Stickerkunst

Aufkleber der 64 Crew in Berlin
Beklebtes Fenster an der Warschauer Straße in Berlin

Stickerkunst (englisch Sticker für „Aufkleber“) ist eine Form von Streetart, bei der Aufkleber im öffentlichen Raum angebracht werden. Die Einordnung zwischen akzeptierter Streetart und unerlaubter Verunzierung ist dabei fließend. Besonders seit Anfang der 2000er ist diese Erscheinung häufig in Großstädten auf zum Beispiel Mülleimern, Verkehrsschildern oder Hauswänden zu sehen.

Hintergründe

Üblicherweise bestehen Aufkleber aus bedrucktem, beschriftetem oder bemaltem selbstklebendem Papier. Beispielsweise werden dabei Postpaketformulare oder anderes kostenlos erhältliches Klebepapier bemalt und/oder beschriftet. Vorlagen für die Aufkleber können per E-Mail versendet und preiswert gedruckt werden; sie sind leichter als Graffiti anzubringen. Daher sind viele Motive gleich mehrmals an verschiedenen Orten in einer oder mehreren Städten angebracht, um subversiv auf den Passanten einzuwirken und diese mit ihrer Präsenz unbewusst zu beeinflussen. Dieser Effekt wurde bereits auch von der Industrie entdeckt, weshalb mittlerweile auch verstärkt kommerziell werbende Aufkleber im öffentlichen Raum zu sehen sind. Kleinere Sticker beinhalten oft linkspolitische oder andere politische Parolen oder Kommentare. Sticker mit dem Slogan „[citation needed]“[1] beziehen sich auf den gleichnamigen englischsprachigen Wikipedia-Wartungsbaustein[2] und wurden von Boing Boing deshalb auch „Wikiffiti“ genannt.[3]

Eine künstlerische Weiterentwicklung zur temporären Kunst im öffentlichen Raum stellt das Projekt Strich-Code in Hannover dar, bei dem als ein künstlerischer Beitrag nach dem Konzept der Schwarmkunst Millionen von Preisetiketten zulässigerweise auf meist vorbereitete Flächen im öffentlichen Raum wie Bänke, Säulen, Bäume, den Gehweg oder sogar die Straßenbahn geklebt wurden.

Die Stickerkunst ist auch bei Künstlern eine beliebte Verarbeitungsmethode um Collagen zu erstellen.[4] Mit einem Skalpell werden aus Vinylfolie und Foamboard Bestandteile eines späteren Kunstwerkes geschnitten und zusammengeklebt. Mit dieser Technik ist es möglich Kunstwerke mit einem 3D Effekt zu versehen.

Rechtliche Lage und Probleme

© Raimond Spekking / CC BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)
Zugeklebte Verkehrszeichen. Das Zusatzschild (links) sowie der Richtungspfeil (rechts) ist nicht mehr direkt erkennbar

Im Gegensatz zum Graffiti fällt diese Form des Eingriffs in den öffentlichen Raum regelmäßig nicht unter den Straftatbestand der Sachbeschädigung, da sie (in der Regel) das Erscheinungsbild nur vorübergehend ändert und die Untergrundsubstanz nicht verletzt. Stattdessen wird das Stickern als „Wildplakatierung“ geahndet und stellt somit eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn keine Sondernutzungserlaubnis vorliegt.

In Köln wurde am 20. März 2012 die Initiative „Klebt Euch nicht zu!“ gegen wildes Bekleben gestartet. Die Bevölkerung soll auf die Probleme des Überklebens von Orts- und Hinweisschildern, Hinweistafeln auf Gas- und Wasseranschlüsse (Hydranten für die Feuerwehr) und von nicht mehr lesbaren Verkehrszeichen, die zu einer Verkehrsgefährdung führen, aufmerksam gemacht werden.[5]

Hatch Stickermuseum

Eine Institution, die sich mit der Stickerkunst seit dem 17. April 2008 beschäftigt, ist das Hatch Stickermuseum in Berlin. Dieses ist weltweit das erste Museum, welches sich mit der Stickerkultur auseinandersetzt. Der Kurator Oliver Baudach sammelt seit 1983 Aufkleber aus verschiedenen Bereichen. Inzwischen verfügt seine Sammlung weit über 30000 Sticker aus der ganzen Welt. Das Hatch Stickermuseum präsentiert eine ständige Ausstellung von 5000 Stickern.[6] Die präsentierten Exponate zeigen Ausschnitte aus Kultur, Kreativität, Werbemitteln, Kommerz und Straßenkunst.[7]

Das Museum steht auch im internationalen Austausch. So präsentierte es beispielsweise im Jahr 2014 die Ausstellung „Paper Bullets“ mit 500 Aufklebern von Catherine Tedford, einer Galeristin aus St. Lawrence im Bundesstaat New York.[8]

Galerie

Siehe auch

Literatur

  • Andreas Ullrich (Hg.): Stickers! … from the first international sticker awards, Berlin 2006 ISBN 3-89955-151-6
  • Claudia Walde: Sticker City: Paper Graffiti Art (Street Graphics / Street Art). Thames & Hudson, 2007 ISBN 978-0-500-28668-5

Weblinks

Commons: Stickerkunst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. [citation needed]-Sticker-Fotos bei flickr, abgerufen am 15. Februar 2013
  2. Wikipedia:Citation needed
  3. Boing Boing: Wikiffiti -- stickers that read [citation needed], abgerufen am 11. Februar 2013
  4. http://whatsart.de/blog/2014/10/20/making-of-sticker-art-collage/
  5. Stadt startet Kampagne gegen wilde Aufkleber. In: koeln.de. 21. März 2012, abgerufen am 23. Juni 2021.
  6. Hatch Stickermuseum – Street Art Berlin. Abgerufen am 7. Mai 2018 (deutsch).
  7. Museum – Museum – Hatch – Sticker Mailorder. Abgerufen am 7. Mai 2018.
  8. Sticker-Ausstellung – Die Macht der Aufkleber. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 7. Mai 2018]).

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64 Crew sticker in Berlin
Beklebte Säulen am Historischen Museum Hannover im Rahmen der Schwarmkunstaktion Strich-Code.jpg
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Ein Säule vom Historischen Museum Hannover, Ecke Burgstraße, beklebt mit Preisetiketten, im Rahmen von Strich-Code, eine "Schwarmkunstaktion" zur Hinterfragung von käuflicher Sexualität und käuflicher Kunst ...
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Street Art in Hamburg St. Pauli - Stickerkunst, Protestaufkleber gegen die zahlreichen Freipinkler in St. Pauli

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Aufkleber auf einem Fenster in Amsterdam, Niederlande
Einzelwagen TW 6107 b der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG mit Preisetiketten der Schwarmkunstaktion Strich-Code.jpg
Autor/Urheber: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Einzelwagen TW 6107 b der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG mit Preisetiketten der Schwarmkunstaktion Stich-Code ...
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Art seen on streets of Barcelona
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Sticker auf einer Bushaltestelle in Innsbruck
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Düsseldorf, Außenwand des NRW Forums: Figur aus Folie, geklebt. Eingedruckte Signatur rechts unten.
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streetart in Berlin - Prenzlauer Berg; sticker auf Verkehrszeichen "Halteverbot" als Gefährdung der Verkehrssicherheit
Aktion -Klebt Euch nicht zu!- Köln-9991.jpg
© Raimond Spekking / CC BY-SA 3.0 (via Wikimedia Commons)
Die Stadt Köln, RheinEnergie, Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), Abfallwirtschafts-Betriebe (AWB) und der 1. FC Köln haben am 20. März 2012 die Initiative „Klebt Euch nicht zu!“ gegen „wildes Bekleben“ gestartet.

Auf 230 City-Postern und auf den Infoscreens in den U-Bahn-Haltestellen soll auf das Problem des „wilden Klebens“ aufmerksam gemacht werden. Eine Stadtbahn der Kölner Verkehrs-Betriebe wird außerdem zur Unterstützung der Kampagne mit den Plakatmotiven gestaltet.

Köln Stadtdirektor Guido Kahlen vor Verkehrsschildern, die stark mit Aufklebern zugeklebt sind und sein Versuch, die Aufkleber zu entfernen.