UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 1966

Rudi Altig wurde Weltmeister auf dem Nürburgring

Die UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 1966 fanden vom 25. bis 28. August auf dem Nürburgring in der Eifel und bei Köln-Müngersdorf (Mannschafts-Zeitfahren am 25. August) statt.

Renngeschehen

Berufsfahrer

Über 100.000 Zuschauer bevölkerten den Nürburgring, um das Einzelrennen der Profis „auf dem superschweren Kurs und [..] über die mörderische Distanz von 273,72 Kilometern“[1] zu verfolgen. Favoriten auf den WM-Titel gab es zahlreiche, darunter den Briten Tom Simpson, den Belgier Eddy Merckx sowie den Franzosen Jacques Anquetil, aber auch den deutschen Vize-Weltmeister von 1965 Rudi Altig, der allerdings erst im Jahr zuvor einen Oberschenkelbruch erlitten hatte. Gegen Ende des Rennens hatte sich eine siebenköpfige Spitzengruppe abgesetzt, darunter Raymond Poulidor, Anquetil und der Italiener Felice Gimondi, Altig war jedoch nicht dabei. Dem Deutschen gelang es jedoch, sich an die Spitzengruppe heranzukämpfen und das Rennen nach einem langen Schlusssprint für sich zu entscheiden. Er hatte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 36,4 km/h erreicht. Von den deutschen Teilnehmern kam neben Rudi Altig nur noch Winfried Bölke als 16. in die Ränge. Von 74 Startern kamen nur 22 ins Ziel.

Nach dem Rennen gab es Ärger: Zunächst kam Anquetil, der eigentlich privat mit Altig befreundet war, aus gekränkter Eitelkeit nicht zur Siegerehrung und wurde dafür anschließend mit einer Geldstrafe belegt. Altig wiederum kehrte in sein Hotel zurück, ohne die für den Dopingtest notwendige Urinprobe abgegeben zu haben. Keiner der ersten Sechs dieses Rennens gab ordnungsgemäß eine Probe ab, so dass die Union Cycliste Internationale (UCI) die Fahrer sperrte. Später machte die UCI diese Sperren jedoch wieder rückgängig aus Furcht, von Rennorganisatoren auf Schadenersatz verpflichtet zu werden.[2]

Amateure

Das 100-km-Mannschaftszeitfahren wurde auf einer Strecke durch den Rhein-Erft-Kreis vom Kölner Müngersdorfer Stadion aus und zum Stadion zurück ausgetragen. Überraschend wurde das Außenseiterteam aus Dänemark mit einem Stundenmittel von 46,4 km/h Weltmeister. Die beiden deutschen Mannschaften enttäuschten. Der bundesdeutsche Straßenvierer unter Bundestrainer Otto Ziege war mit vielen Vorschusslorbeeren ins Rennen gestartet. Doch zahlreiche Defekte sorgten bei strömendem Regen dafür, dass die Mannschaft mit Siegfried Adler, Martin Gombert, Dieter Leitner und Horst Ruster abgeschlagen auf dem elften Platz landete. Vier Ränge besser kam der DDR-Vierer mit Lothar Appler, Günter Hoffmann, Axel Peschel und Dieter Vogelsang ins Ziel. Er lag zur Hälfte der Distanz noch in Führung, baute danach aber, bedingt durch einen Schwächeanfall von Vogelsang, stark ab.

Bei den Frauen waren 40 Fahrerinnen aus zwölf Ländern am Start, darunter drei Athletinnen aus der DDR. Das 64,5 Kilometer lange Rennen führte sechsmal über die 7,7 Kilometer lange Südschleife des Nürburgrings. Die Steigungen sorgten schon während der ersten Runde dafür, dass sich eine kleine Gruppe von vier Fahrerinnen absetzen konnte, zu der sich auf der zweiten Runde die Belgierin Yvonne Reynders gesellte. Nach einem langen Spurt konnte sie das Rennen schließlich gewinnen, vor der erst 16-jährigen Niederländerin Keetie van Oosten-Hage, die in den folgenden Jahren sechs Weltmeistertitel errang. Die DDR-Fahrerinnen konnten keine Akzente setzen und landeten im hinteren Drittel der Ergebnisliste. Als beste DDR-Fahrerin konnte sich die DDR-Meisterin Hannelore Mattig nur auf Rang 22 platzieren.

Den Abschluss der Amateurwettbewerbe bildete das Einzelstraßenrennen. Es wurde bei sonnigem Wetter auf der 22,8 Kilometer langen Nordschleife des Nürburgringes über 273,7 Kilometer ausgetragen. Aus 32 Ländern gingen 146 Fahrer an den Start, darunter die DDR-Fahrer Bernhard Eckstein, Jürgen Exner, Siegfried Huster, Karl-Heinz Kazmierzak, Günter Liebold und Dieter Mickein. Bereits in der zweiten Runde setzte sich ein Quartett mit Evert Dolman (Niederlande), Leslie West (England), Attilio Benfatto (Italien) und Claude Guyot (Frankreich) vom Feld ab. Nachdem Benfatto und Guyot später wieder zurückfielen, erreichten Dolman und West gemeinsam die Zieleinfahrt, der 21-jährige Dolman erwies sich als der bessere Sprinter. Er siegte mit einem Durchschnittstempo von 36,5 km/h und ließ alle hoch gehandelten Favoriten hinter sich. Die DDR-Fahrer konnten wie schon beim Mannschaftszeitfahren die Erwartungen nicht erfüllen, Huster und Liebold gaben vorzeitig auf, während Exner mit Platz neun für das beste Ergebnis aus DDR-Sicht sorgte. Auch von den bundesdeutschen Fahrern konnte sich kein Aktiver auf den vorderen Rängen platzieren.

Ergebnisse

25. August, 16.00 Uhr:
Amateure – Mannschaftszeitfahren (100 km)
PlatzLandAthletenZeit (h)
1Danemark
Dänemark
Verner Blaudzun/Per Norup Hansen/
Ole Højlund/Fleming Gustav Wisborg
2:09:03
2NiederlandeNiederlande
Niederlande
Eddy Beugels/Harry Steevens/
Tiemen Groen/Rinus Wagtmans
2:09:27
3ItalienItalien
Italien
Attilio Benfatto/Luciano Dalla Bona/
Mino Denti/Pietro Guerra
2:10:07
4FrankreichFrankreich
Frankreich
Bernard Guyot/Robert Hiltenbrand/
Gerard Swertvaeger/
Jean-Pierre Danguillaume
2:10:12
5Sowjetunion 1955
Sowjetunion
Wiktor Tereschko/
Aljaksej Dokljakou/
Pepp Yffert/Wladimir Urbanowitsch
2:11:07
6SchwedenSchweden
Schweden
Erik Pettersson/Sture Pettersson/
Gösta Pettersson/Tomas Pettersson
2:11:43
7Deutschland Demokratische Republik 1949
DDR
Lothar Appler/Günter Hoffmann/
Axel Peschel/Dieter Vogelsang
2:12:25
8Tschechoslowakei
Tschechoslowakei
Daniel Grac/Jan Smolík/
Miloš Hrazdíra/Jan Wenczel
2:12:49
9Spanien 1945
Spanien
Salvador Canet/G. Erenozaga/
J. Linares/J. Ochotorena
2:13:06
10Polen 1944
Polen
Zenon Czechowski/Marian Kegel/
Jan Magiera/Rajmund Zieliński
2:13:48
11Deutschland
Deutschland
Siegfried Adler/Martin Gombert/
Dieter Leitner/Horst Ruster
2:14:14
12OsterreichÖsterreich
Österreich
Christian Frisch/Hans Furian/
Hans Königshofer/Kurt Schattelbauer
2:14:43
0
27. August, 10.00 Uhr:
Frauen – Einzelrennen (46,5 km)
PlatzAthletinLandZeit
1Yvonne ReyndersBelgien BEL1:27:21 h
2Cornelia HageNiederlande NEDgleiche Zeit
3Aino PuronenSowjetunion 1955 URSgleiche Zeit
4Elsy JacobsLuxemburg LUXgleiche Zeit
5Beryl BurtonVereinigtes Konigreich GBRgleiche Zeit
6Nina TrofimowaSowjetunion 1955 URS+ 0:14 min
7Lidia KallikSowjetunion 1955 URS+ 2:18 min
8Marie-Rose GaillardBelgien BEL+ 2:18 min
9Galina JudinaSowjetunion 1955 URS+ 2:31 min
10Ann HorswellVereinigtes Konigreich GBR+ 2:33 min
11Emilija SonkSowjetunion 1955 URS+ 2:41 min
12Jacky BarbedetteFrankreich FRA+ 3:06 min
13Christiane GoeminneBelgien BEL+ 3:06 min
14Christiane GeertsBelgien BEL+ 3:16 min
15Isabelle HageNiederlande NED+ 3:34 min
16Elisabetta MaffeisItalien ITA+ 4:52 min
17Ludmilla FilinaSowjetunion 1955 URS+ 4:52 min
18Muriel GoodVereinigtes Konigreich GBR+ 5:00 min
19Barbara Inez GoodyVereinigtes Konigreich GBR+ 5:00 min
20Simone EllegeertsBelgien BEL+ 6:42 min
21Florinda ParentiItalien ITAgleiche Zeit
22Hannelore MattigDeutschland Demokratische Republik 1949 GDRgleiche Zeit
27Ilka ListDeutschland Demokratische Republik 1949 GDRgleiche Zeit
34Monika IsraelDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR+ 9:44 min
0
27. August, 12.30 Uhr:
Amateure – Einzelrennen (182,5 km)
PlatzAthletLandZeit
1Evert DolmanNiederlande NED4:59:43 h
2Les WestVereinigtes Konigreich GBRgleiche Zeit
3Willy SkibbyDanemark DEN+ 0:40 min
4Marian KegelPolen 1944 POL+ 0:45 min
5Gösta PetterssonSchweden SWE+ 1:18 min
6Willy Van NesteBelgien BEL+ 1:24 min
7Gabriele PisauriItalien ITA+ 1:26 min
8Ole RitterDanemark DEN+ 1:30 min
9Jürgen ExnerDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR+ 1:33 min
0
24Karl-Heinz KazmierzakDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR+ 1:43 min
27Dieter MickeinDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR+ 1:43 min
59Bernhard EcksteinDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR+ 14:35 min
0
28. August, 9.30 Uhr
Profis – Einzelrennen (273,7 km)
PlatzAthletLandZeit
1Rudi AltigDeutschland GER7:21:10 h
2Jacques AnquetilFrankreich FRAgleiche Zeit
3Raymond PoulidorFrankreich FRAgleiche Zeit
4Gianni MottaItalien ITA+ 0:08 min
5Jean StablinskiFrankreich FRA+ 0:10 min
6Italo ZilioliItalien ITA+ 0:13 min
7Guido ReybrouckBelgien BEL+ 0:35 min
8Jo de RooNiederlande NEDalle
gleiche Zeit
9Lucien AimarFrankreich FRA
10Martin Van Den BosscheBelgien BEL
11Felice GimondiItalien ITA
12Eddy MerckxBelgien BEL
13Flaviano VicentiniItalien ITA+ 1:12 min
14Michele DancelliItalien ITAalle
gleiche Zeit
15Seamus ElliottIrland IRL
16Winfried BölkeDeutschland GER
17Jean-Claude TheillèreFrankreich FRA
18Joseph HuysmansBelgien BEL+ 4:23 min
19Georges GroussardFrankreich FRA+ 7:11 min
20André FoucherFrankreich FRAgleiche Zeit
21Cees HaastNiederlande NED+ 10:00 min
22Mario Pereira da SilvaPortugal PORgleiche Zeit

Einzelnachweise

  1. Ruttkus/Schoppe: Im Glanz und Schatten, S. 172
  2. Boelsen: Rad-Weltmeisterschaft, S. 98

Literatur

  • Helmer Boelsen: Die Geschichte der Rad-Weltmeisterschaft, Bielefeld 2007, S. 98, ISBN 978-3-936973-33-4
  • Werner Ruttkus/Wolfgang Schoppe: Im Glanz und Schatten des Regenbogens. Eigenverlag, 2005, ISBN 3-00-005315-8
  • Deutsches Sportecho, August 1966

Weblinks

Siehe auch

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(c) I, Cmapm, CC BY-SA 3.0
The flag of the Soviet Union (1955-1991) using a darker shade of red.
Schematic of the flag as adopted in 1955.
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(c) I, Cmapm, CC BY-SA 3.0
The flag of the Soviet Union (1955-1991) using a darker shade of red.
Schematic of the flag as adopted in 1955.
Flag of Spain (1945 - 1977).svg
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Flag of Spain during the Spanish State. It was adopted on 11 October 1945 with Reglamento de Banderas Insignias y Distintivos (Flags, Ensigns and Coats of Arms Bill)
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Flag of Second Polish Republic and later People's Republic of Poland in period from 1928 to 1980. Red shade used here is HTML "vermilion" #E34234. Proportion 5:8.
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Rudi Altig, as a member of the German Olympic team 1972 in Munich