Terebella lapidaria
Terebella lapidaria | ||||||||||||
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Terebella lapidaria. A monograph of the British marine annelids (1922) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Terebella lapidaria | ||||||||||||
Linnaeus, 1767 |
Terebella lapidaria, deutsch auch der Steinbohrer ist ein mariner Ringelwurm des Mittelmeers und nordöstlichen Atlantischen Ozeans aus der Gattung Terebella in der Vielborster-Familie der Terebellidae, der als Detritusfresser in Felsspalten und Felslöchern lebt.
Merkmale
Der recht kurze, feste, kegelförmige, sich nach hinten verjüngende, am Ende aber wieder erweiterte Körper von Terebella lapidaria erreicht eine Körperlänge von 3 bis zu 9 cm und eine Breite von 3 bis 5 mm bei einer Anzahl von 80 bis 160 Segmenten. Der Thorax ist nur wenig deutlich abgegrenzt und die dorsalen kapillarförmigen Borsten sind bis zu den hintersten Segmenten des Abdomens vorhanden. Das Prostomium hat keine seitlichen Verlängerungen und trägt Augenflecken.
Wie bei anderen Arten der Gattung Terebella ist das quer verlaufende Prostomium mit der dorsalen Oberfläche der oberen Lippe verbunden, der untere Teil eine wie ein dicker Kamm, der distale Teil sockelartig. Nahe dem Mund sitzen acht oder auch mehr einheitlich zylindrische Buccal-Tentakel mit einer Wimpernrinne. Das Peristomium ist zu erweiterten Lippen reduziert, einer großen, kurzen, haubenartigen Oberlippe und einer knopf- bis kissenförmigen Unterlippe.
Ebenso wie andere Arten der Gattung hat der Steinbohrer eine kompakte Tentakelmembran. Am 2., 3. und 4. Segment sitzen zweiästig verzweigte Kiemen, wobei allein das 4. Segment gleichzeitig Kiemen und Borsten trägt. Den Parapodien fehlen Seitenlappen. Vom 4. Segment tragen die Notopodien Borsten, die distal entlang eines Randesgesägt sind. Vom 5. Segment, also 2. borstentragenden Segment an sitzen an den Neuropodien hakenförmige Borsten, die an den ersten 7 derartigen Segmenten in einfachen Reihen, dann in Doppelreihen und am Abdomen wieder in einfachen Reihen sitzen. Der Thorax besteht aus mehr als 20 borstentragenden Segmenten. Vom 3. Segment an sind Nephridial-Papillen vorhanden. Ventral sitzen 12 bis 13 weißliche bis violette rechteckige Schildchen, die nach hinten kleiner werden, und am Abdomen verläuft als helle Linie eine Bauchrinne. Der Körper ist rötlich braun bis rosa, die Kiemen lebhaft rot, die Tentakel gelb bis orange.
Die Coelomflüssigkeit von Terebella lapidaria enthält zahlreiche Coelomocyten mit Hämoglobin, die dem Tier die rötliche Farbe verleihen und in dem große Mengen an Sauerstoff gespeichert werden können, sodass der Annelide kritische Zeiten während der Ebbe überdauern kann. Darüber hinaus besitzt der Ringelwurm ein geschlossenes Blutgefäßsystem, in dessen Blut Hämoglobin direkt im Plasma gelöst ist und über das die Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Nach Untersuchungen von R. M. G. Wells und R. P. Dales (1975) ist die Affinität des Hämoglobins der Coelomocyten deutlich höher als die des Hämoglobins im Blutplasma.
Von Terebella lapidaria sind in der Natur nur die dünnen, zylindrischen, gelblichen Tentakeln zu sehen, die er aus seiner felsigen Wohnhöhle herausstreckt. Auf Grund dieser wird er wie auch verwandte Arten der Gattung Terebella als „Spaghettiwurm“ bezeichnet, während die Bezeichnung Schopfwürmer für die gesamte Familie der Terebellidae verwendet wird.
Verbreitung
Terebella lapidaria ist im Mittelmeer und im östlichen Atlantischen Ozean entlang der Küste der iberischen Halbinsel und Frankreichs bis zum Ärmelkanal und der britischen Küste bei Plymouth verbreitet.
Sie lebt in Felsspalten und Löchern im Felsen in der Gezeitenzone, wo sie die sauerstoffarmen Zeiten der Ebbe durch Speicherung des Sauerstoffs im Hämoglobin übersteht.
Entwicklungszyklus
Terebella lapidaria ist getrenntgeschlechtlich. Weibchen und Männchen geben ihre Gameten ins freie Meerwasser ab, wo die Befruchtung stattfindet. Aus den Zygoten entwickeln sich dotterreiche, frei schwimmende Trochophora-Larven, die bereits 12 bis 36 Stunden nach Befruchtung ein apikales Ciliar-Sinnesorgan aufweisen. Hinter diesen befinden sich Augenflecken, deren Lichtsinneszellen charakteristische Phaosomen aufweisen. Nach wenigen Tagen lassen sich die Larven mit einzelligen Algen wie dem kommerziell als Muschelfutter verwendeten Haptophyten Isochrysis galbana füttern. Im Rahmen einer Dissertation (Kieselbach 2012) in vitro gehaltene Larven von der Küste bei Roscoff metamophorsierten nach 2 Monaten zu kriechenden Würmern, doch überlebten nur wenige Larven die Laborbedingungen.
Ernährung
Terebella lapidaria ernährt sich von Detritus und Kleinstlebewesen, nach denen sie die Substratoberfläche – Felsen oder dazwischen befindlichen Sand und Schlick – mit ihren wimpernbesetzten Tentakeln absucht. Die Nahrungspartikel werden mithilfe von Schleim an den Tentakeln festgehalten, wobei durch Muskelkontraktion in den Tentakeln an dem Bereich eine Rinne gebildet wird, wo die Cilien sitzen. Durch Wimperntätigkeit wird die Nahrung in der Wimpernrinne zum Mund transportiert oder durch Einkrümmen der Tentakel direkt an den Mund herangeführt. Der Ernährunsgmechanismus wurde eingehend untersucht von R. Phillips Dales (1955) und Muriel F. Sutton (1957).
Systematik und Taxonomie
Mårten Kähler (Martinus Kahler) beschrieb als erster in Uppsala 1754 in seiner Dissertatio de Crystallorum generatione „Wasserpolypen, die Steine fressen“, auf die Carl von Linné Bezug nahm, als er 1767 in der 12. Ausgabe des Systema naturae die Gattung Terebella mit der einzigen Art Terebella lapidaria beschrieb. Linnaeus wählte den Gattungsnamen nach dem lateinischen terebella „Bohrerchen“ von terebra „Bohrer“ und für die Art das Epitheton lapidaria, „Stein-“, daher die deutsche Bezeichnung „Steinbohrer“. Ursprünglicher Fundort war das Mittelmeer bei Marseille. 1788 gab Georg Heinrich Borowski in seiner Gemeinnützigen Naturgeschichte des Thierreichs Linnés Beschreibung in deutscher Übersetzung wieder. Die Tiere wurden in „Löchern der Felsen im Meere“ gefunden, weshalb man vermutete, „dass sie sich in die Steine bohren vermittelst einer ätzenden Materie, die den Stein erweicht, welches aber doch von andern sehr bezweifelt wird.“ Die Linnés Beschreibung war noch recht unspezifisch; so charakterisierte er die Gattung als „fadenförmige[n] Wurm; oben steht das Maul, aus welchem eine köcherartige, auf einem Stiel befestigte Eichel hervor tritt; um das Maul herum stehen acht Fühlfäden.“ Darüber hinaus gibt Linné an, dass der Wurm viele Haare (capillaria plura) besitzt. Die als einzige Art beschriebene Terebella lapidaria war nach Linnés Worten in Borowskis Übersetzung „einer Wasserschlange ähnlich, der Leib kegelförmig, der Schwanz dünner, acht Fühlfäden vorne am Körper, und vier am Maule.“ Aussagen über Segmentierung, Parapodien und Kiemen gibt es bei Linné nicht.
Emil Edler von Marenzeller beschrieb 1884 die Art Leprea lapidaria auf Grundlage von Exemplaren aus dem Mittelmeer und der französischen Atlantikküste neu und fasste diese als dieselbe Art auf wie Linnés Terebella lapidaria. Derselbe Name Leprea lapidaria wurde auch 1918 von H. Augener für Tiere an der Atlantikküste Südwestafrikas verwendet,[1] doch wird diese Leprea lapidaria heute bei WoRMS als Synonym einer anderen Terebella-Art, nämlich Terebella schmardai Day, 1934 angesehen.[2] Pierre Fauvel erstellte 1927 in seiner Faune de France eine Neubeschreibung von Terebella lapidaria. Anders als für einige andere Anneliden gibt es bis heute keine Belege, dass sich Terebella lapidaria tatsächlich aktiv in den Fels bohren kann.
Literatur
- R. Phillips Dales (1955): Feeding and digestion in terebellid polychaetes. Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom 34 (1), S. 55–79.
- R. McNeill Alexander: The Invertebrates. Cambridge University Press, Cambridge 1979. Annelid worms, S. 343 – 366. Terebella lapidaria, S. 350.
- Pierre Fauvel: Faune de France, Polychètes sédentaires. Paul Lechevalier, Paris 1927. F. Terebella Linné, T. Lapidaria (Kahler), S. 254f.
- Georg Heinrich Borowski: Gemeinnützige Naturgeschichte des Thierreichs mit Abbildungen, Bände 9–10. Gottlieb August Lange, Berlin und Stralsund 1788. S. 71. Steinbohrer. Terebella.
- Dominik Kieselbach: Untersuchungen zur Phylogenie sedentärer Polychaeten (Annelida). Dissertation, Bonn 2012. urn:nbn:de:hbz:5n-30570
- R. McNeill Alexander: The Invertebrates. Cambridge University Press, Cambridge 1979. Annelid worms, S. 343 – 366. Terebella lapidaria, S. 349f.
- Carolus Linnaeus: Systema naturae per regna tria naturae: secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Ed. 12. 1., Regnum Animale. 1 et 2. Laurentii Salvii, Holmiae [Stockholm] 1767. S. 1092, Nr. 291. Terebella, T. lapidaria.
- Wilfried Westheide, Günter Purschke: Handbook of Zoology (Handbuch der Zoologie). A Natural History of the Phyla of the Animal Kingdom. Annelida: Polychaetes. Terebella Linnaeus, 1767, S. 54. In: Andreas Schmidt-Rhaesa, Rolf G. v. Beutel, Niels Peder Kristensen, Richard Leschen, Günter Purschke, Wilfried Westheide, Frank Zachos: Handbook of Zoology Online. Walter de Gruyter, 2017.
- Emil Edler von Marenzeller (1884): Zur Kenntniss der adriatischen Anneliden. Dritter Beitrag. Terebellen (Amphitritea Mgrn.) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 89, S. 151–215. Diagnose von Leprea lapidaria: S. 184f.
- Muriel F. Sutton (1957): The feeding mechanism, functional morphology and histology of the alimentary canal of Terebella lapidaria L. (Polychaeta). Proceedings of the Zoological Society of London 129, S. 487–523.
- R. M. G. Wells, R. P. Dales (1975): Haemoglobin function in Terebella lapidaria L., an intertidal terebellid polychaete. Journal of the Marine Biological Association of the United Kingdom 55 (1), S. 211–220.
Weblinks
- G. Read, K. Fauchald (Hrsg.): Terebella lapidaria Linnaeus, 1767. World Register of Marine Species (WoRMS), 2019.
- G. Read: Terebella of Family Terebellidae. Annelida.net, 9. Dezember 2003.
Einzelnachweise
- ↑ H. Augener (1918). Polychaeta. Beitrage zur Kenntnis der Meeresfauna Westafrikas. 2(2): 67-625, plates II-VII.
- ↑ Leprea (Terebella) lapidaria Augener, 1918. WoRMS, 2018. Abgerufen am 10. Mai 2018.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Gattung Terebella. Aus: The genera vermium exemplified by various specimens of the animals contained in the orders of the Intestina et Mollusca Linnaei : drawn from nature / by James Barbut.
A sketch of a terebella, from the book Sea and River-side Rambles in Victoria"
Terebella lapidaria Linnaeus, 1767, Synonym verwendet von McIntosh: Leprea lapidaria (Linnaeus, 1767) nach Emil Edler von Marenzeller (1884).
Diese Art ist NICHT die Leprea lapidaria von der südwestafrikanischen Küste, beschrieben von H. Augener (1918). Polychaeta. Beiträge zur Kenntnis der Meeresfauna Westafrikas 2 (2), S. 67–625, hier S. 518–521, und synonymisiert als Leprea (Terebella) lapidaria Augener, 1918 mit Terebella schmardai Day, 1934 (WoRMS, G. Read & K. Fauchald).
Es ist die Leprea lapidaria von Fundorten im Mittelmeer und an der französischen und britischen Atlantikküste, erneut beschrieben von Emil Edler von Marenzeller (1884): Zur Kenntniss der adriatischen Anneliden. Dritter Beitrag. Terebellen (Amphitritea Mgrn.) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 89, S. 151–215. Diagnose von Leprea lapidaria: S. 184f.Terebella lapidaria Linnaeus, 1767, Synonym verwendet von McIntosh: Leprea lapidaria (Linnaeus, 1767) nach Emil Edler von Marenzeller (1884).
Diese Art ist NICHT die Leprea lapidaria von der südwestafrikanischen Küste, beschrieben von H. Augener (1918). Polychaeta. Beiträge zur Kenntnis der Meeresfauna Westafrikas 2 (2), S. 67–625, hier S. 518–521, und synonymisiert als Leprea (Terebella) lapidaria Augener, 1918 mit Terebella schmardai Day, 1934 (WoRMS, G. Read & K. Fauchald).
Es ist die Leprea lapidaria von Fundorten im Mittelmeer und an der französischen und britischen Atlantikküste, erneut beschrieben von Emil Edler von Marenzeller (1884): Zur Kenntniss der adriatischen Anneliden. Dritter Beitrag. Terebellen (Amphitritea Mgrn.) Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 89, S. 151–215. Diagnose von Leprea lapidaria: S. 184f.