Telefonist

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Telefonistin bei ihrer Arbeit (1930)

Ein Telefonist (oder Telefonoperator) war ein Mitarbeiter im Fernsprechverkehr, dessen Aufgabe es ist, Telefongespräche anzunehmen und an die gewünschten Teilnehmer zu vermitteln.

Geschichte

In früheren Telefonzentralen musste noch manuell vermittelt werden (teilweise mit dem Kurbelinduktor), was in eigenen Ämtern meist durch weibliche Telefonistinnen (daher „Fräulein vom Amt“ oder „Demoiselle“) erfolgte. Heute ist die Direktwahl der Telefonnummern im Selbstwählverkehr fast überall möglich.

Bei größeren Unternehmen und Behörden werden Telefonisten für die richtige Zuordnung der Anrufe eingesetzt. Damit beschränkt sich die Aufgabe der Telefonisten inzwischen auf das Vermitteln von Anrufern, die die Durchwahl nicht kennen. Telefonanlagen unterstützen die Anzeige der freien und besetzten Nebenstellen durch Kontrolllampen oder am PC; vermehrt übernehmen Sprachdialogsysteme die Aufgabe der Telefonisten, Telefonanlagen werden seit den 2010er Jahren durch virtuelle Telefonanlagen und IP-Telefonie ersetzt.

In Notrufzentralen und anderen Leitstellen werden die Telefonisten auch als Disponenten bezeichnet. Eine auch noch manchmal durchgeführte Aufgabe von Operatoren ist die Annahme von Nachrichten eines Anrufers und deren Übermittlung in Textform, beispielsweise in ein Funkrufnetz wie Cityruf. Ebenfalls wurden Telefonisten, bis zur Einstellung des Telegrammdienstes, zur Aufnahme von Telegrammen eingesetzt.

Das „Fräulein vom Amt“ in Deutschland

Ab 1889 wurden in Deutschland verstärkt Frauen im Telefondienst eingesetzt.[1] Wie die Erfahrungen in den USA ab 1878 zeigten, waren Frauen im Allgemeinen höflicher zu den Kunden und konnten deutlich schlechter bezahlt werden.[2] Die Aufgabe der Telefonistinnen war die Vermittlung eines Teilnehmers zu einem anderen Teilnehmer. Jeder Teilnehmer besaß eine eigene Anschlussbuchse auf dem Klappenschrank. Der Standardsatz lautete „Jetzt kommt ein Gespräch für Sie“, und die Verbindung zum Gesprächspartner wurde hergestellt.

Für diesen Beruf waren eine gute Schulbildung, beste Umgangsformen und, wenn möglich, Fremdsprachenkenntnisse erforderlich. Für die Aufnahme wurden lediglich einige Einstellungstests durchgeführt. Die Damen mussten jung, ledig und aus gutem Hause sein. Die Ausbildung bzw. die Anlernzeit finanzierte die Post. Das Gehalt war ähnlich wie beispielsweise das der Sekretärin. Es reichte aus, um eine unverheiratete Frau zu versorgen.

Um die Jahrhundertwende erfreute sich dieser Beruf großer Beliebtheit. Knapp 4000 „Fräulein vom Amt“ gab es 1897. Zehn Jahre später waren es schon 16.000. 1912 wurde der Verband der Deutschen Reichs-Post- und Telegrafenbeamtinnen gegründet, der bis 1933 Bestand hatte.

Mit der Entwicklung der elektromechanischen Vermittlungstechnik, bei der elektromechanische Wähler wie der Hebdrehwähler die Verbindungen aufbauten, wurden die „Fräuleins“ nach und nach durch Maschinen ersetzt: 1908 wurde in Hildesheim das erste automatische Ortsamt in Deutschland in Betrieb genommen. Doch erst 1966 waren alle Ortsnetze auf dem Gebiet der Bundesrepublik, 1987 in der DDR, automatisiert. Auch die Gespräche in den ersten Mobilfunknetzen wie dem A-Netz waren auf Handvermittlung aufgebaut. Bis heute wird als „Telefonauskunft“ eine kommerzielle Vermittlung von Gesprächen angeboten.

Telefonistinnen in der Schweiz

Ähnliche Berufe oder Tätigkeiten

Überschneidungen mit heutigen Berufsbildern gibt es bei Callcenteragenten (Telefonagenten) und in den Ausbildungsberufen Servicefachkraft für Dialogmarketing und Kaufmann für Dialogmarketing.

Mitarbeiter von Servicediensten wie der Telefonseelsorge oder dem Heimwegtelefon verrichten Telefondienst mit unterschiedlicher Ausbildung.

Literatur

  • Handwörterbuch des elektrischen Fernmeldewesens; 2. Auflage
    • Band 1: S. 457 (Fernplatz); S. 460 (Fernplatzarten, Fernplatzherbeiruf); S. 555 (Ferntisch); S. 556–557 (Fernverbindung im handvermittelten Ferndienst)
    • Band 3: S. 1812 (Vermittlungskraft)
  • Yvonne Bühlmann, Kathrin Zatti: Frauen im schweizerischen Telegrafen- und Telefonwesen, 1870–1914. Chronos-Verlag, Zürich 1992, ISBN 3-905278-96-0.
  • Helmut Gold (Hrsg.), Annette Koch (Hrsg.), Rolf Barnekow (Beiträge): Fräulein vom Amt. Anläßlich der Ausstellung „Fräulein vom Amt“ im Deutschen Postmuseum, Frankfurt am Main (4. Mai 1993 bis 15. August 1993). Prestel-Verlag, München 1993, ISBN 3-7913-1270-7.

Weblinks

Commons: Telefonist – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Telefonist – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Telegraphentechnisches Reichsamt: Das deutsche Telegraphen-, Fernsprech- und Funkwesen 1899–1924. Hier heißt es: „Im Fernsprechdienst waren seit 1889 weibliche Kräfte (Telegraphengehilfinnen) […] beschäftigt.“
  2. Marianne Erath: Hallo, ist da das Fräulein vom Amt? In: Emma. 2009, abgerufen am 1. Juni 2021.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Die keinen Sonn- und Feiertag kennen! Nicht allen Menschen ist es gegönnt, nach 6 tägiger Arbeitslast am Sonn- oder Feiertag auszuruhen. Bei Feuersgefahr muss die Feuerwehr zur Stelle sein, ohne Polizei wäre es nicht auszudenken und bei Unfällen sind es die Rettungsstellen, die Opferbereit die erste Hilfe leisten. In den Krankenhäusern, eine der notwendigsten Einrichtungen muss stänig ein Arzt, Krankenschwestern- und Wärter für die Pflege der Kranken da sein und ohne den Heizer an der Heizungsanlage des Elektrizitätswerkes könnten die allerwenigsten auskommen. Ein für die Grossstadt wichtigen Dienst übt auch die Telefonbeamtin aus. Das sind nur wenige von den Vielen, die keinen Sonn- und Feiertag kennen. -Die Telefonistin, beim Versehen ihres Sonntagsdienstes.
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Oberpostdirektion Frankfurt am Main; Telefonzentrale mit Klappenschalter, 19. Jahrhundert, Fotografie. Bestand des Historischen Museums Frankfurt. Veröffentlicht in Dorothee Linnemann (Hrsg.): Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht. Begleitbuch zur Ausstellung. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-95542-306-3, S. 26.
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Fernsprechamt in Stettin im Jahre 1892