Stromlinienverkleidung


Als Stromlinienverkleidung bezeichnet man eine äußere, umfassende Materialabdeckung (auch „Vollverkleidung“ genannt) an Fahrzeugen, die angebracht wird, um durch eine optimierte Formgebung (die so genannte Stromlinienform) einen möglichst niedrigen Strömungswiderstand (siehe auch „Cw-Wert“) bei der Fortbewegung zu erreichen.
Bei der Entwicklung und Berechnung von Stromlinienverkleidungen spielen Windkanal und Computer-aided design (CAD) entscheidende Rollen.
Stromlinienverkleidungen werden heute bei fast allen Flugzeugen und vielen Fahrzeugen wie zum Beispiel Autos, Motorrädern, und Lokomotiven eingesetzt. In der Regel bildet dabei schon die serienmäßige Karosserie bzw. der Flugzeugrumpf die Stromlinienverkleidung. Es gibt aber auch zusätzlich angebrachte, modifizierte Verkleidungen, etwa für Rennmotorräder, Rekordfahrzeuge oder auch Fahrräder (Velomobil).
Grundsätzliches
Eine begriffliche Abgrenzung muss zu den modernen Verkleidungen mit aerodynamischen Spoilern oder Flügeln erfolgen, die seit den 1970er Jahren im Motorsport, aber auch bei leistungsstarken straßenzugelassenen Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Sie erzeugen eine verwirbelte, turbulente Strömung, und haben aus diesem Grund selbst einen höheren Widerstand als die laminare Strömung, aber dadurch ermöglichen sie aerodynamische Fahr-Vorteile wie etwa einen erhöhten Anpressdruck (für sehr hohe Kurvengeschwindigkeiten). Zum Beispiel erreichte der 1921 von Edmund Rumpler vorgestellte, so genannte „Tropfenwagen“ den auch heute noch guten Luftwiderstandsbeiwert (Cw-Wert) von 0,28.[1] In der aktuellen Formel 1 haben die Fahrzeuge etwa einen Wert von 1,2.[2]
Natürliche Vorbilder
Die, durch diese Verkleidungen angestrebten Formen finden sich evolutionsbedingt oft in der Natur. So sind schnell schwimmende Fische, aber auch Säugetiere oder Vögel deren Lebensraum das Wasser ist (wie zum Beispiel Thunfische, Wale, Delfine und Pinguine) sehr stromlinienförmig und nutzen die Hydrodynamik. Viele Flug-Vögel, wie z. B. Schwalben, Gänse (für den Langstreckenflug) oder manche Raubvögel (speziell für den Sturzflug) sind ebenfalls sehr gut an die Gesetze der Aerodynamik angepasst.
Beispiele
Beispiele für Stromlinienverkleidungen an verschiedenen Fahrzeugen
- Bild 1
- Bild 2
- Bild 3
- Bild 4
- Bild 5
- Bild 6
- Bild 7
- Bild 8
- Bild 1: Das Experimentalfahrzeug Schlörwagen war 1939 eine Entwicklung des deutschen Ingenieurs Karl Schlör von Westhofen-Dirmstein. Schlör gilt als Erfinder des „windschnittigsten Familienautos der Automobilgeschichte“ (mit einem Cw-Wert von 0,186)[3]
- Bild 2: Das Rennflugzeug Granville Gee Bee R-1 (1932)
- Bild 3: Rekonstruierte Lokomotive 6229 „Duchess of Hamilton“ der Coronation Class der LMS im Eisenbahnmuseum York
- Bild 4: Das sowohl für minimalen Wasser- als auch Luftwiderstand optimierte Rennboot Ferrari Arno XI (1953)
- Bild 5: Der Halbliterklassen-Prototyp von 1957: die MV Agusta 500 Sei mit der damals oft eingesetzten Stromlinienverkleidung
- Bild 6: Das Rekordfahrzeug Bluebird CN7 in seiner endgültigen Form, wie es in Australien mit der hohen hinteren Flosse verwendet wurde (1963)
- Bild 7:Vergleich einer Suzuki Hayabusa 1300 (2000) mit einem für Drag Racing (SSB) optimierten Modell (2016)
- Bild 8: Radikaler Design-Entwurf von Luigi Colani für eine Egli MRD 1. Ein Element der Verkleidung wurde am Rücken des Fahrers befestigt. (1986)[4][5]
Literatur
- Joseph H. Spurk, Nuri Aksel: Strömungslehre. Eine Einführung in die Theorie der Strömungen. 6., erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-26293-8.
- Wolf-Heinrich Hucho: Renaissance der Stromlinie? Aerodynamik und Fahrzeugtechnik im Widerstreit. In: Kultur & Technik. Zeitschrift des Deutschen Museums. 14. Jahrgang, Nr. 1. C. H. Beck, 1990, ISSN 0344-5690, S. 22–30 (deutsches-museum.de [PDF; 30,1 MB; abgerufen am 9. April 2024]).
- Hans Straßl: Der Tropfenwagen von Edmund Rumpler. In: Meisterwerke aus dem Deutschen Museum. Band III. Deutsches Museum, München 2000, ISBN 3-924183-79-1, S. 12–15 (deutsches-museum.de ( vom 23. April 2021 im Internet Archive) [abgerufen am 9. April 2024]).
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ FOCUS: Das Aerodynamik-Wunder: Rumpler Tropfenwagen (abgerufen am 2. September 2024)
- ↑ CW-Werte - Erklärung und Bedeutung. Abgerufen am 2. September 2024.
- ↑ Schlörwagen von vorne. Abgerufen am 2. September 2024.
- ↑ Bild von Maschine und Fahrer
- ↑ Bild von Fahrer u. Maschine
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: DLR German Aerospace Center, Lizenz: CC BY 2.0
Der Schlörwagen
- Vor 75 Jahren stellten Strömungsforscher der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen (AVA) ein Auto vor, das lange Zeit als konsequenteste Umsetzung der Aerodynamik im Fahrzeugbau galt: den so genannten Schlörwagen.
Autor/Urheber: Auge=mit, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Suzuki Hayabusa Streetversion vs Drag-Racing-Version (SSB)
Autor/Urheber: Auge=mit, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Vergleich des Auto-Union-Rennwagen Typ C (Basisversion) mit dem Stromlinienmodell
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1962 Bluebird Campbell CN7, National Motor Museum in Beaulieu. This shows Bluebird in here final form, as used in Australia in 1963 and 1964 with the tall rear fin. The cockpit canopy has also been replaced by a strengthened aluminium canopy with a small flat windscreen. The original Perspex bubble canopy used in 1960 can be seen on the floor to the left.
Autor/Urheber: David Ingham from Bury, Lancashire, England, Lizenz: CC BY-SA 2.0
The National Railway Museum's former London Midland and Scottish Railway Stanier 7P 4-6-2 'Coronation' class locomotive number 6229 DUCHESS OF HAMILTON on display in the great hall at the National Railway Museum, York. Monday 1st June 2009
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MV Agusta 500cc 6-Zylinder
Autor/Urheber: User:Alfvanbeem / Freisteller, Bildbearbeitung & Retusche von Auge=mit, Lizenz: CC BY-SA 4.0
1956 NSU Delphin III
Autor/Urheber: Cliff from I now live in Arlington, VA (Outside Washington DC), USA, Lizenz: CC BY 2.0
With this in mind and a lot of help from Howell "Pete" Miller, the R-1's designer, the museum built this plane using as closely as possible 1932 vitage materials and work methods. An engine was located whose serial number is only 2 digits away from the original, and the rare propeller was donated by its manufacturer, Howard Smith.
Autor/Urheber: Auge=mit, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Hydroplan-Motorboot "Ferrari Arno XI"
Autor/Urheber: Klaus Nahr / Freisteller, Bildbearbeitung & Retusche von Auge=mit, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Egli-Colani im Motor-Sport-Museum am Hockenheimring