Uedemer Hochwald

Nordteil des Uedemer Hochwalds im Landschaftsschutzgebiet Balberger Höhenrücken mit den Waldgebieten Uedemer Hochwald und Tüschenwald
Blick von Xanten-Marienbaum zum Hochwald mit dem Radar-Gerätestellung Marienbaum.

Der Uedemer Hochwald (auch nur Hochwald genannt) ist ein rund 9,5 km² großes[1] Waldgebiet am Niederrhein, das sich nahezu vollständig im Gemeindegebiet von Uedem im Kreis Kleve befindet. Lediglich sehr kleine Randbereiche des Waldes liegen in den Nachbargemeinden Sonsbeck und Xanten.

Der Hochwald gehört zum Niederrheinischen Höhenzug, einem Endmoränenwall der Saaleeiszeit. Er wird von der Landesstraße 5 zwischen Uedem und Xanten-Marienbaum gequert. Im östlichen Teil des Waldes befindet sich die Radar-Gerätestellung Marienbaum, eine weithin sichtbare Radaranlage zur Luftraumüberwachung.

Schutzgebiete

Der große Nordwestteil des Waldes liegt im Uedemer Landschaftsschutzgebiet Balberger Höhenrücken mit den Waldgebieten Uedemer Hochwald und Tüschenwald. Im Norden und Nordosten liegen kleine Randbereiche im Xantener Landschaftsschutzgebiet Niederung Körvesley/Marienbaumergraben. Der Südostteil des Hochwalds ist als Naturschutzgebiet Uedemer Hochwald (ca. 424 ha) ausgewiesen, das mit nahezu identischem Flächenzuschnitt auch als FFH-Gebiet DE-4304-301 Uedemer Hochwald unter Schutz steht.[2][3] Im Naturschutzgebiet liegen außerdem die Naturwaldzellen Hochwald I und Hochwald II (zusammen ca. 41,4 ha) mit alt- und totholzreichen Buchen- und Traubeneichenbeständen.[4] Durch die hohen Totholzanteile und offene Strukturierung hat insbesondere das Naturschutzgebiet eine große Bedeutung für verschiedene Vogelarten wie Kleinspechte, Schwarzspechte, Hohltauben und Dohlen sowie Habichte, Sperber, Mäusebussarde, Wespenbussarde und Waldkäuze. In Tümpeln und Wasserlachen laichen Bergmolche, Erdkröten und Grasfrösche. Neben Damwild gibt es umfangreiche Rotfuchs- und Hasenvorkommen.[5]

Geschichte

Hügelgräber im Westteil des Waldes

Waldentwicklung

Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts war der Hochwald ein reines Laubwaldgebiet, das über Kleinwälder und Heideflächen an den Reichswald bei Kleve angeschlossen war; im Süden schließt der Tüschenwald an. Durch diverse Aufforstungsmaßnahmen bis ins 19. Jahrhundert nahmen Kiefernbestände einen hohen Flächenanteil ein.[5] Die bis heute erhaltenen älteren Laubwaldbestände des Hochwalds liegen ausnahmslos im Bereich des Naturschutzgebietes.[5] Am 18. und 19. Januar 2007 traf der Orkan „Kyrill“ den Uedemer Hochwald sehr stark. Besonders im Bereich nordöstlich von Schmachtdarm (im Landschaftsschutzgebiet) entstanden große Windbrüche.

Großes Hügelgräberfeld

Im Westteil des Hochwalds befindet sich ein bedeutendes Hügelgräberfeld, vermutlich aus der Hallstattzeit zwischen 800 und 450 v. Chr.[6] Läuft man vom Parkplatz der Straße Am Hochwald in nordöstliche Richtung, läuft man nach rund 300 Metern auf das Waldstück zu. Weiter nach Nordosten gehend passiert man mehr als 40 mit Dünensand aufgeschüttete Grabhügel, die im Wald abseits des Weges zu erkennen sind. Zwischen ihnen befinden sich weitere kleine, kaum noch erkennbare Erderhebungen, so dass von einer Gesamtzahl von über 200 Gräbern ausgegangen wird.[6] Bislang (2023) fehlen Informationstafeln, die das Auffinden erleichtern und die Bedeutung im Ausgang der Niederrheinischen Grabhügelkultur erläutern könnten. Pläne einzelne Hügel zur Anschauung freizuschneiden und wie beispielsweise in Belginum wieder mit Gras zu bepflanzen, sind bislang nicht bekannt geworden.

Schwarze Zickzacklinien zeigen den Verlauf der Schützengräben
Das Zickzack der Schützengräben ist am besten im Nordwesten des Hochwaldes auf der Ostseite des am Waldrand verlaufenden Weges zu finden.

Schützengräben aus dem Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs wurde ein Großteil des Waldgebietes zerstört oder zumindest aufgelichtet. Nachdem die Alliierten immer weiter von Westen zur Reichsgrenze vorrückten wurden auch im Uedemer Hochwald unter Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern Feldbefestigungen angelegt. Die im Zickzack verlaufenden Schützen- und Laufgräben sowie Unterstände sind noch heute entlang des gesamten Westrandes des Hochwaldes im Gelände zu erkennen. Immer einige Meter vom Waldrand entfernt und nur noch als flacher Graben, da sie nach dem Krieg zugeschüttet wurden. Nördlich von Uedem, am Uedemer Totenhügel, wurden die kanadischen Truppen unter General Crerar in die schwerste Panzerschlacht ihrer Geschichte verwickelt. Am 3. März vereinten sie sich in Berendonk bei Geldern mit der 9. US-Armee. În der Hochwaldschneise, der „Hau“, die im Süden den Hochwald gegen den Tüschenwald abgrenzt, fanden vom 27. Februar bis zum 4. März 1945 im Rahmen der Operation Blockbuster schwere Gefechte zwischen den vorrückenden alliierten Truppen (Kanadier unter Generalleutnant Guy Simonds) und der deutschen Wehrmacht statt.[7] Die Operation diente dazu, die Schlacht im Reichswald zu gewinnen.[8]

Römische Übungslager – Die Rechtecke mit abgerundeten Ecken liegen zwischen den rechtwinkligen Forstwegen.
Flacher Wall und Graben unter Laub und Bäumen sind ein römisches Übungslager
Flacher Wall (Mitte) und Graben (rechts) eines gut vom Weg aus zu sehenden Übungslagers

Europaweit einzigartig erhaltene römische Übungs-Marschlager

Im November 2012 wurden im Wald durch einen niederländischen Archäologen Wälle und Gräben von insgesamt 13 römischen Übungslagern gefunden.[9] Sie wurden von vermutlich in Xanten (Vetera Castra) stationierten römischen Soldaten im Rahmen von Manövern zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert erbaut, bei denen das Anlegen von Marschlagern geübt wurde. Dabei wird um ein rechteckiges Areal ein Spitzgraben ausgehoben und der Auswurf auf der Innenseite zu einem Wall aufgeschüttet. Auf den Wall wurden zusätzlich angespitzte Holzpfähle (Pilum murale) gesteckt und untereinander verbunden. Charakteristisch für die Lager sind die abgerundeten Ecken und ein Eingang mit vorgelagertem Wallknick, der ein Stürmen der Tore verhinderte. Eine Besonderheit hier ist nicht nur die Anzahl von 13 Übungslagern, sondern der weitgehend hervorragende Erhaltungszustand, der einmalig auf dem Gebiet des ehemaligen Römischen Reiches ist.[10] und selbst nach fast 2000 Jahren Erosion noch bis zu 0,5 m hohe, flache Wälle zeigt[11]. Aus diesem Grund sind seit 2021 15 Kerngebiete sowie das sie umgebende Gelände als Teil des WelterbesNiedergermanischer Limes“ unter Schutz der UNESCO gestellt.[12] Vom Staatsforst NRW wurden Rückegassen verlegt, um Beschädigungen auch in Zukunft zu vermeiden[13]. Ein relativ gut vom Weg aus zu erkennender Wall mit Graben liegt an der Südwestecke der ersten Wegkreuzung des Forstweges, der vom Nordwestrand des Waldes bis zu dem Parkplatz am Bohrloch führt[10]. Ein weiteres liegt am nächsten querenden Forstweg in rund 250 m Richtung Hügelgräberfeld. Trotzdem fehlen an diesem europaweit bedeutenden Kulturgut bislang (2023) Hinweisschilder, die Wandernden die Sensation erläutern. Die Erschließung der Fundplätze durch Vermittlungs- und Präsentationsangebote ist jedoch in Vorbereitung[14]. Pläne, eines der Lager oder ein Stück Spitzgraben mit Wall und Pilum murale zu touristischen Zwecken zu rekonstruieren, gibt es bislang nicht.

Weblinks

Commons: Uedemer Hochwald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Topographisches Informationsmanagement, Bezirksregierung Köln, Abteilung GEObasis NRW (Hinweise)
  2. Naturschutzgebiet „KLE-020 Uedemer Hochwald“ im Fachinformationssystem des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
  3. Natura-2000-Gebiet: „Uedemer Hochwald“ im Fachinformationssystem des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
  4. vgl. NWZ 12: Hochwald I und NWZ 65: Hochwald II
  5. a b c vgl. Naturschutz im Kreis Kleve: NSG Uedemer Hochwald
  6. a b vgl. Naturschutz im Kreis Kleve: Grabhügel
  7. "The Hochwald Gap" at Canadianheroes.org
  8. Beleg? siehe Diskussionsseite
  9. vgl. Anja Settnik: Uedemer Hochwald könnte Weltkulturerbe werden. In: rp-online.de. 10. November 2015, abgerufen am 10. Oktober 2016.
  10. a b Archäologische Wanderung im Hochwald - Einzigartig erhaltene römische Lager und ein altes Gräberfeld. In: LVR. Abgerufen am 14. August 2023.
  11. Uedem-Hochwald8 - 13 Übungslager. Abgerufen am 27. August 2023 (deutsch).
  12. Karten des ausgewiesenen UNESCO-Welterbe-Gebiets (S. 53–68); abgerufen am 2. Oktober 2022.
  13. HVV Uedem: Römische Kastelle im Hochwald. 2021, abgerufen am 27. August 2023.
  14. Uedem-Hochwald | Römer in Nordrhein-Westfalen. Abgerufen am 28. August 2023.

Koordinaten: 51° 40′ 27″ N, 6° 21′ 49″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Römisches Übungslager im Uedemer Hochwald.jpg
Autor/Urheber: Begrifflich, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Wall und Graben eines römischen Übungslagers im Uedemer Hochwald
Uedem - Uedemer Hochwald - Hügelgräber 03 ies.jpg
Autor/Urheber: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hügelgräber im westlichen Uedemer Hochwald in Uedem, Gräberfeld etwas nördlich der Marienbaumer Straße; abgebildeter Bereich im Landschaftsschutzgebiet „Balberger Höhenrücken mit den Waldgebieten Uedemer Hochwald und Tüschenwald“
UedemerHochwaldWestSchützengrabenLIDAR.jpg
Autor/Urheber:

Bezirksregierung Köln

, Lizenz: PD-Amtliches Werk

Schützengräben am Wstrand des Uedemer Hochwaldes im LIDAR Bild

Uedem - Uedemer Hochwald 01 ies.jpg
Autor/Urheber: Frank Vincentz, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Nördlicher Teil des Uedemer Hochwalds im Uedem, Blick über die Marienbaumer Straße; abgebildeter Bereich im Landschaftsschutzgebiet „Balberger Höhenrücken mit den Waldgebieten Uedemer Hochwald und Tüschenwald“
Römische kastelle Eudemerwald.jpg
Autor/Urheber: Gider123, Lizenz: CC BY-SA 3.0
roman castellum
Rundsuchradar HADR (Hughes Air Defence Radar) - Hochwald bei Xanten-Marienbaum (Labbecker Straße)-hms(1).jpg
Autor/Urheber: Hans-Martin Scheibner, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Einsatzführungsdienst der Luftwaffe betreibt derzeit vier Luftraumüberwachungssensoren des Typs HADR (Hughes Air Defence Radar) an den Standorten Brockzetel, Marienbaum, Erbeskopf und Meßstetten. Diese ursprünglich als Schiffsensoren konzipierten Radargeräte wurden ab 1984 in die Luftwaffe eingeführt. Die Beschaffung zweier Sensoren erfolgte durch die NATO, die übrigen wurden national finanziert. Die Radarsensoren an den Standorten Brockzetel und Erbeskopf sind mit hochmodernen Mode S-fähigen Sekundärradargeräten (MSSR 2000I) ausgestattet, mit Hilfe derer sie über die Luftfahrzeugkennung hinausgehende Informationen abfragen, auslesen und den Gefechtsständen des Einsatzführungsdienstes der Luftwaffe sowie allen über das Militärische Radardatennetz (MilRADNET) angeschlossenen Nutzern zur Verfügung stellen können. Die Sensoren vom Typ HADR haben die ursprünglich geplante Nutzungsdauer von 20 Jahren erreicht. Seit 2009 werden alle vier HADR einem umfangreichen Update-Programm unterzogen, das zu einer Laufzeitverlängerung und Leistungssteigerung der Sensoren beitragen wird. Als HADR wird das in der NATO eingesetzte Radargerät HR-3000 der Firma Hughes benannt. Hierbei handelt es ist ein 3D-Radar für die Nutzung in einem Luftverteidigungsnetzwerk - ein Radargerät, welches neben der Entfernung und dem Seitenwinkel (Standard 2D) auch die Höhe messen kann. Die Station im Marienbaumer Hochwald (Uedemer Hochwald im Gemeindegebiet von Uedem) hat eine Umkreisabdeckung von etwa 450 Km. Das Foto habe ich am 25.03.2011 vom Düsterfeld (Xanten-Marienbaum, Vordergrund) aus gemacht.