Tschanz-Antrieb
Der Tschanz-Antrieb oder Oerlikon-Einzelachsantrieb[1] ist ein nach seinem Erfinder Otto Tschanz beziehungsweise nach der Maschinenfabrik Oerlikon benannter vollabgefederter Einzelachsantrieb für Elektrolokomotiven.[2]
Konstruktion
Der Tschanz-Antrieb ist ein vollabgefederter Antrieb. Der Fahrmotor ist fest im Lokomotivkasten gelagert und wirkt über ein Zahnradgetriebe, das seitlich neben den Radsatz zur Radsatzwelle hinunterreicht. Darin gleicht er dem Buchli-Antrieb: Bei den ausgeführten Lokomotiven waren die Treibradsätze innengelagert und der Antrieb wirkte einseitig von außen.
In der Ausführung der Fb 2/5 der SBB führt eine Kardanwelle durch die als Hohlwelle ausgeführte Achswelle hindurch, mit der sie auf der gegenüberliegenden Fahrzeugseite winkelbeweglich verbunden ist (siehe oben stehende Abbildung).[3]
Bei der BCe 2/5 der BTB wurde der Antrieb vereinfacht. Das ebenfalls außenliegende Großrad wurde mit der Radscheibe durch eine radialbewegliche Kupplung verbunden (siehe nebenstehende Abbildung). Die Achswelle musste damit keine Hohlwelle sein.
Tschanz verwendete eine zweistufige Getriebeübersetzung. Wegen der zusätzlichen Masse war sein Antrieb schwerer als der zur gleichen Zeit entwickelte Buchli-Antrieb und konnte sich deshalb nicht durchsetzen. Der Vergleich ergab sich unmittelbar durch parallelen Einbau in zwei Probelokomotiven.[1]
Fahrzeuge mit Tschanz-Antrieb
Land | Bahngesellschaft | Baureihe | Anzahl | Baujahr | Hersteller | Achsformel | Einsatz | Bild |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Schweiz | SBB | Fb 2/5 | 1 | 1918 | SLM, BBC | 1’(1Bo)1’ | Versuchslokomotive – ein Radsatz mit Tschanz-Antrieb mit Hohlwelle, ein Radsatz mit Buchli-Antrieb, dritter Radsatz antriebslos | |
Schweiz | BTB | BCe 2/5 | 2 | 1921 | SIG, SLM, MFO | B1’2’ [B1 2’] | Triebwagen für Drehstrom 750 V bei 40 Hz | |
Schweiz | SBB | Ae 4/8 | 1 | 1922 | SLM, BBC | (1’Bo1’)(1’Bo1’) | Versuchslokomotive – eine Hälfte des Fahrzeuges mit Tschanz-Antrieb ohne Hohlwelle, die andere mit Buchli-Antrieb | |
Frankreich | PLM | 242 BE 1 | 1 | 1925 | Batignolles-Châtillon, MFO | (2’Bo)(Bo2’) | Versuchslokomotive für 1500 V Gleichspannung | |
Frankreich | PLM | 262 AE | 4 | 1929–1930 | Batignolles-Châtillon, MFO | (2’Co)(Co2’) | Lokomotiven für Nordrampe der Mont-Cenis-Bahn |
Patente
- Patent US1311928: Driving mechanism for railway-vehicles with electric motors rigidly mounted on spring-supported frames. Angemeldet am 25. November 1916, veröffentlicht am 5. August 1919, Erfinder: Otto Tschanz.
- Patent CH72442: Antriebsvorrichtung an Eisenbahnfahrzeugen mit am abgefederten Rahmen fest gelagerten Motoren. Angemeldet am 16. Mai 1916, Erfinder: Otto Tschanz.
- Patent FR484430: Mécanisme moteur pour véhicules de chemins de fer, avec moteurs électriques rigidement fixés au chassis monté sur ressorts de suspension. Angemeldet am 3. Oktober 1917, Erfinder: Otto Tschanz.
Literatur
- K. Sachs: Elektrische Vollbahnlokomotiven. Julius Springer, Berlin 1928, S. 308–309 (Fussnote).
Einzelnachweise
- ↑ a b Engelbert Wist: Die Lokomotivantriebe bei Einphasenwechselstrom: Eine Untersuchung über Zusammenhänge von Motordimensionierung, Getriebeanordnung und Grenzleistung bei Einphasen-Vollbahnlokomotiven. Springer, 1925, ISBN 978-3-662-33183-5, S. 61 (Google Buch).
- ↑ Schweizerische Bauzeitung: 1817, Seite 83, Elektrifizierung der Gotthardbahn
- ↑ Die Achshohlwelle, die eine Kardanwelle umschließt, ist Teil der Umkehrung des Hohlwellenantriebs, bei dem die Radwelle von einer hohlen Welle umschlossen wird.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
Electric locomotive (2'Bo)(Bo2') PLM 242 BE 1, future SNCF 2BB2 3301.
Elektrische Lokomotive Ae 4/8 11000 ab 1929 11300 der Schweizerische Bundesbahnen (SBB). Probelokomotive für die Einzelachsantriebe von Jakob Buchli und Otto Tschanz mit der Achsfolge (1‘Bo1‘)(1‘Bo1‘).
Geöffneter Tschanz-Antrieb des Triebwagens BCe 2/5 der Burgdorf-Thun-Bahn (BTB)
BCe 2-5 der Burgdorf-Thun-Bahn (BTB) Nr. 7
Die 1921 von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) und der Schweizerischen Industriegesellschaft (SIG) in Neuhausen am Rheinfall gelieferten Triebwagen BCe 2/5 Nr. 7 und 8 waren eine Kombination von zweiachsiger Lok mit aufgestütztem, dreiachsigem Anhänger, wie sie 1925 ähnlich von den gleichen Firmen auch an die BLS-Gruppe geliefert wurden, allerdings hier für Einphasen-Wechselstrom-Speisung (CFe 2/6 „Halbesel“).
Die Leistung der 56 t schweren BTB-Triebwagen betrug 324 kW, die Höchstgeschwindigkeit 60 km/h. Als die Burgdorf-Thun-Bahn 1933 auf Einphasen-Wechselstrom 15 kV 16 2/3 Hz umgestellt wurde, baute man aus den Wagenteilen der beiden BCe 2/5 Steuerwagen BCt.Elektrische Lokomotive Be 2/5 11001 der Schweizerische Bundesbahnen (SBB) Be 2/5 11001 nach dem Umbau. Ursprünglich elektrische Lokomotive E 3301 der Chemins de Fer du Midi.
Einzelachsantrieb System Tschanz (Zeichnung aus dem US Patent)
Autor/Urheber: Fleury, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Electric locomotive (2'Co)(Co2') PLM 262 AE 1 (SNCF 2CC2 3400).