Telefonvorwahl (DDR)

In West- und Ostdeutschland bestanden zwei eigenständige Telefonnetze mit getrennten Auslandsvorwahlen. Die Bundesrepublik war vom Ausland über die Vorwahl +49, die DDR über +37 erreichbar. Das Telefonnetz des Beitrittsgebietes, zwischenzeitlich „Verkehrsgebiet Ost“ genannt, wurde bis 1993 vollständig in das Netz der Bundesrepublik integriert. Damit entfiel die Ländervorwahl +37.

Innerhalb des DDR-Telefonnetzes wurde nach der ersten Verkehrsausscheidungsziffer „0“ eine zweite Verkehrsausscheidungsziffer, entweder „0“ oder „9“ eingefügt—dies war eine Notlösung, um die Beschränkungen der in der DDR verfügbaren Technik zu umgehen. Neben der „kanonischen“ Vorwahl, die immer mit 00 bzw. 09 eingeleitet wurde, war jedes Ortsnetz aus Ortsnetzen in der Umgebung über Querverbindungen erreichbar, für die je nach anrufendem Ortsnetz unterschiedliche Vorwahlen galten, welche mit 02 bis 05 begannen. Auf diese Weise wurden die knappen Fernleitungen entlastet.

Nach der Wende wurden die DDR-Vorwahlen ab 15. April 1992^[1] in das gesamtdeutsche Vorwahlsystem integriert, indem die Nummerngasse „03“ der Bundesrepublik belegt wurde.

Die dritte Ziffer der heutigen deutschen Vorwahl entspricht außer im ehemaligen Bezirk Gera und in Berlin immer der dritten Ziffer der ehemaligen DDR-Vorwahl.

Entwicklung der Netzstruktur

Das Telefonnetz der DDR war ähnlich wie das der Bundesrepublik hierarchisch strukturiert. Es gab Orts-, Knoten (KVSt)- und Hauptvermittlungsstellen (HVSt), die Ebene der Zentralvermittlungsstelle fehlte jedoch. Zusätzlich zu den DDR-weit gültigen Vorwahlen bestanden zwischen den Vermittlungsstellen im näheren Umkreis zahlreiche Maschenwege (Querverbindungen); diese kurzen Vorwahlen wurden verwendet, wenn eine Verbindung innerhalb einer KVSt oder über zwei benachbarte KVSt unter Umgehung der HVSt aufgebaut werden sollte („02“, „03“, „04“, „05“, „07“ und „08“). Diese Verbindungen hatten meist auch einen längeren Zeittakt als die Verbindungen über die HVSt und waren damit billiger. Daher hatte fast jedes Ortsnetz mehrere Vorwahlen, eine „kanonische“ für den Regelweg und mehrere Vorwahlen für den Maschenweg (Querverbindungen), je nachdem, von welchem Ortsnetz aus die Verbindung hergestellt wurde. In der Bundesrepublik existierte ein ähnliches Verfahren unter der Bezeichnung vereinfachter Selbstwählferndienst – allerdings in einem weit geringeren Umfang.

Zunächst wurden in der DDR nach der Fernwahl-Ausscheidungsziffer „0“ acht provisorische Bereichskennzahlen für die jeweilige Hauptvermittlungsstelle (HVSt) eingeführt: Ziffer „2“ für Berlin, „3“ für Potsdam/Frankfurt, „4“ für Halle/Leipzig, „5“ für Dresden/Cottbus, „6“ für Erfurt/Gera/Suhl, „7“ für Chemnitz „8“ für Rostock/Neubrandenburg und „9“ für Magdeburg/Schwerin. Diese Einteilung geschah noch vor der Verwaltungsreform im Jahre 1952, die die Länder Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen durch 14 Bezirke als Hauptverwaltungsebene ersetzte. Diese Urplanung berücksichtigte noch nicht die administrativen Bezirksgrenzen, es waren zunächst reine Fernmeldenetzbereiche. Die genannten Bereichskennziffern sind in der Tat die heutigen dritten Stellen der Vorwahl (03x) – mit Ausnahme von Berlin (Ost), da die Vorwahl „032“ in der heutigen Bundesrepublik einen ortsunabhängigen Rufnummernraum für Nationale Teilnehmerrufnummern (NTR) bezeichnet, also eine Vorwahl ohne Ortsnetzbezug.

Diese Planung für acht HVSt war zwar übersichtlich, jedoch mit der vorhandenen und veralteten Technik nicht realisierbar, da zudem teilweise viel zu große Flächenbereiche eingeführt worden waren, z. B. eine HVSt für den Fernmeldenetzbereich Magdeburg/Schwerin. Daher wurden die sieben Großbereiche 3 bis 9 wieder in jeweils zwei Bereiche aufgeteilt, so dass die administrative Bezirksstruktur abgebildet werden konnte. Auf lange Sicht sollten jedoch nur die oben genannten acht Großbereiche bestehen bleiben, so dass Ortsnetze gemäß der Netzstruktur so durchnummeriert wurden, dass prinzipiell galt: Die Knotenvermittlungsstellen (KVSt) – die sogenannte zweite Netzebene – wurde innerhalb der Großbereiche eindeutig so zugeordnet, dass ×1 die Bezirksstadt des einen Teils des Großbereiches war, ×5 die des anderen, z. B.: 31=Potsdam, 35=Frankfurt; 41=Leipzig, 45=Halle; 51=Dresden, 55=Cottbus; usw. Es gab also in jeder Bezirksstadt eine HVSt, dann bis zu vier numerische KVSt-Bereiche (×1...×4 und ×5...×8), die sich aber auf viele verschiedene physische KVSt aufteilten.

Im Inland wurde eine zweite Verkehrsausscheidungsziffer (nach der ersten 0 entweder 9 oder eine weitere 0) in die Vorwahl eingefügt, die sich nach der zweiten Stelle der Ortsnetzkennzahl richtete: 00x1yz…00x4yz bzw. 09x5yz…09x8yz. Leipzig war also beispielsweise im Inland 0941, Halle 0045. Aus dem Ausland war für die beiden Ortsnetze jedoch +3741 bzw. +3745 vorzuwählen. Diese Nummerierung wurde allerdings nicht konsequent vorgenommen und manchmal vertauscht.

Vorwahlen Karl-Marx-Stadt

Im Inland war das verwendete direktgesteuerte Wählervermittlungssystem nicht flexibel genug. Zusätzlich zur sternförmigen Verbindung der Vermittlungsstellen gab es daher noch Querverbindungen (Maschen) zwischen verschiedenen KVSt im Nahbereich. Für diese galten dann ortsspezifische Vorwahlen, die mit „02“, „03“, „04“ oder „05“ begannen. Insbesondere in der Nähe des anzurufenden Ortes (Nachbarnetze) waren kurze Vorwahlen (wie „02“) üblich. Je weiter entfernt vom anzurufenden Ort man sich befand, desto einheitlicher wurden die Vorwahlen für diesen Ort. Aus diesem Grund gab es für jedes Ortsnetz ein eigenes Vorwahlverzeichnis. Zusätzlich zu der im jeweiligen Vorwahlverzeichnis genannten „offiziellen“ (nur in diesem Ortsnetz gültigen) Vorwahl gab es immer auch noch die „kanonische Vorwahl“, z. B. von Oschatz nach Leipzig statt der überlasteten „04“ auch die „0941“.

Solche Quermaschen konnten im Nahbereich sehr verkehrsentlastend wirken. Beispiel: Anruf von Genthin nach Brandenburg. Die „kanonische Verbindung“ mittels der 003x-DDR-Vorwahl lief erst nach Magdeburg, von dort nach Potsdam, und dann nach Brandenburg zurück. Abgesehen von der wegen der langen Leitung und vielen Wahlstufen und TF-Umsetzern schlechten Verbindungsqualität wurden damit auch die knappen Fernleitungen mit Nahverkehr belastet.

Die Auslandsvorwahl war „06“, denn die „00“ war belegt (siehe oben); auch wurde nach „00“ und „09“ nur noch mit binärer Tarifierung gearbeitet, d. h. die nächste Ziffer legte dann fest, ob es „Fernzone II“ oder „Fernzone III“ war, und zwar festverdrahtet und ohne weitere Alternative.

Nach der Wende wurden die Ortsnetze der DDR auf die Nummerngasse „03“ der Bundesrepublik aufgeschaltet; von jener war bis dahin auch „im Westen“ oft nur die Vorwahl für West-Berlin („0311“ und nach Verkürzung der Vorwahl „030“) offiziell bekannt. Dabei wurde oft, z. B. im ehemaligen Bezirk Leipzig die zweite Verkehrsausscheidungsziffer nur durch die Ziffer „3“ ersetzt und die Vorwahl blieb ansonsten unverändert. So wurde z. B. aus „0941“ für Leipzig „0341“, aus „094299“ für Gaschwitz wurde „034299“ – als Beispiel für ein kleines Ortsnetz – oder „0351“ wurde anstatt „0051“ die Vorwahl für Dresden.

Nummerngassen

Regelvorwahlen nach Bezirken in numerischer Reihenfolge

Wichtiger Hinweis: Es gab diverse Maschenverbindungen in den Nahbereich; dafür galten ortsspezifische Vorwahlen, die mit „02“, „03“, „04“ oder „05“ begannen. Insbesondere in der Nähe des anzurufenden Ortes (Nachbarnetze) waren kurze Vorwahlen (wie z. B.„02“) üblich. Je weiter entfernt vom anzurufenden Ort man sich befand, desto „DDR-weit einheitlicher“ wurden die Vorwahlen für diesen Ort. Aus diesem Grund gab es für jedes Ortsnetz ein eigenes Vorwahlverzeichnis.

Somit gab es von jedem Ortsnetz in ein anderes Ortsnetz „Sondervorwahlen“. Eine Liste sämtlicher Regelvorwahlen wurde in der DDR für den zivilen Gebrauch zu keiner Zeit veröffentlicht. Ausführliche Erklärung: bitte siehe oben stehenden Abschnitt: Entwicklung der Netzstruktur.

Berlin

Potsdam

Frankfurt/O

Halle

Leipzig

Dresden

Cottbus

Erfurt

Suhl

Karl-Marx-Stadt

Gera

Rostock

Schwerin

Magdeburg

Neubrandenburg

Einzelnachweise

1. ↑ taz.de (15.04.1992): Neue Nummern für FNL, abgerufen am 15. Juni 2022
2. ↑ ^{a b c} Verzeichnis der Ortsnetzkennzahlen für den Selbstwählferndienst, Ausgabe 1989 - Beilage zum Fernsprechbuch, gültig für den Bereich der Knotenvermittlungsstelle Berlin, Hauptstadt der DDR
3. ↑ Verzeichnis der Ortsnetzkennzahlen für den Selbstwählferndienst, Ausgabe 1990 - Beilage zum Fernsprechbuch, gültig für den Bereich der Knotenvermittlungsstelle Freiberg
4. ↑ Rieseln lassen. In: Der Spiegel. Nr. 36, 1972 (online). 
5. ↑ An die „7“ kommt man ohne Vorwahl. Neues Deutschland, 28. Dezember 1991, abgerufen am 17. Januar 2016. 
6. ↑ Neue Vorwahlnummern von West- nach Ostberlin. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) Deutsche Telekom, archiviert vom Original am 18. Januar 2016; abgerufen am 17. Januar 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.grenzenlose-leistung.de 
7. ↑ 0372 – der Anschluss des Ostens. Die Vorwahl fürs andere Berlin führte oft ins Leere. Der Tagesspiegel, 2. Oktober 2005, abgerufen am 17. Januar 2016. 
8. ↑ ^{a b} Verzeichnis der Ortsnetzkennzahlen für den Selbstwählferndienst, Ausgabe 1987 - Beilage zum Fernsprechbuch, gültig für den Bereich der Knotenvermittlungsstelle Köthen (Anh)
9. ↑ Sonderdruck AVON 1991 Vorwahlnummern Neue Bundesländer - Fernmeldetechnisches Zentralamt Darmstadt im Auftrage der Deutschen Bundespost
10. ↑ Vorwahlnummern AVON 1992 – Fernmeldetechnisches Zentralamt Darmstadt im Auftrage der Deutschen Bundespost