Umbrische Schule

Bartolomeo Caporali : Madonna mit Kind, Fresko, Umbrische Schule, 15. Jahrhundert
Pietro Perugino: Anbetung der Könige, Fresko, Umbrische Schule, 15. Jahrhundert
Giovanni di Pietro, genannt Lo Spagna: Grablegung (Detail), Fresko, Umbrische Schule, 15. Jahrhundert
Pinturicchio: Johannes Baptista, Fresko, Umbrische Schule, 15. Jahrhundert

Unter der Bezeichnung Umbrische Schule[1] (it. Scuola Umbra) werden in der Kunstgeschichte einige italienische Maler zusammengefasst, die ab der Mitte des 15. Jahrhunderts in Umbrien tätig waren. Vor allem in Perugia, der wichtigsten Stadt der Gegend, entwickelten sie einen vom Rest Norditaliens leicht abgewandelten und eigenständigen Stil der italienischen Renaissance. Neben den Werken von bekannteren Malern wie Pinturicchio werden der Umbrischen Schule auch zahlreiche Bilder von namentlich nicht bekannten Künstlern zugerechnet, wenn sie die typischen Merkmale dieses Stils zeigen[2].

Schule von Perugia

Die meisten der Maler der Umbrische Schule stammen aus der Gegend um Perugia oder waren zumindest in Perugia tätig. Daher wird die Umbrische Schule manchmal auch als Schule von Perugia bezeichnet. Dieser Begriff wird dann meist bei den Bildern angewandt, die dem Malstil des Hauptvertreters der Umbrischen Schule Pietro Perugino nahestehen[3][4].

Entstehung

Als Hauptgrund, dass sich ab der Mitte des 15. Jahrhunderts in Perugia ein eigener Stil entwickeln konnte, wird der Rückgang der seit dem 13. Jahrhundert bestehenden künstlerischen Vorherrschaft der sogenannten Schule von Siena, der Malerei aus der Stadt Siena in Norditalien angegeben. Allerdings ist dies nicht unbedingt durch zeitgenössische Dokumente oder Berichte nachweisbar und es könnten auch andere Gründe für das rasche Aufblühen eines eigenen Stils in Umbrien gesehen werden. So ging damals auch die Anziehungskraft des anderen Zentrums der Malerei, der Stadt Florenz zurück und sie zog im 15. Jahrhundert weniger Maler aus den umliegenden Provinzen an. Jedoch haben zahlreiche der frühen Vertreter einer umbrischen Schule noch in Florenz oder eventuell auch noch in Siena ihre Ausbildung erhalten, was weiterhin die Frage offenlässt, warum genau sie dann aus diesen Städten in die Region um Perugia zurückkehrten.

Entwicklung

Als ein Vorläufer der Umbrischen Schule kann der Maler Ottaviano di Martino Nelli (1375–1444) gelten, der unweit von Perugia in Gubbio eine Werkstätte betrieb und von dem Fresken dort und Buchmalereien erhalten sind. Von ihm ging ein gewisser Einfluss auf die nachfolgende Malergeneration der Region aus. Als die ersten in typisch umbrischem Stil schaffende Maler waren dann Benedetto Bonfigli (1420–1496) aus Perugia und der aus der Nähe von Perugia stammende Niccolo da Foligno (1430–1502). Beide lassen noch den Einfluss florentinischen Malerei erkennen. Weiter ist ein früher Vertreter Nicolò Alunno (1430–1502). Als die Hauptmeister der Umbrischen Schule gelten Pietro Perugino (1445–1523) und Pinturicchio (1454–1513), die beide das Zentrum ihres Schaffens in Perugia selbst hatten.

Stil

Die Bilder der Umbrischen Schule sind klar und einfach komponiert. Sie entfernen sich damit von der noch „gefühlvolleren“ Malerei des ausgehenden Mittelalters in anderen Regionen in Italien. Wie die Gelehrten der Renaissance beobachten die Maler ihre Umwelt genau und besonders die Maler aus Perugia selbst versuchen Licht und Farben möglichst naturgetreu darzustellen. Die Perspektive der Bilder und die Architekturdarstellungen sind realistisch berechnet. Darin kann man eine eigenständige Weiterentwicklung der Perspektivlehre des Florentiner Architekten der Frührenaissance Filippo Brunelleschi erkennen, der vorschrieb, mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden die Verhältnisse von Tiefe des Raumes zur Umgebung zu betrachten und wie in der Antike Umsetzung klassischer Proportionen anzustreben. Die Maler der Umbrischen Schule versuchen auch, ihre Figuren plastisch und realistisch in diesen Proportionen bildlich darzustellen.

Vertreter (Auswahl)

Der Einfluss der Umbrischen Schule und Raffael

Aus Perugia gingen Mitarbeitern und Schüler der bedeutenden Vertreter der Schule vielfach nach Rom und beeinflussten dort entscheidend die oberitalienische Malerei.

Auch Raffael da Urbino (1483–1520) folgte anfangs dem Stil der Umbrischen Schule, den schon sein Vater Giovanni Santi vertrat[5]. Um 1500 war Raffael nach Perugia gekommen und bevor er dann auch nach Rom ging als Schüler in die Werkstatt Pietro Peruginos eingetreten.

Begriffsbildung

Der Begriff Umbrische Schule begann sich schon gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu entwickeln. Im Verlauf der Napoleonischen Kriege wurde das Inventar von Gemälden aus Perugia auf der Basis einer Liste von Baldassarre Orsini[6] erstellt und die Bedeutung dieser regionalen Malerei hervorgehoben.

Literatur

  • B. Orsini: Guida al Forestiere per l’Augusta Città di Perugia, si pongono in vista le più eccellenti pitture, sculture ed architetture. Perugia 1784 (nach der Ausgabe von 1818 bei Google books)
  • Gustav Friedrich Waagen: Kunstwerke und Künstler im England und Paris. Band III. Berlin 1839.
  • Malerei. In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 782 (Faksimile bei zeno.org)
  • Serafino Frenfanelli Cibo: Niccolò Alunno e la Scuola Umbra. Rom 1872 (Faksimiles bei archive.org)
  • Pietro Perugino, Italian painter of the Umbrian school. In: Encyclopaedia Britannica, 10. Auflage 1902
  • B. Tosacano: 'La Guida di Perugia di Baldassarre Orsini', Rom 1973
  • M. Boskovits: 'Pittura umbra e marchigiana fra Medioevo e Rinascimento: studi nella Galleria Nazionale di Perugia'. Perugia 1973.
  • Umbrian School. In: The Great Soviet Encyclopedia, 3. Auflage 1970–1979 (Hier online : [1])
  • R. Toledano: Perugìa : An Ideal Regional Art Gallery. In: Unesco, Paris (Hrsg.): Cultural connections; Museum; 33/4 (1981), S. 218ff.
  • Umbrian School. In: The Oxford Dictionary of the Renaissance. Oxford 2003, S. ?
Commons: Umbrische Schule – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Umbrische Schule. In: Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860
  2. so z. B. Scuola Umbra: Madonna con Bambino. Auktionshaus Christie’s, Rom: Verkauf 2451 Diponit e Disegni Antichi Juni 2004 Los 271 (aufgerufen Juni 2011)
  3. z. B. Hannelore Nützmann: Ein Tondo aus dem Umkreis des Pietro Perugino. Forschungen und Berichte Bd. 13, Kunsthistorische und volkskundliche Beiträge (1971), S. 21–23
  4. s. a. Italienischer Meister des 15. Jahrhunderts, Schule von Perugia/Florenz, Darbringung im Tempel. Hampel Auktionen, München: Verkauf 25. Juni 2004 Los 472
  5. Ferdinand Gregorovius: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. Vom V. bis zum XVI. Jahrhundert. München 1978
  6. B. Orsini: Guida al Forestiere per l’Augusta Città di Perugia, si pongono in vista le più eccellenti pitture, sculture ed architetture. Perugia 1784

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