Twin Cities Hiawatha

Eine Klasse A Atlantic-Lokomotive vor dem ersten Hiawatha-Zug von 1935

Der Twin Cities Hiawatha war ein luxuriöser Reisezug der Chicago, Milwaukee, St. Paul and Pacific Railroad, der zwischen Chicago und der Doppelstadt Minneapolis/St. Paul („Twin Cities“) verkehrte. Hiawatha war ein traditioneller Zugname dieser Gesellschaft.

Einführung

Der Zug nahm seinen Betrieb am 29. Mai 1935 auf. Er legte die 660 Kilometer lange Strecke täglich in knapp sechs Stunden zurück. Für den Zug entwarf die Milwaukee neue, stromlinienförmige, leichte Schnellzugwagen, vornehmlich um der Konkurrenz, dem Twin Cities Zephyr der Chicago, Burlington and Quincy Railroad (CB&Q) sowie dem Twin Cities 400 der Chicago and North Western Railway (C&NW), Paroli zu bieten.[1][2]

Während die CB&Q auf Schnelltriebwagen und die C&NW auf umgebaute Pacifics mit traditionellen Personenwagen setzte,[3] verwendete die Milwaukee eigens von ALCo neu konstruierte und vom Industriedesigner Otto Kuhler gestaltete Dampflokomotiven der Klasse A mit einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 160 km/h. Die in bahneigenen Werkstätten gebauten beiden orangefarbenen Zugsets mit ihren unverwechselbaren bogenförmigen Seitenfenstern bestanden aus je drei Großraumwagen, einem Parlor Car (Salonwagen), einem „Tap-Café“-Wagen und der berühmten Beavertail-Lounge, einem Kanzelwagen am Zugschluss.

Wie bei dem Pioneer Zephyr der Burlington oder dem M-10000 der Union Pacific Railroad säumten oft Schaulustige die Strecke. Ursprünglich wurden nur fünf Zwischenstopps eingelegt. Die Strecke war bereits 1935 mit Führerstandssignalisierung ausgestattet, die weiße, grüne oder rote Lichter in der Lokomotive anzeigte. Bei Annäherung an ein rotes Signal wurde außerdem ein lautes Pfeifensignal im Führerstand ausgelöst, das erst mit dem Betätigen der Bremse aufhörte.[4]

Nachfolger

Eine Werbegrafik der Milwaukee Road zur Einführung neuen Hiawatha-Materials stilisiert die von Otto Kuhler gestaltete Stromlinienform der F7-Dampfloks.

Der Erfolg des Zuges ließ die Milwaukee bereits ein Jahr später neue Zuggarnituren beschaffen. Sie hatten zusätzlich Speisewagen, je einen kombinierten Gepäckwagen/Lounge Car (Salonwagen) und einen etwas veränderten „Beavertail“-Kanzelwagen (vier längliche Fenster statt zwei kleine brezelförmige). Dieser „1937“-Hiawatha war durch je eine Längsrippe unter und über den nun rechteckigen Fenstern leicht vom Vorgänger zu unterscheiden.

Zum 19. September 1938 wurde der Zug abermals mit neuen Fahrzeugen versehen, deren Innenausstattung wie gesamte äußere Stromlinienform vom deutsch-amerikanischen Industriedesigner Otto Kuhler stammte. Die Wagenseiten beim „1939“-Hiawatha waren jetzt außen komplett „gerippt“, die Fensterbänder in markante Dreiergruppen gegliedert und der Endwagen mit ellipsenförmigen Schattenblechen versehen, die ihn unverwechselbar machten. Für das wiederum in den bahneigenen Menomonee Valley-Werkstätten gebaute Wagenmaterial beschaffte die Milwaukee aufgrund des gestiegenen Gewichts bei ALCO sechs neue „Baltic“-Dampflokomotiven und reihte sie als Klasse F-7 (Nummer 100 bis 105) ein.

Ab Januar 1939 wurde der Fahrplan geändert. Der Twin Cities Hiawatha wurde durch zwei Züge, den Morning Hiawatha und den Afternoon Hiawatha, ersetzt. Damit bot die Milwaukee zwei ausgezeichnete Tagesrandverbindungen zwischen den Twin Cities Minneapolis/St. Paul und Chicago. Die Fahrzeuge blieben die gleichen, nur fuhr nun jede Garnitur die Strecke täglich hin und zurück.

Hiawatha-Diesellokomotive Nr. 15

1941 begann die Milwaukee, für ihre Hiawatha-Züge Diesellokomotiven zu beschaffen, zuerst ein A-A Set Alco DL-109, das die Nummer 14 bekam, dann ein A-A Set EMD E6, das als Nummer 15 eingereiht wurde. Parallel wurden erneut neue Personenwagen beschafft. In den folgenden Jahren wurden die Züge zum Teil gemischt, ältere Fahrzeuge wurden modernisiert und die Zuglängen stiegen, besonders während des Zweiten Weltkriegs, auf bis zu 15 Wagen.

Ab 1947 wurden, parallel zur Einführung des Olympian Hiawatha, erneut neue Fahrzeuge für den Zug beschafft. Markenzeichen des neuen „Hiawatha“ waren die zum Teil ovalen Fenster und kreisrunden Bullaugen-Fenster der Türen und die von Brooks Stevens entworfenen „Skytop Lounges“, vier Aussichtswagen[5] mit großzügig verglaster Endkuppel und Salonabteilen mit drehbaren Sitzen.

1952 führte die „Milwaukee Road“ mit dem „Super Dome“ erstmals in den USA Aussichtswagen ein, bei denen sich die durchsichtige Kanzel mit Panoramafenstern über die gesamte Wagenlänge erstreckte. Das obere Stockwerk konnte bis zu 70 Passagiere aufnehmen, während sich im unteren Stockwerk eine Cocktail-Lounge befand. Diese von der Pullman-Standard Car Manufacturing Company gebauten sechsachsigen Wagen waren die schwersten der Hiawatha-Flotte und wie auch die „Skytops“ die bei den Passagieren sehr beliebt. Von den zehn gelieferten Superdomes gingen sechs an den Olympian Hiawatha, während die übrigen vier an die Morning- und Afternoon-Hiawathas verteilt wurden.

Einstellung

1955 erfolgte eine Umstellung auf die gelbe Lackierung der Union Pacific.
Skytop-Aussichtswagen 1968 in der Union Station von Milwaukee

Der Afternoon Hiawatha fuhr bis Januar 1970, der Morning Hiawatha noch knapp ein Jahr länger, bis Amtrak zum 1. Mai 1971 den Personenfernverkehr in den Vereinigten Staaten weitestgehend übernahm. Fortan verkehrte zwischen Chicago und den Twin Cities nur noch der von der Great Northern Railway übernommene Empire Builder, der allerdings auf die Strecke der Milwaukee Road verlegt wurde.[6]

Am 16. Januar 1972 brachte Amtrak den Namen Twin Cities Hiawatha als Zugverbindung wieder zurück. Am 12. Juni des Jahres wurde er mit dem North Coast Hiawatha kombiniert, der dreimal wöchentlich über Minneapolis hinaus weiter nach Seattle verkehrte. 1978 wurde der Twin Cities Hiawatha durch den North Star ersetzt, einen Nachtzug von Chicago über Minneapolis nach Duluth.[7]

Von den vier Skytop-Lounge-Wagen sind drei Stück erhalten geblieben. Das abgebildete Fahrzeug 186 „Cedar Rapids“ wurde in den Ursprungszustand zurückversetzt und ist betriebsfähig.[8] Von den Super Dome Cars 55 und 57 bis 59 sind ebenfalls noch drei Stück erhalten geblieben, während der Wagen 58 infolge von Rostschäden im November 2009 verschrottet werden musste.[9]

Einzelnachweise

  1. Charles F.A. Mann: Most Powerful Diesel Ready for Rail Service. In: The Meriden Daily Journal. 17. September 1935, abgerufen am 23. September 2012 (englisch).
  2. Brian Solomon: Railway Masterpieces. David & Charles, 2003, S. 35 (Google Books).
  3. Tom Murray: The Milwaukee Road. Voyageur Press, 2005, S. 87 (Google Books).
  4. Steam Still Rules the Rails. In: Popular Mechanics. Vol. 64, Nr. 4, Oktober 1935, S. 512–513 (Google Books).
  5. Skytop Lounges. In: TrainWeb. Abgerufen am 4. November 2012 (englisch).
  6. Craig Sanders: Amtrak in the Heartland. Indiana University Press, 2006, ISBN 0-253-34705-X, S. 174.
  7. Bruce Goldberg: Amtrak: The First Decade. Alan Books, Silver Spring (Maryland) 1981, S. 30–31.
  8. Milwaukee Road "Skytops". In: TrainWeb. Abgerufen am 4. November 2012 (englisch).
  9. CMSP&P (Chicago, Milwaukee, St Paul & Pacific) "Milwaukee Road" 'Super' domes. In: TrainWeb. Abgerufen am 4. November 2012 (englisch).

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Midwest Hiawatha last version of Beaver Tail observation car.jpg
Exterior photo of the beaver tail observation car from a Milwaukee Road flyer on the Midwest Hiawatha detailing the changes made to the train's cars since the train's 1940 premiere.
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Interior photo detailing the new chairs of the coach car from a Milwaukee Road flyer on the Midwest Hiawatha detailing the changes made to the train's cars since the train's 1940 premiere.
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...And we round out the train with three more. A total of 14 distinct units going by on the rails today.

Excursions with the Milwaukee 261 include a "Skytop Lounge" these days, a streamlined observation car that used to be on the tail end of Hiawatha trains running mainly from Minnesota to Chicago and back. Hiawatha service still exists under Amtrak, but it only runs between Chicago and Milwaukee (the upside of which is that it has the best on-time record in the Amtrak system).
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Interior photo of the coach car from a Milwaukee Road flyer on the Midwest Hiawatha detailing the changes made to the train's cars since the train's 1940 premiere.
Milwaukee Road all dome car illustration 1.JPG
Illustration of the lower-level interior of the Pullman-built all dome lounge cars of the Milwaukee Road.
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Kanzelwagen des Twin Cities Hiawatha der Chicago Milwaukee and St Paul Railroad n den Farben der Chicago, Milwaukee, St. Paul and Pacific Railroad
Hiawatha dining car Chicago Milwaukee and St. Paul Railroad 1939.jpg
Photo of the dining cars which were carried on the Chicago, Milwaukee and St. Paul Railway's "Hiawatha" fleet of trains.
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Kanzelwagen des Twin Cities Hiawatha der Chicago Milwaukee and St Paul Railroad n den Farben der Chicago, Milwaukee, St. Paul and Pacific Railroad
Hiawatha Milwaukee Road Postkarte 1935.jpg
Milwaukee Road's streamlined class A steam locomotive heading "The Hiawatha" nothing faster on rails
Skydome Hiawatha car.jpg
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Kanzelwagen des Twin Cities Hiawatha der Chicago Milwaukee and St Paul Railroad in den Farben der Union Pacific, die er seit 1955 trägt.
Afternoon Hiawatha 1956.JPG
Postcard photo of the Chicago, Milwaukee and St. Paul Railway's "Afternoon Hiawatha" train which traveled from Chicago to Minneapolis.
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Illustration of the upper-level interior of the all dome Pullman-built Milwaukee Road lounge cars.
Hiawatha Milwaukee Road Advertisement 1939.jpg
Chicago, Milwaukee, St. Paul & Pacific promoting their streamlined by Otto Kuhler F7 steam locomotives for the "Twin Cities Hiawatha"
Milwaukee Road all dome lounge car photo.JPG
Photo of the lower level of the Pullman-built all dome lounge car of the Milwaukee Road prior to its being placed in service.
Milwaukee Road all dome car illustration 2.JPG
Illustration of the lower-level interior of the Pullman-built all dome lounge cars of the Milwaukee Road.
Milwaukee Road Skytop observation car 1968.JPG
Photo of the Skytop observation/lounge cars that ran on the Hiawatha named trains of the Chicago, Milwaukee, and St. Paul Railroad. These cars went into service in 1948, and were painted in the Union Pacific color scheme in 1955. Pictured is the Priest Rapids car, #189, at the Milwaukee depot in Milwaukee in 1968. Two years later, these Skytop cars were scrapped.
Beaver Tail observation car interior.jpg
Interior photo of the beaver tail observation car from a Milwaukee Road flyer on the Midwest Hiawatha detailing the changes made to the train's cars since the train's 1940 premiere.
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Ex-Milwaukee Road Super Dome car. There were many private cars on this year's New River Train. This shot was taken during the three hour layover in Hinton, WV on October 21st.
Skytop Hiawatha trains Chicago Milwaukee and St Paul Railroad.jpg
Photo of the Skytop observation/lounge cars that ran on the Hiawatha named trains of the Chicago, Milwaukee, and St. Paul Railroad. These cars went into service in 1948, and were painted in the Union Pacific color scheme in 1955. This photo shows two of the card in the original Milwaukee Road color scheme. The Skydome cars in the photo were part of the Morning Hiawatha and Afternoon Hiawatha trains.
Midwest Hiawatha 1943.jpg
Milwaukee Road class F7 locomotive (type 4-6-4) hauling the "Midwest Hiawatha" past Tower B17, Bensenville, Illinois.
Original caption was: "Bensenville, Illinois. The "Midwest Hiawatha" of the Chicago, Milwaukee, Saint Paul and Pacific Railroad speeding through Bensenville, Illinois"