Tell el-Yahudiya

Tell el-Yahudiya (Ägypten)
Tell el-Yahudiya
Alexandria
Karte von Ägypten

Tell el-Yahudiya (Hügel der Juden; griechisch Λεόντων πόλις Leontopolis) ist eine archäologische Stätte in Ägypten, die sich im östlichen Nildelta 20 Kilometer nordöstlich von Kairo und drei Kilometer südlich von Tell Basta befindet.

Tell el-Yahudiya Keramik, Mittlere Bronzezeit (2000–1550 v. Chr.), Hecht-Museum, Jerusalem

Grabungsgeschichte

1886–1887 führte Edouard Naville und 1905–1906 William Matthew Flinders Petrie Grabungen in Tell el-Yahudiya durch. In den 1950ern grub Shehata Adam ebenfalls an dieser archäologischen Stätte.

Eine hier zum ersten Mal gefundene Keramikart beschrieb Flinders Petrie als Tell el-Yahudiah Ware. Sie ist aus dunkelgrauem Ton hergestellt und mit geometrischen Mustern aus eingekerbten Punkten und Linien verziert.

Besiedlung in pharaonischer Zeit

Der Ort ist von der Zweiten Zwischenzeit bis in römische Zeit durchgängig besiedelt gewesen. W. M. Flinders Petrie ergrub eine 515 × 490 Meter große Umfassungsmauer, die wohl auf das Mittlere Reich oder die Zweite Zwischenzeit zurückgeht. Die Mauerstärke betrug 60 Meter, die Höhe mindestens 11 Meter. Der Innenraum war mit Sand gefüllt (Hoher Sand) und stellte wohl einen Urhügel dar, auf dem ein Heiligtum stand. Im nordöstlichen Teil der Umfassung wurden Kolossalstatuen Ramses’ II. entdeckt, die auf einen Tempel schließen lassen, den er dort neu errichten ließ. Ramses III. ließ westlich der Mauer einen Palast oder Tempel errichten, in dessen Ruinen Tausende von Fayencekacheln gefunden wurden.

Der jüdische Tempel des Onias

„(426) Diese Worte fanden die Zustimmung des Ptolemäus, und er schenkte ihm [dem Onias] einen Strich Landes, der 180 Stadien von Memphis entfernt, im sogenannten Kreise von Heliopolis gelegen war. (427) Hier legte Onias zunächst eine feste Burg an und machte sich dann an den Bau des Tempels, der übrigens mit dem zu Jerusalem keine Aehnlichkeit haben sollte, sondern die Gestalt eines Thurmes bekam und mit seinen gewaltigen Quadern zu einer Höhe von 60 Ellen aufragte. (428) Bei der Construction des Brandopferaltares dagegen nahm er sich vollständig den in der Heimat zum Muster, wie er auch die Prunkstücke im Tempel in ganz ähnlichen Formen herstellte. Nur die Arbeit am Leuchter machte eine Ausnahme, (429) indem Onias hier kein Leuchtergestelle anwendete, sondern nur eine goldene Lampe, von der unmittelbar das Licht ausstrahlte, anfertigen und an einer goldenen Kette schweben ließ. Der ganze Tempelbezirk war von einer Mauer aus gebrannten Ziegeln eingefasst, deren Thore aber Steinbauten waren.“

Flavius Josephus: Der Jüdische Krieg (bell. Iud.), VII 426–429[1]

Unter Ptolemaios VI. errichtete der jüdische Hohepriester Onias IV., der vor Antiochos IV. aus Jerusalem geflohen war, um 170 v. Chr. einen Tempel nordöstlich der Umfassungsmauer.[2] Nach Flavius Josephus ließ er einen burgartigen Tempel aus großen Steinquadern errichten, umgeben von einer Backsteinmauer mit steinernen Toren.[3] Anstatt eines Standleuchters ließ er eine goldene Lampe aufhängen. Der Bau eines zweiten JHWH-Tempels außerhalb von Jerusalem wurde durch eine Prophezeiung im biblischen Buch Jesaja legitimiert, in der ein Altar des JHWH in Ägypten vorausgesagt wird.[4] Die meisten Juden – auch jene in Ägypten – lehnten dieses Heiligtum ab, jedoch wurde es als Heiligtum neben dem Jerusalemer Tempel geduldet. Der Tempel wurde 71 n. Chr. unter Vespasian durch den damaligen praefectus aegypti, Tiberius Iulius Lupus, nach einem Aufstand der Juden in Alexandria geschlossen.[5]

Archäologisch nachgewiesen ist er nicht, die Anwesenheit von Juden an diesem Ort ist aber belegt.

Literatur

  • Edouard Naville: The mound of the Jew and the city of Onias. Belbeis, Samanood, Abusir, Tukh el Karmus. 1887 (= Memoirs of the Egypt Exploration Fund. Band 7, ISSN 0307-5109). Paul, Trench, Trübner, London 1890 (online).
  • A.-P. Zivie: Tell el-Jahudija. In: Wolfgang Helck, Eberhard Otto, Wolfhart Westendorf: Lexikon der Ägyptologie. Band VI: Stele – Zypresse. Harrassowitz, Wiesbaden 1986, ISBN 3-447-02663-4, S. 331–335.
  • John S. Holladay Jr.: Yahudiyya, Tell el-. In: D. B. Redford (Hrsg.): The Oxford Encyclopedia of Ancient Egypt. Band III: P - Z. Oxford University Press, Oxford 2001, ISBN 0-19-513823-6, S. 527–529.
  • Max KüchlerLeontopolis. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 5, Mohr-Siebeck, Tübingen 2002, Sp. 274.
  • W. M. Flinders Petrie, J. Garrow Duncan: Hyksos and Israelite Cities. Quaritch, London 1906.
  • Manfred Bietak: Tell el-Yahudiya. In: Kathryn A. Bard (Hrsg.): Encyclopedia of the Archaeology of Ancient Egypt. Routledge, London/ New York 1999, ISBN 0-415-18589-0, S. 791–792.
  • Hans Bonnet: Leontopolis (2.). In: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-937872-08-6, S. 423.

Einzelnachweise

  1. Übersetzung von Philipp Kohout; Der Juedische Krieg (Wikisource)
  2. Flavius Josephus, Bellum iudaicum, 1, 1, 1; 7, 10, 2
  3. Flavius Josephus, Bellum iudaicum, 7, 10, 3
  4. Jesaja 19,18–19
  5. Flavius Josephus, Bellum iudaicum, 7, 10, 1–2, 4

Koordinaten: 30° 17′ N, 31° 20′ O

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Hecht Museum, Tell el-Yahudiah Ware.jpg
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Tell el-Yahudiya Keramik, Mittlere Bronzezeit (2000 - 1550 v. Chr.), Hecht-Museum, Jerusalem