Toby Fichelscher

Tobias „Toby“ Fichelscher (* 1. April 1927 in Berlin; † 2. Juni 1992 ebenda) war ein deutscher Jazz- und Bluesmusiker (Gesang, Perkussion, Piano).

Leben und Wirken

Fichelscher spielte in der Nachkriegszeit in der Berliner Musikszene und nahm unter eigenem Namen (Toby Fichelscher Blues Combo, Toby Fichelscher mit Rhythmusgruppe oder Toby Fichelscher mit seiner Combo) eine Reihe von Singles auf wie „On Chano's Track“ oder „Blues on Amiga“.[1] In den späten fünfziger Jahren zählte Fichelscher neben Wolfgang Sauer und Knut Kiesewetter zu den besten Bluessängern der deutschen Szene.[2] Als musikalischer Leiter wirkte er bei dem Film Der treue Husar (1954, Regie Rudolf Schündler) mit. Als Stammgast sang und spielte er beim Deutschen Jazzfestival in Frankfurt und wurde zweimal Pollsieger. Durch seine Auftritte in vielen Berliner Clubs, an Spielstätten wie dem Riverboat am Fehrbelliner Platz oder der Eierschale am Breitenbachplatz,[3] hat er dazu beigetragen, dass der Jazz nach dem Krieg in der Stadt wieder populär wurde.

Fichelscher trat, ohne fließendes Englisch zu beherrschen, als Blues- und Jazz-Sänger auf, dazu spielte er Bongos nach dem Vorbild von Chano Pozo („On Chano's Track“). Vor dem Bau der Berliner Mauer war er in der lokalen Jazzszene auch als exzentrischer „5-Finger-Boogie-Pianist“ bekannt. Fichelscher trat regelmäßig in den Berliner Clubs mit der Band des Vibraphonisten Manfred Burzlaff auf. Für die Plattenfirma Bertelsmann sang Fichelscher einige Rock’n’Roll-Songs; außerdem wurden einige seiner Blues- und Jazz-Aufnahmen auf Vinyl-EPs von Labels wie Brunswick („St. James Infirmary“, 1955) und Amiga („Basin Street Blues“, Toby Fichelscher Mit Brom's Dixieland Band, 1957[4][5]) veröffentlicht. Im Bereich des Jazz registrierte Tom Lord zwischen 1955 und 1957 vier Aufnahmesessions des Musikers.[4]

Im Jahr 1960 bekam er Gelegenheit, für die Produktionsfirma Modern Art Film GmbH in Hansjürgen Pohlands Film Tobby die Hauptrolle zu spielen, laut damaliger Pressemitteilung „einen Film, der über die Routine hinausgeht“. Inspiriert von den Neuerungen ehemaliger italienischer und französischer Regisseure zeigt der Film die existenzielle Berliner Jazzszene und den Jazz-Beatnik Toby Fichelscher im Nouvelle-Vague-Stil.[6]

Toby Fichelscher ist der Vater des Musikers Daniel Fichelscher, der Mitglied in den KrautrockBands Popol Vuh und Amon Düül II war.

Diskographische Hinweise

  • Busting the Bongos (Sonorama, ed. 2013), mit Manfred Burzlaff (Vibraphon), Joe Nay (Schlagzeug), Herbert Putzler (Bass), Joseph Janik (Gitarre), Lothar Behr (Tenorhorn), Peter Reinke (Altsaxophon)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. In seiner Blues-Combo spielten Manfred Frenz (Piano), „T-Bone“ Lewandowski (E-Bass), Günter Wilk (Schlagzeug); vgl. Tom Lord: Jazz Discography (online)
  2. Michael Rauhut, Reinhard Lorenz: Ich hab den Blues schon etwas länger: Spuren einer Musik in Deutschland. 2008, S. 199; siehe auch Jazz in Deutschland: die deutsche Jazz-Chronik bis 1960 von Horst Heinz Lange. G. Olms, 1996 -
  3. Zeitgenössische Fotografie (Eierschale am Breitenbachplatz 1961: Der legendäre Bluesblower, Sänger und Boogie-5-Finger-Pianist Toby Fichelscher)
  4. a b Tom Lord: The Jazz Discography (online, abgerufen 6. April 2019)
  5. Mit Frantüek Malat (Klavier), Jan Kulisek (Banjo), Ludek Hulan (LH, Bass, Gesang), Ivan Dominak (Schlagzeug), Toby Fichelscher (TF, Gesang), Gustav Brom (Leader).
  6. Legende vom unheiligen Trinker. Der Tagesspiegel, 18. Mai 2012, abgerufen am 6. April 2019 (englisch).