Thermalquelle
Eine Thermalquelle ist eine Quelle, bei der Grundwasser austritt, das in der Regel signifikant wärmer[1] ist als das umgebende oberflächennahe Grundwasser. In Deutschland sind Grundwässer als Thermalwässer definiert, wenn ihre Temperatur am Austrittsort mehr als 20 °C beträgt.[2]
Entstehung und Vorkommen
Generell treten Thermalquellen in Bereichen mit erhöhter vulkanischer Aktivität (z. B. Japan, Taiwan, Island) und bzw. oder in der Nähe von tiefreichenden Strömungssystemen (z. B. Aachen, Baden-Baden) auf. Das Wasser wird unterirdisch erhitzt, entweder durch vulkanische Aktivitäten oder indem das Wasser bis in tiefere Bereiche der Erde zirkuliert und sich dort entsprechend der geothermischen Tiefenstufe erwärmt. Dabei erreichen die heißesten Quellen Europas in Bad Blumau (Tiefbohrung) 107 °C,[3] Bad Radkersburg (Tiefbohrung) 80 °C, Chaudes-Aigues (Frankreich, natürliche Quelle) 81,5 °C,[4] Aachen (natürliche Quelle) 74 °C, in Karlsbad (natürliche Quelle) 72 °C und in Wiesbaden (natürliche Quelle) 66 °C. In vulkanogenen Gebieten ist die Wassertemperatur teilweise nahe dem Siedepunkt. Wobei generell zu beachten ist, dass der Siedepunkt von Wasser abhängig von der Meereshöhe (dem Luftdruck) und der Menge der gelösten Stoffe ist (siehe dort) und die oben angegebenen Wassertemperaturen mitunter untereinander nicht vergleichbar sind. Beim Aufstieg an die Erdoberfläche werden meist verschiedene Gase, wie beispielsweise Schwefel-Gase oder Kohlendioxid, freigesetzt.
Das Gebiet mit der weltweit größten Konzentration von heißen Quellen an Land ist das obere Geysir-Becken im Yellowstone-Nationalpark (USA). 62 % sämtlicher heißen Quellen (mit Ausnahme der Ozeane) befinden sich dort. Das ausgedehnteste System von Thermalquellen existiert am Grund der Ozeane in den Mittelozeanischen Rücken. Island als Teil des Mittelozeanischen Rückens ist ebenfalls bekannt für seine vielen heißen Quellen.
Färbung
Am unmittelbaren Austrittsort von heißen Quellen sind häufig Sinterabsätze zu beobachten, die entsprechend der chemischen Struktur des Thermalwassers von weiß bis grau (Kalk), hellgelb, orange und braun (je nach Eisengehalt) bis schwarz (Mangan) gefärbt sein können. Darüber hinaus können in Abhängigkeit von bestimmten Wassertemperaturen Mikroorganismen wie Algen und Bakterien (zum Beispiel Cyanobakterien oder Thermus aquaticus) zu einer Verfärbung des Wassers bzw. der Sinterabsätze führen. Die Farbe, die durch viele solcher Kleinstlebewesen hervorgerufen wird, ändert sich von hellgelb über orange zu dunkelgrün.
Lebensgemeinschaften
Thermalquellen sind generell artenarm. Grundsätzlich kann man sagen, dass „normale“ Wassertiere und -pflanzen bei Temperaturen von über 30 °C nicht dauerhaft überleben können. Thermalquellen werden daher von spezialisierten Lebensgemeinschaften besiedelt. Die Grenzwerte, bis zu denen sich spezialisierte Wasserorganismen an Hitze anpassen können, sind sehr unterschiedlich. Bei Käfern und Rädertieren liegt die äußerste Grenze bei 45–49 °C. Cyanobakterien (alias „Blaualgen“) ertragen bis zu 69 °C, fadenförmige Bakterien (Leptothrix thermalis) bis zu 77,5 °C. Siedende Thermalquellen sind an der Erdoberfläche weitgehend frei von Organismen. Heiße Quellen am Boden der Tiefsee können jedoch noch bei sehr viel höheren Temperaturen von Bakterien besiedelt werden, da bei dem hohen Umgebungsdruck das Wasser nicht siedet (s. u.). Hier finden sich besonders einzigartige und erst in jüngerer Zeit erforschte Lebensgemeinschaften (siehe Schwarze Raucher).
Heißes Wasser enthält außerdem wenig gelösten Sauerstoff, wohingegen die hohe Temperatur den Sauerstoffbedarf der meisten Organismen stark erhöht. Viele Organismen leiden daher an Sauerstoffmangel. Manche Arten lösen dieses Problem jedoch, indem sie zum Atmen auftauchen, wie etwa Wasserlungenschnecken oder Wasserkäfer.
Viele Thermalquellen enthalten außerdem gelösten Schwefelwasserstoff, der mit gelöstem Sauerstoff reagiert und somit den Sauerstoffgehalt weiter hinabsetzt. Für viele Organismen ist Schwefelwasserstoff darüber hinaus an sich schon giftig. Zahlreiche Bakterien (z. B. Beggiatoa arachnoidea alias Oscillatoria arachnoidea, Beggiatoa nivea alias Thiothrix nivea) und manche Blaualgen (Spirulina sp., Oscillatoria chlorina) sind jedoch imstande, Schwefelwasserstoff nicht nur zu ertragen, sondern sogar als Energiequelle für ihr eigenes Wachstum zu benutzen. In schwefelhaltigen Thermalquellen kommen solche Organismen in der Regel massenhaft vor. Manche Grünalgen wie Cosmarium laeve können Schwefelwasserstoff zwar nicht nutzen, ertragen ihn aber und sind daher auch in Schwefelquellen zu finden. Vor diesem Hintergrund werden Hydrothermalquellen auch im Zusammenhang mit der Entstehung des Lebens auf der Erde diskutiert.[5]
Im Ablauf einer Thermalquelle herrschen meist gemäßigtere und viel günstigere Bedingungen. Das Wasser ist warm, aber nicht mehr heiß, durch die Bewegung mit Sauerstoff angereichert, und es gibt keine jahreszeitlichen Temperaturschwankungen. Man findet daher im Ablauf von Thermalquellen der gemäßigten Zone bisweilen Arten, die sonst nur in den Subtropen oder Tropen vorkommen. In der Thermalquelle in Baden bei Wien gilt das etwa für das Sauergras Cyperus longus.
Spezielle heiße Quellen
Beim Geysir handelt es sich um eine spezielle Art von heißen Quellen, bei dem das Wasser in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen als Fontäne schwallartig nach oben gedrückt wird und hochspritzt. Fumarolen sind heiße Quellen, bei denen das Wasser in Form von Dampf entweicht. Ist das austretende Wasser mit Schlamm und Ton vermischt, so spricht man von einem Schlammtopf.
Vermischt sich das Wasser einer Thermalquelle im Untergrund mit kühlerem, vom Niederschlag beeinflusstem Grundwasser, entsteht eine warme Quelle.
Fast alle heißen Quellen auf der Welt enthalten Süßwasser. Die drei einzigen (bekannten) heißen Salzwasserquellen finden sich in Italien am Vesuv, auf der japanischen Insel Hokkaidō und auf der taiwanischen Insel Lü Dao („Grüne Insel“).
Quellen am Grund der Tiefsee
In der Tiefsee gibt es mehrere sehr hoch aufragende und vulkanisch aktive Gebirge. Sie bilden ein erdumspannendes Netz, das mehrere zehntausend Kilometer lang ist. Auf diesen mittelozeanischen Rücken finden sich Thermalquellen mit Temperaturen von mehr als 400 °C. Sie entstehen durch Meerwasser, das in die Erdkruste eindringt und erhitzt wieder herausströmt. Dabei bilden sich am Meeresgrund aus ausgefällten Mineralien die sogenannten Schwarzen und Weißen Raucher, röhren- oder kegelförmige Schlote, aus denen das heiße Wasser zusammen mit einer Sedimentwolke austritt.
Thermalquellen können am Meeresboden ebenfalls durch einen exothermen chemischen Prozess entstehen, die Serpentinisierung, und sind deshalb nicht an die mittelozeanischen Rücken gebunden.[6] Erstmals wurde eine derartige Quelle im Jahr 2000 entdeckt (Lost City, mit Temperaturen zwischen 40 °C und 90 °C).[7]
Nutzung
Heiße und warme Quellen werden gerne für therapeutische Zwecke genutzt, da sie reicher an gelösten Mineralien sind als kalte Quellen. Bei der indigenen Bevölkerung Nordamerikas waren heiße und warme Quellen bereits vor über 10.000 Jahren bekannt und fanden als Heilstätten Verwendung. Der Jordansprudel in Bad Oeynhausen wurde 1926 erbohrt und ist mit einer Tiefe von 725 m und einer Schüttung von 3000 l/min die größte kohlensäurehaltige Thermalsolequelle der Welt.[8] Zu den ergiebigsten Thermalquellen Deutschlands gehören ferner die Aachener und die Wiesbadener Thermalquellen. Diese Quellen führten oft zum Bau von Thermalbädern. In Wiesbaden werden auch das Neue Rathaus und zwei Wohnkomplexe mit Thermalwasser beheizt.[9]
Thermalquellen können auch als Energiequellen genutzt werden. Aus geothermaler Energie wird in Island beispielsweise über 50 Prozent der Primärenergie des Landes gewonnen. Die Bláa Lónið (dt. Blaue Lagune) ist eine künstliche heiße Quelle, die mit dem Abwasser eines Geothermalkraftwerkes gespeist wird. Sie ist eine beliebte Touristenattraktion auf der Reykjanes-Halbinsel.
Siehe auch
Weitere postvulkane oder mit Thermalquellen in Zusammenhang stehende Erscheinungen:
Literatur
- Allen Pentecost: Travertine. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2005, 445 Seiten (englisch)
- Marjorie Gersh-Young: Hot Springs & Hot Pools Of The Northwest. Aqua Thermal Access, Santa Cruz CA 2003. ISBN 1-890880-04-3
- Björn Hróarsson, Sigurdur Sveinn Jóhnsson: Geysers and Hot Springs in Iceland. Mál og menning, Reykjavík 1992. ISBN 9979-3-0387-5
- Glenn Woodsworth: Hot springs of Western Canada, a complete guide. Gordon Soules Book Publishers, West Vancouver 1999. ISBN 0-919574-03-3
- Walter Carlé: Die Mineral- und Thermalwässer von Mitteleuropa. Bücher der Zeitschrift Naturwissenschaftliche Rundschau. 2 Bde. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1975. ISBN 3-8047-0461-1
- Miroslav Malkovsky: Mineral and thermal waters of the world. B-Oversea Countries – proceedings of symposium II. International Geological Congress: Report Of The Twenty-Third Session Czechoslovakia 1968. Academia, Prag 1969.
- Marjorie Gersh-Young: Hot Springs and Hot Pools of the Southwest. Jayson Loam’s Original Guide. Aqua Thermal Access, Santa Cruz 2004. ISBN 1-890880-05-1
- Miroslav Malkovsky: Mineral and thermal waters of the world. A-Europe – proceedings of symposium II. International Geological Congress: Report Of The Twenty-Third Session Czechoslovakia 1968. Academia, Prag 1969.
- Geothermal Energy and Vulcanism of the Mediterranean Area. International Congress on Thermal Waters Oct. 1976. Proceedings THERMAL WATERS. Bd. 2. National Technical University, Athens 1976.
- Jost Camenzind, Hans Peter Treichler, Otto Knüsel, Lilian Jaeggi-Landolf, Hansjörg Schmassmann: Thermen der Schweiz. Offizin, Zürich 1990. ISBN 3-907495-11-X
- Sally Jackson: Hot springs of New Zealand. Reed Publishing, Birkenhead Auckl 2001. ISBN 0-7900-0814-9
- Gerd Michel: Mineralwässer und Thermalwässer. Allgemeine Balneogeologie. Lehrbuch der Hydrogeologie. Bd. 7. Borntraeger, Berlin 1997. ISBN 3-443-01011-3
- Mariano Messini, G.C. Di Lollo: Acque minerali del mondo, catalogo terapeutico. Società Editrice <Universo>, Roma 1957.
- Gerald A. Waring: Thermal Springs of the United States and Other Countries of the World – A Summary Geological Survey. Professional Paper. Bd. 492. Washington 1965. ISSN 0096-0446
- Löhnert et al. (1992) Thermalwässer im Mygdonias-Becken (Nordgriechenland). Die Geowissenschaften; 10, 3; 73–78; doi:10.2312/geowissenschaften.1992.10.73.
- Josef Zötl: Die Mineral- und Heilwässer Österreichs. Geologische Grundlagen und Spurenelemente. Springer, Wien 1993. ISBN 3-211-82396-4
- Elsalore Fetzmann: Die Biologie der Badener Thermen. Mitteilungen der Österreichischen Sanitätsverwaltung, Vol. 59, 1–4. 1958.
Weblinks
- Submarine Hydrothermalquellen
- Verzeichnis aller Thermalbäder in Deutschland
- Verzeichnis naturbelassener Thermalquellen
Einzelnachweise
- ↑ Es gibt aber auch thermogene Quellen (und fossile Quellen), die zwar bis in die Erdkruste reichen, deren Wasser sich aber oben auf „normale“ Wassertemperaturen abgekühlt hat. Vergleiche dazu A. Pentecost, Literaturliste.
- ↑ Deutscher Heilbäderverband e. V.: Begriffsbestimmungen: Qualitätsstandards für die Prädikarisierung von Kurorten, Erholungsorten und Heilbrunnen. 12. Aufl., Bonn, 2005.
- ↑ Bad Blumau Heizkraftwerk ( vom 2. Oktober 2008 im Internet Archive) (27. August 2009).
- ↑ Bernhard Maximilian Lersch: Hydro-Physik, Berlin 1865, einsehbar hier bei Google-Books.
- ↑ William Martin: Hydrothermalquellen und der Ursprung des Lebens. Biologie in unserer Zeit 39(3), S. 166–174 (2009), ISSN 0045-205X.
- ↑ New Hydrothermal Vents Discovered As „South Pacific Odyssey“ Research Begins.
- ↑ Hydrogen And Methane Sustain Unusual Life At Sea Floor’s 'Lost City'.
- ↑ Jordansprudel in Bad Oeynhausen ( vom 26. Oktober 2014 im Internet Archive) (abgerufen am 18. Oktober 2014).
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung: Energie aus 26 heißen Quellen – Wiesbaden heizt mit Thermalwasser
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Luftbild der Grand Prismatic Spring im Yellowstone-Nationalpark (Ansicht von Süden)
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Sao Miguel, Fogo, Hot Spring
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Dateilansicht der Fettquelle in Baden-Baden neben Friedrichstherme (173,2 m über NN, 62,5 Grad Celsius, 0,689 Liter pro Sekunde, Natrium-Chlorid Therme)
White flocculent mats in and around the extremely gassy, high-temperature (>100°C, 212°F) white smokers at Champagne Vent.
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Dead trees in the terraces of Mammoth Hot Springs, Yellowstone National Park, Montana, US. These trees grew during inactivity of the mineral-rich springs, and were killed when calcium carbonate carried by spring water clogged the vascular systems of the trees. The same process also effectively preserves the trees by preventing decay.