Stephan Wollo

Stephan Wollo, auch Voillo oder Woilo (* in Lothringen; wirksam ca. 1649–1670 in Deutschland) war ein wandernder französischer Glockengießer des 17. Jahrhunderts, 1658–1668 wohnhaft in Lübeck.

Leben und Werk

Die näheren Lebensdaten von Stephan Wollo sind nicht bekannt. Er wird in der Literatur als Bruder des ebenfalls aus Lothringen stammenden Wandergießers Claudius Voillo angesehen, der zuletzt 1646 bis 1650 im Raum zwischen Weser und Ems tätig war.

Auf den Glocken Wollos findet sich immer wieder der Hinweis auf seine Herkunft als Wandergießer „aus Lothringen“. Ab 1658 ist der römisch-katholische Wollo mit Wohnsitz in Lübeck in der Hartengrube im Domviertel nachgewiesen. Die Gießereihäuser lagen in Lübeck seit dem 14. Jahrhundert im Nordwesten der Stadt, so dass es sich bei der Adresse um einen reinen Wohnsitz gehandelt haben wird. Wollo arbeitete von 1649 bis 1667 mit dem ebenfalls aus Lothringen stammenden Wandergießer Nikolaus Gage als Gesellschafter zusammen. Stephan Wollo ist erstmals im Jahr 1648 beim Guss einer Glocke für St. Nicolai in Neuenkirchen, heute Ortsteil von Bahrenfleth, noch an zweiter Stelle nach einem „C. Gage“ genannt. C. Gage seinerseits war 1647 mit Claudius Voillo und Gottfried Baulard als dritter Gießer am Guss der Glocke für die evangelisch-reformierte Kirche in Weenermoor beteiligt. Die 82 Zentimeter hohe Glocke in Bahrenfleth ist bereits mit Pelikanen verziert, einem Motiv der Reformation, das in seinen späteren Glockengüssen immer wiederkehrt.

Erster nachgewiesener gemeinsamer Guss einer Glocke von Stephan Wollo mit Nikolaus Gage ist derjenige für die Dorfkirche Schlagsdorf im Hochstift Ratzeburg. Beide gießen in der Folge gemeinsam bis 1667 24 dokumentierte Glocken und eine Fünte. Auf allen gemeinsamen Güssen wird Stephan Wollo an erster Stelle vor Nikolaus Gage genannt.

Bronzefünte (1652)

Neben zahlreichen Glocken in Holstein und Mecklenburg gossen Wollo und Gage auch die bronzene Tauffünte in der Dorfkirche Schlagsdorf. Sie wurde aus im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Glocken 1652 nach gotischem Vorbild neu gegossen und gehört damit zu den spätesten Bronzefünten in Nordostdeutschland. Den von den vier Evangelisten getragenen Kessel zieren Halbreliefs der Zwölf Apostel zwischen Schrift- und Schmuckbändern. Gitter und Deckel, die früher dazugehörten, haben sich nicht erhalten. Der Umstand, dass Stephan Wollo und Nicolaus Gage hauptsächlich als Glockengießer arbeiteten, wird zu der im Vergleich zu den Vorbildern schlankeren Form des Beckens geführt haben.

Eine Liste der gemeinsam mit Nikolaus Gage gegossenen Glocken findet sich in dessen Biografie.

Literatur

  • Revue historique de la Lorraine. Band 42. Société d’archéologie lorraine et du Musée historique lorrain, Musée historique lorrain, Nancy 1893, S. 166.
  • Annuaire de la société d’histoire et d’archéologie de la Lorraine. Band 3–4. Société d’histoire et d’archéologie de la Lorraine, Metz 1891.
  • Hartwig Beseler (Hrsg.): Kunsttopographie Schleswig-Holstein. Neumünster 1974.
  • Theodor Hach: Lübecker Glockenkunde. Max Schmidt, Lübeck 1913 (Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck 2), S. 236–239
  • Georg Krüger (Bearb.): Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Freistaats Mecklenburg-Strelitz. Band II: Das Land Ratzeburg. Neubrandenburg 1934; Nachdruck Stock & Stein, Schwerin 1994, ISBN 3-910179-28-2.
  • Voillo (Wollo), Steffen. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 34: Urliens–Vzal. E. A. Seemann, Leipzig 1940, S. 513.
  • Werner Neugebauer: Schönes Holstein. 4. Auflage. Verlag Lübecker Nachrichten, Lübeck 1967.
  • Georg Troescher: Kunst- und Künstlerwanderungen in Mitteleuropa, 800–1800. Band: Französische und niederländische Kunst und Künstler in der Kunst Deutschlands, Österreichs und der deutschsprachigen Schweiz. Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1954.
  • Richard Haupt: Die Bau und Kunstdenkmäler der Provinz Schleswig-Holstein
    • Band I, Kiel 1887
    • Band II, Kiel 1888
    • Band III, Kiel 1889
    • Herzogtum Lauenburg. Ratzeburg 1890
  • Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin.
    • Band 2: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898. (Neudruck: Schwerin 1992, ISBN 3-910179-06-1)
    • Band 3: Die Amtsgerichtsbezirke Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lübtheen, Dömitz, Grabow, Ludwigslust, Neustadt, Crivitz, Brüel, Warin, Neubukow, Kröpelin und Doberan. Schwerin 1896.
  • Gottlieb Matthias Carl Masch: Geschichte des Bisthums Ratzeburg. F. Aschenfeldt, Lübeck 1835 (books.google.com)

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Baptismal font from 1652 in Schlagsdorf.