Thomas Schmid (Manager)

Thomas Schmid (* 30. Oktober 1975 in Kirchberg in Tirol) ist ein ehemaliger Mitarbeiter österreichischer Ministerien und war Vorstand der staatlichen Beteiligungsagentur ÖBAG. Er ist ein enger Vertrauter des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz.[1] Schmid spielte eine zentrale Rolle in der ÖVP-Korruptionsaffäre, die zu den Rücktritten Sebastian Kurz' als Bundeskanzler, Klubobmann und Parteivorsitzenden führten. Das Mobiltelefon Schmids, das kompromittierende Nachrichten enthält, die diese Affäre auslösten, wurde vom Nachrichtenmagazin Profil zum Menschen des Jahres 2021 gewählt.[2]

Leben

Herkunft und Ausbildung

Schmid stammt aus Westendorf in Tirol und absolvierte nach dem Besuch der Handelsakademie Kitzbühel das Magisterstudium der Rechtswissenschaft (2002) und das Magisterstudium der Politikwissenschaft (2006) an der Universität Wien.

Berufliche und politische Tätigkeit

Ab 2000 war er zunächst als Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Wien tätig und ab 2003 absolvierte er sein Gerichtsjahr. 2004 war er parlamentarischer Mitarbeiter von Paul Rübig im Europäischen Parlament, anschließend aufeinanderfolgend Pressereferent in zwei unterschiedlichen Ministerien. Von 2007 bis 2008 fungierte er als Büroleiter von Wolfgang Schüssel, damals Klubobmann der ÖVP im Nationalrat. Ab 2008 wirkte er als Pressesprecher im Außenministerium. 2013 wurde er als Kabinettschef ins Finanzministerium berufen. 2015 übernahm er dort zusätzlich die Funktion des Generalsekretärs. 2019 wurde er zum Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG bestellt.[3] Am 8. Juni 2021 ist Schmid von dieser Funktion zurückgetreten und hat auch alle damit verbundenen Aufsichtsratsmandate zurückgelegt.[4]

Affären

Im September 2019 wurde bekannt, dass gegen Schmid eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf Grund seiner mutmaßlichen Beteiligung in der Casinos-Affäre eingelangt war.[5] Der Aufsichtsrat der Staatsholding entschied noch Mitte Mai 2021, dass dem Vorstandschef das Vertrauen nicht entzogen wird – trotz aktueller Ermittlungen wegen des Verdachts auf Kokain-Konsum.[6][7] Die Frage, ob Bundeskanzler Sebastian Kurz bei der Bestellung von Thomas Schmid zum Alleinvorstand der ÖBAG nur informiert, aber nicht eingebunden gewesen sei, beschäftigt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Kurz dreimal der Falschaussage im Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre beschuldigt.[8][9] Auch wird Schmid zur Last gelegt, er habe die Ausschreibungsunterlagen für den ÖBAG-Vorsitz auf sich selbst zugeschnitten und er habe sich den Aufsichtsrat, der ihn später formell bestellte, selbst ausgesucht. Vor seiner Bestellung zum ÖBAG-Vorstand bat Schmid den Kanzler Sebastian Kurz, ihn „nicht zu einem Vorstand ohne Mandate“ zu machen. Die Antwort von Kurz: „Kriegst eh alles, was du willst.“[10]

Am 6. Oktober 2021 wurde bekannt, dass Thomas Schmid zum Kreis der Beschuldigten in der ÖVP-Korruptionsaffäre zählt. Ihm wird Untreue und Bestechlichkeit zur Last gelegt. Er soll, so legen es die an die Öffentlichkeit gelangten Chat-Protokolle nahe, das sogenannte Beinschab-Österreich-Tool entwickelt und, in Zusammenarbeit mit der Meinungsforscherin Sabine Beinschab und der Tageszeitung Österreich, gezielt die öffentliche Meinung manipuliert haben. Umfragen betreffend die Sonntagsfrage, die Beliebtheit von Sebastian Kurz und dessen politischen Ziele wurden nicht nur manipuliert, sie wurden anscheinend auch aus Mitteln des Finanzministeriums finanziert – hinter dem Rücken des damaligen Ministers Hansjörg Schelling.[11]

Kurz vor Weihnachten 2021 wurde bekannt, dass Schmid dem ÖVP-nahen Manager Siegfried Wolf bei der Reduktion seiner Steuerschulden in siebenstelliger Höhe geholfen haben soll. Wolf hatte sich in der Steuersache auf Anraten von Altkanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) an Thomas Schmid gewandt. Eine willfährige Finanzbeamtin sei in Folge mit einer Beförderung belohnt worden.[12] In diesem Rahmen erging von Schmid an einen Kabinettsmitarbeiter die Textnachricht: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für dich reichen!“(sic!)[13][14][15] Der Mitarbeiter bedankte sich für die Offenheit.[16]

Schmid bezeichnete Menschen in Chats als „Pöbel“ (weil er seinen Diplomatenpass zurückgeben und auf die damit verbundenen Privilegien verzichten musste) und als „Tiere“ (weil er sich einen Strafregisterauszug persönlich im Amt abholen musste).[17][18][19] Dies führte zu Empörung aller Oppositionsparteien und auch zu Unmut beim Koalitionspartner Die Grünen.[20] Wenige Stunden nach seinem Rücktritt entschuldigte sich Schmid für seine Chats.[10]

Im Februar 2022 wurde bekannt, dass Thomas Schmid seinen Wohnsitz nach Amsterdam verlegt hat und seiner Ladung zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss als Auskunftsperson nicht nachkommen wird. Gegenüber im Ausland wohnhafter Personen ist eine rechtliche Durchsetzung einer Ladung nicht möglich.[21]

Publikationen (Auswahl)

  • Die Arbeitnehmerfreizügigkeit der Europäischen Union: die Entwicklung deren sozialer Dimension und die Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt nach der Erweiterung der EU. Hochschulschrift. Universität Wien, 2006.
  • Europa jetzt erst recht. Warum scheinbar altmodische Ideen gerade für die Krise wichtig sind. In: Daniel Dettling, Christian Schüle: Minima Moralia der nächsten Gesellschaft. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, S. 159–177.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Watschenmann der Nation: Wer ist Thomas Schmid, und warum wurde er so mächtig? In: Der Standard. 15. Oktober 2021.
  2. Mensch des Jahres 2021 ist ein Ding: Das Handy von Thomas Schmid. In: Profil. 10. Dezember 2021
  3. Der Tiroler Thomas Schmid wird Alleinvorstand der ÖBAG. Abgerufen am 10. September 2019.
  4. Öbag-Chef Thomas Schmid mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Abgerufen am 8. Juni 2021.
  5. Kurier (Wien): Casinos-Causa: Anonyme Anzeige gegen Ex-Finanzminister Löger, 6. September 2019
  6. michael.nikbakhsh: Der Fall Thomas Schmid: Der Kanzler-Vertraute und das Kokain. 5. Juni 2020, abgerufen am 15. Mai 2021.
  7. Simon Hackspiel: Trotz Drogen-Ermittlungen: Thomas Schmid darf weiter ÖBAG-Chef bleiben. 17. Juni 2020, abgerufen am 15. Mai 2021.
  8. tagesschau.de: Ermittlungen gegen Kurz: „Alles was du willst“. Abgerufen am 15. Mai 2021.
  9. Stephan Löwenstein, Wien: Österreich: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bundeskanzler Kurz. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 15. Mai 2021]).
  10. a b ORF: Schmid entschuldigt sich für Chats, 8. Juni 2021
  11. Süddeutsche Zeitung (München): Erst schweigsam, nun gesprächig, 29. Oktober 2021
  12. „Bitte SMS gleich löschen“: Chats in der Steuer-Causa Wolf auch mit Schelling. In: Die Presse. 24. Dezember 2021.
  13. „Huren für die Reichen“. In: falter.at. 22. Dezember 2021.
  14. Neue Schmid-Chats: „Du bist die Hure der Reichen“. In: Puls 24. 22. Dezember 2021.
  15. »ÖVP-Mitarbeiter »Hure für die Reichen«. In: zackzack.at. 22. Dezember 2021.
  16. profil: Der Fall Siegfried Wolf/ÖVP: „Die Hure für die Reichen!“, 22. Dezember 2021
  17. ÖBAG: Schmid „scherzte“ über Bootsflüchtlinge und den „Pöbel“. 31. Mai 2021, abgerufen am 1. Juni 2021.
  18. Kein Diplomatenpass mehr für Thomas Schmid. In: zackzack.at. Abgerufen am 1. Juni 2021 (deutsch).
  19. ORF at/Agenturen red: Kritik an Schmid: Neue Chats, neue Rücktrittsaufforderungen. 1. Juni 2021, abgerufen am 1. Juni 2021.
  20. Schmid-Rücktritt für Opposition und Grüne „längst überfällig“. 8. Juni 2021, abgerufen am 13. Juni 2021.
  21. derstandard.at Thomas Schmid hat Wohnsitz in Amsterdam und kommt nicht zum ÖVP-Untersuchungsausschuss, 23. Februar 2022.