Tulle

Tulle
Tulle (Frankreich)
Sunt rupes virtutis iter.
Felsen sind der Tugend Pfad (Latein)
StaatFrankreich
RegionNouvelle-Aquitaine
Département (Nr.)Corrèze (Präfektur) (19)
ArrondissementTulle
KantonTulle
GemeindeverbandTulle Agglo
Koordinaten45° 16′ N, 1° 46′ O
Höhe185–460 m
Fläche24,44 km²
Einwohner13.992 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte573 Einw./km²
Postleitzahl19000
INSEE-Code
Websitewww.ville-tulle.fr

Tulle mit dem Fluss Corrèze
Tulle (mit dem Büroturm der Cité administrative, 86 m hoch, Architekt: Jacques Sarrabezolles, eröffnet 1975)
Place Gambetta

Tulle [tyl] (okzitanisch Tula) ist eine Stadt in Zentralfrankreich und Präfektur des Départements Corrèze. Ihre 13.992 Einwohner (Stand 1. Januar 2021) nennen sich Tullistes. Die Stadt ist Bischofssitz und somit ein wichtiges geistliches Zentrum des Limousin. Bekannt ist Tulle auch aufgrund seiner historischen Rolle in mehreren Industriezweigen: So gab die Stadt der Tüllspitze, die hier zuerst produziert wurde, ihren Namen; auch in der Akkordeonfabrikation und Waffenherstellung hatte sie lange Zeit eine herausragende Bedeutung.

Geographie

Tulle liegt am westlichen Rand des Zentralmassivs an beiden Ufern der Corrèze, unmittelbar vor ihrem Austritt aus dem engen Flusstal in das Bassin von Brive-la-Gaillarde. Im südwestlichen Gemeindegebiet mündet von links die Saint-Bonnette und von rechts die Céronne in die Corrèze.

Klima

Durch die Lage von Tulle an der Nahtstelle zwischen dem Zentralmassiv und dem Bassin von Brive ist die Stadt bereits klimatisch begünstigt, sie erhält zugleich jedoch erhebliche Niederschlagsmengen. Das Maximum der Niederschläge entfällt hierbei auf das Winterhalbjahr, während die Sommer zeitweise trocken ausfallen können.

Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Tulle
JanFebMärAprMaiJunJulAugSepOktNovDez
Mittl. Temperatur (°C)3,44,756,789,4313,0616,5219,1618,7716,4312,296,93,8611
Niederschlag (mm)716666699065506667736877Σ828
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Quelle: Mapped Planet[1]

Nachbargemeinden

Folgende Städte und Gemeinden grenzen an die Stadt Tulle:

NavesNavesNaves und Gimel-les-Cascades
Chameyrat und NavesKompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigtChanac-les-Mines
ChameyratSainte-FortunadeChanac-les-Mines und Laguenne-sur-Avalouze mit Laguenne

Geschichte

Kathedrale Notre-Dame

Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg

Der Name Tulle leitet sich her von Tutela, der alten Kraft römischer Gottheiten, die Menschen, Sachen und Orte beschützt. Zu gallisch-römischer Zeit wurde auf der langen Reise von Aremorica zum Mittelmeer hier an dem Ort, in der Nähe der Abtei Saint-Martin, Tutela angerufen. Dies geschah noch bis ins Mittelalter hinein. Im 7. Jahrhundert entstand hier ein Kloster, wo sich dann im Laufe der Zeit immer mehr Menschen ansiedelten. 1130 wurde die im 11. Jahrhundert zerstörte Abtei wieder errichtet. Im Jahre 1317 wurde Tulle von Papst Johannes XXII. zum Bistum erhoben und aus der Abtei wurde eine Kathedrale. Deren Turm ist 75 m hoch und stammt aus dem 13. und 14. Jahrhundert.[2][3]

Während der Religionskriege stand Tulle auf Seiten der katholischen Liga und widerstand den Angriffen der Hugenotten im Jahre 1577, jedoch wurde die Stadt 1585 von den Truppen des Vicomte von Turenne, Henri de La Tour d’Auvergne, duc de Bouillon, verwüstet. Aber die Erschütterungen durch die Französische Revolution waren noch viel weitreichender, so wurden Kathedrale und Abtei zu Waffenfabriken umgewandelt und erst 1803 wieder eröffnet und 1823 erneut zur Kathedrale geweiht.

Am 9. Juni 1944 verübte die deutsche Waffen-SS an der männlichen Bevölkerung der Stadt Kriegsverbrechen wie die Erschießung von 18 Eisenbahnern und die Erhängung von 99 männlichen Personen.[4]

Einwohnerentwicklung

Jahr[5]179319621968197519821990199920072018
Einwohner19.08420.01620.10018.80017.16415.49615.64714.705

Politik und Verwaltung

Präfektur
Gericht
Stadttheater
Avenue Charles de Gaulle in der Innenstadt

Wappen

Beschreibung: In Rot drei (2;1) goldene Roch unter blauen Schildhaupt mit balkenweis drei goldenen Lilien.

Bürgermeister seit 1925

  • 1925–1945: Jacques de Chammard, Radical
  • 1944–1947: Jules Lafue[7]
  • 1947–1949: Clément Chausson, PCF
  • 1949–1959: Jean Massoulier
  • 1959–1971: Jean Montalat, SFIO
  • 1971–1977: Georges Mouly, RPR
  • 1977–1995: Jean Bombasteil, PCF
  • 1995–2001: Raymon-Max Aubert, RPR
  • 2001–2008: François Hollande, PS
  • 2008–2014: Bernard Combes,[8] PS
  • 2014–2020: Bernard Combes,[9] PS

Städtepartnerschaften

Seit 1964 besteht zudem eine Partnerschaft der Handwerkskammern Osnabrück-Emsland und der des Départements Corrèze.[10] Bis zu Beginn der 1990er Jahre gab es dabei ein jährliches erfolgreiches gegenseitiges Besuchsprogramm für Auszubildende beider Kammern.

Wirtschaft und Infrastruktur

Industrie

Tulle war früher Sitz der Waffenfabrik Manufacture nationale d’armes de Tulle (MAT), die heute nur noch durch ein Waffenmuseum repräsentiert ist. Seit 1919[11] besteht in Tulle das Unternehmen Maugein, das Akkordeons herstellt. Im Jahr 2016 hatte der Betrieb 14[11] Mitarbeiter. Ein Akkordeonmuseum ist im Entstehen.

Verkehr

Bahnhof Tulle, 1987

Der Bahnhof Tulle war bis 1970 ein bedeutender Eisenbahn-Knotenpunkt. Dort enden die von der Compagnie du chemin de fer de Paris à Orléans (PO) gebauten Bahnstrecken Coutras–Tulle und Tulle–Meymac, es gab durchgehende Verbindungen von Lyon über Tulle nach Bordeaux. Zudem war er Ausgangspunkt für die schmalspurigen Züge der PO-Corrèze (POC) nach Argentat, Uzerche und Treignac (bis 1970) sowie der Tramways de la Corrèze nach Ussel (bis 1959). Aktuell wird der Bahnhof von Intercités der Relation Clermont-Ferrand–Bordeaux und TER-Zügen des Limousin-Netzes bedient.

Die Stadt liegt an der Achse BordeauxLyon, die ehemalige Nationalstraße N 89 wurde infolge des Baus der Autobahn A 89 zur Departementsstraße D 1089 abgestuft. Zwischen Uzerche und Aurillac führt über Tulle die Departementsstraße 1120 (ehemals Nationalstraße N 120).

Sehenswürdigkeiten

Tulle war bis 2020 Standort eines Waffenmuseums (Musée des Armes), das bis 2022 mit weiteren Sammlungen in einem neuen städtischen Museum zusammengeführt werden soll. Dies wird im früheren Gebäude der Banque de France untergebracht.[12]

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Persönlichkeiten, die mit der Stadt in Verbindung stehen

Literatur

  • Collaboration and Resistance in France; ISBN 0-8109-4123-6 (auch in frz. Version gedruckt); S. 207: Bild „Lachende Deutsche neben den erhängten Zivilisten“ (eine Illustration, die genau zu Theweleits „Männerphantasien“ passt)
  • Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Der 9. Juni 1944. Band 3 des unten angeführten Reihenwerks von Kartheuser. St. Vith/Belgien, 2004. ISBN 2-87316-020-9. Franz.: Les pendaisons de Tulle. Le 9 juin 1944.
  • Helga Bories, Rolf Sawala: J’écris ton nom: Liberté. La France occupée et la Résistance; Schöningh, Paderborn 2002; ISBN 3-14-045500-3 (Diese Quellensammlung beginnt mit dem Bericht, wie eine der bekannten Täterinnen von 1944, genannt „Die Hündin“, im Jahr 1978 in Tulle erkannt wird, als sie regionale Feinkost zum Weiterverkauf in Deutschland erwirbt und wie die Menschen darauf reagieren.)
  • Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Ein ungesühntes Verbrechen. Band 4 des unten angeführte Reihenwerkes von Kartheuser. Franz.: Les pendaisons de Tulle. Crime sans chatiment. Deutsch: 2008 ISBN 2-87316-032-2
    • Bruno Kartheuser: Walter, SD in Tulle. Reihenwerk aus 4 Bänden & einem Register; Edition Krautgarten, St. Vith/Belgien. (Über den belgischen Staatsangehörigen und Mitglied des SD Walter Schmald und seine Verwicklung in das Massaker von Tulle).
Bd. 2: Die Tragödie des 9. Juni 1944. Das besetzte Frankreich 1940–1943. 2004 ISBN 2-87316-015-2. Franz.: La France occupée 1940–1943. 2002
Bd. 1: Die 30er Jahre in Eupen-Malmedy. Einblick in das Netzwerk der reichsdeutschen Subversion. (viele Täter kamen aus Ostbelgien). In Niederländisch: De jaren dertig in Eupen-Malmedy. Een blik op het netwerk van de Groot-Duitse subversie. In Französisch: Les années trente à Eupen-Malmedy. Regard sur le réseau de la subversion allemande.
Register: Tulle Band 1–4. Namensregister. Index des noms propres. 2009
  • Alan Shillaker: The martyrs of Tulle. (in englischer Sprache) ebd. 2005
  • ders.: Un regard vrai sur les événements de Tulle. Droit de questions. Peuple et Culture, Conférence le 10 nov. 2008, PEC Tulle. Ed. Krautgarten, St. Vith 2009

Weblinks

Commons: Tulle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mapped Planet.
  2. Tulle - Kathedrale Notre Dame (Memento desOriginals vom 28. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tulle-en-correze.com.
  3. Eintrag zu Tulle auf catholic-hierarchy.org
  4. Bruno Kartheuser: Die Erhängungen von Tulle. Der 9. Juni 1944. St. Vith/Belgien, 2004, ISBN 2-87316-020-9, S. 450 ff.
  5. Statistik auf cassini.ehess.fr. Abgerufen am 7. August 2011 (französisch).
  6. Site du conseil général de la Corrèze.
  7. www.ajpn.org/juste-1587.html.
  8. www.annuaire-mairie.fr/ville-tulle.html.
  9. www.annuaire-mairie.fr/ville-tulle.html.
  10. www.hwk-os-el.de/index.php?option=com_content&view=article&id=147&Itemid=161.
  11. a b Philippe Gloaguen, et al.: Le Routard – Le guide de la visite d'entreprise. Nr. 79/0425/0. Hachette Livre, Vanves 2016, ISBN 978-2-01-323703-1, S. 28 f.
  12. www.tourismecorreze.com (Abgerufen am 31. Oktober 2020).

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J. Gardès [1] et Félix Élie Xavier Hulot (Français, 1832-1915) [2], architectes: Hôtel de la Préfecture du département de la Corrèze (1864-1880), inscrit monument historique par arrêté du 4 mai 2000, Tulle, Corrèze, France. Pavillon central orné d'une horloge flanquée de grandes figures allégoriques assises symbolisant à gauche L'Industrie et à droite L'Agriculture, exécutées par le sculpteur Aimé-Jules Dalou pour l'atelier du décorateur Eugène Pierre Lefebvre. (Cf. Maurice Dreyfous: Dalou, sa vie et son oeuvre, Paris, Laurens, 1903)
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