Stift Vreden

Das Damenstift Vreden wurde spätestens 839 als eines der ersten westfälischen Frauenstifte in Vreden gegründet. Es war im Mittelalter zeitweise reichsunmittelbar. Im Jahr 1810 wurde es aufgehoben.

Stiftskirche St. Felicitas

Geschichte

Möglicherweise war Vreden schon vor der Bekehrung zum Christentum Ende des 8. Jahrhunderts eine Art Missionsstützpunkt für weite Teile des Münsterlandes. Der Ort lag dabei an einer alten Fernhandelsstraße, die vom niederländischen Raum kam. Der Name des Stifters ist mit Walbert überliefert, der mutmaßlich aus dem Geschlecht der Billunger stammte.[1] Walbert ließ 839 die Reliquien verschiedener Heiliger nach Vreden bringen. Daran beteiligt war auch Bischof Altfried von Münster. Dies gilt als Abschluss der Stiftsgründung. Walbert wurde im Stift beigesetzt. Das Damenstift war der Heiligen Felicitas geweiht. Es nahm nur Damen von hohem Adel auf. Erste Stiftskirche war eine Vorgängerkirche am Platz der heutigen Pfarrkirche St. Georg. Erst in der Zeit zwischen 1070 und 1100 verlor sie den Status als Stiftskirche an St. Felicitas.[2]

Auf dem Umritt des neuen Königs Konrad II. besuchte dieser 1024 das Stift. Begrüßt wurde er von den Äbtissinnen Adelheid von Vreden und Sophia von Essen. Beide waren Töchter von Otto II. und dessen Gemahlin Theophanu. Auch in der folgenden Zeit war das Stift mit den Kaisern eng verbunden. Eine Tochter von Heinrich III. war Äbtissin. Einige der Äbtissinnen waren in Personalunion auch Äbtissinnen von Essen.

Das Stift war reichsunmittelbar bis 1085. Danach schenkte es Kaiser Heinrich IV. dem Bremer Bischof Liemar. Nach einer Unterbrechung erlangte es den Status der Reichsunmittelbarkeit wieder und behielt ihn bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Im Jahr 1261 unterwarf sich die Äbtissin von Vreden dem Bischof von Münster. Dies war das Ende der Reichsunmittelbarkeit.

Als Norbert von Xanten im Jahre 1115 dem Stift Vreden einen Besuch abstatten wollte, wurde er der Legende nach auf dem Ritt dorthin kurz vor Vreden durch einen Blitzeinschlag vom Pferd geworfen und bekehrt.

Während der Bredevoorter Fehde 1324 plünderten Truppen Rainalds II. von Geldern das Stift. Dabei kam es zu einem Brand, der das Stiftsarchiv zerstörte.

Im 18. Jahrhundert wirkte der Historiograph Jodocus Hermann Nünning als Scholaster im Stift.

Baulichkeiten

Ansicht von Norden mit Portal aus St. Georg (2013, vor Umgestaltung des Kirchplatzes)

Die Vredener Stiftskirche St. Felicitas stammt wie ein karolingischer Vorgängerbau der unmittelbar benachbarten heutigen Pfarrkirche St. Georg aus dem 9. Jahrhundert. Im 11. Jahrhundert erhielt sie eine bis heute erhaltene Hallenkrypta. Diese befand sich unter einer älteren Kirche und liegt jetzt unter dem Chor der heutigen Kirche. Bei der Krypta handelt es sich um eine dreischiffige, vierjochige Halle mit Kreuzgratgewölbe. Zu einem nicht ganz klaren Zeitpunkt, entweder in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts oder erst um 1170/80, entstand der heutige Kirchenbau. Die Kirche ist ein langgestreckter, einschiffiger und vierjochiger Saalbau mit Vierung und quadratischen Querhausarmen. Im Jahr 1427 wurde der Chor neu erbaut. Im 16. Jahrhundert wurde die Wölbung im östlichen Langhausjoch erneuert. Im folgenden Jahrhundert kam es zum Bau neuer Gebäude des Stifts.

Nach der Aufhebung wurde die Anlage 1911 stark umgebaut. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden der Chor und die Gewölbe von Langhaus und Krypta durch Bomben zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte bis 1952. Seitdem dient das Portal der ebenfalls zerstörten Pfarrkirche St. Georg als Nordportal der Stiftskirche. Nach einer umfassenden, mehrjährigen Sanierung wurde die Stiftskirche mit der feierlichen Rückholung des Allerheiligsten in den Tabernakel am 18. Dezember 2016 wieder in Dienst genommen.

Seitenaltar in der Stiftskirche St. Felicitas

Das Vredener Krankenhaus schloss sich unmittelbar an die Stiftskirche an. Ende der 1960er Jahre wurde das Krankenhaus an einen anderen Ort verlegt und das alte Gebäude vollständig niedergelegt, so dass sich heute eine Rasenfläche zwischen der Kirche und dem Stadtgraben erstreckt. Ein Kreuzweg sowie eine Skulptur des Vredener Künstlers Adolf Erning, die mehrere Kreuze beinhaltet, erinnern an die religiöse Geschichte des Geländes.

In der Kirche ist auch das Vredener Hungertuch von 1619 ausgestellt.

Äbtissinnen (unvollständig)

Nr.Name (Lebensdaten)AbbatiatAnmerkungenHerkunftDarstellung
1.Bertradis
* unbekannt
† unbekannt
0966–999vermutl. Schwester des Wikbert[3]
2.Hathui
† 4. Juli 1014
–1014auch Äbtissin im Stift GernrodeBillunger
2.Adelheid I.
* 977
† 14. Januar 1044 in Quedlinburg
1014–1044[4]auch Äbtissin im Stift Quedlinburg, Stift Gandersheim und im Stift GernrodeLiudolfingerHase Quast 1877 S 10 Nr 1 Adelheid I.jpg
3.Beatrix
* 1037
† 13. Juli 1061
1044–1061auch Äbtissin im Stift Gandersheim und im Stift QuedlinburgSalierHase Quast 1877 S 11 Nr 2 Beatix I.jpg
4.Adelheid II
* 1045 (in Goslar?)
† 11. Januar 1096 in Quedlinburg
1061–1096[5]auch Äbtissin im Stift Gandersheim und im Stift QuedlinburgSalierHase Quast 1877 S 12 Nr 3 Adelheid II.jpg
?.Elisabeth
* unbekannt
† unbekannt
um 1172–1216auch Äbtissin vom Stift Essen und St. Maria im Kapitol in Köln
?.Ida II. von Sayn
* unbekannt
† unbekannt
1218–1241?[5]
?.Sophia von Puflike
* unbekannt
† 16. Mai 1316 in Vreden
1296–1316[5]
?.Lutgardis von Steinfurt
* unbekannt
† 1356?
1316–1349[5]
?.Elisabeth von Bare
* unbekannt
† unbekannt
1349–1355[5]
?.Adelheid von Bentheim
* unbekannt
† 23. April 1387[6]
1360-nach 1387[6]Auf Adelheid folgte für kurze Zeit eine namentlich nicht bekannte Äbtissin, bevor Jutta von Ahaus das Amt übernahm
?.Jutta von Ahaus[7]
* 1353
† 23. Januar 1408
vor 16. Nov. 1388 – 1395bereits als Kind 1357 als Stiftsdame aufgenommen, langjährige Kellnersche des Stiftes, Pröpstin spätestens ab 24. Mai 1385Edelherren von Ahaus
?.Kunegounde van Meurs
* unbekannt
† unbekannt
1395–1403
?.Maria Schenkin zu Erbach
* unbekannt
† unbekannt
1466–1511Grafen von Erbach
?.Margareta von Beichlingen
* unbekannt
† 11. Dezember 1534
1521–1534auch Fürstäbtissin vom Stift EssenGrafen von BeichlingenTafelbild Bartholomaeus Bruyn dÄ detail Margaretha von Beichlingen.jpg
?.Gräfin Katharina von-Gleichen-Blankenhain[8]
* unbekannt
† unbekannt
um 1534–Dechantin im Damenstift Essen (1534), Pröpstin im Stift RellinghausenGrafen von Gleichen
?.Ermgart von Rietberg
* unbekannt
† 17. September 1579
–1579auch Äbtissin vom Stift MetelenGrafen von Rietberg
?.Agnes von Limburg-Stirum
* 18. September 1563 auf Kasteel de Wildenborch
† 2. Januar 1645 in Vreden
um 1619auch Äbtissin der Stifte Elten (1603–1645), Borghorst und FreckenhorstGrafen von Limburg-Stirum
?.Gräfin Maria Sophie zu Salm-Reifferscheidt[9]
* 21. März 1620
† 8. Januar 1674
vor 1669–1674auch Äbtissin im Reichsstift EltenSalm (Adelsgeschlecht)
?.Gräfin Maria Franziska von Manderscheid-Blankenheim
* unbekannt
† unbekannt
1674–1708[10]
?.Elizabeth van Hoyte
* unbekannt
† unbekannt
?–?
38.Walburga Maria Anna Truchsess von Waldburg-Zeil-Wurzach[11]
* (27. Februar 1730)
† 16. November 1789
1764–1789Nonne (1740), Äbtissin von St. Ursula in Köln (1784) und Stift EltenHaus Waldburg
39.Josepha Maria Anna Antonia Nepomucena von Salm-Reifferscheidt-Bedburg
* 15. Juli 1731 in Wien
† 23. Juni 1796 in Essen
1790–17961790–1796 auch Äbtissin im Stift EltenSalm (Adelsgeschlecht)
40.Theresia Josepha Truchsess von Waldburg-Zeil-Wurzach[11]
* 9. Dezember 1770
† unbekannt
1796–1805Küsterin zu Elten, Nonne von St. Ursula in Köln (1786–1794)Haus Waldburg
41.Gräfin Maria Creszentia Fugger zu Stettenfels und Dietenheim
* 21. Februar 1764
† 1834 in Vreden
1805–1810Kanonikerin in Köln St. Ursula (Köln) (1777), Äbtissin in Köln St. Ursula (1790–1802), Dechantin in Elten (1790), letzte Äbtissin des Vredener StiftsFugger

Straßennamen

Am ehemaligen Standort des Klosters im Zentrum von Vreden erinnert der Straßenname Freiheit an das Stift und seine Reichsunmittelbarkeit.

Einige der Äbtissinnen und andere für das Stift prägende Damen wurden durch Straßennamen im Vredener Stadtbild verewigt. Die benannten Straßen befinden sich in einem zentral gelegenen Wohnviertel der Stadt und heißen: Adelheidstraße, Beatrixstraße, Bertradisstraße, Kreszentia-Straße, Maria-Franziska-Straße, Maria-Theresia-Straße, Reinmodisstraße, Theophanostraße und Von-Manderscheid-Straße.

Literatur

  • Georg Fink: Standesverhältnisse in Frauenklöstern und Stiftern der Diözese Münster und Stift Herford. In: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde, Jg. 65, Erste Abteilung (Münster), S. 129–210, zu Vreden S. 148–169 (Digitalisat).
  • Heimatverein Vreden (Hrsg.): Sankt Felicitas in Vreden: Verehrung – Kirche – Kirchenschatz, Beiträge des Heimatvereins Vreden zur Landes- und Volkskunde, Band 97, Vreden 2017, ISBN 3-926627-77-8
  • Wilhelm Kohl: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster. Band 7: Die Diözese. Teilband 1. de Gruyter, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-11-016470-1 (Germania sacra NF 37, 1), Teildigitalisat.
  • Heiko K. L. Schulze: Klöster und Stifte in Westfalen. Geschichte, Baugeschichte und -beschreibung. Eine Dokumentation. In: Géza Jászai (Hrsg.): Monastisches Westfalen. Klöster und Stifte 800–1800. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1982, ISBN 3-88789-054-X, S. 432 (Ausstellungskatalog, Münster, Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 26. September 1982 – 21. November 1982).
  • Wilhelm Kohl: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster. Band 7: Die Diözese. Teilband 3. de Gruyter, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-11-017592-4 (Germania sacra NF 37, 3), Teildigitalisat.

Weblinks

Commons: St. Felizitas (Vreden) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Volker Tschuschke: Die Billunger im Münsterland, in Quellen und Studien zur Geschichte Vredens und seiner Umgebung, Band 38, S. 15–43, Heimatverein Vreden (Hrsg.) im Selbstverlag, Vreden 1990. ISBN 3-926627-06-9
  2. Stefan Eismann: Vom Stift zur Stadt. Mittelalterarchäöologie in Vreden., in Beiträge des Heimatvereins zur Landes- und Volkskunde, Band 69, S. 171–208, Heimatverein Vreden (Hrsg.) im Selbstverlag, Vreden 2005. ISBN 3-926627-44-1
  3. Roger Wilmans: Die Kaiserurkunden der Provinz Westfalen: 777 - 1313. Münster 1867. S. 428, 438
  4. GenWiki Damenstift Vreden, abgerufen am 13. November 2011.
  5. a b c d e Volker Tschuschke: Die hochgräfliche Abtei Vreden und ihre Erbämter. In: Quellen und Studien zur Geschichte Vredens und seiner Umgebung, Bd. 1. Heimatverein, Vreden 1990, ISBN 3-926627-06-9, S. 44–48.
  6. a b Volker Tschuschke: Die Edelherren von Ahaus. Ein Beitrag zur Geschichte des westfälischen Adels im Mittelalter (= Westmünsterland, Quellen und Studien, Band 16). Landeskundliches Institut Westmünsterland, Vreden 2007, ISBN 978-3-937432-12-0, S. 144.
  7. Volker Tschuschke: Die Edelherren von Ahaus. Ein Beitrag zur Geschichte des westfälischen Adels im Mittelalter. Landeskundliches Institut Westmünsterland, Vreden 2007, S. 144–149.
  8. D. Schwennicke: Europäische Stammtafeln, Neue Folge, Band XIX., Tafel 101, Verlag: Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 2000, ISBN 3-465-03074-5
  9. genealogy.euweb.czReifferscheidt 2, abgerufen am 27. November 2011.
  10. Stiftskirche St. Felicitas Vreden
  11. a b genealogy.euweb.cz Waldburg 6, abgerufen am 27. November 2011.

Koordinaten: 52° 2′ 8″ N, 6° 49′ 16″ O

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Tafelbild Bartholomaeus Bruyn dÄ detail Margaretha von Beichlingen.jpg
Autor/Urheber: Elke Wetzig (Elya (talk)), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Sonderausstellung „Gold vor Schwarz“ auf Zollverein, Exponate der Essener Domschatzkammer in der ehemaligen Kohlewäscherei. Detail eines Tafelbildes von Bartolomäus von Bruyn d.Ä., Portrait Margaretha von Beichlingen
Hase Quast 1877 S 10 Nr 1 Adelheid I.jpg
Grabstein der Äbtissin von Quedlinburg, Adelheid I.
Hase Quast 1877 S 12 Nr 3 Adelheid II.jpg
Grabstein der Äbtissin Adelheid II. von Quedlinburg
Hase Quast 1877 S 11 Nr 2 Beatix I.jpg
Grabstein der Äbtissin Beatrix I. von Quedlinburg
St. Felicitas Vreden 05.jpg
Autor/Urheber: H.Helmlechner, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das Damenstift Vreden in Vreden wurde im 9. Jahrhundert als eines der ersten Frauenklöster in Westfalen gegründet.