Stroke Unit

Eine Stroke Unit (auch Stroke-Unit; dt. Schlaganfalleinheit, auch Schlaganfallstation) ist eine auf die schnelle Behandlung von Patienten mit Schlaganfall oder Verdacht auf Schlaganfall spezialisierte Abteilung eines Krankenhauses. Dort können Patienten von einem Team von Fachärzten – insbesondere Neurologen, Kardiologen sowie Radiologen und teilweise auch Neurochirurgen und Gefäßchirurgenintensivmedizinisch interdisziplinär diagnostiziert und therapiert werden.[1]

Stroke Units müssen baulichen, technischen, strukturellen, personellen sowie fachlich-inhaltlichen Mindeststandards genügen. Zudem sollten sie entsprechend zertifiziert sein, wobei die Zertifizierung durch die Deutsche Schlaganfallgesellschaft für jeweils drei Jahre gilt.

Geschichte

Als Pioniere der Stroke Units werden vielfach Vladimir Hachinski und John W. Norris angeführt. Sie eröffneten 1975 in Toronto die erste heutigen Ansprüchen genügende Stroke Unit. Hachinski und Norris selbst benennen indes 1966 als das Jahr der Eröffnung der weltweit ersten Stroke Unit in Pittsburgh, wobei die dort erzielten Ergebnisse jedoch „enttäuschend“ gewesen seien.[2] In Europa wurden die ersten Stroke Units in den 1980er Jahren in Skandinavien eingerichtet.[3] Deutschlands erste Stroke Unit wurde 1990 in der München Klinik Harlaching (damals: Klinikum Harlaching) eröffnet.[4][5]

Deutschlandweit existieren mehr als 340 Stroke Units (Stand April 2024).[6] In Österreich verfügen 36 Krankenhäuser über Stroke Units (Stand November 2018).[7] Die Schweiz hält 10 Stroke Centers und 13 Stroke Units vor (Stand Dezember 2017).[8]

Voraussetzungen

Ein Krankenhaus mit einer Stroke Unit sollte rund um die Uhr die Behandlung des Patienten durch einen Facharzt für Neurologie sicherstellen und die Option für eine intravenöse Thrombolysebehandlung vorhalten. Hierfür muss es auch über ein CT und ein Ultraschallgerät mit entsprechender Expertise verfügen, größere (überregionale) Stroke Units zusätzlich über ein MRT und ein Katheterlabor für eine Thrombektomie durch einen Neurointerventionalisten. Die Untersuchung und ggf. Behandlung der Patienten durch Kardiologen, Neuro- bzw. Gefässchirurgen ist im Bedarfsfall sichergestellt. Weiterhin wird mehr Pflegepersonal als auf einer Normalstation eingesetzt und Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sind täglich für die Patienten verfügbar.[9]

Hintergrund

Je schneller ein akut auftretender Schlaganfall behandelt wird, umso geringer ist der bleibende Schaden. Daher kommt der Leitsatz „Time is Brain“. Das Hirngewebe, welches aufgrund eines Gefäßverschlusses nicht mehr ausreichend Sauerstoff bekommt, soll, bevor es abstirbt, durch eine Thrombolyse oder Thrombektomie wieder mit Blut versorgt werden.

Mobile Stroke Unit

Mobile Stroke Unit des DRK (2016)

Weltweit kommen zudem über 20 Mobile Stroke Units („MSU“, auch Stroke-Einsatz-Mobil „STEMO“) in Deutschland, Norwegen, Australien, Amerika, Kanada und Argentinien zum Einsatz.[10] Dabei handelt es sich um spezielle Rettungswagen, welche zusätzlich mit einem mobilen CT-Scanner, einer mobilen Labordiagnostik und telemedizinischem Gerät ausgestattet sind. Durch den Einsatz kann sich die Zeit bis zur Thrombolyse um fast eine halbe Stunde verkürzen und mehr Patienten werden behandelt.[11] Die weltweit erste MSU wurde 2010 in Homburg stationiert. Drei weitere STEMO sind in Berlin stationiert.

Literatur

  • Germar Kroczek et al.: Stroke Unit. Ein interdisziplinärer Praxisleitfaden zur Akutbehandlung des Schlaganfalls. Pflaum, München, Bad Kissingen, Berlin, Düsseldorf, Heidelberg 2002, ISBN 978-3-7905-0829-1.
  • Hans-Christoph Diener (Hrsg.): Stroke Unit Manual. Thieme, Stuttgart, New York 2005, ISBN 978-3-13-133531-9.
  • Sebastian Kubik: Charakteristik der zertifizierten Stroke Units in Deutschland. Medizinische Fakultät der Charité – Universitätsmedizin Berlin, 2016, DNB 1113592982 (refubium.fu-berlin.de [PDF] Dissertation).

Einzelnachweise

  1. Versorgung - Spezialstationen für schlaganfallbetroffene Menschen. Abgerufen am 30. September 2019.
  2. John W. Norris, Vladimir Hachinski: The evolution and impact of acute stroke units on outcome in stroke patients. (PDF; 68 kB) In: The Canadian Journal of Neurological Sciences. Cambridge University Press, Mai 2009, abgerufen am 21. Januar 2019 (englisch, Printausgabe: Volume 36, No. 3, Mai 2009, S. 274–276).
  3. E. Bernd Ringelstein, Otto Busse: Stroke Units in Deutschland – Gefährdung eines Erfolgsrezeptes? (PDF; 102 kB) Wissenschaftliches Institut der AOK, Juli 2004, abgerufen am 21. August 2019 (Printmedium: GGW 3/2004).
  4. FOCUS Online: SCHLAGANFALL: Therapie statt Ohnmacht. Abgerufen am 3. Juni 2020.
  5. BR24 - 30 Jahre Stroke Unit. Abgerufen am 17. Juni 2020.
  6. Liste deutscher Stroke Units. Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft, abgerufen am 26. April 2024.
  7. Schlaganfall: Stroke-Unit. Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, abgerufen am 8. November 2018.
  8. Stroke Centers und Stroke Units. Schweizerische Herzstiftung, abgerufen am 8. November 2018.
  9. Deutsche Schlaganfallgesellschaft: Zertifizierungskriterien für Stroke-Units in Deutschland 2022. (PDF) Abgerufen am 20. Mai 2023.
  10. Victoria J. Calderon, Brittany M. Kasturiarachi, Eugene Lin, Vibhav Bansal, Osama O. Zaidat: Review of the Mobile Stroke Unit Experience Worldwide. In: Interventional Neurology. Band 7, Nr. 6, 2018, ISSN 1664-9737, S. 347–358, doi:10.1159/000487334, PMID 30410512 (karger.com [abgerufen am 30. September 2019]).
  11. CSB - STEMO - Stroke Einsatz-Mobil. Abgerufen am 30. September 2019.

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2016.05.04 MSU, Mobile Stroke Unit exterior