Tillia

Landgemeinde Tillia
Landgemeinde Tillia (Niger)
Landgemeinde Tillia (Niger)
Landgemeinde Tillia
Koordinaten16° 8′ N, 4° 48′ O
Basisdaten
StaatNiger

Region

Tahoua
DepartementTillia
Einwohner38.994 (2012)

Tillia (auch: Tilia und Tilya) ist eine Landgemeinde und der Hauptort des gleichnamigen Departements Tillia in Niger.

Geographie

Präfektur des Departements Tillia (2023)

Tillia liegt überwiegend in der nördlichen Sahelzone und geht im Norden in die Wüste Sahara über. Die Gemeinde grenzt im Westen an den Nachbarstaat Mali. Die Nachbargemeinden in Niger sind Tassara im Norden, Tchintabaraden und Kao im Osten, Affala, Takanamat und Tébaram im Süden sowie Sanam im Südwesten.[1]

Bei den Siedlungen im Gemeindegebiet handelt es sich um 33 Dörfer, 9 Weiler, 8 Lager und 18 Wasserstellen.[2] Der Hauptort der Landgemeinde ist das Dorf Tillia.[3] Er liegt auf einer Höhe von 345 m.[4] Zusätzlich erhebt die Gemeinde Tillia Anspruch auf den Weiler Chiguifa in der Nachbargemeinde Affala.[5]

Die Jagdzonen von Tillia und Télemcès zählen zu den von der staatlichen Generaldirektion für Umwelt, Wasser und Forstwirtschaft festgelegten offiziellen Jagdrevieren Nigers.[6]

Geschichte

Der Überlieferung nach ließ sich an der Stelle des späteren Dorfes Tillia eine Tuareg-Frau mit ihren Kamelen nieder. Die an Räude leidenden Kamele wurden dank der Wasserstellen und Weiden in der Gegend wieder gesund. Nach den Tuareg kamen zunächst Araber und danach Fulbe nach Tillia.[7]

Tillia erhielt 1964 den Status eines Verwaltungspostens (poste administratif) im Gebiet des Arrondissements Tchintabaraden, des späteren Departements Tchintabaraden.[8]

Die Rallye Dakar führte 1991 über Tillia.[9] Im Jahr 1992 kam es im Ort zu einem schweren Zusammenstoß zwischen den Streitkräften Nigers und der Befreiungsfront des Aïr und Azawad, bei dem ein Soldat und sechs Rebellen getötet wurden.[10]

Die Landgemeinde Tillia wurde als Verwaltungseinheit 2002 im Zuge einer landesweiten Verwaltungsreform in einem zuvor gemeindefreien Gebiet gegründet. Der Verwaltungsposten von Tillia wurde 2011 aus dem Departement Tchintabaraden herausgelöst und zum Departement Tillia erhoben.[11]

Für vor dem Konflikt in Nordmali geflüchtete Tuareg-Nomaden entwickelte der UNHCR gemeinsam mit lokalen Autoritäten das im April 2013 eröffnete Flüchtlingslager Intikane, das auch Weideflächen für das Vieh der Flüchtlinge umfasst. Im Juli 2014 lebten hier bereits über 13.200 Menschen.[12] Das Flüchtlingslager wurde am 26. Mai 2020 von Kämpfern mit Verbindungen zu al-Qaida und ISIS angegriffen. Dabei wurden die Anführer des Flüchtlingskomitees und eines Flüchtlingswachtrupps sowie ein lokaler Anführer einer Nomadengruppe getötet. Die Angreifer zerstörten zudem Infrastruktur und Lebensmittel im Lager.[13]

Am 21. März 2021 griffen Mitglieder der Organisation Islamischer Staat in der Größeren Sahara unter anderem die nahe der Grenze zu Mali gelegenen Tuareg-Siedlungen Bakorat und Intazeyene an.[14] Sie töteten 137 Menschen, darunter viele Flüchtlinge und Binnenvertriebene. Mehrere Verletzte wurden in die Regionalhauptstadt Tahoua gebracht.[15]

Bevölkerung

Wodaabe in Tillia (1992)

Bei der Volkszählung 2012 hatte die Landgemeinde 38.994 Einwohner, die in 6.255 Haushalten lebten.[2] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 17.210 in 3.140 Haushalten.[16]

Im Hauptort lebten bei der Volkszählung 2012 3.398 Einwohner in 569 Haushalten,[2] bei der Volkszählung 2001 1.987 in 362 Haushalten[16] und bei der Volkszählung 1988 1.818 in 334 Haushalten.[17]

In ethnischer Hinsicht ist die Gemeinde ein Siedlungsgebiet von Fulbe und Tuareg sowie vereinzelt Adarawa und Azna.[18]

Politik

Der Gemeinderat (conseil municipal) hat 13 Mitglieder. Mit den Kommunalwahlen 2020 sind die Sitze im Gemeinderat wie folgt verteilt: 5 PJP-Génération Doubara, 4 PNDS-Tarayya, 2 MNSD-Nassara, 1 ADN-Fusaha und 1 MPR-Jamhuriya.[19]

Ein traditioneller Ortsvorsteher (chef traditionnel) steht jeweils an der Spitze von 20 Dörfern in der Gemeinde, einschließlich des Hauptorts.[2]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Ein Kreuz von Tillia

Alle zwei Jahre im Oktober findet in Tillia und in der Nachbargemeinde Tassara ein Fest der arabischen Viehzüchter statt.[20] Das Kreuz von Tillia (croix de Tillia) ist eine der 21 Varianten des Kreuzes von Agadez, eines bekannten Tuareg-Schmucks aus Niger.[21]

Wirtschaft und Infrastruktur

Südlich des Wüstengebiets wird Weidewirtschaft betrieben. Im äußersten Süden der Gemeinde beginnt die Zone des Agropastoralismus.[22] In den Dörfern Tillia und Télemcès gibt es jeweils einen Viehmarkt. Der Markttag in Tillia, wo die Züchter selbst ihre Tiere verkaufen, ist der Samstag, in Télemcès der Mittwoch.[23] Weitere, weniger bedeutende Wochenmärkte werden in den Siedlungen Aderzagrene, Agondo, Akayasso, Assagueyguey, Egarek, Gawaye, Infene und Inkotayan abgehalten.[7] Die Seen Mare de Gambane und Mare de Gawaye werden zum Fischen genutzt.[24] Die Niederschlagsmessstation im Hauptort wurde 1981 in Betrieb genommen.[25]

Gesundheitszentren des Typs Centre de Santé Intégré (CSI) sind im Hauptort sowie in den Siedlungen Gawaye und Télemcès vorhanden. Außerdem unterhalten die Streitkräfte Nigers eine Sanitätsstation.[26] Der CEG Tillia ist eine allgemein bildende Schule der Sekundarstufe des Typs Collège d’Enseignement Général (CEG).[27] Beim Collège d’Enseignement Technique de Tillia (CET Tillia) handelt es sich um eine technische Fachschule[28] und beim Centre de Formation aux Métiers de Tillia (CFM Tillia) um ein Berufsausbildungszentrum.[29]

Städtepartnerschaften

Weblinks

Commons: Tillia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Carte de référence: Niger – Région de Tahoua. (PDF) REACH, 21. März 2018, abgerufen am 9. April 2021 (französisch).
  2. a b c d Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 400–401, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  3. Loi n° 2002-014 du 11 JUIN 2002 portant création des communes et fixant le nom de leurs chefs-lieux. République du Niger, 11. Juni 2002.
  4. Abdel Kader Hassane Saley: Évaluation des ressources en eau de l’aquifère du Continental Intercalaire/Hamadien de la Région de Tahoua (bassin des Iullemeden, Niger). Impacts climatiques et anthropiques. Thèse de doctorat. Université Paris-Saclay/Université Abdou Moumouni de Niamey, Saclay/Niamey 2018, S. 214 (tel.archives-ouvertes.fr [PDF; abgerufen am 9. April 2021]).
  5. Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique de la République du Niger, Juli 2014, S. 10, abgerufen am 7. August 2015 (französisch).
  6. Stratégie Nationale et Plan d’Actions sur la Diversité Biologique (SNPA/DB). 2ème édition. (PDF) Annexe 3: Répartition des différentes zones cynégétique. Cabinet du Premier Ministre, République du Niger, September 2014, S. 4, abgerufen am 26. Oktober 2020 (französisch).
  7. a b Etude Niger. Médiation agropastorale au Sahel. Vers la mise en place de 7 réseaux de médiateurs communautaires à travers 13 communes frontalières. (PDF) Centre pour le dialogue humanitaire (HD), Februar 2020, S. 32, abgerufen am 1. Mai 2022 (französisch).
  8. Edmond Séré de Rivières: Histoire du Niger. Berger-Levrault, Paris 1965, S. 275.
  9. Dakar Retrospective 1979–2007. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) Amaury Sport Organisation, archiviert vom Original am 8. Juli 2011; abgerufen am 14. Februar 2018 (englisch).
  10. André Salifou: La question touarègue au Niger. Karthala, Paris 1993, ISBN 2-86537-434-3, S. 122.
  11. Une nouvelle loi sur le redécoupage administratif. In: L’Arbre à Palabres. Nr. 13, 11. August 2011, S. 2 (nigerdiaspora.net [PDF; abgerufen am 28. Januar 2014]). Une nouvelle loi sur le redécoupage administratif (Memento desOriginals vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nigerdiaspora.net
  12. Intikane Hosting Area Camp Profile. (PDF) UNHCR, Juli 2014, abgerufen am 22. März 2021 (englisch).
  13. Protection in Danger Monthly News Brief May 2020. (PDF) Insecurity Insight, 31. Mai 2020, S. 1, abgerufen am 22. März 2021 (englisch).
  14. A. Y. Barma: Massacre de Tillia : au moins 80 civils tués selon un nouveau bilan provisoire. In: ActuNiger. 22. März 2021, abgerufen am 22. März 2021 (französisch).
  15. Le HCR est indigné par une nouvelle attaque meurtrière contre les personnes déplacées dans l’ouest du Niger. In: aNiamey.com. 23. März 2021, abgerufen am 23. März 2021 (französisch).
  16. a b Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR-Datei) Institut National de la Statistique, abgerufen am 8. November 2010 (französisch).
  17. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 330 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 4. Mai 2019]).
  18. Yveline Poncet: Cartes ethno-démographiques du Niger au 1/1 000 000. Notice des cartes (= Etudes nigériennes. Nr. 32). Centre Nigérien de Recherches en Sciences Humaines, Niamey 1973, Annex: République du Niger: Carte ethno-démographique au 1:1 000 000 (odsef.fss.ulaval.ca [PDF; abgerufen am 31. Januar 2021]).
  19. Résultats élections – Communales. (Nicht mehr online verfügbar.) Commission Électorale Nationale Indépendante, archiviert vom Original am 7. Januar 2021; abgerufen am 2. Januar 2021 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ceniniger.org
  20. Présentation de Tahoua, région phare de la sixième édition du SAFEM 2009 (Memento desOriginals vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.safem.info (PDF; 887 kB). S. 6, Website des SAFEM, abgerufen am 5. März 2012.
  21. Audrey Boucksom: Arts « touristiques » en Afrique et consommateurs occidentaux. Le cas de l’artisanat d’art au Niger. Thèse de doctorat. Université Paris I-Panthéon-Sorbonne, Paris 2009, S. 123 (tel.archives-ouvertes.fr [PDF; abgerufen am 22. März 2021]).
  22. Comprendre l’économie des ménages ruraux au Niger. (PDF) Save the Children UK, 2009, S. 8, abgerufen am 2. September 2020 (französisch).
  23. Mahamadou Saley, Yatta Paul Maurice Mohamed: Projet Régional d’Appui au Pastoralisme au Sahel (PRAPS). Etude diagnostique des Systèmes d’Information sur les marchés à bétail du Burkina Faso, du Mali, de la Mauritanie, du Niger, du Sénégal et du Tchad. Rapport Définitif. (PDF) CILSS, November 2016, archiviert vom Original am 17. Mai 2017; abgerufen am 10. Januar 2022 (französisch).
  24. Informations sur l’aménagement des pêches dans la République du Niger. FAO, Januar 2004, archiviert vom Original am 4. April 2019; abgerufen am 16. April 2022 (französisch).
  25. Evaluation Hydrologique de l’Afrique Sub-Saharienne. Pays de l’Afrique de l'Ouest. Rapport de Pays: Niger. Mott MacDonald International / BCEOM / SOGREAH / ORSTOM, Cambridge / Montpellier / Grenoble August 1992, Annexe E: Liste des postes pluviométriques, S. 10 (horizon.documentation.ird.fr [PDF; abgerufen am 19. März 2022]).
  26. Niger DSS. In: Systeme Nationale d’Information Sanitaire (SNIS). Ministère de la Santé Publique, République du Niger, abgerufen am 10. November 2020 (französisch).
  27. Niger – Recensement Scolaire 2008–2009, Enquête statistique. Dictionnaire des donnèes. (Nicht mehr online verfügbar.) Institut National de la Statistique de la République du Niger, 28. November 2013, ehemals im Original; abgerufen am 10. November 2020 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/anado.ins.ne (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  28. CET Tahoua. Ministère des Enseignements Professionnels et Techniques, République du Niger, abgerufen am 18. November 2020 (französisch).
  29. Annuaire statistique. Année scolaire 2020–2021. Edition 2022. (PDF) Direction des Statistiques et de la Digitalisation, Ministère de l’Enseignement Technique et de la Formation Professionnelle, République du Niger, 18. Oktober 2022, S. 7 und 95, abgerufen am 18. Mai 2023 (französisch).

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