Syrisch-Libanesischer Feldzug

Syrisch-Libanesischer Feldzug
(c) Stephen Kirrage, CC BY 3.0

Offensive der Alliierten Truppen aus dem Irak
Datum8. Juni bis 14. Juli 1941
OrtSyrien und Libanon
AusgangSieg der Alliierten
Konfliktparteien

Australien Australien
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Jordanien Transjordanien
Freies Frankreich Freies Frankreich

Frankreich Vichy Vichy-Frankreich
Syrien 1932 Syrien
Lebanese French flag.svg Libanon
Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Befehlshaber

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Archibald Wavell
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Henry Maitland Wilson

Frankreich Vichy Henri Fernand Dentz

Truppenstärke
~34.000 Soldaten
~20 Panzer
70 Flugzeuge
3 Kreuzer
9 Zerstörer
2 U-Boote
~45.000 Soldaten
~90 Panzer
289 Flugzeuge
3 Zerstörer
3 U-Boote
Verluste

~1.000 Tote
~1.800 Verwundete
~1.800 Gefangene
27 Flugzeuge
4 Zerstörer beschädigt

1.066 Tote
~1.500 Verwundete
~3.500 Gefangene
179 Flugzeuge
1 Zerstörer gesunken
1 Frachtschiff gesunken

Der Syrisch-Libanesische Feldzug, auch als Operation Exporter bekannt, war eine Offensive gegen das von den Vichy-Frankreich kontrollierte Gebiet von Syrien und Libanon während des Zweiten Weltkriegs, welche von britischen Verbänden und den Verbänden für ein freies Frankreich (Forces fr. libres) (FFL) durchgeführt wurde.

Der Feldzug war wenig bekannt, selbst in den Ländern, die beteiligt waren. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Briten wichtige Fakten zensiert haben, um Berichte über die heftigen Kämpfe zu vermeiden. Sie befürchteten, dass Nachrichten über Kämpfe gegen Franzosen sich negativ auf die öffentliche Meinung auswirken könnten.

Hintergrund

Nach der Niederlage Frankreichs im Juni 1940 übernahm Marschall Philippe Pétain die Regierungsgeschäfte und das sog. Vichy-Regime wurde etabliert, das mit dem Deutschen Reich kollaborierte. Die Militärführung im Mandatsgebiet von Syrien und Libanon unter dem Oberbefehlshaber Eugène Mittelhauser erkannte im Juni 1940 die Autorität der Regierung von Vichy an, verwahrte sich jedoch ausdrücklich gegen Operationen von Streitkräften der Achsenmächte von diesem Territorium aus. Die britische Regierung versuchte durch ökonomische Sanktionen, unter anderem der Aussetzung der Öllieferungen aus dem britisch kontrollierten Irak politischen Druck aufzubauen. Die Vichy-Regierung ersetzte Mittelhauser und seinen Apparat schließlich – nach einer kurzen Interimsperiode durch seinen Vorgänger General Raymond Massiet – durch den als loyaler eingeschätzten General Henri Dentz, der sowohl das höchste zivile Amt als Generalgouverneur innehatte als auch als Oberbefehlshaber des Militärs im Mandatsgebiet fungierte. Die britische Regierung stellte sich auf den Standpunkt, die vichy-treue Präsenz in der Levante zu dulden und infolgedessen keinen Angriff der Streitkräften für ein freies Frankreich (Forces fr. libres, FFL) unter De Gaulle in der Kolonie zu unterstützen, solange auf dem Mandatsgebiet keine Truppen ihrer Kriegsgegner operierten.[1] Die Mehrheit der 40.000 Soldaten der Armée du Levant unter dem Kommando von General Maxime Weygand blieben loyal zur Regierung in Paris. Rund 900 Mann, davon 35 Offiziere gingen 1940 ins britische Palästina, um zu De Gaulle zu stoßen. Ebenso schlug sich eine in Homs stationierte Brigade der Karpaten-Schützen (polnisch: Samodzielna Brygada Strzelców Karpackich) mit voller Ausrüstung mit dem Wissen Mittelhausers auf britisch kontrolliertes Gebiet.[2]

Im Mai 1941 hatten deutsche und italienische Flugzeuge mit französischer Genehmigung syrische Flugplätze als Zwischenstopp für ihren Einsatz bei den Kämpfen im Irak benutzt. Außerdem war Ende des Monats Kreta in die Hände der Deutschen gefallen. Auf britischer Seite bestand nunmehr die Sorge, dass sich die Achsenmächte in Syrien und dem Libanon dauerhaft etablieren und von hier aus Palästina und Ägypten angreifen könnten, was eine Gefährdung der britischen Ölnachschubwege in der Region durch Luftangriffe der Achsenmächte mit sich gebracht hätte. Zudem wurde auch ein eventueller deutscher Durchmarsch durch die Türkei befürchtet, gegen den es sich abzusichern galt.

Kräfteverhältnisse

Die vichy-treuen französischen Truppen in Syrien bestanden aus rund 35.000 Militärangehörigen. Vier Fünftel dieser Soldaten waren keine Franzosen, sondern Kolonialsoldaten oder Fremdenlegionäre. Die Armee der Levante verfügte im April 1941 über 27 Infanteriebataillone. Der Hauptteil der Infanterie machten zehn nordafrikanische Bataillone und vier Fremdenlegionsbataillone aus. Ebenso gab es senegalesische Einheiten und drei gemischte französisch-senegalesische Bataillone. Im Juni 1941 verfügten die Vichy-Truppen in der Levante über 90 moderne Panzer des Typs Renault R-35 und 70 Panzerwagen. Der Armee waren 90 moderne Flugzeuge angegliedert. Material und Betriebsstoffbevorratung sollten rund sechs Wochen Gefechte ermöglichen. Ein Teil der Panzerwagen war in Beirut durch die Armee selbst auf Basis von US-amerikanischen Lastkraftwagen improvisiert worden.[3][4]

Die alliierten Truppen, welche zur Operation abgestellt wurden, umfassten 38.000 Soldaten. Die Mehrheit stellten 18.000 Australier, gefolgt von 9.000 Soldaten der British Army und 2.000 Mann der British Indian Army. Hinzu kamen 5.400 Mann von De Gaulles Truppen. Den alliierten Kräften fehlten moderne Panzer, sie konnten nur auf einige wenige veraltete Light Tank Mk VI zurückgreifen. Daneben fehlte es auch an Artilleriegeschützen, Motorfahrzeugen für Nachschub und Transport sowie modernen Panzerabwehrwaffen.[5]

Verlauf

Bereits Ende Mai 1941 hatte es vereinzelt Zusammenstöße zwischen vichy-französischen und britischen Flugzeugen gegeben. So hatte am 28. Mai 1941 ein MS.406-Jäger einen im Irak gestarteten britischen Bristol-Blenheim-Aufklärer über Syrien abschießen können.[6] Zwischen dem 24. und dem 28. Mai ließ die Vichy-Regierung rund 20 Dewoitine D.520 von Algerien nach Syrien verlegen (wobei allerdings zwei Maschinen wegen Defekten in der Türkei notlanden mussten). Daraufhin griffen drei britische Bomber am 5. Juni 1941 den Flugplatz von Aleppo an und zerstörten ein Flugzeug am Boden.[6] Am 8. Juni überquerten zwei Brigaden der australischen 7. Infanteriedivision unter General John Lavarack nördlich von Akkon und Tiberias die Grenze und marschierten in Richtung Beirut und Rayak. Die britisch-indische 5. Infanterie-Brigade und FFI-Truppen unter General Paul Legentilhomme drangen zur gleichen Zeit weiter östlich bei Dar'a ins Landesinnere ein, um auf Damaskus vorzustoßen. Einen Tag später kam es zur Schlacht am Litani, wo australisch-britische Truppen gegen Soldaten des Vichy-Regimes kämpften, die ohne Erfolg versuchten, den Vorstoß der Australier nach Beirut aufzuhalten.

Vier Tage später kam es wieder zu Kämpfen zwischen australischen und Vichy-französischen Soldaten. Am 13. Juni geriet der australisch-britische Vorstoß ins Stocken. General Wavell entschied sich, die alliierten Streitkräfte bei Damaskus durch die 6. britische Infanteriedivision aus Ägypten zu verstärken. Am 15. Juni griffen Ju 88-Bomber der deutschen Luftwaffe britische Kriegsschiffe vor Sidon an und beschädigten zwei Zerstörer schwer, zwei weitere britische Zerstörer, HMS Janus und HMS Jackal, waren bereits am 9. Juni kurzzeitig mit den beiden aus Beirut ausgelaufenen Vichy-französischen Großzerstörern Guépard und Valmy ins Gefecht gekommen und hatten teils erhebliche Beschädigungen erlitten. Im Gegenzug gelang es am 16. Juni Fairey-Swordfish-Torpedoflugzeugen etwa 50 Seemeilen vor der syrischen Küste den als Munitionstransporter eingesetzten vichy-französischen Großzerstörer Le Chevalier Paul zu torpedieren und zu versenken. Die beiden Großzerstörer Guépard und Valmy konnten später den Großteil der Besatzung aufnehmen.

Am 21. Juni zog General Legentilhomme nach heftigen Kämpfen um Damaskus in die Stadt ein. Am gleichen Tag griff die Habforce, bestehend aus der britischen 4. Kavalleriebrigade und der Arabischen Legion, vom Irak aus Syrien an und stieß sogleich auf Palmyra vor. Der anfänglich rasche Vorstoß wurde allerdings ab dem 23. Juni drei Tage lang durch heftige Angriffe vichy-französischer Martin 167F-Bomber abgebremst.[6] Gegen Ende des Monats griff auch die Indische 10. Division unter William Slim vom Irak aus in die Kämpfe ein. Ihr erstes Ziel war Deir ez-Zor.

Südlich von Beirut gelang es der australischen 7. Division, nach schwierigen Flussüberquerungen am 9. Juli, Damur einzunehmen. Die Australier standen nun nur noch wenige Kilometer von Beirut, dem Hauptquartier von General Dentz, entfernt. Dieser bot einen Waffenstillstand an, der kurz nach Mitternacht am 12. Juli in Kraft trat. Der Zusammenbruch des vichy-französischen Widerstandes war auch auf die Überlegenheit der britischen Marinekräfte, darunter der neuseeländische Leichte Kreuzer HMNZS Leander sowie die beiden Flugabwehrkreuzer HMS Naiad und HMS Phoebe, vor Ort zurückzuführen, die eine weitgehende Blockade der Küstenlinien durchsetzen und so umfangreichere Nachschublieferungen verhindern konnten. So gelang den vichy-französischen Kräften über See nur kurzzeitig die Nachführung von Nachschub, vor allem Munition, durch die beiden schnellen Großzerstörer Guépard und Valmy. Letzte Versuche eines Heranführens von Verstärkung über See waren, nach der Versenkung des kleinen Frachters Saint Didier (2778 BRT) am 4. Juli 1941 vor der anatolischen Küste durch einen britischen Fairey-Albacore-Torpedobomber, endgültig aufgegeben worden.

Folgen und Verluste

Tscherkessische Kavallerie der französischen Armee auf ihrem Weg zu Kapitulationsverhandlungen mit den Achsenmächten im September 1941

Am 14. Juli wurde in Akkon die Konvention über die Einstellung der Feindseligkeiten unterzeichnet. Die alliierten Truppen besetzten das gesamte französische Mandatsgebiet und erreichten die Übergabe der vichy-französischen Flugzeuge. Den etwa 38.000 vichy-französischen Truppen wurde – entgegen den Wünschen der Franzosen unter De Gaulle – die Wahl gelassen, sich unter Abgabe ihrer Waffen ins Mutterland repatriieren zu lassen oder sich den FFI-Truppen anzuschließen. Nur rund 5.700 von ihnen nahmen letzteres Angebot an. General Georges Catroux übernahm als Generaldelegierter des „Freien Frankreichs“ die Zivilverwaltung des Gebiets.

Die verbliebenen Flottenkräfte der Vichy-Truppen verlegten nach der Kapitulation nach Toulon und Bizerta. Ein Großteil der 179 in Verlust geratenen Flugzeuge der Vichy-Verbände wurde nicht bei Gefechten zerstört (die Zahl der durch unmittelbare Feindeinwirkung vernichteten Maschinen schwankt zwischen 40 und 60), sondern fiel nach dem Ende der Kampfhandlungen und gemäß der Waffenstillstandsbedingungen den Siegern in die Hände; ein Teil dieser Flugzeuge kam später auf Seiten der FFI zum Einsatz. Auf alliierter Seite gingen offiziell mindestens 27 Flugzeuge verloren. Umgekehrt konnte allein Pierre Le Gloan, das vichy-französische Fliegerass in der 5ème Escadrille der Jagdgruppe (Groupe de Chasse) GC 3/6, bis zum 5. Juli fünf Hawker Hurricane und eine Gloster Gladiator abschießen.[7] Da die Luftkämpfe teils erbittert ausgefochten wurden, könnten die Verluste auch höher gelegen haben.

Bei den Kämpfen waren etwa 3.300 britische bzw. Commonwealth- und 1.300 Soldaten der FFI durch Tod, Verwundung oder Gefangennahme ausgefallen. Die Verluste der Vichy-Truppen inklusive Überläufer während der Kämpfe betrugen etwa 6.000 Mann, darunter 1.066 Gefallene.[8] Insgesamt betrachtet setzten sich die Vichy-Truppen teils heftig zur Wehr, auch wenn auf beiden Seiten Franzosen kämpften, was sich auch in den Opferzahlen zeigt. So liegen die Zahlen für die Gefallenen und Verwundeten beider Seiten nah beieinander.

Im August bis September 1941 kam es weiter östlich zur anglo-sowjetischen Invasion des Iran.

Siehe auch

Literatur

  • Bernd Philipp Schröder: Deutschland und der Mittlere Osten im Zweiten Weltkrieg (= Studien und Dokumente zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, herausgegeben vom Arbeitskreis für Wehrforschung, Bd. 16). Musterschmidt, Göttingen 1975, ISBN 3-7881-1416-9; darin insbesondere das Dokument: Bericht Meyer-Ricks, Sonderstab F … v. 4. Juli 1941.[9] sowie passim.
  • Janusz Piekałkiewicz: Luftkrieg 1939–1945. Bechtermünz, Augsburg 1998, S. 146f.

Weblinks

Commons: Syrisch-Libanesischer Feldzug – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. John D. Grainger: Traditional Enemies. Britain’s War with Vichy France 1940–1942. Pen & Sword Military, Barnsley 2013, S. 83–84.
  2. Henri de Wailly: Invasion Syria 1941. Churchill and de Gaulle’s Forgotten War. I.B. Tauris, New York 2016, ISBN 978-1-78453-449-3, S. 17–19.
  3. John D. Grainger: Traditional Enemies. Britain’s War with Vichy France 1940–1942. Pen & Sword Military, Barnsley 2013, ISBN 978-1-78159-154-3, S. 96.
  4. Henri de Wailly: Invasion Syria 1941. Churchill and de Gaulle’s Forgotten War. I.B. Tauris, New York 2016, S. 31–33.
  5. Henri de Wailly: Invasion Syria 1941. Churchill and de Gaulle’s Forgotten War. I.B. Tauris, New York 2016, S. 126f.
  6. a b c Janusz Piekałkiewicz: Luftkrieg 1939–1945. Bechtermünz, Augsburg 1998, S. 146f.
  7. Alan Chanter: Pierre Le Gloan in der World War II Database, abgerufen am 12. November 2015.
  8. Ian Stanley Ord Playfair: The Mediterranean and Middle East, Band 2: The Germans come to help of their ally (in der Reihe History of the Second World War. United Kingdom military series). Her Majesty’s Stationery Office, London 1956, S. 222.
  9. aus Beirut: Treffen des Geheimdienstmannes (Doppelrolle) Rud. Rahn mit Gen. Henri Dentz; die Lage der Vichy-Leute ist aussichtslos; die Nazis sorgen für Treibstoff für sie und für Waffen an arabische Freischärler. Fauzi soll örtliche Banden stellen zum Kampf gegen die Briten. Araber sollen zum Sonderstab F nach Athen zur Ausbildung verbracht werden. Quelle: Bundesarchiv-Militärarchiv.

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Damascus, Syrien. 1941-09. French Circassian Cavalry assembling outside the railway station preparing to escort senior Vichy French officers through the city on their way to making surrender arrangements for the Axis forces.
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