Stickstoffdeposition

Geschätzter Stickstoffüberschuss (die Differenz zwischen anorganischer und organischer Düngung, atmosphärischer Deposition, Fixierung und Pflanzenaufnahme) in Europa (2005).

Als Stickstoffdeposition wird der Eintrag reaktiver Stickstoffverbindungen in Gewässer und Böden über den Luftpfad bezeichnet. Zu den reaktiven Stickstoffverbindungen zählen unter anderem Ammoniak und Stickstoffoxide.[1]

Hintergrund

Im Zuge der Industrialisierung griff der Mensch immer stärker in den natürlichen Stickstoffkreislauf ein.[2] Insbesondere durch Landwirtschaft und Verbrennungsprozesse wurden und werden Stickstoffverbindungen in die Atmosphäre eingebracht,[3] die im Gegensatz zum Luftstickstoff von Pflanzen und anderen Organismen verstoffwechselt werden oder aber mit der Umgebung reagieren. Diese Stickstoffverbindungen werden als reaktive Stickstoffverbindungen bezeichnet.

Die Einträge reaktiver Stickstoffverbindungen in die Umwelt tragen erheblich zum Verlust von Biodiversität bei.[3][4] Es existiert eine positive Korrelation zwischen der Höhe der Stickstoffdeposition und dem Stickstoffgehalt in Pflanzen.[3]

In Deutschland werden jährlich im Mittel 20 bis 40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar über den Luftweg als Stickstoffdeposition eingetragen, zu etwa in gleichen Teilen in reduzierter (Ammoniak, NH3) und oxidierter (Stickoxide, NOx) Form.[3] Die kritische Belastungsgrenze für Stickstoffimmissionen ist nach Angaben des deutschen Umweltbundesamts auf 90 Prozent der Fläche in Deutschland überschritten.[5] In der Schweiz ist die Situation ähnlich.[6] Die Depositionsraten bewegen sich zwischen weniger als 5 und mehr als 40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr.[7]

Das Ausbreitungsverhalten der verschiedenen Stickstoffverbindungen ist unterschiedlich. Da die Depositionsgeschwindigkeiten von Stickstoffoxiden siebenfach niedriger als die von Ammoniak sind, legen Stickstoffoxide bis zur Deposition weitere Strecken zurück.[8]

Messtechnische Erfassung

Da die Stickstoffeinträge in verschiedener Form (als Gas oder mittels trockener oder nasser Deposition) und in unterschiedlichen Verbindungen erfolgen, ist deren messtechnische Erfassung sehr aufwendig.[5] Daher werden sie häufig mittels Bioindikation erfasst. Dabei ist es wichtig, dass die eingesetzten Organismen den aufgenommenen Stickstoff nicht zum Wachstum verwenden, sondern anreichern. Dies ist bei den Moosen Pleurozium schreberi und Scleropodium purum der Fall.[5] Auch die Blattflechte Parmelia sulcata ist dazu in der Lage.[1][9]

Einzelnachweise

  1. a b Ute Windisch: Einsatzmöglichkeiten von Flechten beim Biomonitoring atmosphärischer reaktiver Stickstoffeinträge. In: Gefahrstoffe – Reinhalt. Luft. 77, Nr. 4, 2017, ISSN 0949-8036, S. 123–126.
  2. Sachverständigenrat für Umweltfragen: Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-503-16300-7, S. 56.
  3. a b c d VDI 3959 Blatt 1:2008-12 Vegetation als Indikator für Stickstoffeinträge; Bewertung der Stickstoffverfügbarkeit durch Ellenberg-Zeigerwerte der Waldbodenvegetation (Vegetation as an indicator of nitrogen input; Assessment of nitrogen availability by Ellenberg indicator values of forest ground vegetation). Beuth Verlag, Berlin, S. 2–3.
  4. Sachverständigenrat für Umweltfragen: Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-503-16300-7, S. 24.
  5. a b c VDI 3957 Blatt 19:2009-12 Biologische Messverfahren zur Ermittlung und Beurteilung der Wirkung von Luftverunreinigungen (Bioindikation); Nachweis von regionalen Stickstoffdepositionen mit den Laubmoosen Scleropodium purum und Pleurozium schreberi (Biological measurement procedures to determine and assess the effects of ambient air pollutants (bioindication); Detection of regional nitrogen depositions with the mosses Scleropodium purum and Pleurozium schreberi). Beuth Verlag, Berlin, S. 2.
  6. Bundesamt für Umwelt: Karte Übermässige Stickstoff-Deposition, 2015.
  7. Bundesamt für Umwelt: Karte Stickstoff-Deposition, 2015.
  8. Sachverständigenrat für Umweltfragen: Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-503-16300-7, S. 61.
  9. VDI 3957 Blatt 18:2015-12 Biologische Messverfahren zur Ermittlung und Beurteilung der Wirkung von Luftverunreinigungen (Biomonitoring); Erfassen von Stickstoffanreicherungen in der Blattflechte Parmelia sulcata zum Nachweis von Immissionswirkungen (Biological measuring techniques for the determination and evaluation of effects of air pollutants (biomonitoring); Determination of nitrogen accumulation in the foliose lichen Parmelia sulcata detecting effects of ambient air pollutants). Beuth Verlag, Berlin, S. 3.

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Autor/Urheber: European Environment Agency, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Estimated nitrogen surplus (the difference between inorganic and organic fertilizer application, atmospheric deposition, fixation and uptake by crops) for the year 2005 across Europe.