Teilschnittmaschine
Eine Teilschnittmaschine (TSM) ist eine Vortriebsmaschine für den Tunnel- und Bergbau.[1] Teilschnittmaschinen gehören aufgrund ihrer Bauform zu den Umfangfräsen.[2] Da heutige Teilschnittmaschinen mit Schneidköpfen arbeiten, nennt man diese Maschinen auch Schneidkopfmaschinen.[3] Mit Teilschnittmaschinen können beliebig geformte Streckenquerschnitte erstellt werden.[4]
Geschichte
Die erste Teilschnittmaschine wurde in der Mitte der 1960er Jahre in Osteuropa eingesetzt. Diese Maschine bestand aus einem Grundrahmen mit dem Raupenfahrwerk eines Arbeitspanzers. Am Grundrahmen war ein Auslegerarm befestigt, an dessen oberem Ende Fräsköpfe montiert waren. Der Ausleger hatte eine dreiachsige Beweglichkeit. Diese Maschinen wurden auch in westeuropäischen Bergwerken zur Erprobung eingesetzt.[5] Anfang der 1970er Jahre begann man in Westeuropa damit, eigene Maschinen zu entwickeln. Zuerst wurden die aus Osteuropa stammenden Maschinen in Lizenz nachgebaut und verbessert, später wurden eigene Maschinen konstruiert. Die Teilschnittmaschinen wurden parallel zu den Vollschnittmaschinen entwickelt.[4]
Aufbau
Die Teilschnittmaschine besteht aus einem Grundrahmen (Maschinenchassis), in dem sich die Hydraulik der Maschine befindet.[6] Am vorderen Teil der Maschine ist ein Ausleger montiert.[7] Der Ausleger ist sowohl horizontal als auch vertikal schwenkbar.[8] Am oberen Ende des Auslegers befindet sich der Schneidkopf.[2] Der Schneidkopf ist mit mehreren Schneidmeißeln bestückt.[9] Die TSM ist zur Fortbewegung mit zwei Raupenfahrwerken ausgerüstet.[7] Einige TSM-Typen haben anstelle der Raupenfahrwerke zur Fortbewegung Schreitwerke.[8] Der Bediener sitzt meist wie bei einem Bagger auf der Maschine, der Bedienplatz kann bei kleinen Maschinen oder bei geringen Querschnitten aber auch hinter oder neben der Maschine angeordnet sein.[7] Zum Wegladen des Haufwerks befindet sich an der Front des Grundrahmens im Sohlenbereich ein Ladetisch, der mit einer entsprechenden Ladeeinrichtung ausgerüstet ist.[2] Für die Abförderung des Haufwerks ist in der Mitte des Maschinenchassis oder auch seitlich ein Kratzkettenförderer integriert.[3] Dieser Kratzkettenförderer ist so groß dimensioniert, dass auch größere Gesteinsbrocken abgefördert werden können. Die gesamte Fördereinrichtung ist in der Regel höhenverstellbar und schwenkbar.[10] Damit bei brächigem Hangenden unverzüglich nach dem Schneidvorgang eine Firstsicherung in Form von Ankern oder Gebirgsverfestigern eingebracht werden kann, werden Teilschnittmaschinen bei Bedarf auch mit einer Bohreinrichtung ausgerüstet.[11] Die Energieversorgung der Maschine ist bei größeren Teilschnittmaschinen in einem Nachläuferzug integriert.[3] In diesem Nachläuferzug befindet sich auch die Entstaubungsanlage und sämtliche weiteren Betriebsmittel wie die Wetterklimatisierung.[7]
Maschinentypen
Teilschnittmaschinen werden in axial und in radial schneidende Typen eingeteilt.[12] Axial schneidende Teilschnittmaschinen haben einen Querschneidkopf.[3] Bei diesen Maschinen steht die Schneidkopfachse senkrecht zum Ausleger.[4] Bauartbedingt wirken bei dieser Maschine die Reaktionskräfte in Richtung Schneidarm.[3] Aus diesem Grund haben axial schneidende Maschinentypen ein relativ geringes Eigengewicht.[4] Radial schneidende Teilschnittmaschinen haben einen Längsschneidkopf.[3] Bei diesen Maschinen dreht sich die Schneidwalze in der Verlängerung des Schneidarms.[13] Aus diesem Grund wirken die Reaktionskräfte senkrecht zum Schneidarm.[3] Bedingt durch den langen Hebelarm wirkt sich das Gewicht des Schneidkopfes auf das erforderliche Gewicht der Maschine aus.[4] Maschinen mit radial schneidendem Kopf benötigen ein hohes Eigengewicht.[3] Das Gewicht der Maschine muss dabei so hoch sein, dass es dem Kippmoment beim Schwenken des Schneidkopfes entgegenwirken kann.[2]
Größen
Entsprechend den jeweiligen Anforderungen werden Teilschnittmaschinen mit unterschiedlichen Antriebsleistungen für den Schrämkopf und unterschiedlichem Gesamtgewicht gebaut.[13] Zurzeit gibt es Maschinen mit Antriebsleistungen von 20 Kilowatt bis 400 Kilowatt und Gesamtgewichten von 8 Tonnen bis 140 Tonnen.[14] Je nach Antriebsleistung und Gesamtgewicht werden die Maschinen kategorisiert von leicht[13] bis extraschwer[14] bzw. überschwer.[13]
Gewichtsklasse | Gewichtsbereich (Tonnen) | Schrämkopfleistung (Kilowatt) | Querschnitt (m²) normaler Schneidbereich | Querschnitt (m²) erweiterter Schneidbereich |
---|---|---|---|---|
leicht | 8–40 | 50–170 | ~ 25 | ~ 40 |
mittel | 40–70 | 160–230 | ~ 30 | ~ 60 |
schwer | 70–110 | 250–300 | ~ 40 | ~ 70 |
extra schwer | > 100 | 350–400 | ~ 45 | ~ 80 |
Quelle:[14]
Arbeitsweise
Um die Ortsbrust zu bearbeiten, wird die Teilschnittmaschine mit den Raupenfahrwerken auf die Ortsbrust zu gefahren und der Schneidkopf wird in Bewegung gesetzt.[2] Anschließend wird die Ortsbrust des Tunnels bzw. der Strecke stückweise mit dem Schneidkopf abgefräst.[1] Um die Ortsbrust optimal bearbeiten zu können, muss zunächst ein sogenannter Einbruch in der Ortsbrust erstellt werden.[4] Nachdem der Einbruch erstellt wurde, kann anschließend die gesamte Ortsbrust abgefräst werden.[14] Das Material wird durch den Schneidkopf feinstückig herausgeschnitten.[15] Das von dem mit Hartmetallmeißeln bestückten Fräskopf abgetragene Material bzw. Gestein wird mit einer Ladeschaufel aufgenommen und von mehreren Ladearmen oder von rotierenden Ladescheiben zu einem mittig durch die Teilschnittmaschine laufenden Kettenkratzförderer geschoben.[3] Am Ende dieses Förderbandes wird das Gestein dann über einen Ausleger auf ein Förderband abgeworfen, das mit fortschreitender Streckenauffahrung nachgeführt werden muss.[2]
Krafteintrag ins Gestein
Bei der Teilschnittmaschine erfolgt der Krafteintrag in das Gestein auf zwei Arten.[13] Zum einen durch die Rotationsbewegung des Schneidkopfes, zum anderen durch den Andruck an das Gestein.[14] Die den Andruck an das Gebirge hervorrufende Vorschubkraft wird durch die Raupenfahrwerke erbracht.[4] Die Maschinen können nicht mit dem Gebirge verspannt werden,[2] aus diesem Grund erfolgt die Aufnahme der Rückstellkräfte beim Schneidvorgang durch die Maschinenmasse.[3] Damit nun die Maschine eine genügend hohe Kraft ins Gestein einleiten kann, muss sie eine hohe Masse haben.[2] Je größer das Gewicht der Maschine ist, umso festere Gesteinsarten lassen sich mit der Maschine schneiden.[15]
Staubbekämpfung
Beim Fräsen des Gesteins entsteht sehr viel Staub, der mit geeigneten Mitteln bekämpft werden muss.[12] Dazu gibt es zwei Möglichkeiten, die Staubabsaugung und die Berieselung mit zusätzlicher Bewetterung.[10] Bei der Staubabsaugung wird der Staub konzentriert an der Entstehungsstelle abgesaugt und zu einer Entstaubungsanlage geleitet.[12] Zur Absaugung gibt es zwei Möglichkeiten, die Absaugung über einen vorauseilenden Pilotstollen oder die Absaugung über Absaugrohre. Die Absaugrohre werden links und recht an der Maschine montiert. An die Absaugrohre werden flexible Lutten befestigt, über die dann der Staub bis zur Entstaubungsanlage geführt wird.[10] Bei der Berieselung wird der Staub mittels versprühtem Wasser benetzt und dadurch teilweise gebunden.[12] Das Wasser wird durch spezielle Innendüsen, die im Schneidkopf integriert sind, unter hohem Wasserdruck versprüht. Der Wasserdruck ist in Grenzen regulierbar. Dies ist notwendig, um die erforderliche Wassermenge an die Verhältnisse vor Ort anzugleichen. Das Wasser kühlt dabei gleichzeitig die Schneidmeißel und reduziert die Funkenbildung beim Schneidvorgang. Zusätzlich wird der noch vorhandene Staub abgesaugt und zur Entstaubungsanlage geleitet.[10]
Einsetzbarkeit und Grenzen
Teilschnittmaschinen können zur Auffahrung in Gesteinen mit mittlerer Festigkeit eingesetzt werden. Insbesondere bei geschichtetem und geklüftetem Gestein sind Teilschnittmaschinen gut geeignet.[15] Man kann mit einer Teilschnittmaschine unterschiedliche Streckenprofile auffahren.[10] Die Einsatzgrenzen der Teilschnittmaschine liegen in erster Linie in der Druckfestigkeit des Gesteins.[3] Allerdings sind diese Grenzen nicht fest, sondern werden von vielen Faktoren wie Kornbindung, Zugfestigkeit, Zähigkeit, Trennflächen und Gebirgsklassifizierung beeinflusst.[13] Wesentliche Faktoren sind auch die Standfestigkeit der Schneidwerkzeuge sowie die Antriebsleistung und das Gesamtgewicht der Maschine.[16] Eine weitere Grenze für die Einsetzbarkeit von Teilschnittmaschinen ist der Streckenquerschnitt. Bei zu kleinen Streckenquerschnitten können Teilschnittmaschinen nicht eingesetzt werden, da so kleine Maschinen nicht die erforderliche Schneidleistung erbringen können.[15]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7
- ↑ a b c d e f g h Eric Drüppel: Entwicklung eines Konzeptes für die schneidende Gewinnung im Steinsalz. Dissertation 2010, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
- ↑ a b c d e f g h i j k Ernst-Ulrich Reuther: Lehrbuch der Bergbaukunde. Erster Band, 12. Auflage, VGE Verlag GmbH, Essen 2010, ISBN 978-3-86797-076-1
- ↑ a b c d e f g Heinrich Otto Buja: Ingenieurhandbuch Bergbautechnik, Lagerstätten und Gewinnungstechnik. 1. Auflage, Beuth Verlag GmbH Berlin-Wien-Zürich, Berlin 2013, ISBN 978-3-410-22618-5
- ↑ Heading machines. Abgerufen am 17. August 2011 (englisch, Homepage der Jasinowatskier Maschinenfabrik, in der die erste TSM gebaut wurde.).
- ↑ "Horst Roschlau, Wolfram Heinze: Bergmaschinentechnik. 1. Auflage, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1976, S. 201–206
- ↑ a b c d Wirtschaftsvereinigung Bergbau e.V.: Das Bergbau Handbuch. 5. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen, 1994, ISBN 3-7739-0567-X
- ↑ a b Heinz M. Hiersig (Hrsg.): VDI-Lexikon Maschinenbau. VDI-Verlag GmbH, Düsseldorf 1995, ISBN 978-3-540-62133-1
- ↑ Maxim Vorona: Optimierung des Schneidprozesses und Prognose der relevanten Arbeitsgrößen bei der Gesteinszerstörung unter Berücksichtigung des Meißelverschleißes. Dissertation 2012, Technische Universität Bergakademie Freiberg
- ↑ a b c d e Gerhard Girmscheid: Baubetrieb und Bauverfahren im Tunnelbau. Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH und Co.KG., Berlin 2008, ISBN 978-3-433-01852-1
- ↑ Harald Korfmann: Teilschnittmaschinenauffahrung in Kombi-Technik. In: Thyssen Schachtbau GmbH. (Hrsg.): Report, Werkszeitschrift für die Unternehmen der Thyssen Schachtbau Gruppe. Druck Color-Offset-Wälter GmbH & Co. KG (Dortmund), Mülheim an der Ruhr 2001, S. 4–6
- ↑ a b c d Friedrich Brune: Erfahrungen beim Einsatz einer Teilschnittmaschine in Tübingen. In: Deilmann-Haniel GmbH. (Hrsg.): Unser Betrieb, Werkszeitschrift für die Unternehmen der Deilmann-Haniel-Gruppe. Nr. 14, Druck Firma A. Heilendorn (Bentheim), Dortmund September 1974, S. 24–28
- ↑ a b c d e f Kurosch Thuro: Geologisch-felsmechanische Grundlagen der Gebirgslösung im Tunnelbau. Habilitationsschrift 2002, ETH Zürich, ISSN 1430-5674
- ↑ a b c d e Klaus Eichler: Fels und Tunnelbau. Expert Verlag, Renningen-Malmsheim 2000, ISBN 3-8169-1741-0
- ↑ a b c d Dimitrios Kolymbas: Geotechnik-Tunnelbau und Tunnelmechanik. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York 1998, ISBN 3-540-62805-3
- ↑ Karlheinz Wennmohs: Verfahrenskonkurrenz: Teilschnittmaschine / Bohrjumbo. In BTM-1983 Heft 3
Weblinks
- Deilmann-Haniel Mining System: Bohreinrichtungen für Teilschnittmaschinen (PDF; 320 kB)
- Ralf J. Plinninger: Teilschnittmaschinen als alternatives Vortriebsverfahren im innerstädtischen Tunnel- und Stollenbau – Chancen und Risiken. (Memento vom 19. Dezember 2013 im Internet Archive) (PDF; 850 kB)
- Video: Teilschnittmaschine in Aktion
- Kurosch Thuro, Ralf J. Plinninger: Geologisch-geotechnische Grenzfälle beim Einsatz von Teilschnittmaschinen. (PDF; 429 kB)
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