Tulle
Tulle | ||
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Sunt rupes virtutis iter. Felsen sind der Tugend Pfad (Latein) | ||
Staat | ![]() | |
Region | Nouvelle-Aquitaine | |
Département (Nr.) | Corrèze (Präfektur) (19) | |
Arrondissement | Tulle | |
Kanton | Tulle | |
Gemeindeverband | Tulle Agglo | |
Koordinaten | 45° 16′ N, 1° 46′ O | |
Höhe | 185–460 m | |
Fläche | 24,44 km² | |
Einwohner | 13.602 (1. Januar 2022) | |
Bevölkerungsdichte | 557 Einw./km² | |
Postleitzahl | 19000 | |
INSEE-Code | 19272 | |
Website | www.ville-tulle.fr | |
![]() Tulle mit dem Fluss Corrèze |
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Tulle [okzitanisch Tula) ist eine Stadt in Zentralfrankreich und Präfektur des Départements Corrèze. Ihre 13.602 Einwohner (Stand 1. Januar 2022) nennen sich Tullistes. Die Stadt ist Bischofssitz und somit ein wichtiges geistliches Zentrum des Limousin. Bekannt ist Tulle auch aufgrund seiner historischen Rolle in mehreren Industriezweigen: So gab die Stadt der Tüllspitze, die hier zuerst produziert wurde, ihren Namen; auch in der Akkordeonfabrikation und Waffenherstellung hatte sie lange Zeit eine herausragende Bedeutung.
] (Geographie
Tulle liegt am westlichen Rand des Zentralmassivs an beiden Ufern der Corrèze, unmittelbar vor ihrem Austritt aus dem engen Flusstal in das Bassin von Brive-la-Gaillarde. Im südwestlichen Gemeindegebiet mündet von links die Saint-Bonnette und von rechts die Céronne in die Corrèze.
Klima
Durch die Lage von Tulle an der Nahtstelle zwischen dem Zentralmassiv und dem Bassin von Brive ist die Stadt bereits klimatisch begünstigt, sie erhält zugleich jedoch erhebliche Niederschlagsmengen. Das Maximum der Niederschläge entfällt hierbei auf das Winterhalbjahr, während die Sommer zeitweise trocken ausfallen können.
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Tulle
Quelle: Mapped Planet[1] |
Nachbargemeinden
Folgende Städte und Gemeinden grenzen an die Stadt Tulle:
Naves | Naves | Naves und Gimel-les-Cascades |
Chameyrat und Naves | ![]() | Chanac-les-Mines |
Chameyrat | Sainte-Fortunade | Chanac-les-Mines und Laguenne-sur-Avalouze mit Laguenne |
Geschichte
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Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg
Der Name Tulle leitet sich her von Tutela, der alten Kraft römischer Gottheiten, die Menschen, Sachen und Orte beschützt. Zu gallisch-römischer Zeit wurde auf der langen Reise von Aremorica zum Mittelmeer hier an dem Ort, in der Nähe der Abtei Saint-Martin, Tutela angerufen. Dies geschah noch bis ins Mittelalter hinein. Im 7. Jahrhundert entstand hier ein Kloster, wo sich dann im Laufe der Zeit immer mehr Menschen ansiedelten. 1130 wurde die im 11. Jahrhundert zerstörte Abtei wieder errichtet. Im Jahre 1317 wurde Tulle von Papst Johannes XXII. zum Bistum erhoben und aus der Abtei wurde eine Kathedrale. Deren Turm ist 75 m hoch und stammt aus dem 13. und 14. Jahrhundert.[2][3]
Während der Religionskriege stand Tulle auf Seiten der katholischen Liga und widerstand den Angriffen der Hugenotten im Jahre 1577, jedoch wurde die Stadt 1585 von den Truppen des Vicomte von Turenne, Henri de La Tour d’Auvergne, duc de Bouillon, verwüstet. Aber die Erschütterungen durch die Französische Revolution waren noch viel weitreichender, so wurden Kathedrale und Abtei zu Waffenfabriken umgewandelt und erst 1803 wieder eröffnet und 1823 erneut zur Kathedrale geweiht.
Am 8. und 9. Juni 1944 verübte die deutsche Waffen-SS an der männlichen Bevölkerung der Stadt Kriegsverbrechen wie die Erschießung von 18 Eisenbahnern und die Erhängung von 99 männlichen Personen an Balkonen in der Stadt. Die Erhängten waren als Geiseln benutzt worden.[4][5]
Am 17. August 1944 wurde die Stadt hauptsächlich von den Francs-tireurs et partisans (FTP) befreit. Anders als in anderen Städten Frankreichs gab es in Tulle keine Freudenfeiern. Die zutiefst traumatisierte Bevölkerung betrachtete ihre Befreier mit Misstrauen oder gar Feindseligkeit,[5] hatten doch die deutschen Besatzer, um den Widerstand der Résistance zu brechen, die Zivilbevölkerung nach dem Grundsatz terrorisiert, dass sie für getötete Deutsche eine Vielzahl der als Geiseln genommenen Zivilisten ermordeten. Von den vielen deportierten Menschen aus Tulle sind 101 nach dem Krieg nie aus den Konzentrationslagern zurückgekehrt.[5]
Einwohnerentwicklung
Jahr[6] | 1793 | 1896 | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2007 | 2018 |
Einwohner | 9662 | 17.374 | 19.084 | 20.016 | 20.100 | 18.800 | 17.164 | 15.496 | 15.647 | 14.705 |
Politik und Verwaltung
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- Tulle ist Präfektur des Départements Corrèze.
- Tulle ist Sitz des Conseil Général de la Corrèze.[7]
- Tulle ist Sitz des Gemeindeverbandes Tulle Agglo.
Wappen
Beschreibung: In Rot drei (2;1) goldene Roch unter blauen Schildhaupt mit balkenweis drei goldenen Lilien.
Bürgermeister seit 1925
- 1925–1945: Jacques de Chammard, Radical
- 1944–1947: Jules Lafue[8]
- 1947–1949: Clément Chausson, PCF
- 1949–1959: Jean Massoulier
- 1959–1971: Jean Montalat, SFIO
- 1971–1977: Georges Mouly, RPR
- 1977–1995: Jean Bombasteil, PCF
- 1995–2001: Raymon-Max Aubert, RPR
- 2001–2008: François Hollande, PS
- 2008–2014: Bernard Combes, PS
- 2014–2020: Bernard Combes, PS
- 2020–2026: Bernard Combes, PS[9]
Städtepartnerschaften
Schorndorf, Deutschland
Rentería, Spanien
Bury, Vereinigtes Königreich
Lousada, Portugal
Smolensk, Russland
Dueville, Italien
Seit 1964 besteht zudem eine Partnerschaft der Handwerkskammern Osnabrück-Emsland und der des Départements Corrèze.[10] Bis zu Beginn der 1990er Jahre gab es dabei ein jährliches erfolgreiches gegenseitiges Besuchsprogramm für Auszubildende beider Kammern.
Wirtschaft und Infrastruktur
Industrie
Tulle war früher Sitz der Waffenfabrik Manufacture nationale d’armes de Tulle (MAT), die heute nur noch durch ein Waffenmuseum repräsentiert ist. Seit 1919[11] besteht in Tulle das Unternehmen Maugein, das Akkordeons herstellt. Im Jahr 2016 hatte der Betrieb 14[11] Mitarbeiter. Ein Akkordeonmuseum ist im Entstehen.
Verkehr
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Der Bahnhof Tulle war bis 1970 ein bedeutender Eisenbahn-Knotenpunkt. Dort enden die von der Compagnie du chemin de fer de Paris à Orléans (PO) gebauten Bahnstrecken Coutras–Tulle und Tulle–Meymac, es gab durchgehende Verbindungen von Lyon über Tulle nach Bordeaux. Zudem war er Ausgangspunkt für die schmalspurigen Züge der PO-Corrèze (POC) nach Argentat, Uzerche und Treignac (bis 1970) sowie der Tramways de la Corrèze nach Ussel (bis 1959). Aktuell wird der Bahnhof von Intercités der Relation Clermont-Ferrand–Bordeaux und TER-Zügen des Limousin-Netzes bedient.
Die Stadt liegt an der Achse Bordeaux–Lyon, die ehemalige Nationalstraße N 89 wurde infolge des Baus der Autobahn A 89 zur Departementsstraße D 1089 abgestuft. Zwischen Uzerche und Aurillac führt über Tulle die Departementsstraße 1120 (ehemals Nationalstraße N 120).
Sehenswürdigkeiten
Tulle war bis 2020 Standort eines Waffenmuseums (Musée des Armes), das bis 2022 mit weiteren Sammlungen in einem neuen städtischen Museum zusammengeführt werden soll. Dies wird im früheren Gebäude der Banque de France untergebracht.[12]
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Jean-Pierre Audy (* 1952), Politiker
- Étienne Baluze (1630–1718), Historiker
- Nicolas Béronie (1742–1820), römisch-katholischer Geistlicher, Okzitanist und Lexikograf
- Christian Binet (* 1947), Comiczeichner
- Lucien Bossoutrot (1890–1958), Flugpionier
- Horace Crocicchia (1888–1976), Kolonialbeamter
- Maximin Deloche (1817–1900), Historiker
- Léon Eyrolles (1861–1945), Politiker, Unternehmer
- Geneviève Granger (1877–1967), Bildhauerin und Medailleurin
- Laurent Koscielny (* 1985), Fußballspieler
- Marie-Anne Montchamp (* 1957), Politikerin
- Philippe Manoury (* 1952), Komponist
- Pierre Meyrat (1916–1969), Autorennfahrer
- Jean Mouzat (1905–1986), Hochschullehrer und Dichter
- Robert Nivelle (1856–1924), General
- Edmond Perrier (1844–1921), Zoologe und Anatom
- Jacques Pills (1906–1970), Sänger
- Éric Rohmer (1920–2010), Regisseur
- Joseph Roux (Geistlicher) (1834–1905), katholischer Geistlicher
- René Schérer (1922–2023), Philosoph
- Marcelle Tinayre (1870–1948), Schriftstellerin
Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen
- François Hollande (* 1954), Präsident der Französischen Republik und ehemaliger Bürgermeister von Tulle
- Marcel Lefebvre (1905–1991), ehemaliger Bischof von Tulle und Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X.
Literatur
- Helga Bories, Rolf Sawala: J’écris ton nom: Liberté. La France occupée et la Résistance; Schöningh, Paderborn 2002; ISBN 3-14-045500-3 (Diese Quellensammlung beginnt mit dem Bericht, wie eine der bekannten Täterinnen von 1944, genannt „Die Hündin“, im Jahr 1978 in Tulle erkannt wird, als sie regionale Feinkost zum Weiterverkauf in Deutschland erwirbt und wie die Menschen darauf reagieren.)
- Collaboration and Resistance in France; ISBN 0-8109-4123-6 (auch in frz. Version gedruckt); S. 207: Bild „Lachende Deutsche neben den erhängten Zivilisten“ (eine Illustration, die genau zu Theweleits „Männerphantasien“ passt)
- Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Der 9. Juni 1944. Band 3 des unten angeführten Reihenwerks von Kartheuser. St. Vith/Belgien, 2004. ISBN 2-87316-020-9. Franz.: Les pendaisons de Tulle. Le 9 juin 1944.
- Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Ein ungesühntes Verbrechen. Band 4 des unten angeführte Reihenwerkes von Kartheuser. Franz.: Les pendaisons de Tulle. Crime sans chatiment. Deutsch: 2008, ISBN 2-87316-032-2
- Bruno Kartheuser: Walter, SD in Tulle. Reihenwerk aus 4 Bänden & einem Register; Edition Krautgarten, St. Vith/Belgien. (Über den belgischen Staatsangehörigen und Mitglied des SD Walter Schmald und seine Verwicklung in das Massaker von Tulle).
- Bd. 2: Die Tragödie des 9. Juni 1944. Das besetzte Frankreich 1940–1943. 2004, ISBN 2-87316-015-2. Franz.: La France occupée 1940–1943. 2002
- Bd. 1: Die 30er Jahre in Eupen-Malmedy. Einblick in das Netzwerk der reichsdeutschen Subversion. (viele Täter kamen aus Ostbelgien). In Niederländisch: De jaren dertig in Eupen-Malmedy. Een blik op het netwerk van de Groot-Duitse subversie. In Französisch: Les années trente à Eupen-Malmedy. Regard sur le réseau de la subversion allemande.
- Register: Tulle Band 1–4. Namensregister. Index des noms propres. 2009
- Bd. 1: Die 30er Jahre in Eupen-Malmedy. Einblick in das Netzwerk der reichsdeutschen Subversion. (viele Täter kamen aus Ostbelgien). In Niederländisch: De jaren dertig in Eupen-Malmedy. Een blik op het netwerk van de Groot-Duitse subversie. In Französisch: Les années trente à Eupen-Malmedy. Regard sur le réseau de la subversion allemande.
- Bd. 2: Die Tragödie des 9. Juni 1944. Das besetzte Frankreich 1940–1943. 2004, ISBN 2-87316-015-2. Franz.: La France occupée 1940–1943. 2002
- ders.: Un regard vrai sur les événements de Tulle. Droit de questions. Peuple et Culture, Conférence le 10 nov. 2008, PEC Tulle. Ed. Krautgarten, St. Vith 2009
- Alan Shillaker: The martyrs of Tulle. (in englischer Sprache) ebd. 2005
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Mapped Planet.
- ↑ Tulle - Kathedrale Notre Dame ( des vom 28. Mai 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- ↑ Eintrag zu Tulle auf catholic-hierarchy.org
- ↑ Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Der 9. Juni 1944. St. Vith/Belgien, 2004, ISBN 2-87316-020-9, S. 450 ff.
- ↑ a b c Jacques Canaud: Le temps des Maquis : De la vie dans les bois à la reconquête des cités, 1943–1944. In: Collection Témoignage. Éditions De Borée, Clermont-Ferrand 2011, ISBN 978-2-8129-0498-1, S. 263.
- ↑ Statistik auf cassini.ehess.fr. Abgerufen am 7. August 2011 (französisch).
- ↑ Site du conseil général de la Corrèze.
- ↑ www.ajpn.org/juste-1587.html.
- ↑ La ville de Tulle. In: Info-Mairie.com. Abgerufen am 17. März 2024 (französisch).
- ↑ www.hwk-os-el.de/index.php?option=com_content&view=article&id=147&Itemid=161.
- ↑ a b Philippe Gloaguen et al.: Le Routard – Le guide de la visite d'entreprise. Nr. 79/0425/0. Hachette Livre, Vanves 2016, ISBN 978-2-01-323703-1, S. 28 f.
- ↑ www.tourismecorreze.com (Abgerufen am 31. Oktober 2020).
Auf dieser Seite verwendete Medien
(c) Karte: NordNordWest, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de
Positionskarte von Frankreich mit Regionen und Départements
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Flagge des Vereinigten Königreichs in der Proportion 3:5, ausschließlich an Land verwendet. Auf See beträgt das richtige Verhältnis 1:2.
Flagge Portugals, entworfen von Columbano Bordalo Pinheiro (1857-1929), offiziell von der portugiesischen Regierung am 30. Juni 1911 als Staatsflagge angenommen (in Verwendung bereits seit ungefähr November 1910).
Cathédrale Notre-Dame de Tulle.XIIème siècle.
Autor/Urheber: F. Lavie, Lizenz: CC BY-SA 3.0
J. Gardès [1] et Félix Élie Xavier Hulot (Français, 1832-1915) [2], architectes: Hôtel de la Préfecture du département de la Corrèze (1864-1880), inscrit monument historique par arrêté du 4 mai 2000, Tulle, Corrèze, France. Pavillon central orné d'une horloge flanquée de grandes figures allégoriques assises symbolisant à gauche L'Industrie et à droite L'Agriculture, exécutées par le sculpteur Aimé-Jules Dalou pour l'atelier du décorateur Eugène Pierre Lefebvre. (Cf. Maurice Dreyfous: Dalou, sa vie et son oeuvre, Paris, Laurens, 1903)
Tulle, devant la cathédrale.