Stift Bassum

Stift Bassum (Luftbild)

Das Stift Bassum ist ein evangelisches Stift (= Frauenstift oder Kanonissenstift) in Bassum. Es ist das älteste Stift in Niedersachsen. In der Europäischen Union ist das Stift in Bassum das einzige noch bestehende Kanonissenstift.

Geschichte

858 gab die Edeldame Liutgart ihr gesamtes väterliches Erbe und gründete das Stift als Kanonissenstift im Sinne der Aachener Kanonissenregel von 816. Die adligen Familien des Landes hatten damit die Möglichkeit, ihren unverheirateten Töchtern eine christliche Erziehung und eine Versorgung zu geben. Geweiht wurde das Stift von Ansgar, Erzbischof von Hamburg und Bremen (831–865). Liutgart war auch die erste Äbtissin des Stifts. Bis heute wird das Stift von einer Äbtissin geführt. Die heutige Äbtissin ist seit 2008 Isabell von Kameke.

Das Stift nahm im 12. oder 13. Jahrhundert die Benediktinerregel an. Seit 1541 ist es evangelisch. Im Stift lebten früher bis zu 10 Stiftsdamen. Im Gegensatz zu Klöstern war ihnen im Stift Privatbesitz gestattet, auch durften sie das Stift verlassen. Ihre Hauptaufgabe war das feierliche Gotteslob, die Fürbitte für die Verstorbenen und die Armenfürsorge.[1]

Heute hat das Stift zwar auch noch 10 Stiftsdamen (Kapitularinnen), es besteht aber – außer für die Äbtissin und ihre Stellvertreterin, die Dechantin – keine Residenzpflicht mehr, so dass sie meist in ihren jeweiligen Heimatorten wohnen, wo sie ganz normalen Berufen nachgehen – sie fühlen sich aber dem Stift verbunden und treffen sich jährlich zur Sitzung des Kapitels. Die Frauen müssen auch nicht mehr adlig sein.

Das Stift ist die Keimzelle der Stadt Bassum, die damals Birsina hieß.

Zeder im Winkel zwischen Nord­seite des Kirchen­schiffs und West­giebel des heutigen Stifts­gebäudes

Gebäude

Die heutige Abtei wurde 1754 unter der Äbtissin Margaretha Eleonora von Estorff (Amtszeit 1751 bis 1776) in Fachwerk erbaut, nachdem sie das alte Äbtissinnenhaus hatte abreißen lassen. Das heutige Äbtissinnenhaus steht für Besichtigungen offen und beherbergt eine Vielzahl kunsthistorisch bedeutender Gegenstände. Im oberen Stockwerk befinden sich der Kapitelsaal mit handgemalter, umlaufender Wandbespannung aus Rupfen (ein leichtes Jutegewebe) aus dem Jahr 1781 (1989 restauriert) und ein Kanonikuszimmer, das dem ab und zu anreisenden Kanonikus zur Unterbringung diente. Im Kanonikuszimmer gibt es eine Deckenmalerei mit schlichten Ranken. Neben dem Äbtissinnenhaus wurden um den Stiftshof die ehemaligen Stiftsdamenhäusern errichtet. Zum Stift Bassum gehört auch ein Stiftsgarten, und in der Nähe gibt es einen Stiftsforst.[2]

Die zugehörige Stiftskirche St. Mauritius und St. Viktor ist eine mittelgroße Backsteinkirche des 13. Jahrhunderts. Das Patronat hat das Stift 1932 an die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers abgegeben. Vor dem gotischen Laienportal an der Nordseite des Langhauses steht eine Zeder.

Äbtissinnen des Stifts Bassum

Nr.NameAbbatiatAnmerkungenHerkunftDarstellung
1.Luitgart858–Gründete das Stift mit ihrem väterlichen Erbe
Richardis von Stade1151–1152Schwester des Bremer Erzbischofs Hartwig von Stade, Schülerin der Hildegard von BingenStade
Beatrix von Oldenburg1207–1224Tochter von Heinrich I. von OldenburgOldenburg
Ethelind zur Lippe1224–1243Tochter von Bernhard II. zur LippeLippe
Salome von Oldenburg1224–1267Tochter von Moritz I. von OldenburgOldenburg
Sophie von Hoya1294–1301Tochter von Heinrich II. von Hoya.Hoya
Agnes von Oldenburg1301–Tochter von Graf Otto II. von Oldenburg-Delmenhorst[3].Oldenburg
Hadewig von Hoya1363–1365Tochter von Otto II. von Hoya.Hoya
Anna Freese1481–1541Letzte katholische Äbtissin.
Margarethe von Hoya1541–1549Erste evangelische Äbtissin, Tochter von Jobst II. von Hoya.Hoya
Anna von Hoya1549–1585Schwester von Margerethe von HoyaHoya
Margarethe von Fulden1585–1604
Mette Hermeling1604–1620
Gertrud Slepegrell1620–1636
Göst Anne Elmendorp1636–1644
Anna Margarethe von Reusch1644–1679
Anna Margarethe von Oeffener1679–1698
Sophie Amalia von Marschalk1698–1705
Antoinette M. v. d. Busche1706–1724
Anna Lucie von Rochow1724–1727Rochow
Helene von Löw1727–1743
Hedwig Eleonore von Hardenberg1743–1751Hardenberg
Margaretha Eleonora von Estorff1751–1776Estorff
Helene Dorothea von Ledebur1776–1796Ledebur
Sophie Frederike von Post1796–1803
Helene Dor. Fried. von Freitag1803–1814
Mar. Joh. L. E. von Cornberg1814–1840Cornberg
Dor. S. Ulr. G. von Oldershausen1840–1871Oldershausen
Luise C. Dor. von Issendorff1871–1903
Anna W. L. Fr. Götz von Olenhusen1903–1928[4][5]
Else Ther. S. D. von Arnswald1928–1945[6]
Wiltrudis von Ditfurth1945–1984Ditfurth
Barbara von Wallenberg Pachaly1984–2008Wallenberg Pachaly
Isabell von Kameke2008–Kameke

Bilder

Übersicht

Einzelne Gebäude

Siehe auch

Literatur

  • Renate Oldermann-Meier: Ein Holzspan inmitten einer historischen Akte. Wurde Stift Bassum im 16. Jahrhundert gewaltsam besetzt? In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Band 63, 1991, S. 327–335.
  • Renate Oldermann-Meier: Das Archiv des Stifts Bassum. Zur Geschichte seiner älteren Gliederungen und seiner Verluste. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte. Band 91, 1993, S. 7–24.
  • Renate Oldermann, Das Stift an der Wende zur Neuzeit, in: Bernd Ulrich Hucker, Stift Bassum. Eine 1100jährige Frauengemeinschaft in der Geschichte. (Schrr des Inst. für Gesch. und Hist. Landesforsch. 3), Bremen 1995. S. 174–211. ISBN 3-86108-276-4

Einzelnachweise

  1. Die Geschichte des Stiftes Bassum. Stift Bassum, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. August 2018; abgerufen am 31. Oktober 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/stift-bassum.de
  2. Stift Bassum. Eine 1100jährige Frauengemeinschaft in der Geschichte. Mit Beiträgen von Barbara von Wallenberg Pachaly. Edition Temmen, Bremen 1995; ISBN 3-86108-276-4
  3. C. H. Nieberding: Geschichte des ehemaligen niederstifts Münster und der angränzenden grafschaften Diepholz, Wildeshausen c. C.H. Fauvel, 1840, S. 219 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bassum.de
  5. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 11. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bassum.de
  6. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bassum.de

Auf dieser Seite verwendete Medien

Stift Bassum aus der Luft 002.JPG
Autor/Urheber: Einwähler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Luftbilde von Bassum
Bassum 25100700009 Stift1a Gewächshaus.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Baudenkmal Bassum Stift 1a Gewächshaus
Bassum 25100700112 Stiftsdamenhaus Stift 3.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bassum Stiftsdamenhaus, erbaut 1689
Bassum 25100700013 Stift 3a ehemaliger Speicher.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bassum Stift 3a ehemaliger Speicher, erbaut 1827
Bassum Stift Panorama 2019.jpg
(c) Uwe Barghaan, CC BY-SA 3.0
Bassum (Niedersachsen) Stift Bassum - Links die Stiftskirche, rechts das Stiftsdamenhaus
Bassum 25100700015 Stift 5 Wohnhaus.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Baudenkmal Bassum Stift
60531 Zeder am Stift Bassum vor Stiftsgebäude und Kirchenschiff.JPG
Autor/Urheber: Ulamm (Diskussion), Lizenz: CC BY-SA 4.0
Cedar at Bassum convent in front of the timber-framed convent building and the northern side of the Romanesque and Gothic brick church
Bassum 25100700014 Stift 4 Stiftsdamenhaus.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Baudenkmal Bassum Stift
Stift Bassum aus der Luft 008.JPG
Autor/Urheber: Einwähler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Luftbilde von Bassum
Bassum Die Stiftsmühle in Bassum.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Schon zur Gründung des Stifts Bassum im Jahre 858 nChr. wurde eine Wassermühle erwähnt. Das heutige Mühlengebäude wurde 1881 von der Äbtissin v. Issendorff erbaut, da das alte Gebäude baufällig war. 1938 wurde eine Francis-Schachtturbine eingebaut und die Mühle zusätzlich mit einem Stromgenerator ausgestattet. Heute ist das Gebäude an das Diakonische Werk vermietet.
Stift Bassum aus der Luft 014.JPG
Autor/Urheber: Einwähler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Luftbilde von Bassum
Bassum 25100700110 Stiftsdamenhaus Stift2.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Bassum, Stift 2, Stiftsdamenhaus
Bassum 20090501 094.JPG
Autor/Urheber: Syker Fotograf, Lizenz: GPL
Bassum, Landkreis Diepholz, Niedersachsen, Deutschland
Stift Bassum.jpg
Autor/Urheber: Monster4711, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Stift Bassum, Gegründet 858 nChr., Urzelle und Anfang des heutigen Bassum, Niedersachsen. Das Stift erhielt 1842 den Charakter einer selbständigen Stiftung, an deren Spitze nach wie vor die vom Kapitel frei gewählte Äbtissin steht. Zum Kapitel gehören heute eine Dechantin, neun Stiftsdamen, ein juristischer Kanonikus, ein theologischer Kanonikus h.c. und ein landwirtschaftlicher Kanonikus h.c.. Das Stift Bassum zählt zu den „Freien Stiften": es hat - trotz seiner juristischen Verbundenheit mit der Klosterkammer Hannover - ein hohes Maß an Selbständigkeit bewahrt. In Europa ist das Stift Bassum das einzige noch bestehende Kanonissenstift.