Tierdarstellung (Runensteine)
Tierdarstellungen sind auf Runensteinen in Dänemark, Skandinavien und England vom 6. bis zum 11. Jahrhundert erhalten. Etwa 100 Darstellungen von Vierbeinern sind aus der späten Wikingerzeit (etwa 960–1050 n. Chr.) bekannt. Die meisten dieser Tiere sind nicht eindeutig zu identifizieren (Drache, Hirsch, Löwe, Wolf), einige scheinen Mischformen aus verschiedenen Tierarten zu sein. Die Tiere stammen überwiegend aus der germanischen Mythologie, einige werden als das „Große Tier“ aus der Johannes-Offenbarung interpretiert.
Hintergrund
Auf etwa 200 schwedischen Runensteinen der späten Wikingerzeit sind neben dem Text im Schlangenband figürliche Darstellungen eingeritzt. Darunter sind etwa 100 Darstellungen von Vierbeinern. Sie wurden von der Forschung überwiegend als Löwen angesprochen, die unter dem Einfluss piktischer (Pictish Beast) bzw. kontinentaler oder orientalischer Kunst entstanden seien.
Die besonders zahlreichen Vierbeinerdarstellungen in Uppland bilden eine relativ homogene Gruppe, die man größtenteils ebenfalls als Löwen, seltener als Drachen, Kentaure, Pferde (Runenstein U 751) oder Wölfe (Holmfastristning – Sö 311–313) betrachtet. Bis in jüngste Zeit hat sich die Forschung vorwiegend der Suche nach Vorbildern des „Großen Tieres“ gewidmet. Es zeichnet sich ab, dass die Löwendeutung zu kurz greift und das Chimärenmotiv verschiedene Sinngehalte transportieren kann. Die Aufmerksamkeit gilt dabei Darstellungen, bei denen die Beine der Tiere als gefesselt gekennzeichnet sind. Eine Sonderstellung scheint das in der nordischen (Fenriswolf) und christlichen Eschatologie bestimmende Motiv vom „gebundenen Ungeheuer“ einzunehmen.
Beispiele
Die hybride Äußerlichkeit des Vierbeiners auf einem der Runensteine von Jelling in Dänemark hat zu unterschiedlichen Deutungen geführt. Er wurde als Löwe, Greif, Drache oder Hirsch interpretiert.
- Runenstein von Tullstorp
In der Mitte des Steins ist ein Vierbeiner abgebildet. Es wurde auf verschiedene Weise interpretiert, so als Wolf oder als heraldischer Panther, der „oft Feuer durch den Mund und die Nase atmet, er ist gehörnt und hat Hinterbeine wie ein Löwe, während die Vorderbeine einem Adler ähnlich sind.“ Die meisten Forscher, die sich zur Deutung des Tieres äußerten, sind nicht über die formale Beschreibung hinausgekommen und äußerten sich nicht zur Bedeutung.
- Runenstein von Olsbro
Ein löwenartiges Tier ist hier unter einem christlichen Kreuz dargestellt.
- Runenstein von St Paul’s
Eine der besten Darstellungen eines Tieres auf einem Runenstein außerhalb Skandinaviens findet sich auf dem Runenstein von St Paul’s in London. Es könnte einen Hirsch darstellen.
Weitere Tierdarstellungen sind
- Runenstein von Vang (Norwegen, N 84)
- Runenstein von Skårby (Schweden, DR 280)
- Runenstein von Resmo (Schweden, Fv1911; 274B)
- Runenstein von Stora Ek (Schweden, Vg 4)[1]
- Runenritzung an der Trosa bro (Schweden, Sö 39)
- (c) Fæ, CC BY-SA 3.0
Tierdarstellung in Gloucester, England
Darstellungen des Großen Tieres gibt es auch auf bronzenen Fibeln, wie der durchbrochenen von Bejsebakken im Urnes-Stil. Obwohl das Gesamtdesign der Fibeln gut erhalten ist, wurden Details rekonstruiert. Die Füße des großen Tieres basieren auf Motiven, die zahlreiche schwedische Runensteine zieren. Der Kopf der Schlange basiert auf der Hørning-Plankenschnitzerei. Ähnliche Fibeln mit der gleichen Zusammensetzung wurden auch in Borre, Norwegen und anderswo gefunden.
Literatur
- Hermann Ament, David M. Wilson: Germanische Tierornamentik. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 30, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018385-4, S. 586–605.
- Karen Høilund Nielsen, Gudrun Lange: Germanische Tiersymbolik. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 30, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-018385-4, S. 605–608.
- Sigmund Oehrl: Zur Deutung anthropomorpher und theriomorpher Bilddarstellungen auf den spätwikinger-zeitlichen Runensteinen Schwedens (= Wiener Studien zur Skandinavistik. Band 16). Praesens, Wien 2006, ISBN 3-7069-0346-6.
- Sigmund Oehrl: Vierbeinerdarstellungen auf schwedischen Runensteinen. (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände. Band 72). Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2011, ISBN 978-3-11-022742-0.
- Karen Høilund Nielsen, Gudrun Lange: Nachträge: Germanische Tierornamentik, Tiersymbolik, Tierstil. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 35, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-018784-7, S. 160–167.
Einzelnachweise
Weblinks
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Autor/Urheber: spi516, Lizenz: CC BY-SA 2.0
The runestone DR 280. The inscription reads × kaulfR × auk × autiR × þaR × sautu × stain × þans(i) × aftiR × tuma × bruþur × sia × ¶ i(R) ati × ku¶þis×snab¶n ×. In English "Káulfr(?)/Kalfr(?) and Autir, they placed this stone in memory of Tumi, their brother, who owned Guðissnapi."
Autor/Urheber: Photo and processing � John Erling Blad (jeb) 05:49, 10 November 2005 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 2.5
The image stone outside Vang church
Closeup of the animals on runestone U 35 in Ekerö municipality, Uppland.
(c) Fæ, CC BY-SA 3.0
Original in the Gloucester City museum. Left hand shows original and right hand shows false colour version to pick out the figures and knots. Found in a wall near St. Oswald's Priory, Gloucester, this cross fragment is dated to the 9th Century.
Autor/Urheber: An-d, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Olsbrostenen bzw. Alvaredsstenen bei Åsarp , Vg 181
Inschrift: kufi : rsþi : stin : þesi : eftR : ulaf : sun : sin * trk * hrþa * kuþan * hn * uarþ * trbin * i * estlatum * hu(a)rþ(r) * iuk * s--- „Gufi errichtete diesen Stein im Gedenken an Ólafr, seinen Sohn, einen sehr tapferen Mann. Er wurde in Estland getötet. Hávarðr schuf diesen Stein.“
Dargestellt wurde neben dem Kreuz auch ein "großes Tier".Autor/Urheber: Sven Rosborn, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Tullstorp runsten från 980-talet. Bilden frilagd.
Autor/Urheber: Johnbod, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Anglo-Saxon ivory head of a tau cross, with "Christ treading on the beasts", early 11th century, British Museum. BM page
(c) Riksantikvarieämbetet / Bengt A Lundberg, CC-BY
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St Paul's Churchyard Runestone (London)