Stroemfeld Verlag
Stroemfeld | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1970 |
Sitz | Frankfurt am Main |
Leitung | Karl Dietrich Wolff |
Branche | Verlag |
Website | Stroemfeld Verlag |
Stroemfeld ist ein von Karl Dietrich Wolff gegründeter und betriebener deutscher Kleinverlag mit Sitz in Frankfurt am Main und Basel.
Geschichte
Der Verlag wechselte im Laufe seines Bestehens mehrfach seinen Namen und seine Gesellschaftsform.
Wolff gründete das Unternehmen 1970 in Frankfurt am Main unter dem Namen Verlag Roter Stern K. D. Wolff KG.[1][2] In den Anfangsjahren umfasste die Mitarbeiterschaft auch einige Mitglieder der linksradikalen Szene Frankfurts, die Mitte der 1970er Jahre als Terroristen der Revolutionären Zellen international bekannt wurden, darunter Wilfried Böse, Johannes Weinrich, Magdalena Kopp und Brigitte Kuhlmann.[2][3] Der Verlag galt Ermittlern der Sicherheitsbehörden als „Kristallisationspunkt und Nachwuchsschmiede des Terrorismus“.[4] Infolgedessen gab es in den Räumen des Verlages über mehrere Jahre zahlreiche Hausdurchsuchungen.[5][6] Aus diesem Grund wurde 1979 zusätzlich die Stroemfeld Verlag AG in Basel gegründet.[5][6] Der Verlagsname geht zurück auf die ersten Zeilen eines Textes von Friedrich Hölderlin, „Tende Strömfeld Simonetta“.[7] Das Programm erschien dann unter dem Namen Stroemfeld/Roter Stern.[1] Es wurde 1984 eine weitere Gesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet, die Stroemfeld Verlag Buchversand GmbH.[1]
1991 wurde der Frankfurter Nexus-Verlag übernommen und als Stroemfeld/Nexus fortgeführt.[1][8]
1993 meldete die Verlag Roter Stern GmbH Konkurs an, durch Gründung der Stroemfeld Fördergesellschaft in Basel, der Industrielle, Politiker und Mäzene angehören, konnte das Programm weitergeführt werden.[1][2][8]
Im Oktober 2008 teilte der Verlag mit, dass durch Kündigung einer Kreditlinie der Frankfurter Sparkasse (unter Hinweis auf Basel II) die Fortführung laufender Werkausgaben gefährdet sei.[9]
Anlässlich seines 40-jährigen Bestehens wurde vom 13. August bis 4. September 2010 in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main eine Ausstellung über den Verlag präsentiert.[10][11][12]
Im September 2018 meldete der Frankfurter Geschäftsteil des Stroemfeld-Verlags Insolvenz an, der Schweizer Teil ist davon nicht betroffen.[13] Der Verlag litt unter schwindenden Käuferzahlen, unter anderem war er von den deutlich abnehmenden Bestellungen deutscher Universitätsbibliotheken betroffen.[13]
Programm
Veröffentlicht wurden zunächst vor allem politische Schriften aus dem linksradikalen Umfeld der Studentenbewegung, darunter Zur Sozialisation proletarischer Kinder des RAF-Terroristen Jan-Carl Raspe (1972)[14] und Texte des nordkoreanischen Diktators Kim Il-sung.[2]
Seit Mitte der 1970er Jahre begann der Verlag mit der Edition umfangreicher historisch-kritischer Ausgaben deutschsprachiger Schriftsteller, wie der 1975 begonnenen, 2008 abgeschlossenen Frankfurter Hölderlin-Ausgabe. Es folgten Ausgaben u. a. von Heinrich von Kleist, Gottfried Keller, Georg Trakl, Franz Kafka und Casimir Ulrich Boehlendorff, zumeist mit abgedruckten Faksimiles der Originalmanuskripte.[15]
Bekannt wurde der Verlag auch durch die Veröffentlichung von Männerphantasien, einer Studie Klaus Theweleits über Freikorpsliteratur und den Körper des soldatischen Mannes.
Seit den 1980er Jahren gehört auch ein medientheoretisches Programm zum Profil des Verlags, etwa die Zeitschrift Frauen und Film.
Weiterhin verlegt werden Schriften u. a. von Jessica Benjamin, Harold Bloom, Marguerite Duras, Kurt Eissler, Georg K. Glaser, Georg Groddeck, Klaus Heinrich, Pierre Imhasly und Peter Kurzeck.
Auszeichnungen
- 2001: Binding-Kulturpreis[16]
- 2007: Kurt Wolff Preis für die textkritischen Ausgaben[17]
- 2011: Melusine-Huss-Preis für Peter Kurzecks Roman Vorabend
Weblinks
- Offizielle Website
- Verlagsporträt von Martin Zähringer in der Reihe Unabhängige Verlage in Deutschland des Goethe-Instituts
- „Hölderlin vom Roten Stern“ ( vom 11. Dezember 2011 im Internet Archive), Netzeitung, 16. Dezember 2004
- Laudatio auf den Stroemfeld-Verlag anlässlich der Verleihung des Kurt-Wolff-Preises 2007 (PDF; 40 kB) gehalten von Klaus Theweleit
- „33 aufregende Jahre“, Deutschlandradio, 9. September 2008
- „Der Stroemfeld Verlag wird vierzig. Roter Stern über Frankfurt“, FAZ, 13. August 2010
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Geschichte ( vom 13. September 2008 im Internet Archive), Selbstdarstellung auf der Verlagswebsite.
- ↑ a b c d Jochen Hieber: Karl Dietrich Wolff, genannt KD - Mehr als ein Verleger, in: FAZ.net vom 27. Februar 2013, abgerufen am 11. August 2014
- ↑ Wolfgang Kraushaar: Die blinden Flecken der RAF (E-Book). Klett-Cotta, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-608-10976-4, S. 378.
- ↑ Terroristen: Kontakt mit Kadern. In: Der Spiegel. Nr. 1, 1976, S. 28–31 (online – 5. Januar 1976).
- ↑ a b KD Wolff – Klassische Kantinenkost. In: Cicero. Abgerufen am 5. April 2021.
- ↑ a b Ulrike Jaspers: "Die Offenheit der Debatten, die die 68er erkämpft haben, lässt sich nicht mehr zurücknehmen". In: Forschung Frankfurt. 2014, abgerufen am 5. April 2021.
- ↑ D. E. Sattler: Persönlicher Bericht VII, 1979, bei der Hölderlin-Arbeitsstelle Bremen.
- ↑ a b Ursula Vogel: Verlag Stroemfeld/Roter Stern: Von einem, der auszog, die Klassiker zu schärfen. In: Der Tagesspiegel. 29. September 2000, abgerufen am 6. April 2021.
- ↑ Rundbrief 2008 (PDF; 75 kB)
- ↑ Arno Widmann: „40 Jahre Stroemfeld-Verlag. Der Marsch einer Institution durch die Zeit“, Frankfurter Rundschau, 12. August 2010
- ↑ Marcus Hladek: Hölderlins roter Glücksstern. Erst Revoluzzer-Broschüren, dann Klassiker: Der Frankfurter Stroemfeld-Verlag wird 40 Jahre alt, Frankfurter Neue Presse, 13. August 2010
- ↑ Katrin Hillgruber: Verlage. Kanon und Kanonen. Der Tagesspiegel, 15. August 2010
- ↑ a b Jürgen Kaube: Stroemfeld-Verlag insolvent: Einst, als wir lasen. In: www.faz.net. 7. September 2018, abgerufen am 8. September 2018.
- ↑ DER SPIEGEL: Alles neu hier. In: Der Spiegel. 23. Juli 1972, abgerufen am 6. April 2021.
- ↑ Rudolf Walther: Linker Verlag Stroemfeld insolvent: Sinkender roter Stern. In: Die Tageszeitung: taz. 11. September 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 6. April 2021]).
- ↑ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 15. August 2010 Seite R3
- ↑ KD Wolff:Dankesrede für den Kurt Wolff Preis ( vom 10. Oktober 2007 im Internet Archive), 23. März 2007, PDF-Datei, 2 S.