SIG 510

SIG 510
Allgemeine Information
Zivile BezeichnungSIG 510
Militärische BezeichnungSturmgewehr 1957 (Stgw 57)
EinsatzlandSchweiz
Entwickler/HerstellerRudolf Amsler /
SIG
Produktionszeit1957 bis 1985
ModellvariantenSG 510
WaffenkategorieSturmgewehr
Ausstattung
Gesamtlänge1105 mm
Gesamthöhe583 mm
Gewicht (ungeladen)6,1 kg
Visierlänge635 mm
LauflängeZüge 520 mm, mit Schiessbecher und Mündungsbremse 609 mm mm
Technische Daten
Kaliber7,5 × 55 mm Swiss (GP 11)
Mögliche Magazinfüllungen24, 30 mit Lmg-25-Magazin Patronen
MunitionszufuhrKurvenmagazin
Kadenz450 bis 600 Schuss/min
FeuerartenEinzel- und Seriefeuer
Anzahl Züge4
Drall270 mm
VisierDiopter, bis 600 m, Nachtvisier.
VerschlussVerzögerter Masseverschluss
LadeprinzipRückstosslader
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Das SG 510 oder SIG 510, als militärische Version Sturmgewehr 1957, abgekürzt Stgw 57, war das Standardsturmgewehr der Schweizer Armee im Kaliber 7,5 × 55 mm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es wurde 1959 / 1960 eingeführt und in den 1990er-Jahren durch das SIG 550 abgelöst. Auf Französisch heisst die Waffe fusil d’assaut 1957 und auf Italienisch fucile d’assalto 1957, abgekürzt wird sie in beiden Sprachen als F ass 57.

Übersicht

Das Stgw 57 ist ein Rückstosslader mit verzögertem, zweiteiligem Masseverschluss, ähnlich dem G3 von Heckler & Koch. Beim Schuss verzögern zwei einklappbare Rollen bis zum weitgehenden Druckabbau im Lauf den Rücklauf des Verschlusskopfs und damit das Ausziehen der Patronenhülse. Um Hülsenreisser zu vermeiden, sind im Patronenlager Druckausgleichsrillen eingefräst. Der Schiessbecher und die Mündungsbremse sind fester Teil des Laufes. Das Gewehr kann wahlweise Einzel- oder Dauerfeuer schiessen.[1]

Hersteller war die SIG (Schweizerische Industrie-Gesellschaft), der Konstrukteur hiess Rudolf Amsler. Das Stgw 57 ist schwerer als andere Sturmgewehre, aufwendiger hergestellt (mit Zweibein, Tragegriff, Laufmantel) und damit teurer. Es gilt aber als sehr zielgenau und auch im Feuerstoss noch beherrschbar, weshalb es als eines der präzisesten Sturmgewehre der Welt gilt. Insgesamt wurden annähernd 1 Million dieser Waffen hergestellt, wovon 740'000 an die Schweizer Armee geliefert wurden.[2]

Militärischer Einsatz

Stgw 57 mit aufgepflanztem Bajonett
Stgw 57 kleine Zerlegung
Stgw 57, Verschluss
Verriegelungssystem

Das Stgw 57 setzte die Schweizer Armee als persönliche Universalwaffe ein. In der Füsiliergruppe ersetzte es den Karabiner 31, die Maschinenpistole Suomi M-31 und das Lmg 25 (System Furrer, Kniegelenk).

Das verschiebbare Zweibein konnte als Mittel- oder Vorderstütze verwendet werden. Einzelfeuer wurde ab Mittelstütze abgegeben. Im Serienfeuer wurde das Stgw 57 vorzugsweise auf Vorderstütze eingesetzt, damit wurden kleine Schussgarben erzielt, im Dauerfeuer wurde zudem das Abwandern der Schüsse vermieden.

Zudem konnte das Stgw 57 Gewehrgranaten (Hohlladungsgranaten zur Panzerabwehr und Sprenggranaten zur Bekämpfung von weichen Zielen) im Direkt- oder Bogenschuss sowie Nebelgranaten abfeuern. Zur Bekämpfung von weiter entfernten Zielen hatten diese Granaten eine Zusatztreibladung im Raketenprinzip. Zum Verschiessen der Granaten musste ein speziell entwickeltes Magazin mit Treibpatronen eingesetzt werden, das den Verschluss blockierte, die Waffe wurde zum Repetierer. Ein Einsatz in diesem Magazin verhinderte das Laden der GP 11, nur die kürzeren Treibpatronen passten hinein. Zum Flachschuss schoss der Soldat nicht aus der Schulter, er klemmte das Gewehr unter den Arm. Um Verletzungen am Finger durch den Abzugsbügel zu vermeiden, konnte eine Verlängerung des Abzuges, der Winterabzug, heruntergeklappt werden. Zum Bogenschuss konnte das Gewehr dank dem Gummikolben direkt auf den Boden aufgesetzt werden. Die Mittelstützen dienten dann als Zielhilfe. Auf der einen Spreize war die Distanzskala für den Bogenschuss ohne, auf der anderen für den Bogenschuss mit Zusatztreibladung angebracht. Dies erlaubte, die Waffe mit einem Pendel (Schnur mit Taschenmesser) auf die geschätzte Schussdistanz einzupendeln. Die maximale Schussweite der Granaten mit Zusatztreibladung (V0 70 m/s) war 250 m im Flachschuss und 420 m im Bogenschuss.

Scharfschützen erhielten ein leicht modifiziertes Stgw 57, auf das ein Zielfernrohr mit vierfacher Vergrösserung des Herstellers Kern & Co aufgesetzt werden konnte. Zudem existierte für diese Waffe ein Infrarot-Nachtsichtgerät mit aufgebautem Infrarot-Scheinwerfer. ZF-Sturmgewehre waren Korpsmaterial, sie gehörten nicht zur persönlichen Ausrüstung.

Für den Export gab es eine vereinfachte Version mit der Bezeichnung SIG 510 mit kürzerem Lauf, verkleinertem Magazin (20 Patronen), ohne Zweibeinstütze sowie Kolben und Vorderschaft aus Holz statt Kunststoff. Von mehreren angebotenen Varianten wurde das SIG 510-4 im NATO-Kaliber 7,62 × 51 mm an die südamerikanischen Staaten Chile und Bolivien verkauft. Einen Teil dieser Waffen stellte Beretta in Lizenz in Italien her. Weitere Exporte kamen nicht zustande.

Ende der 1950er-Jahre kaufte die deutsche Bundeswehr 50 Exemplare im Kaliber 7,62 × 51 mm NATO und erprobte sie unter der Bezeichnung G2 parallel zum spanischen CETME Modell A. 40 der Waffen hatten wie die Schweizer Modelle Schulterstützen aus Hartgummi, 10 aus Holz.

Aufgrund des damals in der NATO vorherrschenden Verlangens (siehe die Entwicklungsgeschichte des Gewehrs M16) nach besonders leichten Waffen wurde es allerdings als zu schwer befunden und abgelehnt.[3]

Zivile Nutzung

Das Sturmgewehr 1957 ist in der Schweiz für das Schiesswesen ausser Dienst zugelassen. Seit der Einführung des Sturmgewehrs 1990 im Jahre 1990 ging die sportliche Nutzung etwas zurück. Da die persönliche Schusswaffe in der Schweizer Armee den Armeeangehörigen nach Erfüllung der Dienstpflicht, abgeändert auf Einzelfeuer, zu Eigentum übergeben wird, ist es in den Schützenvereinen in der Schweiz weiterhin stark verbreitet und wird vor allem von früher damit ausgerüsteten Armeeangehörigen eingesetzt.

Seit 2003 kann das Sturmgewehr mit einem Diopter und einer Ringkornvisierung aufgerüstet werden. Wenn die Visierlinienlänge dabei durch Montage auf dem Lauf verlängert wird, ist es dem Sturmgewehr 90 auf 300 m überlegen. Die Bezeichnung im Schiesssport lautet dafür Stgw 57/03 und datiert auf das Jahr 2003. Die nicht aufgerüsteten Stgw 57 werden als 57/02 bezeichnet. Für beide Waffen ist ein Hilfsmittelverzeichnis des VBS vorhanden, das für sämtliche Ordonnanzgewehre die Abzugsgewichte und erlaubten Hilfsmittel regelt.

Versionen

  • SIG 510-1: Standardvariante der Schweizer Armee
  • SIG 510-2: leichtere Variante
  • SIG 510-3: verwendet Kaliber 7,62 × 39 mm (M 43)
  • SIG 510-4: verwendet Kaliber 7,62 × 51 mm NATO (.308 Winchester)
  • SIG AMT: halbautomatische Zivilversion American Match Target zum Export, Kaliber 7,62 × 51 mm NATO (.308 Winchester), nur geringe Stückzahlen
  • SIG PE 57: halbautomatische Zivilversion, Kaliber 7,5 × 55 mm Swiss (GP 11, nicht zu verwechseln mit privatisierten Armeemodellen)

Weblinks

Commons: SIG 510 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Maxim Popenker, Anthony G. Williams: Assault Rifle – The Development of the Modern Military Rifle and its Ammunition. Rambsbury, Wiltshire, UK 2004, ISBN 1-86126-700-2.
  2. Weitere 200'000 Stgw 57 werden liquidiert. Generalstab der Schweizer Armee, 27. Februar 1997 (Pressemitteilung).
  3. Rolf Abresch, Ralph Wilhelm: Moderne Handwaffen der Bundeswehr. Report Verlag, Frankfurt a. M. 2001, ISBN 3-932385-10-1.

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Stgw 57, Bolt and Recoil Spring
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Fusil d'assaut 57