Ubuntu (Philosophie)

Nelson Mandela erklärt den Begriff Ubuntu (englisch, 2006)

Ubuntu, ausgesprochen[ùɓúntú], bezeichnet eine Lebensphilosophie, die im alltäglichen Leben aus afrikanischen Überlieferungen heraus vor allem im südlichen Afrika praktiziert wird. Das Wort Ubuntu kommt aus den Bantusprachen der Zulu und der Xhosa und bedeutet in etwa „Menschlichkeit“, „Nächstenliebe“ und „Gemeinsinn“ sowie die Erfahrung und das Bewusstsein, dass man selbst Teil eines Ganzen ist. Ubuntu kann aufgefasst werden als „gemeinsam zu Menschen werden, einander wechselseitig menschlich machen“[1].

Damit wird eine Grundhaltung bezeichnet, die sich vor allem auf wechselseitigen Respekt und Anerkennung, Achtung der Menschenwürde und das Bestreben nach einer harmonischen und friedlichen Gesellschaft stützt, aber auch auf den Glauben an ein „universelles Band des Teilens, das alles Menschliche verbindet“. Die eigene Persönlichkeit und die Gemeinschaft stehen in der Ubuntu-Philosophie in enger Beziehung zueinander.

Ubuntu enthält auch politische und religiös-spirituelle Aspekte, die die Verantwortung des Individuums innerhalb seiner Gemeinschaft betonen. Es gibt Versuche des südafrikanischen Verfassungsgerichts, diesen afrikanischen Kulturwert bei der Auslegung der Grundrechte in der südafrikanischen Verfassung einzubeziehen.

In der ruandischen/burundischen Sprache (Kinyarwanda/Kirundi) bedeutet Ubuntu auch gratis.[2]

Namensgebende Verwendung

  • Seit 1995[3] besteht der Circus Ubuntu.[4]
  • Ubuntu ist die Gründungsphilosophie von Ubuntu Pathways, gegründet 1999 als Ubuntu Education Fund.[5]
  • Der Name der Gemeinde Ubuntu Local Municipality soll programmatisch für den Ort sein.[6]
  • Ubuntu war namensstiftend für die freie Linux-Distribution Ubuntu, die von der 2005 gegründeten Ubuntu Foundation unterstützt wird.
  • Im März 2005 wurde der Asteroid (202373) Ubuntu entdeckt.[7]
  • Die Ubuntu Cola ist ein Produkt mit Fair-Trade-Siegel.
  • Ubuntu war das Motto der 76. General Convention der Episkopalkirche der Vereinigten Staaten.[8]
  • Ein seit 2009 erscheinendes Magazin der SOS-Kinderdörfer heißt Ubuntu.[9]
  • Zwei deutsche Hilfsorganisationen, die in Afrika aktiv sind, tragen Ubuntu im Namen, gegründet 2010[10] und 2017[11].
  • Die 2012 gegründete Ubuntu Party erreichte 2014 bei der Parlamentswahl in Südafrika 0,04 % der Stimmen.

Literatur

  • R. K. Chigangaidze, A. A. Matanga, T. R. Katsuro: Ubuntu Philosophy as a Humanistic–Existential Framework for the Fight Against the COVID-19 Pandemic. Journal of Humanistic Psychology, 62(3), 2002, S. 319–333. https://doi.org/10.1177/00221678211044554
  • Michael Onyebuchi Eze: Intellectual History in Contemporary South Africa. Palgrave Macmillan, 2010, ISBN 978-0-230-62299-9.
  • Claude-Hélène Mayer: Interkulturelle Mediation im Spannungsfeld westlicher und afrikanischer Perspektiven. In: D. Busch und H. Schröder (Hrsg.): Perspektiven Interkultureller Mediation. Studien zur Interkulturellen Mediation 2. Peter Lang, Frankfurt 2005, S. 245–266.
  • S. Ntibagirirwa: Ubuntu as a Metaphysical Concept. In: J Value Inquiry 52, 2018, S. 113–133. https://doi.org/10.1007/s10790-017-9605-x
  • Michael Tellinger: Das Ubuntu-Prinzip. Hesper Verlag 2014, ISBN 978-3-943413-12-0.
  • Willem de Liefde: Ubuntu. Signum, München 2006, ISBN 3-7766-8007-5.
  • Oliver Mutanga: Ubuntu Philosophy and Disabilities in Sub-Saharan Africa. Routledge 2023, ISBN 978-1-03-238141-1.
  • Claude-Hélène Mayer und Christian Boness: Südafrikanische Kulturstandards. Handlungsrelevantes Wissen für Fach- und Führungskräfte. In: Africa Spectrum 38. 2003, S. 173–196.
  • Lesley le Grange: Ubuntu. Konzept gemeinschaftlicher Verbundenheit. In: Ashish Kothari et al. (Hrsg.): Pluriversum. Ein Lexikon des guten Lebens für alle. AG SPAK Bücher, Neu-Ulm 2023, ISBN 978-3-945959-67-1.

Weblinks

Commons: Ubuntu (Philosophie) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Was ist afrikanische Philosophie? Afrikas Denken hat der Welt heute viel zu geben. Ein Gespräch mit dem senegalesischen Philosophen Souleymane Bachir Diagne über die Ideen des Ubuntu und dass jeder Mensch eine Kraft ist. In: DIE ZEIT. 9. November 2023, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 19. November 2023]).
  2. ubuntu n 14 - grace, free. In: kinyarwanda.net. Abgerufen am 8. Februar 2022.
  3. Circus Ubuntu - Programmhefte. Abgerufen am 7. Dezember 2023.
  4. Circus Ubuntu - Tournee 2023 "Das Herz des Dschungels". Abgerufen am 7. Dezember 2023.
  5. Jenny Lei Ravelo: Inside Ubuntu's rebranding roll-out. In: devex. 25. Oktober 2017, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
  6. Pixley Ka Seme (PDF), S. 10, abgerufen am 7. Dezember 2023.
  7. Small-Body Database Lookup. Abgerufen am 7. Dezember 2023.
  8. Diocesan Staff: Ubuntu: 76th General Convention Theme. 23. Juni 2009, abgerufen am 7. Dezember 2023 (englisch).
  9. Henning Mankell: "Das Geld, das wir für Hundefutter ausgeben, würde reichen, um alle Kinder der Welt in die Schule zu schicken!" In: SOS-Kinderdörfer weltweit. 16. Juli 2019, abgerufen am 7. Dezember 2023.
  10. Ubuntu e.V. - Humanitäre Hilfe für Afrika. 12. Mai 2020, abgerufen am 7. Dezember 2023 (deutsch).
  11. Ubuntu e.V. – Was, warum, wer, wie! – Ubuntu Afrika e.V. 16. Juli 2020, abgerufen am 7. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Experience ubuntu.ogg
Autor/Urheber: © Canonical, Ltd., Lizenz: CC BY-SA 2.5

This is a promotional video clip for Ubuntu Linux, published by Canonical Ltd. in 2006. It contains an excerpt of an interview with Nelson Mandela by Tim Modise, where Mandela is asked to describe the concept of "ubuntu". Only part of Mandela's answer is shown, and it is partly underlaid with music. In the full interview, Mandela's answer was as follows:

"In the old days when we were young, a traveller through a country would stop at a village, and he didn't have to ask for food or for water: once he stops, the people give him food, entertain him. That is one aspect of Ubuntu, but it will have various aspects. Ubuntu does not mean that people should not enrich themselves. The question therefore is, are you going to do so in order to enable the community around you, and enable it to improve? These are the important things in life. And if one can do that, you have done something very important which will be appreciated."