Thaulow-Museum

Das Thaulow-Museum war in Kiel von 1878 bis 1920 ein Sammlermuseum und danach bis 1944 das erste Schleswig-Holsteinische Landesmuseum.

Geschichte des Gebäudes

1893 – Blickrichtung Südwesten – Thaulow-Museum
4. Januar 1944 – Blickrichtung Südwesten – Luftangriff auf Thaulow-Museum
1865 – links der spätere Standort des Thaulow-Museums: Der Ziegelteich vor seiner Zuschüttung, am Horizont links der Dachreiter der Heiligengeistkirche (1242–1945), in Bildmitte am Horizont die Nikolaikirche (1242-heute), rechts am Bildrand der Kieler Bahnhof (1843–1905)
1885 – links das Thaulow-Museum, rechts der Kieler Bahnhof (1843–1905)
1900 – Thaulow-Museum, Blickrichtung Südwesten
1900 – Blick gen Norden, links das Thaulow-Museum
1910 – Thaulow-Museum, Blickrichtung Süden
1938 – Blickrichtung Osten/Kaistraße. Im Vordergrund rechts das Thaulowmuseum und im Hintergrund die Friedrich Krupp Germania-Werft
1938 – Blickrichtung Süden/Hauptbahnhof. Im Bild links eine Straßenbahn der Linie 2 und rechts das Thaulow-Museum. Im Hintergrund die St. Jürgenkirche (1904–1945)
19. Mai 1944 – Blickrichtung Osten – Thaulow-Museum
1963 – Blickrichtung Süden, links das Thaulow-Museum
1963 – Blickrichtung Südwesten, Erweiterungsbau des ehemaligen Thaulow-Museums in der linken Bildhälfte, davor eine Tankstelle in der Straße Ziegelteich
1968 – Blickrichtung Süden, rechte Bildhälfte Erweiterungsbau des ehemaligen Thaulow-Museums
August 1970 – Blickrichtung Südwest, Blick vom Hauptpostamt über die Kreuzung Stresemannplatz. Links am Sophienblatt das Nebengebäude des Museums mit dem Alten Landeskeller
1970 – Blickrichtung Süden, Abriss des Nebengebäudes des Thaulow-Museums

Das Museumsgebäude wurde von 1875 bis 1878 im Auftrage der Provinz Schleswig-Holstein gebaut. Das von der Stadt Kiel dafür unentgeltlich zur Verfügung Grundstück befand sich in der Vorstadt auf dem Gelände des zugeschütteten Ziegelteiches, der beim Bau der Nikolaikirche entstanden war. Dies ist heutzutage der Bereich der Kreuzung Ziegelteich, Sophienblatt, Stresemannplatz, Holstenplatz, Andreas-Gayk-Straße.

Der Kieler Architekt Heinrich Moldenschardt, ein Schüler von Gottfried Semper, entwarf die zweistöckige Villa als historisierenden Backsteinbau mit Stilelementen der italienischen Renaissance in einer Terrakottagliederung.[1] Dieser Altbau des Museums wurde am 5. Januar 1944 von Brandbomben getroffen und zerstört. Im Mai 1948 folgte der Abriss der Ruine.

Der 1911 errichtete Erweiterungsbau, der eine vier Mal so große Ausstellungsfläche bot wie der Altbau, blieb unter anderweitiger Nutzung bis 1970 erhalten, dann wurde er zugunsten eines Kaufhaus-Neubaus an der Ecke Sophienblatt/Ziegelteich abgerissen.

Geschichte des Museums

Das Landkirchener Retabel, Ankauf von 1898, Aufnahme um 1900 vor der ersten Restaurierung 1903/05

Der Initiator und zugleich Namensgeber des Museums war der Kunstsammler Gustav Ferdinand Thaulow, Professor der Philosophie und Pädagogik an der Universität Kiel. Er hatte 1875 seine Sammlung der Provinzialregierung der Provinz Schleswig-Holstein als Schenkung angeboten, wenn sie diese in einem neuen Museumsgebäude unterbringt. Die Regierung stimmte dem am 3. November 1875 zu. Am 10. August 1878 wurde das Museum eröffnet. Schon bei der Eröffnung genügte die Ausstellungsfläche von 700 m² kaum aus, um die umfangreiche, jedoch nicht inventarisierte Sammlung des Stifters Gustav Ferdinand Thaulow aufnehmen zu können. Auch fehlte es an einer fachmännischen Leitung und an einem Kurator, sodass die Sammlung in Verfall geriet.[2]

Von 1893 bis 1904 betrieb der Kunsthistoriker Adelbert Matthaei (1859–1924) eine intensive Reorganisation des Thaulow-Museums. Matthaei – Professor für Kunstgeschichte an der Universität Kiel – fand Unterstützung im Grafen Kurt von Reventlou zu Damp, dem Vorsitzenden des Provinziallandtages Schleswig-Holstein. Für die Reorganisationsmaßnahmen stand Matthaei ab 1898 Jürgen Haupt (1870–1958) als Museumsdirektor zur Seite. Haupt trat jedoch 1900 von seinem Amt zurück, als ein geplanter Erweiterungsbau scheiterte. Matthaei hatte wesentlichen Anteil am Ankauf des Landkirchener Retabels, einem spätgotischen Altaraufsatz aus dem Umfeld Bertrams von Minden. Im Frühjahr 1901 übernahm Gustav Brandt (1865–1919) die Leitung. In mehrjährigen Verhandlungen konnte Brandt mit Finanzierungsmitteln der Stadt Kiel und des Provinziallandtages den Erweiterungsbau schließlich realisieren.[2] Das neue Gebäude, das einen Zuwachs des Vierfachen der ursprünglichen Ausstellungsfläche brachte, wurde am 14. Juni 1911 eingeweiht.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hatte der Vertrag von Versailles (1919) sowie der geänderte Grenzverlauf zwischen Deutschland und Dänemark durch die Volksabstimmung von 1920 in der Provinz Schleswig-Holstein eine neue Situation bewirkt. Darauf reagierte der Flensburger Ernst Sauermann (1880–1956), der 1920 Museumsdirektor wurde. Er entwickelte aus dem lokal orientierten Museum das Konzept für ein Landesmuseum, das die Volksbildung in Schleswig-Holstein stärker betonen sollte. Auch in der Zeit des Nationalsozialismus fanden im Museum Ausstellungen statt, so z. B. 1933 eine Ausstellung des Kieler Künstlervereins und 1937 Kunstschaffen in Kiel. Nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ Sauermann 1940 die Bestände nach Ostholstein auslagern. Das Museum wurde in Kiel nicht wieder eröffnet. Seine kriegsbedingt ausgelagerten Sammlungen wurden ab 1948 in das Schloss Gottorf in Schleswig verbracht. Als Nachfolger des ehemaligen Thaulow-Museums wurde dort 1950 das neu eingerichtete Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte eröffnet.

Konzeptionen

Nach dem Willen des Stifters Gustav Ferdinand Thaulow sowie nach den Beschlüssen des Provinziallandtages Schleswig-Holstein zielte die anfängliche Konzeption des Museums in drei Richtungen:[3]

  1. Präsentation der schleswig-holsteinischen Kulturgeschichte
  2. Bewahrung kunstgewerblicher Erzeugnisse
  3. Kunstwissenschaftliche Lehrsammlung für die Universität Kiel.

Bei der Weiterentwicklung des Museums trat die Förderung der kunstgewerblichen Richtung in den Vordergrund, sodass der Name Thaulow-Museum durch die Bezeichnung Kunstgewerbe-Museums der Provinz Schleswig-Holstein eine spezielle programmatische Ergänzung erhielt. Aus dieser Festlegung ergab sich für das erweiterte Museum sodann eine Anordnung der Sammlungen nach Stilperioden (Period Rooms).[3]

Literatur

  • Gustav Thaulow: Das Kieler Kunstmuseum. Ein Wegweiser durch dasselbe; zugleich eine kurze Einleitung in das Studium der Kunst. Kiel 1853.
    • Teilabdruck: Gustav Thaulow: Kiel bekommt ein Kunstmuseum. In: Christa Geckeler (Hrsg.): Erinnerungen an Kiel in dänischer Zeit 1773/1864. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2012, ISBN 978-3-89876-618-0, S. 33–35.
  • Adelbert Matthaei: Zur Kenntnis der mittelalterlichen Schnitzaltäre Schleswig-Holsteins. Mit einem Verzeichnis der aus der Zeit bis 1530 in Thaulow-Museum in Kiel vorhandenen Werke der Holzplastik (= Beiträge zur Kunstgeschichte Schleswig-Holsteins 1). E. A. Seemann, Leipzig 1898.
  • Gustav Brandt: Führer durch die Sammlungen des Thaulow-Museums in Kiel, des Kunstgewerbe-Museums der Provinz Schlesw.-Holstein. Handorff, Kiel 1911.
  • Hans-Günther Andresen: Von der italienischen Villa zum wilhelminischen Großstadtunternehmen. Zur Neubauplanung und Architektur des erweiterten Thaulow-Museums in Kiel. In: Nordelbingen 79, 2010, S. 165–212.
  • Jan Drees: Das Thaulow Museum vor 100 Jahren. Das Kunstgewerbe-Museum der Provinz Schleswig-Holstein auf dem Weg zum Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum – Das Kieler Thaulow-Museum in seiner exemplarischen Einrichtung durch Gustav Brandt (1901–1919) und seiner späteren Ergänzung durch Ernst Sauermann (1920–1947). Beiträge zur Geschichte des Hauses und seiner Sammlungen (= Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 66). Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf, Schleswig 2011, ISBN 978-3-00-034404-6.
  • Carsten Fleischhauer: Das Thaulow-Museum in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Sandra Scherreiks, Doris Tillmann (Hrsg.): Die Welt in Sammlungen. 50 Jahre Kieler Stadtmuseum, 350 Jahre Sammlungs- und Museumsgeschichte. Ludwig, Kiel 2015, ISBN 978-3-86935-244-2, S. 76–87.

Einzelnachweise

  1. Hartwig Beseler, Niels Gutschow: Kriegsschicksale Deutscher Architektur. Band I: Nord. Wachholtz, Neumünster 1988, Seite 9
  2. a b Gustav Brandt: Führer durch die Sammlungen des Thaulow-Museums in Kiel, des Kunstgewerbe-Museums der Provinz Schlesw.-Holstein. Handorff, Kiel 1911, Vorwort, S. I–II.
  3. a b Gustav Brandt: Führer durch die Sammlungen des Thaulow-Museums in Kiel, des Kunstgewerbe-Museums der Provinz Schlesw.-Holstein. Handorff, Kiel 1911, Einleitung, S. III–IV.

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Klinke, Ecke Ziegelteich (Kiel 80.699).jpg
Blickrichtung Altstadt. Im Bild rechts der Bahnhof. Im Hintergrund rechts das Hotel Germania.
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Blick vom Hotel Astor an der Andreas-Gayk-Straße durch das Sophienblatt. Im Vordergrund rechts das Thaulow-Museum, hinten links die Gablenzbrücke.
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Blick vom Hauptpostamt über die Kreuzung Stresemannplatz. Links am Sophienblatt das Nebengebäude des Museums mit dem Alten Landeskeller, ganz links das Victoria-Eck mit der BMW-Vertretung Autohaus Schmoldt & Axmann im Erdgeschoss.
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Kiel: Thaulow-Museum am Sophienblatt (1893)
Landkirchener Retabel 1901.jpg
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Nicht genannt, vermutlich Adelbert Matthaei (1859–1924), erstpubliziert in: Ders.: „Werke der Holzplastik in Schleswig-Holstein – Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der deutschen Plastik“, 1901

Nachweis für die Erstpublikation 1901 in „Das Landkirchener Retabel im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottorf“, Kiel 2008, S. 13. Dort heißt es: „Erst Matthaeis zweite Publikation, ‚Werke der Holzplastik in Schleswig-Holstein – ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der deutschen Plastik‘ aus dem Jahre 1901 (…) zeigt eine fotografische Gesamtansicht des Landkirchener Retabels, die im Museum aufgenommen wurde (Abb. 10.)“

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Landkirchener Retabel, Aufstellung im Thaulow-Museum in Kiel, um 1900

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Thaulow-Museum am Sophienblatt 2 (Ecke Ziegelteich)
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Blickrichtung Hauptbahnhof.
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links der Ziegelteich (vor 1876 zugeschüttet), dahinter Muhls Hotel, am Horizont links der Dachreiter der Heiligengeistkirche (1242-1945) zwischen Falckstraße und Klosterkirchhof, in Bildmitte am Horizont die Nikolaikirche (1242-heute), westlich weiter vorn der Brauersche Speicher, zuvor Zuckerfabrik, davor die Jensenstraße (seit 1955 Gelände der Hauptpost/Stresemannplatz 1), rechts davon der Bahnhof (1843-1905) Straßenzug in Bildmitte heißt Klinke nach einem Türklinken-ähnlich herunterlassbaren Schlagbaum, der bis 1932 vor Muhls Hotel an der Schevenbrücke lag. Die damalige Straße Klinke liegt seit 1955 unter Holstenplatz und Andreas-Gayk-Straße.
Luftangriff auf Kiel am 04. und am 05.01.1944 (Kiel 51.576).jpg
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Brand im Thaulow-Museum am Sopienblatt 2 nach Volltreffer.
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Thaulow-Museum am Sophienblatt 2. Volltreffer. Im Hintergrund links das Victoria-Eck (Sophienblatt 1).
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Blick von der Andreas-Gayk-Straße. Im Bild rechts die Landwirtschaftskammer in der Holstenstraße 106-108, davor der Parkplatz am Holstenplatz. Im Hintergrund links das Thaulow-Museums.
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