Tino Sehgal

Tino Sehgal (* 1976 in London) ist ein deutsch-britischer Künstler. Er nennt seine Werke „konstruierte Situationen“. Diese werden von instruierten Personen „interpretiert“ und existieren nur im Moment, da sie weder dokumentiert noch medial reproduziert werden dürfen.[1]

Leben

Tino Sehgal wurde als Sohn eines in Deutschland lebenden Inders und einer Deutschen in London geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Böblingen bzw. Sindelfingen.[2] Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und Tanz an der Folkwang Universität der Künste in Essen.[3] Er lebt in Berlin.

Zusammen mit Thomas Scheibitz gestaltete er den deutschen Pavillon bei der 51. Biennale in Venedig vom 12. Juni bis 6. November 2005. Dafür hatte er 30 Laiendarsteller für zwei Situationen ausgewählt. Zum einen This is so contemporary, was als Reflexion über die Position der Kunst in der heutigen Welt gedacht war. Im zweiten Werk, This is exchange, verwickelten die Akteure die Besucher in Diskussionen über das Thema Marktwirtschaft.

Sehgal wurde für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst 2007 nominiert.

Auf der dOCUMENTA (13), die 2012 in Kassel stattfand, bespielte Sehgal den lichtlosen Bode-Saal des Hugenottenhauses Kassel[4]. Die eintretenden Besucher wurden von 12 Akteuren, einzeln oder in kleinen Gruppen, umgeben, die sie hör- und fühlbar singend, summend, kriechend, schnalzend in einem choreografisch festgelegten Grundrhythmus umtanzten und dabei versuchten, die Eingetretenen in das Geschehen einzubeziehen.[5]

Sehgal ist mit der Kunsthistorikerin Dorothea von Hantelmann verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder und lebt in Berlin.[6][7]

Werk

Die Kunst von Tino Sehgal nimmt allein in dem Moment Gestalt an, in dem der Zuschauer ihr begegnet. Für seine Arbeiten benutzt er Interpreten, die mit den Besuchern der jeweiligen Ausstellung in Form von Bewegungen, gesprochenen Worten oder Gesang in Kontakt treten. So lässt er zum Beispiel in einer Ausstellung als Museumswärterinnen verkleidete Interpretinnen einen Satz singen wie This is propaganda, you know, you know. Seine Arbeiten, die nur in Museen oder Kunstausstellungen realisiert werden, sind käuflich und können über Monate hinweg während der ganzen Öffnungszeit aufgeführt werden. Von sämtlichen seiner Arbeiten darf es auf ausdrücklichen Wunsch des Künstlers keine filmischen, fotografischen oder sonstige Dokumentationen geben. Auch werden keine Einladungen zu Ausstellungen gedruckt oder Katalogtexte veröffentlicht. Die An- oder Verkäufe der Werke finden ausschließlich durch mündliche Verhandlungen mit dem Künstler statt und bleiben daher nur in der Erinnerung aller Beteiligten bestehen.

In seiner Wahlheimat Berlin bekam er, ermöglicht durch den Hauptstadtkulturfonds,[8] 2015 eine Werkschau im Martin-Gropius-Bau und ein weiteres Werk wurde im Haus der Berliner Festspiele aufgeführt.[9]

Auszeichnungen

Ausstellungen

Die Werke von Tino Sehgal sind seit 2001 bei verschiedenen Ausstellungen zu erleben. Die wichtigsten davon sind:

Literatur

  • Angeli Janhsen: Tino Sehgal, in: Neue Kunst als Katalysator, Reimer Verlag, Berlin 2012, S. 71–78. ISBN 978-3-496-01459-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Atelierbesuch: TINO SEHGAL. In: ZEIT ONLINE. (zeit.de [abgerufen am 25. April 2018]).
  2. Kreiszeitung Böblinger Bote: Tino Sehgal mit "This is exchange" in der Galerie Sindelfingen. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 25. April 2018; abgerufen am 25. April 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.krzbb.de
  3. Gabriela Walde: "Dies ist Propaganda": Tino Sehgal, für Deutschland auf der Biennale. In: DIE WELT. 9. Juni 2005 (welt.de [abgerufen am 25. April 2018]).
  4. Über die documenta - Documenta - documenta archiv. Abgerufen am 18. März 2021.
  5. Karlheinz Schmid: Seitenwechsel - Tino Sehgals dunkles Geheimnis. In. Kunstzeitung, Ausgabe August 2012, S. 7
  6. The Question Artist. In: The New Yorker. (newyorker.com [abgerufen am 7. Oktober 2018]).
  7. Till Briegleb: Der Fluch der Überforderung. In: sueddeutsche.de. 29. Juni 2015, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 7. Oktober 2018]).
  8. Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau zeigen Tino Sehgal
  9. Tino Sehgal im Berliner Gropius-Bau - Kunst, die nicht von Dauer sein will, Rezension im Deutschlandradio Kultur vom 25. Juni 2015, abgerufen am 26. Juni 2015.
  10. Tino Sehgal - Preisträger 2004, Baloise Kunst-Preis. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 25. April 2018; abgerufen am 24. April 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/artprize.baloise.com
  11. Tino Sehgal gewinnt den Goldenen Löwen der 55. Biennale von Venedig
  12. Jennie Fahlström: Magasin 3, Stockholm: Tino Sehgal (6/3-4/5). Abgerufen am 28. Oktober 2020 (sv-SE).
  13. Künstler Tino Sehgal: Glück im Schwärmen. In: ZEIT ONLINE. (zeit.de [abgerufen am 25. April 2018]).
  14. Tino Sehgal im Albertinum (Memento desOriginals vom 25. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.skd.museum (abgerufen am 25. Juli 2016)
  15. Ausstellung in Dresden (Memento desOriginals vom 25. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.art-magazin.de (abgerufen am 25. Juli 2016)
  16. Badische Zeitung: Nichts bleibt auf Dauer - Literatur & Vorträge - Badische Zeitung. (badische-zeitung.de [abgerufen am 25. April 2018]).
  17. Gabriela Lopez: Tino Sehgal på Accelerator. Abgerufen am 28. Oktober 2020 (sv-SE).