Unfallkreuze fallen mit der Zeit in Vergessenheit, aber der Volksglaube erklärt hin und wieder eines als wundertätig. In diesem Fall glaubt man in der Seele (spanisch: ánima) des Verstorbenen eine Art Boten gefunden zu haben, der die eigenen Wünsche und Gebete an die göttliche Ebene weiterleiten kann, ähnlich wie bei der Fürbitte eines Heiligen. Die katholische Kirche lehnt diese Vorstellungen zwar ab, toleriert aber die Praxis. So kann das schlichte Kreuz am Ort eines tödlichen Unglücks manchmal zu einem regelrechten Schrein ausgebaut werden, und sich sogar zu einem überregionalen Pilgerort entwickeln. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Schrein der Difunta Correa in Argentinien.[6]

Anmerkungen

  1. Ronald Uden: Wohin mit den Toten? 2006
  2. Tomas Kittan: Friedhof Straße, 2023.
  3. a b “Dangerous” road tributes concern. BBC NEWS, Wales, 15. März 2006
  4. Krossar reistir við Kögunarhól. Morgunblaðið, 9. November 2006 (isländisch)
  5. United States Programs (Applications & Guidelines): “Memorial Signs” programs for different states & counties in the United States. Descansos.org (Memento vom 5. November 2011 im Internet Archive)
  6. Oreste Plath: L’Animita. Hagiografía Folclórica. Editorial Nascimento, 1993 sowie Editorial Grijalbo, 2000 (Volltext)

Literatur

  • Ronald Uden: Wohin mit den Toten? Totenwürde zwischen Entsorgung und Ewigkeit. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-08009-1.
  • Tomas Kittan: Friedhof Straße. Die Schicksale hinter den Unfallkreuzen. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2023, ISBN 978-3-96311-841-8.
  • Christine Aka: Kreuze, Kerzen, Kuscheltiere. Trauerrituale an Unfallorten. In: Alltag im Rheinland 2010. LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn 2010, S. 44–58 (Volltext als PDF; 7,5 MB).
  • Christine Aka: Unfallkreuze. Trauerorte am Straßenrand (= Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland. Bd. 109). Waxmann, Münster u. a. 2007, ISBN 978-3-8309-1790-8.

Weblinks

Commons: Unfallkreuz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Memorial crosses at Suðurlandsvegur WP.jpg
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Gedenkstein und -Kreuze für auf der Straße Reykjavik–Sellfoss getötete Personen

Juerges-Holzkreuz.jpg
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Ein weißes, hölzernes Kreuz erinnert an den Starfighter-Absturz am 22. Mai 1983, bei dem die Familie Jürges und Gesine Wagner ums Leben kamen. Teile der Maschine trafen den Kombi der Familie auf der Schnellstraße direkt neben dem Kreuz.
Wegekreuz Beckingen Hector (2).jpg
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Wegekreuz, Unfallkreuz an der Dillinger Straße von Dillingen nach Beckingen rechts der Straße. Zitat von Franz Hennes: "Auf die Höhe des Heidenkopfes führt der Rote Sandweg, der heute allerdings alsphaltiert ist. Dort steht am Fuße des Hügels an der Straße nach Beckingen rechts im Wald ein Sandsteinkreuz, das von einem Unglücksfall berichtet, bei dem Vater und Sohn gemeinsam ums Leben kamen. Ein mit Baumstämmen schwer beladenes Pferdefuhrwerk, an dem auf dem Roten Sandweg die Bremse versagte, überfuhr den Besitzer und seinen Sohn". Das Kreuz heißt im Volksmund "Endingersch Kreuz", weil der Verunglückte "Endingersch Hannes" genannt wurde.

Die Inschrift lautet: "Hier sind verunglückt d. 8. Febr. 1862 Joh. Hector Ehemann von Käthe Kiefer u. dessen Sohn Peter Hector aus Pachten. Der Vater wurde 17. März 1822 geb. u. d. Sohn d. 24. Febr. 1847 O. ihr Vorübergehende ged. uns"

Auf dem Sockel steht geschrieben: "ern. i. J. 1963 (erneuert im Jahr 1963)."

Entingers-Kreuz, Vater und Sohn wurden von einer Holzfuhre auf abschüssiger Straße überfahren.