Stentor
Stentor (altgriechisch ΣτέντωρSténtōr) ist eine Figur der griechischen Mythologie. Er wird in der Ilias einmal erwähnt,[1] während des Kampfes zwischen Griechen und Trojanern vor der Stadt, in den auch die Götter auf beiden Seiten eingreifen. Hera tritt in Gestalt des Stentor vor die Griechen und fordert sie mit lauter Stimme zum Kampf auf.
Griechisches Original[2] | Deutsche Übersetzung (Schadewaldt)[3] |
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ἔνθα στᾶσ' ἤϋσε θεὰ λευκώλενος Ἥρη | Da trat hin und schrie die Göttin, die weißarmige Here, |
Rezeption
Stentors Name wird seit der Antike (bereits von Aristoteles) sprichwörtlich für Menschen mit einer lauten Stimme benutzt („Stentorstimme“).
Edward Albee lässt in seinem Stück Wer hat Angst vor Virginia Woolf? die piepsige Martha verspotten, als ihr eine Stentorstimme zugesprochen wird.
Paul-Otto Schmidt beschreibt seine Mühsal bei der Konferenz von Locarno, dem schwerhörigen belgischen Außenminister die Reden Gustav Stresemanns zu übersetzen, in Rückgriff auf Stentor:
„Zum Zeichen, daß ich lauter sprechen sollte, hielt er sich die Hand ans Ohr und veranlasste mich dadurch manchmal zum Vergnügen der übrigen Delegation, mit einer Stentorstimme auf ihn einzuschreien und ihm die delikatesten diplomatischen Formulierungen mit der Stärke eines Großlautsprechers in sein mikrophonbewehrtes Ohr zu brüllen.“
Nach dem griechischen Helden ist auch das US-Kriegsschiff USS Stentor benannt, die niederländische Zeitung De Stentor, sowie ein Kommunikationssatellit, Stentor (COSPAR 2002-F03), der am 11. Dezember 2002 mit einer Ariane 5 gestartet ist.
Literatur
- Hans Lamer: Stentor. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 4, Leipzig 1915, Sp. 1424 f. (Digitalisat).