Thüringer Landtag (Weimarer Republik)

Thüringer Landtag
LandesflaggeLandeswappen
Flagge
Basisdaten
Sitz:Weimar
Wahlsystem:Verhältniswahl mit geschlossenen Listen
Anzahl der Stimmen:1
Rechenverfahren:Hare/Niemeyer-Verfahren
Anzahl der Wahlkreise:4
Wahlberechtigte:zirka 803.529 (1920) bis 1.134.980 (1933)
Legislaturperiode:3 Jahre
Erste Sitzung:
Ehemaliges Landtagsgebäude in Weimar
Gedenktafel am Haus Platz der Demokratie, in Weimar

Der Thüringer Landtag in der Weimarer Republik war ein Landesparlament und von 1920 bis 1933 die Legislative des Landes Thüringen.

Rechtsgrundlage, Aufbau und Destruktion

Gemäß dem 2. Abschnitt der Verfassung[1] des Landes Thüringen von 11. März 1921 bestand der Landtag aus einer variablen Zahl von Abgeordneten (je einer für 12.000 Stimmen der jeweiligen Partei), die nach dem Grundsatz der Verhältniswahl für eine Dauer der Wahlperiode von drei Jahren gewählt wurden. Das Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht war 21 Jahre.

Aufgaben des Landtags waren die Gesetzgebung, Wahl (und Abwahl) der Minister der Landesregierung (der Vorsitzende der Regierung wurde aus der Mitte der Landesregierung durch die Regierung selbst gewählt), die Überwachung der Staatsführung und Verwaltung, die Wahrnehmung des Budgetrechtes sowie gegebenenfalls der Ministeranklage.

Rechtsgrundlage für die Wahl des Landtags war das Landeswahlgesetz vom 11. März 1921.

Aufgrund der Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 wurde als Reaktion auf den Reichstagsbrand die Thüringer KPD-Landtagsfraktion aufgelöst sowie deren Fraktions­räume im Weimarer Fürstenhaus polizeilich durchsucht und versiegelt. Alle zehn demokratisch gewählten kommunistischen Landtagsabgeordneten wurden in „Schutzhaft“ genommen und in Amtsgerichts­gefängnissen bzw. im KZ Nohra interniert. Mit diesem Vorgang hatte das ohnehin zur Bedeutungslosigkeit verurteilte Landesparlament auch seine demokratische Legitimation verloren.[2]

Mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 wurde das Landesparlament aufgelöst. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land Thüringen wiedererrichtet. Dessen Landtag bestand bis zur Auflösung der Länder durch die Verwaltungsreform von 1952 in der DDR.

Nach der Wende wurde das Land Thüringen erneut wiedererrichtet. Der Thüringer Landtag ist heute das Landesparlament.

Landtagspräsidenten

Landtagswahlen

Zwischen 1920 und 1933 fanden sechs Landtagswahlen im deutschen Bundesstaat Thüringen statt. Die Legislaturperiode dauerte drei Jahre. Sitz des Landtags war in Weimar.

Wie für die Zeit der Weimarer Republik üblich hielt eine Koalitionsregierung nicht immer bis zum Ende der dreijährigen Legislaturperiode durch. Es kam dann oft zu vorzeitigen Neuwahlen.

Wahl zum ersten Thüringer Landtag

Landtagswahl 1920
(in %)
 %
30
20
10
0
27,87
20,61
20,35
15,77
7,3
6,87
1,26



  • Wahltermin: 20. Juni 1920
  • Sitze im Landtag: 53 (absolute Mehrheit: 27 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 82,4 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
USPD27,87 %15
SPD20,35 %11
ThLB20,61 %11
DVP15,77 %8
DDP7,30 %4
DNVP6,87 %4

[3]

Wahl zum zweiten Thüringer Landtag

Landtagswahl 1921
(in %)
 %
30
20
10
0
22,84
18,94
16,40
16,15
10,89
7,49
5,58
1,71



  • Wahltermin: 11. September 1921
  • Sitze im Landtag: 54 (absolute Mehrheit: 28 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 72,45 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
SPD22,84 %13
ThLB18,94 %10
USPD16,40 %9
DVP16,15 %9
KPD10,89 %6
DNVP7,49 %4
DDP5,58 %3

[4]

  • Landesregierung: Zunächst ab 7. Oktober 1921 Koalition aus SPD und USPD unter Duldung durch die KPD. Vom 16. Oktober bis 12. November 1923 Koalition aus SPD und KPD. Als zweite rot-rote Landesregierung löste diese eine weitere politische Krise der Weimarer Republik aus; am 6. November rückte das Militär in Thüringen ein und verhängte die Reichsexekution, worauf die Landesregierung zerfiel; es gab jedoch keine Neuwahlen.
  • Leitender Staatsminister: August Frölich (SPD)
  • Liste der Mitglieder des Landtages (Land Thüringen) (2. Wahlperiode)

Wahl zum dritten Thüringer Landtag

Landtagswahl 1924
(in %)
 %
50
40
30
20
10
0
48,02
23,14
18,44
9,26
1,14



  • Wahltermin: 10. Februar 1924
  • Sitze im Landtag: 72 (absolute Mehrheit: 37 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 89,40 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
Thüringer Ordnungsbund“ (Thüringer Landbund, DVP, DNVP)48,02 %35
SPD23,14 %17
KPD18,44 %13
Vereinigte Völkische Liste“ (DVFB)9,26 %7

[5]

Wahl zum vierten Thüringer Landtag

Landtagswahl 1927
(in %)
 %
40
30
20
10
0
33,68
31,62
14,10
9,42
3,48
3,34
2,75
1,13
0,48
Einheitsl.
Sonst.



  • Wahltermin: 30. Januar 1927
  • Sitze im Landtag: 56 (absolute Mehrheit: 29 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 78,29 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
Einheitsliste aus DVP, DNVP und ThLB33,68 %19
SPD31,62 %18
KPD14,10 %8
WP9,42 %5
NSDAP3,48 %2
DDP3,34 %2
VRP2,75 %1
DVFP1,13 %1

[6]

  • Landesregierung: bürgerlich-demokratische Minderheitsregierung, Koalition aus Einheitsliste, WP, DDP und VRP
  • Leitender Staatsminister:
    30. April 1927 bis 5. November 1928: Richard Leutheußer, (DVP)
    6. November 1928 bis 22. Januar 1930: Arnold Paulssen, (DDP)
  • Liste der Mitglieder des Landtages (Land Thüringen) (4. Wahlperiode)

Wahl zum fünften Thüringer Landtag

Landtagswahl 1929
(in %)
 %
40
30
20
10
0
32,30
16,43
11,29
10,67
9,58
8,83
3,97
2,93
4,0



  • Wahltermin: 8. Dezember 1929
  • Sitze im Landtag: 53 (absolute Mehrheit: 27 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 74,85 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
SPD32,30 %18
ThLB16,43 %9
NSDAP11,29 %6
KPD10,67 %6
WP9,58 %6
DVP8,83 %5
DNVP3,97 %2
DDP2,93 %1

[7]

Wahl zum sechsten Thüringer Landtag

Landtagswahl 19321946
(in %)
 %
50
40
30
20
10
0
42,49
24,27
16,13
8,35
3,18
1,87
1,80
1,91
Insgesamt 61 Sitze
  • Wahltermin: 31. Juli 1932
  • Sitze im Landtag: 61 (absolute Mehrheit: 31 Sitze)
  • Wahlbeteiligung: 85,12 %
ParteiErgebnisSitze im Landtag
NSDAP42,49 %26
SPD24,27 %15
KPD16,13 %10
ThLB8,35 %6
DNVP3,18 %2
DDP1,87 %1
DVP1,80 %1

[8]

Reichstagswahl 1933

Landtag 1933
(in %)
 %
50
40
30
20
10
0
47,60
20,62
15,28
12,41
4,09
Insgesamt 60 Sitze

Nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 wurde der 7. Landtag aufgrund des Gleichschaltungsgesetzes analog zu diesem Wahlergebnis neu gebildet.

Landtagswahl 1933
ParteiStimmanteil in %Sitze
NSDAP47,60 %29 Sitze
SPD20,62 %13 Sitze
KPD15,28 %10 Sitze
Kampffront Schwarz-Weiß-Rot12,41 %8 Sitze

[9]

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge[10]

  • Liste der Mitglieder des Landtages (Land Thüringen) (7. Wahlperiode)

Landtage der Vorgängerstaaten

Die Landtage der Vorgängerstaaten sind in den jeweiligen Staatsartikeln behandelt:

Nach 1945

Nach 1945 wurden die Länder wiedererrichtet. Der Thüringer Landtag der Sowjetischen Besatzungszone wurde damit Nachfolger des Thüringer Landtags der Weimarer Republik.

Literatur

  • Timo Leimbach: Landtag von Thüringen 1919/20-1933. Droste Verlag, Düsseldorf 2016. ISBN 978-3-7700-5328-5.
  • Klaus-Jürgen Winkler: Die Tagungsstätten der Landtage in Thüringen – ein Beitrag zu ihrer Bau- und Nutzungsgeschichte. Heft 4 der Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen. Herausgeber: Thüringer Landtag, Jena 1994, ISBN 3-86160-504-X (144 Seiten).
  • Thüringer Landtag: Alfred Ahner – Landtagszeichnungen 1924–1933. Begleit-Broschüre zur gleichnamigen Ausstellung im Thüringer Landtag, mit wissenschaftlichem Text-Beitrag Die Thüringer Landtage (1920–1933). Erfurt 2002, ohne ISBN, S. 5–10 (68 Seiten).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verfassung des Landes Thüringen
  2. Udo Wohlfeld, Falk Burkhardt: das netz. Die Konzentrationslager in Thüringen 1933–1937 (= Reihe gesucht 2. Die Vergangenheit für die Zukunft retten! Hg. von der Geschichtswerkstatt Weimar-Apolda, ISBN 3-935275-01-3, Weimar 2000, S. 64.)
  3. StatThür 1922, S. 498ff.
  4. StatThür 1922, S. 498ff.
  5. StatJBDR 1926, S. 454f.
  6. StatJBDR 1927
  7. StatJBDR 1930, S. 564f.
  8. StatJBDR 1930, S. 564f.
  9. StatJBDR 1933, S. 540f.
  10. StatJBDR 1933, S. 540f.

Koordinaten: 50° 58′ 42″ N, 11° 19′ 53,5″ O

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Wappen Deutsches Reich (Weimarer Republik).svg
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Wappen des Deutschen Reiches in der Frühzeit der Weimarer Republik. Eingeführt mit der

Bekanntmachung betreffend das Reichswappen und den Reichsadler vom 11. November 1919.

»Auf Grund eines Beschlusses der Reichsregierung gebe ich hiermit bekannt, daß das Reichswappen auf goldgelben Grunde den einköpfigen schwarzen Adler zeigt, den Kopf nach rechts gewendet, die Flügel offen, aber mit geschlossenem Gefieder, Schnabel, Zunge und Fänge von roter Farbe.

Wird der Reichsadler ohne Umrahmung dargestellt, so sind das gleiche Bild und die gleichen Farben, wie beim Adler im Reichswappen, zu verwenden, doch sind die Spitzen des Gefieders nach außen gerichtet.

Die im Reichsministerium des Innern verwahrten Muster sind für die heraldische Gestaltung des Reichswappens maßgebend. Die künstlerische Ausgestaltung bleibt für jeden besonderen Zweck vorbehalten.


Berlin, den 11. November 1919.

Der Reichspräsident
Ebert

Der Reichsminister des Innern
Koch«

Quelle: http://www.documentarchiv.de/wr/rwappen.html


1928 wurde dieses Wappen durch das neue Reichswappen von Tobias Schwab abgelöst, das Theodor Heuss im Februar 1950 auch als Bundeswappen verkündete: Reichs- bzw. Bundeswappen
Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar.jpg
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Music Academy in Weimar, Germany. Former building of the parliament of Sachsen-Weimar, 1920-1952 parliament of Thuringia.