Stephen D. Krasner

Stephen David Krasner (* 15. Februar 1942 in New York City) ist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler und ehemaliger Leiter der Abteilung Politische Planung im Außenministerium der Vereinigten Staaten. Momentan ruhen seine Tätigkeiten als Vizedirektor und Senior Fellow des Freeman Spogli Institute for International Studies (FSI), seine Aufgabe als Direktor des Stanford University Center on Democracy, Development and the Rule of Law (CDDRL) und seine Graham H. Stuart Professor für Internationale Beziehungen an der Stanford University.

Leben

Krasner lebte bis zum Beginn seines Studiums in New York. Sein Vater starb, als Krasner zehn Jahre alt war. Seine Mutter arbeitete als Sekretärin. Nach seinem High-School-Abschluss ging Krasner auf die Cornell University nach Ithaca und machte dort 1963 seinen Bachelor in Geschichtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Europäische Geschichte.

Anschließend meldete er sich für das Peace Corps und ging für von 1963 bis 1965 nach Nigeria, um dort Schüler der Sekundarstufe I und II zu unterrichten. Nach seiner Rückkehr in die USA machte Krasner 1967 seinen Master in Internationale Beziehungen an der Columbia University in New York. Während seiner Zeit auf der Columbia University arbeitete er zur Weiterbildung im US-Finanzamt.

Von 1971 bis 1975 war Krasner Juniorprofessor an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, an der er 1972 promovierte. Seine Dissertation schrieb er über den Internationalen Kaffeehandel. Krasner ging nun an die University of California, Los Angeles, an der er von 1976 bis 1981 arbeitete und zum außerordentlichen Professor wurde. 1981 kam Krasner als ordentlicher Professor an die Stanford University in Kalifornien. Dort war er von 1984 bis 1991 Leiter des politikwissenschaftlichen Fachbereichs. Zudem war er von 1986 bis 1992 Herausgeber der politikwissenschaftlichen Zeitschrift International Organization.

Stanford berief ihn als Graham H. Stuart Professur für Internationale Beziehungen, und er wurde zum Vizedirektor des Stanford Institute for International Studies (SIIS) ernannt.

2001 und 2002 war Krasner Mitglied der Abteilung Politische Planung im US-Außenministerium. Danach arbeitete er zusammen mit Condoleezza Rice im Nationalen Sicherheitsrat der USA, wo er unter anderem an der Ausarbeitung des Millennium Challenge Account, eines Entwicklungshilfefonds, beteiligt war. 2005 ernannte Außenministerin Rice Krasner zum Leiter der Abteilung Politische Planung (Director of Policy Planning) im Außenministerium. Damit nahm er bis 2007 eine beratende Funktion der Außenministerin in Washington, D.C. ein. In dieser Zeit ruhten Krasners Tätigkeiten an der Stanford University.

Mitgliedschaften

Schwerpunkt und Theorie

Das Forschungsgebiet von Stephen D.Krasner sind Internationale Beziehungen, mit dem Schwerpunkt auf Strukturreformen und Souveränitätsverlust.

Sovereignity.Organized Hypocrisy

In einem seiner Hauptwerke, Sovereignity.Organized Hypocrisy, beschreibt Stephen D. Kasner bereits 1999 tendenzielle Auswirkungen der Globalisierung auf die staatliche Souveränität.

Krasner beschreibt in seiner Arbeit vier moderne Souveränitätsideen, die sich z. T. ausschließen, aber auch überschneiden und gegenseitig bedingen. So unterscheidet er zwischen innerstaatlicher Souveränität, Interdependenzsouveränität, der völkerrechtlichen Souveränität und der international legalen (rechtlichen) Souveränität. Krasner definiert die Begriffe wie folgt:

  • Innerstaatliche Souveränität ist die formelle Organisation innerhalb eines Staates durch dessen Autorität.
  • Interdependenz-Souveränität ist jenes Maß an öffentlicher Regulierung, die sämtliches transnationales Verhalten beeinflusst. (zum Beispiel in Bezug auf Kapital oder Informationen)
  • Völkerrechts-Souveränität ist die politische Organisation, die auf dem Ausschluss externer Akteure basiert, um die eigenen innerstaatlichen Strukturen zu schützen.
  • International legale Souveränität ist die gegenseitige Anerkennung von Staaten bzw. ein Nichteinmischen auf internationaler Ebene.

Den Fokus der Analyse setzt Krasner auf die international legale Souveränität und die Völkerrechtssouveränität. Anhand dieses Beispiels zeigt er wie diese gesonderten Formen in das internationale System passen. An dieser Stelle spricht er von „organisierter Heuchelei“, da die Völkerrechtssouveränität die international legale Souveränität nicht grundsätzlich duldet. (zum Beispiel militärische Interventionen)

Daraus schließt Krasner, dass im internationalen System keine Organisationsform, weder durch Institutionen noch durch Staaten gestützt, aufrechterhalten werden kann bzw. dauerhafte Verlässlichkeit bietet.

Neue Formen von Souveränität

Krasners Analyse verfolgt Ansätze zweier Schulen der Internationalen Beziehungen.

Zum einen führt er die defizitäre internationale Organisation auf ein grundlegendes Sicherheitsbedürfnis der Staaten zum Schutze ihrer Souveränität zurück, zum anderen berücksichtigt er eine Vielzahl an internationalen Akteuren. Er verweist also zunächst ansatzweise auf die Theorie des Realismus in Bezug auf die Sicherheit und die Theorie des Idealismus bzw. Liberalismus hinsichtlich der unterschiedlichen politischen Akteure.

Weiterhin sieht er jedoch reine Nationalstaaten als ein Auslaufmodell, das in Zeiten der Globalisierung in der traditionellen Form nicht weitergeführt werden kann. Er nennt die Europäische Union als Beispiel, bei dem die Staaten zwar als solche erhalten bleiben, aber in Form eines Regionalen-Integrations-Abkommens diverse Teile ihrer Souveränität an supranationale Institutionen abtreten. Diese Abgabe von Souveränität findet allerdings nicht durch Zwang einer äußeren Macht statt, sondern ist ein von den europäischen Staaten gewählter Prozess.

Bibliographie

  • Stephen D. Krasner: Defending the National Interest. Raw Materials Investment and American Foreign Policy. Princeton University Press, Princeton (New Jersey) 1978, ISBN 0-691-02182-1
  • Stephen D. Krasner (Hrsg.): International Regimes. Cornell University Press, Ithaca (NY) 1983, ISBN 0-8014-9250-5
  • Stephen D. Krasner: Structural Conflict. The Third World Against Global Liberalism. University of California Press, Berkeley 1985, ISBN 0-520-05478-4
  • Stephen D. Krasner: Asymmetries in Japanese-American Trade. The Case for Specific Reciprocity. Berkeley 1987, ISBN 0-87725-532-6
  • Stephen D. Krasner/Peter J. Katzenstein/Robert O. Keohane (Hrsg.): International Organization. Exploration and Contestation in the Study of World Politics. MIT Press, Cambridge (MA) 1999, ISBN 0-262-11242-6
  • Stephen D. Krasner: Sovereignty. Organized Hypocrisy, Princeton University Press, Princeton 1999, ISBN 0-691-00711-X
  • Stephen D. Krasner (Hrsg.): Problematic Sovereignty. Contested Rules and Political Possibilities. Columbia University Press, New York City 2000, ISBN 0-231-12179-2
  • How to Make Love to a Despot: An Alternative Foreign Policy for the Twenty-First Century. Liveright, New York 2020, ISBN 978-1-63149-659-2.

Weitere Publikationen

  • Stephen D. Krasner: Rethinking the Sovereign State Model. In: Review of International Studies. Band 27, Nr. 5, 2001, ISSN 0260-2105, S. 17–42, doi:10.1017/S0260210501008014 (englisch).
  • Stephen D. Krasner: Globalization, Power and Authority. In: Edward D. Mansfield/Richard Sisson (Hrsg.): The Evolution Of Political Knowledge. Democracy, Autonomy, And Conflict In Comparative And International Politics. Ohio State University Press, Columbus 2003, ISBN 0-8142-9025-6
  • Stephen D. Krasner/ J. Goldsmith: Pitfalls of International Idealism, The. In: James Miller (Hrsg.): Daedalus. MIT Press, Cambridge (MA) 2003, ISSN 0011-5266
  • Stephen D. Krasner: Sharing Sovereignty: New Institutions for Collapsed and Failing States. In: Steven E. Miller (Hrsg.): International Security. Mit Press, Cambridge (MA) 2004, ISSN 0162-2889
  • Stephen D. Krasner: Governance Failures and Alternatives to Sovereignty. 2004, PDF

Weblinks