Tank & Rast
Autobahn Tank & Rast Gruppe GmbH & Co. KG | |
---|---|
Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1951 (GfN), 1994 (Tank & Rast) |
Sitz | Bonn, Deutschland |
Leitung |
|
Mitarbeiterzahl | 1.050 (2021) |
Umsatz | 537,0 Mio. Euro (2021) |
Branche | Raststätten und Tankstellen |
Website | tank.rast.de |
Stand: 31. Dezember 2021 |
Die Autobahn Tank & Rast Gruppe GmbH & Co. KG mit Sitz in Bonn ist ein Dienstleistungsunternehmen, das die Konzession für beinahe alle Autobahnraststätten und deren Tankstellen in Deutschland hält; die Kraftstoff-Vertriebsrechte an dem Großteil der Raststätten werden im Rahmen einer Auktion durch die Gesellschaft zur Pacht vergeben und hatten zuletzt in der Regel eine Vertragslaufzeit von vier Jahren. Darüber hinaus betreibt es auch eigene Tankstellen und Autohöfe und bietet damit verbundene Dienstleistungen an.
Aktivitäten & Unternehmensstruktur
Mit 410 Rastanlagen, 360 Tankstellen und 50 Hotels ist Tank & Rast die größte Dienstleistungsgesellschaft dieser Art in Deutschland. Sie verfügt über 90 Prozent der Konzessionen für Nebenbetriebe an den Autobahnen.
Die Tank & Rast verfügt über vier Geschäftsbereiche:
- Tankstellen
- Raststätten
- Autohöfe
- Eigenbetriebe
Typischerweise betreibt Tank & Rast die Tankstellen und Raststätten nicht selbst, sondern verpachtet sie an private Pächter. Diese erhalten Lizenzen der Gesellschaft Tank & Rast und sind verpflichtet, Mindeststandards bezüglich Marktauftritt, Erscheinungsbild, Sortiment und Qualität einzuhalten; die Betreiber, die den Zuschlag für den Betrieb erhalten haben, legen die Kosten auf die Kraftstoffpreise und Produktpreise im Verkaufsbereich um und sind somit fast immer höherpreisig gegenüber den Angeboten an Straßentankstellen. Rund 15 Betriebe werden von Tank & Rast als Eigenbetriebe geführt.
Geschichte
Tank & Rast wurde 1994 gegründet. Vorgänger waren die ehemaligen bundeseigenen Gesellschaften Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen (GfN, gegründet 1951) sowie die Ostdeutsche Autobahntankstellengesellschaft mbH (OATG).
Im Jahr 1998 erfolgte die Privatisierung mit den politischen Vorgaben:
- Erhalt des bewährten Systems „Fahren, Tanken und Rasten auf der Autobahn“ für die Verkehrsteilnehmer,
- Erhalt der mittelständischen Pächterstruktur und deren unternehmerischer Freiheit,
- Erhalt der Angebotsvielfalt bei Tankstellen und Berücksichtigung der Interessen der mittelständischen Tankstellenbetreiber,
- Vermeidung von Monopolen.[1]
Verantwortlich für den Verkauf an die Lufthansa (30,6 Prozent) und Private-Equity-Unternehmen, namentlich Apax sowie die Allianz-Tochter Allianz Capital Partners, zeichnete der damalige Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU). Der Erlös betrug 1,2 Milliarden DM. Der Privatisierungsvertrag wurde nach monatelangen Verhandlungen am 29. Oktober 1998 in Köln unterzeichnet, nur zwei Tage nach der Vereidigung von Franz Müntefering (SPD) als Verkehrsminister. Dennoch hielt sich lange Zeit das Gerücht, Müntefering und die rot-grüne Bundesregierung hätten die Privatisierung vorangetrieben.[2]
Von Ende 2004 bis Juni 2007 war das britische Private-Equity-Unternehmen Terra Firma Capital Partners alleiniger Eigentümer von Tank & Rast. 2004 hatte das Unternehmen Tank & Rast für ca. 1,1 Milliarden Euro übernommen.[3] Im Juni 2007 beteiligte sich der Infrastrukturfond RREEF der Deutschen Bank für 1,2 Milliarden Euro an 50 Prozent der Firma.[3]
Nach Abschluss einer 2004 begonnenen Pilotphase baute Tank & Rast 2007 die Raststätten-Marke Serways auf 80 Standorte aus.[4] 2009 waren von den 390 Tank-&-Rast-Standorten 170 Serways-Filialen.[5] Im Jahr 2009 kaufte das Unternehmen vom Handelskonzern Metro den Tank- und Raststättenbetreiber Axxe.[6] Im Januar 2011 eröffnete das Unternehmen seinen ersten Autohof in Rheda-Wiedenbrück an der A 2. In die Ausstattung des Autohofs wurden rund 1,5 Millionen Euro investiert.[7]
Im August 2015 wurde Tank & Rast durch ein Konsortium für 3,5 Milliarden Euro erworben. Zum Konsortium gehören die Allianz-Tochter Allianz Capital Partners, die Münchener-Rück-Tochter MEAG, die Abu Dhabi Investment Authority und der kanadische Infrastrukturfonds Borealis Infrastructure.[8]
Kritik
Immer wieder wird das Geschäftsmodell von Tank & Rast kritisiert. Die FAZ berichtete am 18. August 2018, dass der Bundesverband der Verbraucherzentralen dem Raststättenkonzern Tank & Rast Abzocke am Kunden vorwerfe.[9] Das Unternehmen habe mit 460 Tankstellen und 410 Raststätten inzwischen quasi eine Monopolstellung, und laut dem Bundesverband der Verbraucherzentralen werde die Zwangssituation von Kunden ausgenutzt.[10] Diese Vorwürfe beziehen sich auf das Unternehmen Sanifair, aber man wirft Tank & Rast auch die zum Teil sehr hohen Preise vor, welche bis zu fünf Mal höher als im Supermarkt seien.[11][12]
Auch die erfolgte Privatisierung wird kritisiert. In den 90er Jahren waren Würstchenbuden und ähnliche Gewerbe an den Raststätten vertreten, bei denen Artikel günstig erworben werden konnten. Diese Gewerbe wurden vom Bundesverkehrsministerium verboten, quasi gleichzeitig wurde die bis dahin im Staatsbesitz befindliche Tank & Rast verkauft und privatisiert.
Der Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexperte Victor Perli sieht das als eine Entscheidung zu Lasten der Verbraucher. „Tank & Rast ist die Geschichte einer Privatisierung, die dazu führt, dass sich heute wenige sehr bereichern an dem Betrieb von Autobahnraststätten, die öffentliche Hand da viel Geld dafür reinsteckt, die Beschäftigten kaum mehr bekommen als den Mindestlohn, und die Kundinnen und Kunden sehr hohe Preise zahlen müssen, wenn sie tanken, wenn sie etwas essen möchten. Und das ist eine ganz schlimme Geschichte von Privatisierungsversagen.“[12]
Sanifair
Unternehmen
Eine Tochtergesellschaft des Unternehmens, Sanifair, ist für den Bereich der Toiletten zuständig und hat dafür ein eigenes Konzept entwickelt, um aus der bisher kostenlosen Dienstleistung einen Ertragsbringer für Tank & Rast zu machen. Es wird eine Toilettennutzungsgebühr von bislang 70 Cent erhoben[13] (im hannoverschen und im Dortmunder Hauptbahnhof aktuell 1 Euro und seit dem 8. November 2022 aufgrund einer beschlossenen Preiserhöhung generell 1 Euro[14]), von denen 50 Cent (und seit Einführung der Preiserhöhung die volle Höhe des gezahlten Betrages) auf Käufe in Tank-&-Rast-Unternehmen angerechnet werden.[15] Die Anrechnung wird nur auf Reisebedarf und Restaurant-Verzehr gewährt; Kraftstoffe sind ausgenommen. Bei der bundesweiten Einführung im Jahr 2003 war der Toilettenbesuch mit 50 Cent, die vollständig angerechnet wurden, für den kaufenden Gast noch kostenneutral.[16] Mit dem (kostenpflichtigen) Euroschlüssel ist die Toilettennutzung für Behinderte gratis möglich.
Sanifair ist an rund 300 Autobahn-Rastanlagen in sämtlichen Bundesländern außer Berlin und Bremen vorhanden (das Bundesland Bremen hat keine Autobahnraststätten). Sanifair-Toilettenanlagen umfassen zumeist Wickelräume und finden sich auch an einigen Standorten der Tank- und Raststätten der Marke AXXE.
Gegen die Kostenpflicht bei Benutzung der Toilettenanlagen ist der Kabarettist Rainald Grebe juristisch, jedoch erfolglos, vorgegangen.
Seit 2008 gibt es die erste Sanifair-Toilettenanlage in einem Einkaufszentrum.[17] Im Jahr 2010 öffnete außerdem eine Sanifair-Toilettenanlage im Hauptbahnhof Hannover, 2011 wurde im Hauptbahnhof Bremen eine Sanifair-Anlage eröffnet und 2013 im Oldenburger Hauptbahnhof. Weitere Standorte gibt es inzwischen auch in einigen Filialen von McDonald’s, an einigen Tankstellen der Kette OMV sowie in der Leverkusener Rathausgalerie, am Euro-Rastpark in Schweitenkirchen, in unmittelbarer Nähe zum hannoverschen Hauptbahnhof in der Ernst-August-Galerie[18] sowie in den Schlossarkaden in Braunschweig, den Schlosshöfen in Oldenburg und im Stern-Center in Potsdam. Diese Systeme laufen jeweils untereinander und getrennt vom bisherigen Tank-&-Rast-System, d. h. Gutscheine können nur vor Ort und somit nicht an den Tank-&-Rast-Raststätten oder an den alternativen Standorten eingelöst werden. Mit einem Euroschlüssel stehen die Toiletten auch behinderten Menschen zur Verfügung.
Auch im Ausland gibt es seit 2008 mit jeweils einem Standort in Österreich (McDonald’s in Salzburg) und Ungarn (OMV in Karácsond) erste Toilettenanlagen der Tank-&-Rast-Tochtergesellschaft.[19] Sowohl bei diesen als auch den übrigen Standorten außerhalb des Tank-&-Rast-Netzes handelt es sich um ein Pilotprojekt.[20]
Kritik am Geschäftsmodell
Kritisch beleuchtete das Verbrauchermagazin Vorsicht, Verbraucherfalle der ARD am 5. Dezember 2016 das Geschäftsmodell von Sanifair und zitiert aus dem Privatisierungsvertrag „Die Tank & Rast wird sich bemühen, die unentgeltliche Benutzung von sanitären Einrichtungen ganzjährig durchgehend sicherzustellen.“[21] Auch schon zuvor wurde in anderen Medien über die Geschäftspraktiken von Sanifair berichtet.[22] Auch der RBB berichtete am 26. März 2018 kritisch über das sog. Bon-System von Sanifair.[23] Danach löse wohl tatsächlich fast die Hälfte der Deutschen diese Gutscheine selten oder nie ein. Das habe eine repräsentative Befragung des Marktforschungsinstituts INSA im Auftrag des rbb-Verbrauchermagazins Super.Markt ergeben.[23]
Elektromobilität
Beim weiteren Ausbau von Schnellladesäulen an Autobahn-Tankstellen gibt es einen Streit zwischen Tesla, dem niederländischen Ladestationen-Betreiber Fastned sowie dem Unternehmen Tank & Rast, das vom Bund beauftragt ist, auf seinen Flächen Schnellladesäulen zu errichten. Dagegen hatten Tesla und Fastned geklagt, da diese ebenfalls Zugang zu den lukrativen Raststättenflächen wollen, und aus ihrer Sicht die Konzessionsverträge europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Im jahr 2023 überwies das OLG Düsseldorf das Verfahren an den EuGH in Luxemburg. Da der EuGH üblicherweise ein bis zwei Jahre für Entscheidungen benötigt, könnte Tank & Rast wegen der unsicheren Rechtslage zunächst weniger in weitere Ladestationen investieren. Tank & Rast wollte sich zu dem OLG-Entscheid nicht äußern.
Die Monopolkommission, die die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen berät, monierte im Jahr 2021: „Der Wettbewerb bei den Ladesäulen an den Bundesautobahnen wird durch die monopolähnliche Stellung von Tank & Rast erschwert.“
Tank & Rast unterstützt seit Herbst 2015 die Initiative E-Mobilität der Bundesregierung auf deutschen Autobahnen. Dabei werden Schnell-Ladestationen aufgestellt und mit jeweils einem CHAdeMO, einem CCS sowie einem Typ-2-Anschluss versehen.[24][25]
Bei Tank & Rast war die Aufladung in der Anfangszeit teilweise kostenfrei. Als Betreiber sind EnBW, MER (ehemals: E-Wald), IONITY oder EOn-Innogy kostenpflichtig tätig.
Mitgliedschaft in anderen Verbänden
Das Unternehmen ist Mitglied in verschiedenen Lobbyverbänden:
- Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW)
- Deutsches Verkehrsforum
- Pro Mobilität, ein Lobbyverband zur Förderung der Straßeninfrastruktur
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bundestagsanfrage (PDF; 230 kB)
- ↑ Tank und Rast geht an Allianz-Konsortium
- ↑ a b Die Braut wird hübsch gemacht
- ↑ Eintritt in Phase 3. In: Convenience Shop. 26. Januar 2007, abgerufen am 1. März 2010.
- ↑ Serways: Wo die bunten Fahnen wehen. In: Werben & Verkaufen. 20. März 2009, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. September 2009; abgerufen am 1. März 2010.
- ↑ Pressemeldung der Metro AG zum Verkauf von AXXE
- ↑ Tank & Rast eröffnet ersten Autohof an der A2 in Rheda-Wiedenbrück
- ↑ http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/milliardendeal-perfekt-allianz-macht-das-rennen-bei-tank-und-rast/12138234.html
- ↑ Autobahn-Ratsstätten: Verbraucherschützer werfen Tank & Rast Abzocke vor. In: FAZ.net. 18. August 2018, abgerufen am 9. September 2018.
- ↑ Autobahn-Ratsstätten: Verbraucherschützer werfen Tank & Rast Abzocke vor. In: FAZ.net. 18. August 2018, abgerufen am 9. September 2018.
- ↑ Autobahn-Ratsstätten: Verbraucherschützer werfen Tank & Rast Abzocke vor. Youtube.com, 29. Mai 2015, abgerufen am 8. Dezember 2018.
- ↑ a b https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2022/09/autobahn-rasthoefe-tank-rast-preise-verbraucherzentrale.html
- ↑ Jutta Maier: Raststätten: Streit um hohe Sanifair-Toilettengebühr. In: Frankfurter Rundschau Online. 7. Februar 2011, abgerufen am 16. Dezember 2014.
- ↑ Raststätten-Toiletten: Sanifair erhöht die Preise. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 30. Oktober 2022]).
- ↑ Julian Staib: Reibach an der Raststätte. In: FAZ.net. 29. Juni 2012, abgerufen am 16. Dezember 2014.
- ↑ Autobahn-Toiletten: Pinkel-Gutschein für Pommes-Frites. In: Spiegel Online. 29. Januar 2003, abgerufen am 16. Dezember 2014.
- ↑ www.sanifair.de
- ↑ www.sanifair.de
- ↑ www.sanifair.de
- ↑ partner.sanifair.de
- ↑ Das Bezahlprinzip bei Sanifair - Vorsicht, Verbraucherfalle! - ARD | Das Erste. 13. April 2021, archiviert vom am 13. April 2021; abgerufen am 27. Oktober 2022. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Sanifair-Toiletten Ärger um die „Pinkel-Maut“: Das Millionen-Geschäft mit den Raststätten-Klos. Focus-Online, 17. August 2016, abgerufen am 8. Dezember 2016.
- ↑ a b rbb exklusiv. Das Geschäft mit dem Geschäft. So werden Sanifair-Kunden mit Toilettenbons geschröpft. RBB, 26. März 2018, abgerufen am 23. September 2018.
- ↑ Tank & Rast startet deutschlandweiten Aufbau von E-Ladesäulen an Autobahnraststätten
- ↑ Elektromobilität
Koordinaten: 50° 42′ 18,4″ N, 7° 8′ 46″ O
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: 4028mdk09, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Zugangsanlage zum Sanitärbereich "Sanifair" in der Autobahnraststätte Hunsrück Ost (Rheinland-Pfalz, Deutschland)
(c) Foto: Eckhard Henkel / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE
Unternehmenssitz der Tank & Rast (erbaut 1993–94), Andreas-Hermes-Straße 7–9, Bonn-Hochkreuz
Autor/Urheber: Jochen Teufel, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Autobahnraststätte Fränkische Schweiz-Ost an der A 9 bei Pegnitz. "Serways" ist eine Raststättenmarke von Tank & Rast.
Autor/Urheber: Michael Kramer, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hyundai Ioniq Elektro an einer Serways Ladestation in Hösel