Ukrainer in Deutschland

Verteilung im Jahr 2020. Je kräftiger die blaue Farbe, desto mehr ukrainische Staatsbürger leben im Kreis. Gelb bedeutet, dass der Kreis keine eigene Ausländerbehörde hat.

Die Ukrainer in Deutschland stellten 2020 mit rund 145.500 ukrainischen Staatsbürgern die 21.-größte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Sie haben zahlreiche Institutionen und Organisationen gebildet, wie die Zentralvereinigung von Ukrainern in Deutschland und die Vereinigung der Ukrainischen Diaspora in Deutschland.

Grab des ukrainischen Politiker und Partisanen Stepan Bandera, im deutschen Exil ermordet, auf dem Münchener Waldfriedhof

Die meisten Ukrainer leben in Berlin, München, Magdeburg, Leipzig und Chemnitz. Weitere bedeutende Gemeinden finden sich in Ansbach, Potsdam, Erfurt und Dresden. Die Ukrainer sind prozentual besonders im Osten Deutschlands stark vertreten. In Thüringen ist ihr Anteil gering, wogegen die Ukrainer in Brandenburg und Sachsen mit bedeutenden Diaspora-Gemeinden vertreten sind. Allgemein fällt auf, dass die Ukrainer in Deutschland bevorzugt in Großstädten leben.

Neben Deutsch beherrschen die meisten in Deutschland lebenden Ukrainer Ukrainisch und Russisch. Viele gehören der 2018 gegründeten ukrainisch-orthodoxen Landeskirche an, daneben gibt es russisch-orthodoxe und römisch-katholische ukrainische Christen sowie jüdische Ukrainer in Deutschland.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 sind zahlreiche Ukrainer geflohen. Auch nach Deutschland sind hunderttausende gekommen. Genaue Zahlen gibt es nicht, da Ukrainer in den Schengen-Raum einreisen dürfen, ohne sich zu registrieren.

Geschichte

Gedenktafel an der Zeppelinstraße 67 in München für Jaroslaw und Jaroslawa Stezko. Hier befand sich auch das Verlagshaus der OUN.

Die erste nennenswerte Migrationswelle von Ukrainern nach Deutschland fand im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts statt und ist auf die sozialen und ökonomischen Missstände zurückzuführen. Während der beiden Weltkriege standen ebenfalls wirtschaftliche sowie politische Gründe im Vordergrund. Im Zweiten Weltkrieg, sowie in der Nachkriegszeit, waren die Migrationsmotive fast ausschließlich politisch motiviert.[1] Insbesondere Personen, welche vor Repressionen der Sowjetunion flohen, wurden in Deutschland aufgenommen. Dazu gehören ebenfalls Angehörige der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN).

Die ausländischen Einheiten der OUN (Zakordonni Chastyny OUN; Закордонні Частини ОУН) begannen ab 1945, ihr Zentrum in München aufzubauen. Zunächst zogen die Einheiten der OUN in das Gebäude Dachauer Straße 9, später in die Lindwurmstraße 205. 1954 wurde im Haus Zeppelinstraße 67 das neue Büro eröffnet, wo ein Verlagshaus im Untergeschoss gegründet wurde, in dem unter anderem die Zeitung Schljach Peramohi gedruckt wurde.[2] Im selben Haus wohnten die Exilpolitiker Jaroslaw und Jaroslawa Stezko. Im Jahr 2010 wurde auf Veranlassung des ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko eine Gedenktafel am Haus angebracht.[3] Bis heute residiert in dem Gebäude das Ukrainische Institut für Bildungspolitik e.V.[4]

Weitere nennenswerte Zentren der ukrainischen Emigration in München sind die Ukrainische Freie Universität München, die Kathedrale Maria Schutz und St. Andreas oder die Orthodoxe St. Petrus und Pauluskirche. Zudem sind auf dem Waldfriedhof zahlreiche ukrainische historische Persönlichkeiten beigesetzt.

Seit Anfang der 1990er Jahre kam es zu einem Zustrom an Ukrainern, die in Europa oft unter prekären Verhältnissen arbeiteten, um ihre Familie in der Heimat zu versorgen. Anders als in Polen, Ungarn und Tschechien, wo sich die Lebensverhältnisse nach dem Ende des Kommunismus bald zu verbessern begannen, schrumpfte die Bevölkerung in der Ukraine deutlich und die Lebenserwartung nahm ab.[5] Auch im Gefolge der Einwanderung deutschstämmiger Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion kamen Ukrainer nach Deutschland, da einige Spätaussiedler ihre russischen, kasachischen oder auch ukrainischen Ehepartner in die Bundesrepublik brachten.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 trafen die Bundesländer Vorkehrungen für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Die Deutsche Bahn ermöglicht seit dem 27. Februar 2022 Menschen mit ukrainischem Pass die kostenlose Reise aus Polen nach Deutschland[6] und plant Sonderzüge.[7]

Persönlichkeiten

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ukrainische Gemeinde, Botschaft der Ukraine in Deutschland
  2. Grzegorz Rossoliński-Liebe: Stepan Bandera. The Life and Afterlife of a Ukrainian Nationalist. Fascism, Genocide, and Cult. ibidem-Verlag, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-8382-0604-2. S. 317/318
  3. Gedenktafel für Nazi-Kollaborateur und Antisemiten – wer ist verantwortlich?
  4. Ukrainisches Institut für Bildungspolitik e.V. auf dach-ukraine.de
  5. Gerhard Gnauck: Ukrainer suchen ihr Glück im Ausland oft vergeblich. In: Die Welt, 6. Dezember 2011, abgerufen am 30. November 2021.
  6. Deutsche Bahn lässt ukrainische Flüchtlinge kostenlos fahren. In: t-online.de. 27. Februar 2022, abgerufen am 27. Februar 2022.
  7. Artikel: Bahn erleichtert Geflüchteten aus der Ukraine Weiterreise nach Deutschland – Sonderzüge in Planung. In: deutschebahn.com. 27. Februar 2022, abgerufen am 28. Februar 2022.

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Erinnerungstafel an die Eheleute Stetzko in München, Zeppelinstraße 67, mit der Inschrift Hier lebten und wirkten die Eheleute Jaroslaw und Jaroslawa Stetzko für die Freiheit der Ukraine. Wir gedenken Ihrer hervorragenden Leistungen. Präsident der Ukraine
Ukrainian population in Germany 2020.svg
Ukrainische Bevölkerung nach Landkreisen am 31.12.2020 laut dem Statistischen Bundesamt. Gelbe Landkreise haben keine eigene Ausländerbehörde und werden in benachbarten Kreisen verwaltet. Farbliche Abstufungen nach folgenden Schritten: 0, 1 bis unter 12, 12 bis unter 25, 25 bis unter 50, 50 bis unter 100, 100 bis unter 200, 200 bis unter 400, 400 bist unter 800, 800 bis unter 1600, 1600 bis unter 3200, 3200 bis unter 6400, 6400 bis unter 12800, über 20000. Je kräftiger die Farbe, desto mehr Personen.
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Grab des ukrainischen Politikers w:de:Stepan Bandera (1909–1959) auf dem w:de:Waldfriedhof (München), Grabfeld 43.
München Ukrainische Freie Universität (Schild).JPG
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München: Ukrainische Freie Universität (Schild)