Susanne Hirzel

Susanne Zeller geborene Hirzel (* 7. August 1921 in Untersteinbach; † 4. Dezember 2012) war eine Freundin von Sophie Scholl und kam durch sie und ihren Bruder Hans Hirzel in der Zeit des Nationalsozialismus zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“.

Leben

Susanne Hirzel war die älteste Tochter des liberalen Ulmer Pfarrers Ernst Hirzel und Enkelin des Geographen Robert Gradmann. Sie hatte fünf jüngere Geschwister. Seit 1932 besuchte sie das humanistische Gymnasium, das heutige Humboldt-Gymnasium in Ulm. Einer ihrer Klassenkameraden war Jörg Zink, der später eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Protestantismus im Nachkriegsdeutschland werden sollte. Aus diesem Gymnasium gingen etliche spätere Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose hervor: Neben Hans Scholl die einige Jahre jüngeren Mitglieder der „Ulmer Abiturientengruppe“ Hans Hirzel, Franz J. Müller, Heinrich Guter und Heinz Brenner. Im Urteil des Volksgerichtshofs im 2. Prozess gegen die Weiße Rose vom 19. April 1943 hieß es:

„Dem Volksgerichtshof fällt auf, daß aus einer Schulklasse drei Schüler (auch Heinrich Guter) in dieser Sache erscheinen und noch weitere erwähnt wurden! Da muß etwas nicht stimmen, was am Geiste dieser Klasse liegt und was der Senat nicht allein diesen Jungen zur Last legen kann. Man schämt sich, daß es eine solche Klasse eines deutschen humanistischen Gymnasiums gibt!“[1]

Susanne war zunächst begeistertes Mitglied des Bundes Deutscher Mädel (BDM), distanzierte sich aber zunehmend von den Machthabern. Von ihrer BDM-Führerin Inge Scholl wurde sie in deren Elternhaus eingeladen und lernte dort die gleichaltrige Sophie Scholl kennen, mit der sie sich anfreundete. Um dem Arbeitsdienst zu entgehen, begannen die beiden jungen Frauen nach dem Abitur im Frühjahr 1940 gemeinsam eine Kindergärtnerinnenausbildung am evangelischen Fröbel-Seminar in Ulm-Söflingen, bei der sie sich täglich begegneten. 1941 bestand Hirzel die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Stuttgart, während Scholl nach ihrem Arbeitsdienst in München studierte.

Ende 1942 erhielt Susanne Hirzel als Musikstudentin in Stuttgart einen Besuch ihrer Freundin Sophie, die sie zum Mittun im Widerstand aufforderte. Ihr drei Jahre jüngerer Bruder Hans Hirzel arbeitete zu dieser Zeit bereits mit der Gruppe um Hans und Sophie Scholl zusammen. Ende Januar 1943 warf Susanne auf Bitten ihres Bruders das versandfertig kuvertierte fünfte Flugblatt der „Weißen Rose“ in Stuttgart in verschiedene Postbriefkästen. Diese hochgeheime Aktion war zusammen mit Franz J. Müller in der Ulmer Martin-Luther-Kirche hinter dem Orgelprospekt vorbereitet worden. Der Vater Ernst Hirzel war damals an dieser Kirche Gemeindepfarrer.

Am 22. Februar 1943, dem Tag der Verurteilung und Hinrichtung der Geschwister Scholl, wurde auch Susanne Hirzel gemeinsam mit ihrem Bruder verhaftet. Im zweiten Prozess vor dem Volksgerichtshof unter Roland Freisler, in dem Kurt Huber, Willi Graf und Alexander Schmorell zum Tode verurteilt wurden, wurde sie zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt, weil ihr die Kenntnis des Inhalts der ausgelieferten Flugblätter nicht nachgewiesen werden konnte. Ihr Bruder Hans bekam eine fünfjährige Gefängnisstrafe. Susanne Hirzel verbüßte die Strafe in der Frauenstrafanstalt Gotteszell in Schwäbisch Gmünd. Alle acht Mitglieder ihrer Familie überlebten den Zweiten Weltkrieg.

Nach 1945 war Susanne Zeller-Hirzel dreizehn Jahre als Cellolehrerin in der Schweiz tätig, wo sie heiratete. In dieser Zeit verfasste sie eine verbreitete, mehrbändige Violoncello-Schule, die in vielen Auflagen im Bärenreiter-Verlag erschien.[2] Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland lebte sie in ihrer Heimatregion Schwaben.

Wie ihr Bruder Hans, der 1993 der Partei Die Republikaner beitrat, deren stellvertretender Bundesvorsitzender wurde und als Kandidat an der Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994 teilnahm, war Susanne Zeller-Hirzel seit den 1990er Jahren in rechtskonservativen Kreisen politisch aktiv, zunächst ebenfalls bei den Republikanern.[3] Mit ihren 1998 veröffentlichten Erinnerungen Eine schwäbische Jugend trat sie erstmals in diesem Sinn an die Öffentlichkeit. Darin schreibt sie u. a., die Alliierten hätten bei ihren Luftangriffen auf deutsche Städte „möglichst viele Deutsche ausrotten wollen“, und die deutschen KZs seien dem „Vorbild“ Stalins sowie der Engländer im Burenkrieg gefolgt. Sie lebte zuletzt in Stuttgart und engagierte sich in der Bürgerbewegung Pax Europa (BPE) gegen eine von ihr befürchtete Islamisierung Deutschlands. 2009 ließ sie sich für das islamfeindliche amerikanische Internetportal Stop Islamization of America (SIOA) interviewen.[4] Auf einer wenige Monate vor ihrem Tod am 7. Juli 2012 im Namen der Weißen Rose angelegten Facebook-Seite erklärte sie, die Gruppe neu ins Leben zu rufen, um den in Gestalt der heute an den Schaltstellen der Macht sitzenden 68er zurückgekehrten Faschismus zu bekämpfen.

Susanne Zeller-Hirzel wird in der Ulmer DenkStätte Weiße Rose porträtiert.

Werke

  • Vom Ja zum Nein. Eine schwäbische Jugend 1933 bis 1945. Silberburg-Verlag, Tübingen 2000, ISBN 3-87407-368-8.
  • Violoncello-Schule. Kassel: Bärenreiter-Verlag, 1960ff. (200919); ISMN 979-0-006-43927-0 (Band 1,1)

Literatur

  • Rainer Oechslen: Die „Weiße Rose“ und der Islam. Protokoll einer Instrumentalisierung. In: Deutsches Pfarrerblatt 1/2011, S. 29–36 (online).
  • Oliver Wäckerlig: Vernetzte Islamfeindlichkeit. Die transatlantische Bewegung gegen »Islamisierung«. Events – Organisationen – Medien (= Religionswissenschaft, Band 16). Transcript, Bielefeld 2019, ISBN 978-3-8376-4973-4, S. 379–381 (online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Webseite der Weiße-Rose-Stiftung über die Ulmer Abiturientengruppe (Memento vom 21. Oktober 2014 im Internet Archive)
  2. Susanne Hirzel: Violoncello-Schule, Heft I-III, Lehrgang für Anfänger und Fortgeschrittene bis zur 7. Lage, Editionsnummer BA 3741.
  3. Von der Weißen Rose zu den Republikanern. www.merkur-online.de, 24. April 2009.
  4. Werner van Bebber: CDU streitet über Islamkritiker in eigenen Reihen. In: Der Tagesspiegel, 24. Oktober 2009.