Straße der Skulpturen (St. Wendel)

„Erdsäule“ von Kubach-Wilmsen (1971)

Die Straße der Skulpturen liegt im nordöstlichen Saarland und führt von St. Wendel bis zum Bostalsee. Der Skulpturenweg wurde von dem aus St. Wendel stammenden Bildhauer Leo Kornbrust und seiner Ehefrau, der Schriftstellerin Felicitas Frischmuth, initiiert. Gewidmet ist er dem von den Nationalsozialisten ermordeten deutsch-jüdischen Bildhauer und Maler Otto Freundlich, der in den 1930er Jahren die Idee zu einer völkerverbindenden Straße der Skulpturen hatte. Diese Straße der Brüderlichkeit und menschlichen Solidarität sollte von Paris nach Moskau führen.

Seit dem Jahre 1971 wurden entlang eines circa 25 km langen Teilstücks des Saarland-Rundwanderweges insgesamt 55 Skulpturen von 49 Künstlern aus 12 Ländern geschaffen und aufgestellt. Am Anfang stand das Internationale Bildhauersymposion auf der Höhe bei Baltersweiler in den Jahren 1971/72. Dieses Symposion wurde in die Skulpturenstraße einbezogen, an der von 1977 bis 1988 gearbeitet wurde. Die Strecke wurde während des trilateralen Bildhauersymposions 1993 erweitert. Zwischen 1996 und 2014 kamen neun weitere Skulpturen hinzu. Als derzeit letzte Kunstwerke wurden im Jahr 2014 die Stahlskulpturen „Tor für Leo“ von Gerd Winner und „Zwei Streckungen“ von Ansgar Nierhoff aufgestellt.[1]

Entwicklung des Projektes

Internationales Steinbildhauer-Symposion St. Wendel 1971/72

Teil des Symposions: „Horizontale Entfaltung“ von Takera Narita (1971)

In den Jahren 1967 bis 1970 wurde Leo Kornbrust zur Teilnahme an dem Symposion Europäischer Bildhauer nach Sankt Margarethen im Burgenland eingeladen, wo er den Bildhauerkollegen Karl Prantl und dessen Idee von Bildhauersymposien und Skulpturenstraßen kennenlernte. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Felicitas Frischmuth initiierte Kornbrust das erste saarländische Bildhauersymposion, das im Sommer des Jahres 1971 drei Monate lang auf der Höhe bei Baltersweiler stattfand. In diesem Jahr beteiligten sich neben Leo Kornbrust insgesamt 11 Künstler aus vier Ländern, darunter auch Karl Prantl. Felicitas Frischmuth begleitete den Prozess auch literarisch mit zahlreichen Texten. Im folgenden Jahr wurde die Aktion mit drei weiteren Künstlern fortgesetzt. Insgesamt wurden 14 Steine von 15 Künstlern aus sechs Ländern bearbeitet. Damit war zunächst das „Internationale Steinbildhauer-Symposion St. Wendel“ abgeschlossen.

Erweiterung 1977–88

Teil der erweiterten Skulpturenstraße: „Wolkenstein“ von Franz Xaver Ölzant (1979) – bei Güdesweiler
Leo Kornbrust: Liebesthron (1979) – Bostalsee
Shlomo Selinger: „Requiem für die Juden“ (1980) – Bostalsee
Shlomo Selinger: „Liebe“ (1982/2010) – St. Wendel

Zwei Ereignisse waren für Leo Kornbrust der Anstoß, die Idee einer „Straße der Skulpturen“ umzusetzen: Zum einen lösten sich bei Bauarbeiten in der Nähe von St. Wendel große Sandsteinblöcke von einer Felswand, für die ein Platz gefunden werden musste. Zum anderen wurde in den Jahren 1974–75 der Saarland-Rundwanderweg angelegt, der über eine Länge von ca. 25 km durch das St. Wendeler Land verläuft und auch über das Gelände des Symposions bei Baltersweiler führt. Kurzerhand wurden die Steinblöcke entlang des neuen Wanderweges platziert.

Als Auftakt entstanden im Jahre 1977 zwei Skulpturen, der „Fischkopf“ des Künstlers Han van Wetering und der „Große Fuß“ des Bildhauers Yoshimi Hashimoto. Offiziell eröffneten im Jahre 1979 die beiden Bildhauer Franz Xaver Ölzant und Leo Kornbrust mit ihren Arbeiten die eigentliche Skulpturenstraße. Weitere Arbeiten anderer Künstler folgten. Im Jahre 1988 wurde die Straße mit der Fertigstellung der Arbeit von Dorothee von Windheim abgeschlossen. Bis dahin hatten insgesamt 35 Künstler aus 10 Ländern ihre Arbeiten aufgestellt. Sie schufen zusammen 38 Skulpturen verschiedener künstlerischer Ausprägung.

Bildhauersymposion 1993

Im Jahre 1993 beauftragte die Internationale Gesellschaft der Bildenden Künste in Bonn Leo Kornbrust mit der Projektleitung eines trilateralen Bildhauersymposions, das im Rahmen des 30-jährigen Jubiläums des Deutsch-Französischen Jugendwerkes und des 25-jährigen Bestehens des Office franco-québécois pour la jeunesse im „Grenzland“ Saarland stattfinden sollte. Im Herbst desselben Jahres kamen 15 junge Künstler aus Deutschland, Frankreich und Kanada nach St. Wendel. Neun von ihnen schufen bleibende Arbeiten an der Skulpturenstraße; drei schufen zeitlich begrenzte Projekte in der Landschaft, zwei entschieden sich für ein Museumsprojekt in St. Wendel und eine Künstlerin für eine Konzept-Arbeit, die ebenfalls im Museum präsentiert wurde. Die Skulpturenstraße wurde um 5 km bis zum Peterberg bei Braunshausen erweitert.

Die Jahre 1996–2014

In den Jahren 1996–2014 wurde die Straße um neun Skulpturen erweitert. Vier von diesen entstanden in unmittelbarer Auseinandersetzung mit der umgebenden Landschaft. Es handelt sich um die Arbeiten von James Reineking (1996), Herbert Wurm (2001), Bertrand Ney (2007) und Robert Schad (2008). Die restlichen fünf Skulpturen sind ältere Arbeiten, die im Stadtgebiet von St. Wendel aufgestellt wurden. Sie wurden von Hans Steinbrenner, Franz Bernhard, Kang Jinmo, Shlomo Selinger und Ansgar Nierhoff geschaffen.

Einbindung in die Straße des Friedens

Im Jahre 2002 wurde die Straße der Skulpturen mit dem Projekt „Steine an der Grenze“ bei Merzig verbunden; an der Schnittstelle beim Waderner Stadtteil Gehweiler wurde als sichtbares Zeichen der Verbindung jeweils eine Plastik der beiden Initiatoren Paul Schneider und Leo Kornbrust aufgestellt. Mit der Gründung der Otto-Freundlich-Gesellschaft im Jahre 2004 soll unter der Regie von Leo Kornbrust die Idee Freundlichs verwirklicht werden. Durch die Integration anderer Bildhauersymposien und weiterer Skulpturen internationaler Künstler soll eine Straße zwischen der normannischen Küste und Moskau geschaffen werden. Verlängerungen der „Straße des Friedens“ in Deutschland sind der Skulpturenweg Salzgitter-Bad, das Stahlbildhauersymposion in Dillingen/Saar, die Marmorplastik „Wellen des Lebens“ des Künstlers Jaroslav Vacek in der Europäischen Akademie Otzenhausen und das Bildhauersymposion der Stiftung für Bildhauerei in Berlin. Weitere Teilstrecken existieren in Luxemburg, Belgien, Frankreich und Polen.

Die Künstler und ihre Werke

KünstlerTitelMaterialJahr
Hiromi AkiyamaOhne Titelroter Sandstein1971/72
Rahmen für eine Landschaftgelber Sandstein1981
Gerhard AmmannOhne Titelgelber Sandstein1981
Ivan AvoscanLe Réveil – Erwachengelber Sandstein1982
Gabi BejuErinnerung an die Nike von Samothrakegelber Sandstein1972
Franz BernhardSt. Wendeler FigurStahlblech, geschweißt1999
Rinaldo BigiBarca della Vita – Lebensschiffgelber Sandstein1983
Daniel BrägOhne Titelcirca 200 gestapelte Fichten1993, heute verschwunden
Hans-Jürgen BreusteOverkill 1982 – die Kräfte der Steine und die Kräfte, die Steine bersten lassengelber Sandstein, Panzerketten, Stahlplatten, Kanonenrohre1982
Sylvie BussièresFormes végétaux: 4 arbustes, forme feuille, montagneSchiefer1993
Elmar DaucherVerschiebungroter Sandstein1971
Mario DuchesneauOhne Titel45 Mehlbeersträucher1993
Herbert GeorgeSoft Obeliskroter Sandstein1972
Nikolaus GerhartOhne Titelgelber Sandstein1986
Alfred GörigGanzheit – Verschobengelber Sandstein, Stahlplatte1983
Edgar GutbubDreierbeziehungroter Sandstein, Stahlplatte1984
Nausikaa HackerOhne TitelSandstein, Beton1993
Yoshimi HashimotoGroßer Fußgelber Sandstein1977
Bruno K.Rotdorn – Pfahl im Fleischcirca 250 Jahre altes Eichenholz, Eisenplatten, Blech, Betonsockel1981
Kang JinmoAufbruchBasalt-Lava, Edelstahl1994, 1999 aufgestellt
Leo KornbrustHommage a BuñuelBasalt-Lava1971
Liebesthrongelber Sandstein1979
PyramideBasalt-Lava1988
Kubach-WilmsenErdsäuleKrastaler Marmor, Rauchkristall1971
Dieter KunzDreieckBetonguss1993
Samuel La RozeAmeisenhaufenGlaskasten, Eisenstäbe, Zucker1993, heute verschwunden
Diane LandrySt. Wendel und UmgebungEisen, Eisendraht, Wachs, Fotos, Fundstücke, Wolle1993
Patrick Lebret2 Installationen „Avec Titre“1) Eisen, Teichfolie, Wasser, Goldfische; 2) Eisengerüst, Teichfolie, Motor, Wasser, Farbstoff1993
Alf LechnerBodenobjekt ohne Titel8 cm starkes Stahlblech1985
Ulrike Leitz-EhlersInformationspfeiler IIISandstein, Silikon, Filmstreifen, Filmdosen, Sand1993
Takera NaritaHorizontale Entfaltungroter Sandstein1971
Mathis NeidhartBodengestaltung „Heiligtum“Asphalt, Gesamtlänge circa 33 m1993
Bertrand NeyLe Réveil – das Erwachengelber Sandstein2007
Ansgar NierhoffZwei StreckungenStahl1985, 2014 aufgestellt
Heinz OliberiusOhne Titelgelber Sandstein1986
Franz Xaver ÖlzantErinnerung an HammurabiBasalt-Lava1971
Ohne Titel (im Volksmund „Wolkenstein“ genannt)gelber Sandstein1979
Karl PrantlBasaltbankBasalt-Lava1971
James ReinekingOhne Titel (für Leo)40 cm starkes Stahlblech1996
Laurent ReynesOhne TitelHolzpfähle, Schiefer1993, 1998 abgebaut
Diane RobertsonOhne TitelEisen, Steine, Schotter1993
Gernot RumpfZum Gedenken an das Grubenunglück in der Schwerspatgrube Eisenroter Sandstein mit Aluminium1971
Adolf RyszkaGrenzstein auf dem Wegroter Sandstein1971
Robert SchadIm WindStahl2008
Rudi ScheuermannKomposition mit stereometrischen Elementenroter Sandstein1971
Martin SchneiderOhne Titelgelber Sandstein1981
Paul SchneiderDurchblick in die Landschaftroter Sandstein1971
Michael SchoenholtzGroße Doppelfigurgelber Sandstein, Betonsockel1984
Alf SchulerOhne Titelüber 30 Stahlrohrstücke, zwei Stahlseile2007
Klaus SchwabeFamiliegelber Sandstein1987
Shlomo SelingerRequiem für die Judengelber Sandstein1980
Lieberoter Granit1982, 2010 aufgestellt
Michel St-OngeFos ne l’en sofHolz, Stein, Autoreifen1993
Hans SteinbrennerFigurBasalt-Lava1975, 1997 aufgestellt
Valérie ThuillierChemin amusé, amusant6 Stahlringe, je 2 m Durchmesser1993
Christian Tobin (früher: Christian Mayer)Verkantetergelber Sandstein1981
Hajime TogashiSonnensteinKrastaler Marmor, Rauchkristall1972
A. D. Trantenroth3 Umfeldveränderungen ohne TitelTombak1988
Ohne Titelgelber Sandstein, Tombak, Scharniere, blaue Farbe1988
Franck TurpinBodenobjekt ohne Titelgefärbter Beton, Eisenschaniere1993
Han van WeteringFischkopfroter Sandstein1977/78
Dorothee von WindheimOhne Titel (Über die Vergänglichkeit)gelber Sandstein, Eisen, Glas1987/88
Gerd WinnerTor für LeoStahl2014
Herbert WurmBliesener Stein – Wolkenaltargelber Sandstein2001

Anmerkungen

  1. Evelyn Schneider: Leos Tor zur Straße des Friedens. Onlineangebot der Saarbrücker Zeitung, 15. April 2014, abgerufen am 17. April 2014.

Literatur

  • Rena Karaoulis: Die Straße der Skulpturen. Vom Bildhauersymposion St. Wendel zur Straße des Friedens in Europa. Verlag St. Johann, Saarbrücken 2004, ISBN 3-928596-85-3.
  • Skulpturen für den Frieden, in: Saarbrücker Zeitung (Ausg. St. Wendel) v. 30. April/1. Mai 2009, S. C6.
  • Hans Weingartz: Straße der Skulpturen – Von St. Wendel zum Bostalsee, Kid Verlag, Bonn 2011, ISBN 978-3-929386-33-2.
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