Ultra (Kryptologie)

Ein von Berlin an die Heeresgruppe Kurland am 14. Februar 1945 mithilfe der Lorenz-Schlüsselmaschine verschlüsselt gesendetes Funkfernschreiben, das in B.P. als Tunny-Nachricht entziffert und ausgewertet wurde und so ein Teil von Ultra wurde.

Ultra (von lat.: jenseits; Schreibweise gelegentlich auch: ULTRA) war die Tarnbezeichnung für die nachrichtendienstlichen Informationen, die das britische Militär während des Zweiten Weltkriegs, beginnend mit Januar 1940, aus der Entzifferung und Auswertung des verschlüsselten geheimen deutschen Nachrichtenverkehrs gewinnen konnte. Dazu gehörten hauptsächlich die durch die britischen Funkabhörstellen (Y Stations) abgefangenen und im englischen Bletchley Park (B.P.) entzifferten Enigma-Funksprüche der Wehrmacht und ihre dort ebenfalls gebrochenen SZ42-Funkfernschreiben mit teilweise kriegswichtigen strategischen Informationen.

Die Bezeichnung Ultra wurde vom US-amerikanischen Geheimdienst übernommen und leitet sich aus der Überlegung ab, dass diese „äußerst wichtigen“ Informationen unter allen Umständen geheim gehalten werden mussten. Somit musste eine Geheimhaltungsstufe noch über der damals höchstverfügbaren Most Secret (deutsch: „STRENG GEHEIM“) geschaffen werden. Informationen wurden deshalb als „Ultra-geheim“ klassifiziert. Die US-Amerikaner bezeichneten von den Japanern gewonnenes Material als Magic. Der Fleet Radio Unit auf Hawai gelang es im Frühjahr 1942 in den japanischen Marinecode einzubrechen und die amerikanischen Streitkräfte konnten sich auf die Schlacht um Midway vorbereiten. Von da an wurde der japanische Code JN-25 fast ständig mitgelesen. Die japanischen Konvois der Marine, der Begleitschutz und die Stärke der Marinestützpunkte wurden damit aufgeklärt. Der Inspektionsflug des Admirals Yamamoto wurde aufgeklärt und er wurde in der Operation Vengeance bei einem Verbindungsflug abgeschossen. Im Juni 1943 gelang es den Seetransportcode des Heeres zu knacken, das erlaubte es amerikanischen und australischen U-Booten und Flugzeugen einen bedeutenden Teil der Handelsflotte und ihrer Begleitschiffe zu zerstören.[1]

In der Anfangszeit wurde sogar für das Projekt Ultra selber ein Deckname verwendet, nämlich Boniface – nach dem Heiligen Bonifatius (englisch Saint Boniface). Hiermit sollte die tatsächliche „maschinelle“ Quelle verschleiert und stattdessen suggeriert werden, dass die Informationen von einem „mythischen“ Geheimagenten mit diesem Decknamen stammten.[2] Zunächst gelang es im Mai 1940 in den weniger sicheren ENIGMA-Code der Luftwaffe einzudringen. Die Funksprüche konnten nur zeitversetzt entschlüsselt werden, was durch elektromechanische Verfahren beschleunigt wurde. Mit amerikanischer Unterstützung konnten ab 1943 auch Funksprüche, die mit vier ENIGMA-Walzen verschlüsselt waren, geknackt werden. Die ENIGMA-Entschlüsselung funktionierte nur zeitweilig und lieferte keine Erkenntnisse zur Situation auf dem Kontinent, da in den besetzten Ländern wichtige Informationen eher leitungsgebunden und nicht per Funk erfolgten. Gewonnenen wurden Informationen über die Schlachtordnung, Logistik und Organisation aber weniger Hinweise über strategische und operative Absichten. Mit den erlangten Erkenntnissen musste sparsam und vorsichtig gearbeitet werden, damit die deutsche Seite keinen Verdacht schöpfen würde, dass der ENIGMA-Code unsicher sein könnte.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Frederick William Winterbotham: The Ultra Secret. Weidenfeld and Nicolson, London 1974.
  • Francis Harry Hinsley: The influence of Ultra in the Second World War. In: Francis Harry Hinsley, Alan Stripp: Codebreakers – The inside story of Bletchley Park. Oxford University Press, Reading, Berkshire 1993, S. 1–11. ISBN 0-19-280132-5.
  • Peter Calvocoressi: Top secret ultra. Baldwin Publ., Kidderminster 2001, ISBN 0-947712-41-0 (Nachdr. d. Ausg. London 1980).

Einzelnachweise

  1. Richard Overy: Blood and Ruins – The Great Imperial War, 1931–1945. Allen Lane 2021, ISBN 978-0713-99562-6, S. 507.
  2. Francis Harry Hinsley, Alan Stripp: Codebreakers – The inside story of Bletchley Park. Oxford University Press, Reading, Berkshire 1993, S. XIV. ISBN 0-19-280132-5.
  3. Richard Overy: Blood and Ruins – The Great Imperial War, 1931–1945. S. 505.

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Bletchley decrypt.jpg
Photo of sample of decrypt from Bletchley Park, World War 2
A “Tunny” (Lorenz machine) decryption from Bletchley Park, formed from parts of two messages to the German Army Group Courland (Kurland) on Feb. 14, 1945. The basic German form has been mostly deciphered, but would have been further analyzed by language and military experts to gain maximum information. (Photo courtesy Dr. David Hamer)