Strafanwendungsrecht (Österreich)
Im Strafanwendungsrecht geht es um die Frage, welche strafbaren Handlungen von österreichischen Gerichten zu verfolgen sind (inländische Gerichtsbarkeit).
Das österreichische Strafanwendungsrecht bestimmt, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines österreichischen Strafgesetzes erfüllt, auch dann von österreichischen Gerichten nach österreichischem Recht bestraft wird, wenn es im Ausland oder sonst mit Beziehung zum Ausland begangen worden ist. Das österreichische Recht wird dabei ohne Rücksicht darauf verwendet, ob auch ein anderer Staat die Tat verfolgt oder nicht.[1]
Das Strafanwendungsrecht ist in §§ 62 ff. des Strafgesetzbuchs (StGB-AU) geregelt.
Das österreichische Strafrecht gilt neben im Inland begangenen Straftaten auch auf allen Schiffen und in allen Luftfahrzeugen, die berechtigt sind, Hoheitszeichen der Republik Österreich zu führen.[2]
Österreichisches Strafrecht wird unabhängig von Tatort und Nationalität des Täters angewendet in Fällen von: Hochverrat oder Landesverrat gegen den Staat oder eines der Bundesländer, Verunglimpfung des Bundespräsidenten, Nötigung von Verfassungsorganen oder des Mitglieds eines Verfassungsorgans, staatsfeindlichen Verbindungen, strafbaren Handlungen gegen das Bundesheer, erpresserischer Entführung, Auslieferung an ein anderes Land, Sklavenhandel, Menschenhandel, grenzüberschreitendem Prostitutionshandel, Fälschung von Geld oder besonders geschützten Wertpapieren, Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz, Hehlerei bzw. Geldwäscherei bezüglich eines im Inland begangenen Verbrechens sowie terroristischen Straftaten, schwerem Diebstahl, Erpressung oder Urkundenfälschung gegen ein österreichisches Verfassungsorgan.[3]
Weiterhin kann das österreichische Strafrecht unabhängig vom Tatort gegen österreichische Staatsbürger angewendet werden in Fällen von: sexuellem Missbrauch von Minderjährigen, pornographischer Darstellung Minderjähriger, Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietung Minderjähriger, Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, Terrorismusfinanzierung, weiterer strafbarer Handlungen, die gegen einen Österreicher im Ausland gerichtet sind.[4]
Literatur
- Andrés Payer: Territorialität und grenzüberschreitende Tatbeteiligung, Dike Verlag, Zürich/St. Gallen 2021
- Liebscher: Die neue Struktur des Internationalen Strafrechts (§§ 62 bis 67 StGB), JBl 1974, 393
Weblinks
- Konrad G. Bühler, Astrid Reisinger Coracini: Die Umsetzung des Römischen Statuts in Österreich Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik 10/2015, S. 505–513
- Katrin Niederacher: Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Providers für User-Videos. Das Urteil des Mailänder Bezirksgerichts in Strafsachen vom 24.02.2010 gegen Google-Manager aus der Sicht des österreichischen Strafrechts Diplomarbeit, Paris-Lodron Universität Salzburg, 2011, S. 13 ff. "Österreichische Strafgewalt"
- Thomas J. Primig: Internationales Strafrecht und das Internet S. 13 ff. "Das österreichische „Internationale Strafrecht“"